Ruin oder Aufstieg

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Ruin oder Aufstieg? [] Einer ultraradikalen Gruppe beliebt es, die deutsche Revolution mehr und mehr zu einer maßlosen, die Leistungsfähigkeit unserer Produktion völlig verkennenden [] Lohnbewegung, [] herabzuwürdigen. [] Ganz gewiß hat jeder...

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Bibliographic Details
Main Authors: Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung, Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung, Berlin
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1918 - 1919
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/72FE90EB-6AB0-404D-90F1-6A547D12E397
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author Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung
Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung, Berlin
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Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung, Berlin
collection AdsD leaflets
dateSpan 1918 - 1919
description Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Ruin oder Aufstieg? [] Einer ultraradikalen Gruppe beliebt es, die deutsche Revolution mehr und mehr zu einer maßlosen, die Leistungsfähigkeit unserer Produktion völlig verkennenden [] Lohnbewegung, [] herabzuwürdigen. [] Ganz gewiß hat jeder Arbeiter und jeder Mensch im Staate ein Recht darauf, einen angemessenen Teil unserer verfügbaren Produktion an Lebensmitteln und sonstigen Bedarfsartikeln zu erhalten, und dazu muß ihm das nötige Geld in die Hand gegeben werden. Wenn aber auch auf diese Weise einem jeden eine unserem Volkswohlstand entsprechende Existenz gewährleistet werden soll, so muß mit aller Gewissenhaftigkeit daraus gesehen werden, daß nicht einzelne Kreise zum Schaden der anderen ein größeres Maß von Existenzmitteln an sich reißen, als ihnen zusteht. Wir haben vor der Revolution deswegen gegen unberechtigte Ansammlung von Reichtümern auf Kosten anderer durch die Kapitalisten kämpfen müssen: [] heute gibt es Arbeiterschichten, die es nicht besser machen als jene. [] Wir sind ein armes Volk geworden, mehr als 4 Jahre Krieg haben unseren Wohlstand zerstört, haben uns ausgepumpt, ausgesogen und an den Rand des Nichts gestellt. Wir sind es daher allen unsern Brüdern und Schwestern im Volke schuldig, mit unseren Ansprüchen an das Leben auf alle Rücksicht zu nehmen. [] Wer jetzt von unserer Wirtschaft mehr verlangt, als sie mit Rücksicht auf die gleichen Existenzansprüche der Volksgesamtheit leisten kann, begeht ein Verbrechen an seinen Volksgenossen. [] Der ganze Kampf der Arbeiterklasse um die Verbesserung ihrer Lebensverhältnisse ist begründet auf der Theorie von Karl Marx, nach der dem Arbeiter der volle Reinertrag seiner Arbeitskraft zusteht. [] Mehr Lohn zu verlangen, als Werte erzeugt werden, ist jedoch ein Unsinn, eine Verkehrung Marxscher Wirtschaftstheorien in ihr gerades Gegenteil! Wir Arbeiter dürfen für uns nicht mehr fordern, als die Kraft unserer Produktion zu leisten vermag, und wenn wir wollen, daß unser Verdienst größer werde, dann gibt es dafür nur ein Mittel: [] Die Produktion durch fleißige Arbeit zu steigern. [] Die ungezügelten Lohnforderungen, die wir jetzt allenthalben erleben, haben zwei Folgen, die letzten Endes die Volksmassen nur wieder selbst treffen. Einmal lähmen sie die Industrie, deren Unternehmungslust stark abflaut (wodurch die Arbeitsgelegenheit geringer wird), und dann verteuern sie zugleich auch alle Produkte, wodurch wiederum alle anderen Gruppen der werktätigen Bevölkerung ebenfalls zu neuen Forderungen gezwungen werden. Die Preise für alle Bedarfsartikel werden so rasch steigen, daß sehr bald die geforderten hohen Löhne als zu gering erscheinen müssen. Neue Streiks und neue Betriebsstillegungen werden die Folge sein. So beißt sich die Katze in den Schwanz! Unser Wirtschaftseben [!] [Wirtschaftsleben] kommt nicht mehr zur Ruhe, jede geregelte Produktion muß aufhören, und unsere Armut an allen Dingen, die wir fürs Leben nötig haben, wird sich naturnotwendig vergrößern. Wir können uns dann aus der tiefen Erschöpfung nicht mehr erholen und treiben rettungslos dem völligen Ruin entgegen. [] Lebensmittel wollen wir aus dem Ausland haben! Und womit bezahlen wir sie? Mit unserer Produktion! Kein Mensch im Ausland nimmt deutsches Papiergeld in