Unser Sandloch Afrika!

Bemerkungen: Stempelaufdruck: Nationaler Kandidat ist nur Tischlermeister August Pauli, Potsdam<NZ>[] = Absatzmarken im Volltext des Originals Unser Sandloch Afrika! [] Klippen bei Warmbad [] Kolonialfreundlichen Reichstagskandidaten [] stellen wir diese Wahlbroschüre, soweit die Mitte...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Wahlverein alter Afrikaner, Otto Elsner, Berlin
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 25.01.1907
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/B7037D1B-A577-46EE-9DCD-B16BBCBDC468
Description
Summary:Bemerkungen: Stempelaufdruck: Nationaler Kandidat ist nur Tischlermeister August Pauli, Potsdam<NZ>[] = Absatzmarken im Volltext des Originals Unser Sandloch Afrika! [] Klippen bei Warmbad [] Kolonialfreundlichen Reichstagskandidaten [] stellen wir diese Wahlbroschüre, soweit die Mittel reichen, in beliebiger Zahl gratis zur Verfügung. Schriftliche Bestellungen an Herrn Adolf Stein, Herausgeber des "Deutschen", Berlin, Wilhelmstraße 6; telegrafische kurz an "Telewelt, Berlin". An Nichtkandidaten wird umsonst nichts verabfolgt. [] Im alten Europa ist das vorwärtskommen herzlich schwer. Wessen Vater kein Geld hat, der kann nicht einjährig dienen, und wer als Arbeiterkind geboren ist, der wird wieder Arbeiter. Darum haben junge kräftige Völker immer Sehnsucht in die weite Welt, wo man noch mit Tüchtigkeit allein etwas machen kann. Die intelligentesten Leute wollen in die Kolonien. [] In der Wildnis ist jedermann dem anderen gleich, wer stramme Fäuste und einen klaren Kopf hat, der bringt es zu etwas, auch wenn er einfacher Eltern Sohn ist; ein Faulpelz und Dummkopf aber verhungert elend, selbst wenn er daheim ein vornehmer Herr war. Der Arbeiter John Burns, der jetzt englischer Minister ist, hat sich auf dem Kongofluß in Afrika sein Geld gemacht, und Cecil Rhodes, der arm wie eine Kirchenmaus in die Kapkolonie ging, hinterließ bei seinem Tode über hundert Millionen Mark. [] Ja, aber wenn die Kolonie ein wertloses Sandloch ist, was dann? [] In der wüste Sahara, die die Franzosen genommen haben, weil sie auf der Landkarte schön groß aussieht, wachsen gewiß keine Reichtümer. Im Süden von Afrika ist es aber nicht so schlimm. Sonst wäre es doch nicht denkbar, daß wieder 971 Offiziere und Mannschaften von unserer Schuhtruppe dort bleiben wollen, um sich anzusiedeln. Die Küste entlang zieht sich ein etwa hundert Kilometer breiter Streifen von Dünensand hin, im Innern aber ist es ganz anders. [] Das Reden darüber ist unnütz, wenn man keine Beweise hat. Einige davon sind hier in diesem Heft photographiert. In einem richtigen Sandloch wächst nicht so guter Weizen, wie auf unserem Bilde. Und wir können jederzeit mehrere hundert Namen und Adressen von alten Schutztrupplern angeben, die vor einer Reihe von Jahren ihre Landwirtschaft nur mit der Dienstprämie von 1000 Mark und einigen ersparten Talern anfingen, bis zum Aufbruch des Aufstandes 1904 aber bereits wohlhabende Leute geworden waren mit einem vermögen von durchschnittlich je 120 000 Mark. [] Leider aber ist nur für 10000 Farmer Platz in Deutschsüdwest, heißt es allgemein. [] Das sagte man früher auch von Transvaal. Und doch haben