Aber der Tag wird kommen
Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: SPD-Landesverband Bayern, Signatur 76; Gedicht Aber der Tag wird kommen - [] und er muß kommen - [] da die Tränen der Frauen stark genug sein werden, - [] um gleich einer Flut - [] das Feuer des Krieges für ewig zu löschen! [] Aus...
Main Authors: | , |
---|---|
Institution: | Archiv der sozialen Demokratie (AdsD) |
Format: | IMAGE |
Language: | German |
Published: |
1946
|
Subjects: | |
Online Access: | http://hdl.handle.net/11088/BC81C1B6-AF4F-4124-BA2A-305D6BB03E06 |
_version_ | 1771405056472514561 |
---|---|
author | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Hummel, L. |
author_facet | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Hummel, L. |
collection | AdsD leaflets |
dateSpan | 1946 |
description | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: SPD-Landesverband Bayern, Signatur 76; Gedicht
Aber der Tag wird kommen - [] und er muß kommen - [] da die Tränen der Frauen stark genug sein werden, - [] um gleich einer Flut - [] das Feuer des Krieges für ewig zu löschen! [] Aus "Das Wunschkind" [] 1. Frauen-Brief [] Bitte lesen und weitergeben! [] Verantwortlich für den Inhalt: L. Hummel, Altdorf 80 [] Liebe Schwester! [] Ist es Dir nicht, wenn Du diese Worte Ina Seidels liest, als ob Dir und mir und damit allen Frauen ein kleines Lichtlein der Hoffnung angezündet würde? [] Ein Krieg, der schrecklichste und größte in der Menschheitsgeschichte, hat sein Ende gefunden. [] Ein Krieg, der von unserer "Staats-Führung" total geführt und total verloren wurde. [] Wie haben doch gerade wir Frauen in dieser schrecklichen Zeit gelitten, als wir um das Leben unserer Liebsten, der Gatten, der Söhne und unserer Verlobten, bangten. In all den Tagen und Nächten, als wir flüchtig mit der letzten Habe unsere Stadt, wie "Sodom und Gomorra", hinter uns in Schutt und Asche sinken sahen. In all den Tagen und Monaten, in denen wir voll Sehnsucht einen neuen Brief erwarteten und herbeisehnten. Zwischen tiefster Niedergeschlagenheit und jäher Hoffnung schwankend, ob es je noch einmal zu einem Wiedersehen kommen würde. [] Wie haben wir gelitten in all den Tagen, die der Höhepunkt der Grausamkeit wurden, als die Sirenen ohne Unterbrechung sich heißer [ä] brüllten. In denen wir nicht mehr wußten: kommt der Mann von der täglichen Arbeit abends wieder, kommen die Kinder gesund aus der Schule zurück, oder können wir es selbst noch wagen, über die Straße zu gehen, um die dürftigsten Nahrungsmittel zu holen. [] In diesen Tagen hatten wir nur einen Wunsch: [] Die Sirenen möchten doch nur einmal wieder verstummen. [] Neben einer unendlichen Abgeschlagenheit und geistigen Leere, haben Gedanken kraus und wirr in unseren Hirnen Platz gefunden. [] Unklaren Ahnungen haben wir uns hingegeben und eine wilde Sehnsucht nach Ruhe und Stille hat uns erfüllt, neben Haß und Anklage gegen alle, die diese Ungeheuerlichkeit verschuldeten [!] [] Wie oft mögen Du und ich gedacht haben: [] Wie herrlich wird die Stunde sein, [] wenn Menschenmütter nicht mehr weinen, [] wenn ein Gedanke klar und rein, [] die Völker wieder wird vereinen, [] wenn von den Türmen hoch und hehr [] die Botschaft klingt: Daß Friede wär! [] Und wieder kamen Stunden der