Und nun die SPD

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Sonderdruck aus "Fuldaer Volkszeitung" Nr. 201 vom 37. August 1953 [] Und nun die SPD [] Von Walter Gollbach [] Zu den unerfreulichsten Dingen, die der Bürger der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren über sich ergehen lassen muß...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Kreisvorstand Fulda, Fuldaer Verlagsanstalt GmbH, Fulda
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 31.08.1953 - 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/BE171DB9-4277-4FFB-BDEC-CDBFD84FBE6D
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Sonderdruck aus "Fuldaer Volkszeitung" Nr. 201 vom 37. August 1953 [] Und nun die SPD [] Von Walter Gollbach [] Zu den unerfreulichsten Dingen, die der Bürger der Bundesrepublik in den vergangenen Jahren über sich ergehen lassen mußte, gehört der Kampf um die Wählerstimme zum zweiten westdeutschen Bundestag. Man mag einwenden, daß Wahlzeiten keine normalen Zeiten sind. Dennoch bleibt die Tatsache, daß die übelste Verleumdung, die schmutzigste Wäsche und die gröbsten Geschütze aufgefahren werden, um den politischen Gegner zu "erledigen". Den Anfang mit diesen Methoden - das läßt sich nicht ableugnen - hat die CDU gemacht. Ausgerechnet diejenige Partei, die sich nicht genug tun kann, ihre christliche Haltung in den Vordergrund zu stellen und die dabei von allen möglichen Stellen eine Unterstützung erfährt, wie sie sonst wohl kaum irgendeiner anderen deutschen Partei zuteil wird. Die SPD hatte lediglich festgestellt, daß die Regierungskoalition Wahlgelder in einer Höhe von annähernd 40 Millionen DM aus der Industrie erhalten habe. Die Antwort war die Beschuldigung aus dem Munde des Kanzlers, daß zwei kleine, unbedeutende Funktionäre angeblich Geld aus der Ostzone für den Wahlkampf der SPD erhalten haben sollen. Die beiden Beschuldigten haben Klage erhoben. Das Gericht wird nun feststellen, was an dieser Angelegenheit dran ist. [] Dieser ersten Behauptung schloß sich dann jene schmutzige Flut an, die wir heute in der Bundesrepublik über uns ergehen lassen müssen. Aber damit nicht genug. Wir haben uns in der Zwischenzeit daran gewöhnt, daß man so integre Leute wie den ehemaligen Bundesinnenminister Heinemann, der selbst zu den Begründern der CDU zählte, als einen potenten Dummkopf und Narren hinstellt. Wir haben uns auch daran gewöhnt, daß jeder, der nicht nach der Flöte des Kanzlers zu tanzen bereit ist, als Kommunist beschimpft wird. Wir haben uns selbst daran gewöhnt, daß das Recht in dem demokratischen Westdeutschland so gebraucht wird, wie man es im Augenblick gerade für notwendig erachtet, und daran, daß man sich nicht mehr die Mühe gibt, sachlich die Meinung des Gegners zu widerlegen. Wir müssen uns wundern, daß jene Zeiten von vor 1933, als in den Wahlversammlungen das Stuhlbein, der Bierseidel und der Schlagring regierten, noch nicht wiedergekehrt sind. [] Daß man die SPD bisher von diesen Attacken ausnahm, mag daran gelegen haben, daß man dieser Partei mit alter demokratischer Tradition schlecht vorwerfen konnte, sie sei kommunistisch. Nun aber hat ihr zur deutschen Außenpolitik veröffentlichtes Programm das Zeichen zum Angriff gegeben. Ohne mit der Wimper zu zucken unterschiebt ihr der Bundeskanzler die ungeheuerlichsten Absichten. Er scheut sich nicht, ihr vorzuwerfen, Verrat am deutschen Volk zu üben und die deutschen Gebiete jenseits der Oder und Neiße zu verschachern. Nur um Haaresbreite sind wir von jenem unseligen Wort entfernt, das einstmals die Sozialdemokraten als "vaterlandslose Gesellen" verschrie. Wenn es überhaupt noch eines Beweises bedurft hätte, welchen Kurs wir heute in der Bundesrepublik steuern und welchem Ziel wir zustreben, so ist er jetzt aus dem Munde eines deutschen Kanzlers geliefert worden. Das ist beschämend, nicht nur für die CDU, sondern auch für den Menschen und Politiker Adenauer. [] Was würde Herr Adenauer wohl sagen, wenn man ihm vorwürfe, daß er den seiner Regierung unterstehenden Teil Deutschlands für ein Butterbrot an die amerikanische Außenpolitik verkauft, daß er ein hinterhältiges Spiel mit der deutschen Saar treibt und daß er die 18 Millionen Deutschen jenseits der Zonengrenze, nur weil sie evangelisch sind, nicht in seinem Staate haben will? Was würde Herr Adenauer sagen, wenn man ihm vorwürfe, er sei sich darüber im klaren, daß seine Politik Deutschland in den Krieg stürzt? Was würde Herr Adenauer schließlich sagen, wenn man ihm erklärte, daß die Lebensmittelhilfe ein intriganter und kaltberechneter politischer Schachzug ist, um Unruhe in der sowjetisch besetzten Zone Deutschlands zu schaffen? Und was würde er sagen, wenn jemand von ihm behauptete, daß ihm das Schicksal der vielen Menschen, die dafür drüben in die Zuchthäuser wandern müssen, völlig belanglos ist, wenn es ihm damit nur gelingt, eine Entspannung zwischen Ost und West zu verhindern? [] Wir dürfen sicher sein, daß schon morgen die Polizeiorgane ihre Anweisung hätten, daß irgendeine ministerielle Verfügung zur Hand wäre, um den Betreffenden zur "Verantwortung" zu ziehen. So aber muß das Recht schweigen. Wir dürfen nur hoffen, daß der Wähler aufmerksam genug ist, um zu sehen, welchem Ziele wir entgegentreiben. Wir sind nicht mehr weit von jenem Zustand entfernt, der vor 20 Jahren schon einmal das Unglück Deutschlands eingeleitet hat. Haben wir Acht darauf, daß das Ansehen der Demokratie und ihr schwaches Fundament in diesen Tagen nicht zerstört wird, nur weil ein Parteiführer nicht mehr weiß, wie er der sachlichen außenpolitischen Argumente seiner Gegner Herr werden soll! [] Kreisvorstand der SPD Fulda Stadt und Land [] Herausgeber: Kreisvorstand der SPD Fulda Stadt und Land. [] Druck: Fuldaer Verlagsanstalt GmbH., Fulda
Published:31.08.1953 - 06.09.1953