die Engländer schließlich einen jahrelangen Krieg geführt und vier Milliarden Mark ausgegeben, um die Burenstaaten zu erobern. Das Land hatte sich nämlich ganz wider Erwarten entwickelt und volkreiche Städte erstanden an Stelle ehemals einsamer Gehöfte. Das hatten die Goldminen fertiggebracht. Unser Südwestafrika aber ist genau so reich an edlen Metallen und Steinen, wie das benachbarte englische Gebiet. Neuerdings ist im Norden und im Süden der Kolonie sogar Diamantengrund gefunden worden. Bereits haben die Engländer aus Kimberley Agenten hingeschickt, um womöglich große Grundstücke aufzukaufen. [] Wenn jetzt systematisch der Bergbau in unserer Kolonie beginnt, ziehen Arbeiter ein, und um die Arbeiter zu nähren, sind neue Bauern nötig, wie lohnend der Bergbau ist, das beweist die Kupfermine Otavi. Die Gesellschaft hat ganz auf eigene Kosten eine Eisenbahn von 600 Kilometern Länge dahin gebaut; die Sache muß also doch wohl solche kleinen "Nebenausgaben" reichlich abwerfen. Der Direktor der Gesellschaft, der Engländer Davis, hat das auch kürzlich öffentlich in London anerkannt und gesagt, auch für die Landwirtschaft sei Deutschsüdwestafrika nach seiner Kenntnis wohl noch besser als die reiche Kapkolonie. [] Natürlich muß man in ein Land Geld hineinstecken, muß Wege und Bahnen bauen und Wasser erschließen, um daraus etwas zu machen. Das gibt dann in Summa ganz gewaltige Zahlen. Insgesamt haben wir für unsere Kolonien 645 Millionen Mark ausgegeben, wir haben das Kolonisieren aber vor 22 Jahren angefangen und zählten in dieser Zeit durchschnittlich [] Weizenfeld am Oranje, im Hintergrund Apfelsinen- und Pfirsichbäume. [] Eine Militärstation in der Steppe. [] 55 Millionen Menschen. Berechnen wir also die Kolonialausgaben pro Kopf und Jahr, so kommt folgendes heraus: [] Für unsere Kolonien haben wir jährlich pro Kopf der Bevölkerung ~ 53 Pfennige verpulvert! [] Es ist sehr leicht, mit Millionen und Milliarden dem Wähler Angst zu machen, aber wer die Zahlen zu lesen versteht, für den verlieren sie die Größe. Lohnt sich eigentlich der ganze Skandal wegen dieser geringfügigen Summe? Natürlich sind die Ausgaben in diesem Jahre, wo der Krieg auf uns lastet, weit höher, als in allen früheren Zeiten. Aber trotzdem fällt es in Wahrheit keinem Deutschen ein, auch dem verschrieensten Sozialdemokraten nicht, deshalb unsere Brüder an der Front hilflos sitzen zu lassen. Zwar haben die Sozialdemokraten gegen jeden Pfennig des Kolonialetats gestimmt, aber nur weil sie wußten, daß ihre Abstimmung auf den wirklichen Gang der Weltgeschichte gar keinen Einfluß hat. [] Oder sollte es deutsche Arbeiter geben, die im Ernst es fertig brächten, unser mühsam kultiviertes Land wieder den Eingeborenen preis zu geben und damit ein Gemetzel unter den gegenwärtig dort angesiedelten 5000 Deutschen heraufzubeschwören? Wissen sie nicht, daß mehr als 2000 von diesen Ansiedlern aus dem Arbeiterstande stammen und mit deutscher Zähigkeit dort sich ihre Existenz begründet haben, in der Hoffnung auf den dauernden Schutz des Reiches? [] Aber warum lassen wir die Farbigen nicht in Ruhe, warum sind wir überhaupt nach Afrika gegangen? [] Das Kolonisieren gehört zu den Pflichten der Menschheit. "Beherrscht