Verzagtheit und der Niedergeschlagenheit. [] Und dann endlich: [] Unwirklich fast die Stunde der Erlösung: [] In den Maitagen des Jahres 1945 wurde das größte Morden eingestellt, die Sirenen heulten nicht mehr! [] Ganz benommen und unfähig haben wir alles folgende über uns ergehen lassen, wir hatten nur noch einen Wunsch: [] Unsere Lieben wiederzusehen! [] Noch manches gute und wertvolle Leben hat der Moloch Krieg in den letzten Tagen in seine glühenden Arme genommen und seine Fratze zeigte sich noch einmal mit seiner ganzen Grausamkeit [] Für Viele sind heute Kummer und Sorge noch nicht genommen! [] Wo ist der Mann und wo der Sohn? [] Wie und wann mögen sie heimkehren? [] Wo mögen die anderen Lieben, die Ausgewiesenen und die Flüchtigen und Heimatlosen sein? [] Wo mögen sie sein, was ist ihr Schicksal? [] Wie oft haben wir die Nächte durchgegrübelt und sind zu keinem Ziel gekommen. [] Riesengroß stand die Frage vor uns: [] Wie konnte nur das geschehen? [] Und hatten für vieles doch keine Antwort! [] Resigniert und ungläubig standen wir dem "Neuen" gegenüber, das sich tun sollte, ja, tun mußte! Denn das Leben mußte ja weiter gelebt werden und alle Einrichtungen, in der Familie, Gemeinde, Stadt und Staat, die mußten weiter geführt werden. [] Mußten ordentlich weitergeführt werden, wie uns einige Tage der Gesetzlosigkeit bitter belehrten. [] Und manchmal wars mir dann: als ob wir Frauen hier mancherlei sogar besser machen könnten. Aber in Politik einmischen als Frau? Heißt es nicht immer: Frauen verstehen nichts von Politik? [] Verstehen dann Männer etwas von Politik? Liebe Schwester, waren die letzten zwölf Jahre nicht reine Männerpolitik? [] Hätten wir Frauen hätten wir das Recht gehabt, so einstimmig den totalen Krieg geführt? [] Stelle Dir vor: 60 Prozent der Bevölkerung sind heute Frauen (so las ich es in der Zeitung). Wäre es nicht eine große und heilige Verpflichtung, unsere Einstellung gegen alle Untaten des Krieges zu beweisen? [] Das war auch der Grund, daß ich in eine Frauenversammlung ging und was ich dort hörte, Schwester, schwer hat es mich getroffen! Ein Vorwurf war [...] ungeheuer und riesengroß, der uns allen galt, uns Frauen: "Daß es die Unwissenheit und die Gleichgültigkeit der Frauen gewesen seien", sagte die Referentin, die Hitler mit zur Macht verhalfen und, daß: "die Folgen dieser gedankenlosen Bleistiftkreuze Millionen von Holzkreuzen geworden sind, in allen Teilen der Welt, vom Eismeer bis zu den Wüstenstrichen Afrikas, unter denen das Liebste der Familien begraben liegt." [] Das war es, Schwester, das wie ein Stachel in das Herz drang! [] Haben ich, Du und alle Frauen damals wirklich alles gegen menschenmögliche gegen den Krieg getan? [] Hat nicht damals eine Partei gewarnt: Wer Hitler wählt, wählt den Krieg! [] 33850000 Tote hat dieser Krieg gefordert, alles Männer und Söhne, von Müttern unter Schmerz geboren. [] Ist das nicht ungeheuerlich, Schwester? [] Alles Folgen dieser gedankenlosen kleinen Bleistiftkreuze, die einem Mann und seiner Partei die Macht gaben die Verfassung des Reiches durch eine Notverordnung abzulösen und das größte Verbrechen vorzubereiten: [] Die Freiheit der Person (Zwang zum Kriegsdienst, "Staatsjugend" ab 10. Lebensjahr!), [] die Unverletzlichkeit