Zahlung, wenn er nicht sicher ist, daß ein wirtschaftlich starker Staat diesen Papierscheinen Wert verleihen kann. Gold können wir nicht als Zahlungsmittel benutzen, weil unsere Feinde alles an wirklichen Staatswerten vorhandene als Garantie für ihre Forderungen an Deutschland erklärt haben. Die erste Million von realen Staatswerten, die zum Zwecke des Ankaufs irgendwelcher für uns notwendiger Existenzmittel ins Ausland geht, würde unfehlbar die Besetzung Deutschlands und die Beschlagnahme des gesamten Staatsvermögens nach sich ziehen. Was das aber für die Arbeiter auf sich hätte, das sehen wir im besetzten linksrheinischen Gebiet. Dort ist der Achtstundentag beseitigt und an seine Stelle der Zwang zur Arbeit bei Androhung höchster Strafen getreten. [] Da wir auch keinen Kredit mehr im Auslande haben, so bleibt uns als Zahlungsmittel nur unsere Produktion. [] Nur Ware gegen Ware können wir tauschen, d.h. wir können nur soviel Lebensmittel bekommen, als wir fertige Waren dafür zu liefern imstande sind. Und der Preis der Lebensmittel wird den Preisen unserer Industrieprodukte entsprechen. So greift eins ins andere! [] Die Unternehmer sind zur Zeit geneigt, fast jede Lohnforderung zu bewilligen, weil sie aus Angst vor der Drohung, daß im Falle der Verweigerung die Werksanlagen zerstört werden, jeden Widerstand aufgegeben haben. Die Folge wird eine erneute Verteuerung der Kohlenpreise sein. Unsere Feinde fordern täglich, außer den für die Besatzungstruppen nötigen Kohlenmengen, 14000 Tonnen Industriekohle, für die sie den Preis festgesetzt haben. Die Verteuerung hat also nur das deutsche Volk zu tragen, das so in seiner Gesamtheit für die höheren Löhne einzelner seinen Tribut zahlen muß. [] Von der neuen Republik erhoffen die Arbeiter die Sozialisierung her Betriebe, und sie dürfen erwarten, durch die Verwirklichung dieser Forderung einer besseren Zukunft entgegen zu gehen. [] Vorbedingung dafür aber ist, daß die sozialisierten Betriebe nicht weniger Werte produzieren, als für die darin tätigen Arbeiter ausgegeben werden müssen. Die Sozialisierung kann die auf sie gesetzten Hoffnungen nur durch alleräußerste Entfaltung sämtlicher produktiven Kräfte erfüllen. [] Nur die Arbeit kann uns reich machen, [] nur die Arbeit schafft Werte, allein aus der Arbeit fließt das, was wir für uns, was wir für alle Glieder unseres Volkskörpers zum Leben nötig haben. [] Wird so weiter gewirtschaftet wie bisher, verschließen nicht endlich die Arbeiter ihre Ohren den [] Totengräbern unserer Volkskraft, [] so wird und muß eine weitere Betriebseinschränkung die unausbleibliche Folge sein. Die Millionen aus dem Felde zurückkommender Brüder werden statt Arbeit weitere Millionen von Arbeitslosen daheim vorfinden. [] Das Elend und dis Not werden ins ungemessne steigen, [] die Krüppel und Siechen, die Greiße, Witwen und Kinder werden dem Hungertod ins grinsende Antlitz sehen. Und die Revolution wird nicht das Volk erlösen aus Druck und Not, sondern sie wird alles begraben, was bisher uns noch die Hoffnung auf Besserung und den Willen zum Leben erhalten hat. [] Darum kommt zur Vernunft, ihr Arbeiter! [] Kommt zur Einsicht dessen, was jetzt nottut! Wendet Euch ab von den Wegen, die zum völligen Ruin führen, und bewahrt den alten Geist der Organisation und Disziplin, der die deutsche Arbeiterschaft in der Internationale zu hohem Ansehen und Ruhm gebracht hat. [] Er führt Euch der Sonne, dem Wohlstand zu! [] Erwin Barth. [] Druck: Arbeitsgemeinschaft, Berlin W 35
era Aufruf an die Arbeiter, ihre Lohnforderungen an die wirtschaftliche Lage anzupassen
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institution Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
language German
publishDate 1918 - 1919
spellingShingle Ruin oder Aufstieg
Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung
Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung, Berlin
[Marx, Karl, Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung, Berlin, Arbeit, Arbeiter, Lohn und Gehalt, Soziale Armut]
thumbnail http://hdl.handle.net/11088/890487EF-E1CB-45F0-A0B0-D2CC1DCA4458
title Ruin oder Aufstieg
topic [Marx, Karl, Arbeitsgemeinschaft für staatsbürgerliche und wirtschaftliche Bildung, Berlin, Arbeit, Arbeiter, Lohn und Gehalt, Soziale Armut]
url http://hdl.handle.net/11088/72FE90EB-6AB0-404D-90F1-6A547D12E397