die Erde und macht sie Euch Untertan!" Das gilt auch in bezug auf alle technischen Erfindungen, in bezug auf alle Verbesserungen der Lebensweise. In Südwestafrika sind wir die Erlöser des Volkes von dumpfem Druck. Bisher waren die "Kapitäne" der Herr und mästeten sich, während das eigentliche Volk der Herero und Hottentotten mühsam sich seine Feldkost aus der Erde graben mußte. Die Kapitäne herrschten despotisch auch über alle Weiber ihres Stammes in Lüsten und Schanden undübertrafen darin weit alle europäischen Wüstlinge. Diese Ausbeuter und Blutsauger werden jetzt niedergekämpft. Das Volk lernt arbeiten und wird frei. [] Um gegen die Kolonialpolitik Stimmung zu machen, spricht man immer wieder von den "Skandalen", die in Afrika vorgekommen sind, von Leist und Wehlau und Puttkamer und anderen schuldigen Beamten. Mit demselben Rechte könnte man für die Abschaffung der Krankenkassen eintreten, weil schon mancher sozialdemokratische Kassierer mit dem Gelde durchgebrannt ist. Schlechte Kerle gibt es eben überall, und wenn sie gefaßt werden, bekommen sie ihre Strafe, aber deshalb braucht man doch nicht das Kind mit dem Bade auszuschütten. [] Krankenkassen seien aber nötig, Kolonien dagegen ein Luxus, wird dann wohl erwidert. Nun ist es sicher kein Luxus, wenn das deutsche Volk, das jährlich einen Geburtenüberschuß von fast einer Million neuer Menschen hat, sich rechtzeitig ein paar größere Plätze auf der Erde sichert. Aber selbst wenn es Luxus wäre: wir können ihn uns wahrlich leisten! In Regierungsblättern stehen lange Reihen von Zahlen, wie unser Reichtum, wie unser Volkseinkommen gestiegen sei. Diese langen Exempel liest kein Mensch, und wenn er es täte, so könnte ein anderer mit einem neuen Exempel das alte totzuschlagen versuchen, da niemand solche Ziffern gleich nachprüfen kann. Aber es gibt ein viel einfacheres Mittel, um festzustellen, ob wir verelenden oder nicht. Es braucht sich bloß jeder folgende Frage vorzulegen: [] "Hat mein Vater, als er so alt war wie ich, ebenso gut wie ich gegessen, getrunken, gewohnt und sich gekleidet, oder habe ich es reichlicher?" [] Wenn wir wissen, daß wir das Leben weit mehr genießen, als unsere Eltern, dann ist das genug. Dann mag man uns vorerzählen, daß Steuern oder Zölle uns ruinieren - Unsinn ist es, heller Unsinn. Wer einmal "draußen" war, [] Garten einer Missionsstation in der "Wüste" Kalahar [] Maultiertaxxe im Regenwasser bei Rietfontem. [] ein paar hundert Meilen weit weg von Deutschland, der denkt sehr ruhig über diese Dinge. Auch in den Kolonien kann man schikaniert werden. Aber man sieht doch, daß man vorwärtskommt, und dann läßt man sich nichts mehr über Verelendung vorlügen. [] Der "Militarismus" muß schließlich herhalten. Der schlucke am meisten. Ganze 10 000 Mark koste uns jeder Soldat in Afrika. Nun, den Franzosen hat 1871, als alles beglichen war, jeder Soldat noch weit mehr gekostet. Niederlagen sind immer teurer als Siege. Aber warum kostet uns in Afrika jeder Soldat 10 000 Mark? Wir stellen, wodurch es sofort klar wird, eine Gegenfrage: [] Was kosten uns unsere Reichstagsabgeordneten, die für Südafrika sparen wollten? [] Das läßt sich sehr leicht errechnen. Die Ochsenwagenfracht von