der Wohnung, [] die Freiheit der Meinungsäußerung, [] die Versammlungsfreiheit, [] die Eigentumsgewährleistung, [] das sind die Lebensgrundrechte des Volkes, wurden aufgehoben. [] Eingeführt wurden: [] Die KZ. (mit all ihren Greueln!) [] die Todesstrafe durch den Strang, [] die Todesstrafe gegen Brandstifter (und den Reichstag haben sie selbst angezündet), [] das Gesetz mir Einziehung der Vermögen, [] das "Reichsbürgergesetz" usw. usw. [] Warum ich Dir das schreibe, Schwester! [] Am 30. Juni ist wieder Wahl! Die Wahl zur Gesetzgebenden Landesversammlung! Eine neue Verfassung soll vorbereitet werden! [] Kann es uns Frauen gleichgültig sein, welche Gesetze dort vorbereitet werden! [] Werden nicht einmal Kinder und Enkel von uns, von Dir, von mir und all den anderen Frauen, Rechenschaft fordern? [] 60 Prozent, Schwester, das verpflichtet! Sage nicht: auf 1 Stimme kommt es nicht an! [] Willst Du Deine Kinder selbst erziehen? [] Willst Du wieder die Unverletzlichkeit Deiner Wohnung? [] Die Freiheit der Person (das Leben Deines Mannes und der Söhne), [] die Freiheit der Meinungsäußerung [] Deine eigene Gleichberechtigung und die Gesetze der Menschlichkeit, dann denke, daß wir Frauen mit unseren 60 Prozent diese Gesetzgebung in maßgeblich beeinflussen können. [] Wollen wir doch helfen durch die richtige Abgabe der Stimme, diesen verlorenen Krieg in einen gewonnenen Krieg zu verwandeln. [] Liebe Schwester, wollen wir doch mithelfen, durch das Gewicht unserer Stimme das Ziel, die Sehnsucht der ganzen Menschheit, zu erreichen. [] Wie herrlich wird die Stunde sein, [] wenn wir uns halten an den Händen [] und alle schwören, klar und rein: [] Nie soll ein Krieg die Welt mehr schänden, [] wenn wir erkämpft den schönsten Sieg, [] das höchste Ziel: Nie wieder Krieg! [] Deine Schwester! [] Nachschrift: [] Meine Liebe! [] Ich habe mich jedenfalls entschlossen, die politischen Zusammenhänge begreifen zu lernen, und nach Rücksprache mit der Referentin, gleich nach der Versammlung, in die Partei des Friedens und des Aufbaues, in die SPD einzutreten. [] Auch Du kannst mit all Deinen Nöten und Sorgen zu ihr kommen. Sie will auch Dir Freundin und Helferin sein. Sie freut sich aber auch über die kleinste Anregung und den kleinsten Vorschlag, den Du bringst. [] Ihre Adresse willst Du wissen? [] Altdorf 80 oder Nürnberg Karl-Bröger-Straße 9 [] Mit herzlichen Grüßen [] Die Obige. [] N/0753 HB. 8000 6.46 |
era | In Form eines Briefes Aufforderung an die Frauen, sich ihrer politischen Verantwortung bewußt zu werden und Mitglied der SPD zu werden. |
format | IMAGE |
genre | visualUnit |
id | bulk_2EAD45A4-DA4B-4B8F-99D0-EA5E32F68908 |
institution | Archiv der sozialen Demokratie (AdsD) |
language | German |
publishDate | 1946 |
spellingShingle | Aber der Tag wird kommen Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD) Hummel, L. [Seidel, Ina, Hummel, L., Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Frauen, Krieg, Kreuz] |
thumbnail | http://hdl.handle.net/11088/0BBF9366-1F8A-4D0C-B463-20F58AF22D5C |
title | Aber der Tag wird kommen |
topic | [Seidel, Ina, Hummel, L., Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Frauen, Krieg, Kreuz] |
url | http://hdl.handle.net/11088/BC81C1B6-AF4F-4124-BA2A-305D6BB03E06 |