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Wer ist schuld am Kohlenmangel? [] (Wörtlich entnommen aus dem Protokoll der Bundestagsdebatte am 15. November 1950.) [] Bundeswirtschaftsminister Prof. Dr. Erhard: [] Vertreter der Regierungsmehrheit CDU, FDP und DP [] "Obwohl alle maßgebenden Stellen, nicht zuletzt die Produktion und der Kohlenhandel, letzterer zum Teil unter Aufwand erheblicher Werbekosten, immer wieder darauf hingewiesen haben, daß auf eine Abnahme und Einlagerung von Hausbrand in den Sommermonaten nicht verzichtet werden könne, da weder der Kohlenbergbau noch die Verkehrsträger den im Winter geltend gemachten Mehranforderungen gewachsen sein würden, begann die Kaufunlust der Verbraucher erst im August abzuflauen. (Lachen links, Unruhe) ... [] In den Sommermonaten habe ich über die Landeswirtschaftsverwaltungen und über den Kohlenhandel immer wieder darauf hingewiesen, wie dringend notwendig es ist, die Kohle jetzt abzunehmen, weil sie im Winter nicht nachgeliefert werden kann." [] Bundestagsabgeordneter Dr. Harald Koch: [] Sprecher der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands (SPD) [] "Da sagt Herr Prof. Erhard, der für diese Lage verantwortlich ist, der Verbraucher hat versagt (Lachen bei der SPD und Zuruf: Wie immer), der Verbraucher habe trotz aller Aufforderungen im Sommer nicht dafür gesorgt, sich Kohle ins Haus zu legen (Zuruf von der SPD: Der ist nie um eine Ausrede verlegen). - Meine Damen und Herren! Müssen wir denn immer wieder daran erinnern, wie schwach die Kaufkraft in der deutschen Bevölkerung bei den steigenden Preisen in dieser sozialverpflichteten Marktwirtschaft ist? Müssen wir daran erinnern, wie groß der Nachholbedarf ist? Müssen wir daran erinnern, daß Millionen von Mitbürger noch nicht einmal den notwendigsten Wohnraum haben? (Zuruf rechts: Dann brauchen sie auch nicht zu heizen), geschweige denn den erforderlichen Lagerraum, sich im Sommer Kohle für den kommenden Winter hinzulegen? Wo soll man in einem Volk das Geld für die Lagerhaltung hernehmen, wenn 60 Prozent der Einkommen, wie wir in der Haushaltsdebatte hörten, unter 250 DM monatlich liegen? Dem Verbraucher wurde außerdem von den verantwortlichen Stellen der Wirtschaftspolitik immer erklärt, die Preise hätten sich ausgependelt, sie hätten ihren Höhepunkt erreicht, sie könnten nur noch sinken. Und heute sagt man ihnen, sie hätten falsch gehandelt. Was haben sie denn anders getan, als der Wirtschaftspolitik des Herrn Prof. Erhard zu folgen? (Sehr gut! bei der SPD.) Herr Prof. Erhard wendet sich in vielen Reden gegen den Normalverbraucher. Ich glaube, wir kommen jetzt zu einem [] Unternormalverbraucher!" [] Was sagen Sie dazu? [] Erkennen Sie, verehrte Hausfrau, und Sie, sorgenvoller Familienvater, nun die Bedeutung der sozialdemokratischen Forderung nach einer Wirtschaftsführung, in der durch [] vorausschauende Planungsmaßnahmen [] den dringlichsten Bedürfnissen der Gesamt-Bevölkerung der Vorrang gegeben wird vor der Befriedigung zweitrangiger Wünsche einzelner Interessentengruppen? [] Glauben Sie nicht auch, daß wir der sozialen Gerechtigkeit einen bedeutenden Schritt nähergekommen sein werden, wenn [] die Kohlenproduktion und die Grundstoffindustrien in das Gemeineigentum des ganzen Volkes überführt würden? [] Dafür liegen die Sozialdemokraten und die Gewerkschaften im harten Kampf mit den Mehrheitsparteien des Bundestages, die die fortgesetzten Preiserhöhungen, die planlose Profitwirtschaft der Bundesregierung und ihres Wirtschaftsministers Erhard unterstützen. [] Wollen Herr Prof. Erhard und seine Helfer ihre "soziale" Marktwirtschaft etwa dadurch krönen, daß nun auch noch die Kohlenpreise kräftig in die Höhe getrieben werden? Professor Erhard sagte (in der gleichen Rede am 15. November im Bundestag): [] "Im Frühjahr wird die Kohlenkrise behoben sein!" [] Wir wollen nicht mehr verkohlt werden! Wir wollen Kohlen! [] Es ist an der Zeit, daß alle, die Prof. Erhards Ratschlägen vertraut, seinen Vertröstungen geglaubt und seinen Helfern, der CDU, FDP und DP, ihre Wählerstimme gegeben haben, [] jetzt endlich Stellungswechsel vornehmen! [] Werden auch Sie Mitglied in der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und Mithelfer dabei, baldigst in einer Neuwahl eine Parlamentsmehrheit und eine Bundesregierung zu schaffen, die nicht mehr die Reichen noch reicher macht und die Armen noch ärmer werden läßt. [] Herausgeber: SPD, Landesorganisation Hamburg. Druck: Auerdruck GmbH., Hamburg 1
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