Lüderitzbucht bis Keetmannshoop kostet pro Zentner 40 Mark, während eine Eisenbahn höchstens 6 Mark dafür berechnen würde. Schon für jeden Sack Kartoffeln, den die Regierung unseren kämpfenden Kameraden zuschickt, muß sie also ein Heidengeld an Fracht bezahlen, weil der Reichstag die Bahn nach Keetmannshoop seinerzeit abgelehnt hat. [] Noch mehr schlucken die Engländer in der Kapkolonie bei den Transporten über die deutsche Grenze. Diese Transporte sind von unseren guten Freunden verboten, die englischen Grenzoffiziere aber machen ein Geschäft daraus: Der englische Oberst Neylon in Upington hat täglich bis zu 1200 Mark Bestechungsgelder von uns eingeheimst, damit wir nur das nötige Essen für die in den Gebirgen kämpfenden Truppen hereinbekämen, wir konnten sie doch nicht verhungern lassen, weil der Reichstag keine Bahn bewilligte! [] Zuletzt freilich sah man in der Fraktion des Zentrums den alten Fehler ein und diesmal wäre die Bahn bewilligt worden. Das bestärkt uns in der Ansicht, daß auch in bezug auf die Truppenzahl die Regierung recht gehabt hat und das Zentrum dies auch erst später einsehen wird. Aber wieviel kostet uns das Zögern! Rund 160 Abgeordnete stimmten seinerzeit die Bahn nieder und rund 160 Millionen Mark Mehrausgaben hatten wir wegen Fehlens der Bahn. [] Jeder koloniale Neinsager hat also seinem Wahlkreise eine Million Mark gekostet! [] Vom Fraktionszimmer aus läßt sich nicht bestimmen, wieviel Soldaten nötig sind. Im Kriege sollte man das wirklich den Führern des Heeres, nicht den Führern der Parteien überlassen. In Deutschsüdwest liegen aber die Verhältnisse noch ganz besonders. Unser Kärtchen, in das wir in gleichem Maßstabe Deutschland, auf die Seite gestellt, hineingezeichnet haben, veranschaulicht es. [] Man denke sich, daß wir nur eine Bahn von Stettin nach Görlitz hätten, ein Häuflein unbesiegter Feinde in Frankreich bei Verdun stünde und daß Proviant und Munition für die Unseren durch ganz Deutschland hingekarrt werden müßten. Dieses Deutschland aber sei gefüllt mit Strauchdieben und Gelegenheitsmördern, dazu stellenweise mit Klippen besät, so daß jeder Stein einen Feind verbergen kann, - und rundum an den Grenzen von Belgien bis Böhmen lauerten etliche Tausend blutdürstiger Halunken. Wären wir wirklich zufrieden, unter solchen Umständen nur von 2500 Mann beschützt zu sein? [] Das war die Frage, an der in seiner Kurzsichtigkeit der alte Reichstag scheiterte. Der neue aber möge mit weitem Blick den Wert unserer Kolonien für das Deutsche Reich und seine Söhne erkennen. Dazu kann nur der Wähler ihm verhelfen. Wer sein Volk lieb hat, gibt einem Kolonialfreund seine Stimme! [] Wahlverein alter Afrikaner. [] Farmer Schlettwein [] aus Outjo. [] Kaufmann Busch [] aus Lüderitzbucht. [] Bergingenieur Schöning [] aus Johannesburg [] Farmer Gutsche [] aus Windhuk. [] usw. usw. [] Patrouille am Rande der Kharasberge. [] Deutsche Ansiedler auf der Flucht vor den Aufständischen. [] (Die Farbigen sind treugebliebene Damara [] Uebersichtskarte von Deutschsüdwest. [] (Zum vergleiche das Deutsche Reich, auf die Seite gestellt, in demselben Maßstabe in Punktlinie) [] Entw. u. gez. v. A. Stein. [] Druck von Otto Elsner, Berlin S. 42.
Published:25.01.1907