"Sozialdemokratischer" Panzerkreuzer?

"Sozialdemokratischer" Panzerkreuzer? Der Reichswehretat, der die erste Rate für den Bau eines Panzerkreuzers B enthält, ist am 20. März im Reichstag mit 183 gegen 72 Stimmen bei Stimmenthaltung der Sozialdemokraten verabschiedet worden. Die Rechtsradikalen behaupten nun, die Sozialdemokra...

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Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co., Hamburg / Karl Meitmann, Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 20.03.1931
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/D4CEB718-98BF-442C-9FA9-E925362102A3
Description
Summary:"Sozialdemokratischer" Panzerkreuzer? Der Reichswehretat, der die erste Rate für den Bau eines Panzerkreuzers B enthält, ist am 20. März im Reichstag mit 183 gegen 72 Stimmen bei Stimmenthaltung der Sozialdemokraten verabschiedet worden. Die Rechtsradikalen behaupten nun, die Sozialdemokratie habe damit "Deutschlands Sicherheit an die Feinde verraten". Die Kommunisten aber schreien in allen Tonarten: "Die Sozialdemokratie hat ihre Friedensgrundsätze preisgegeben:" Was ist die Wahrheit? Das Programm der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands zur internationalen Politik lautet: "Die Sozialdemokratische Partei tritt mit aller Kraft jeder Verschärfung der Gegensätze zwischen den Völkern und jeder Gefährdung des Friedens entgegen." Ist dieser Forderung des sozialdemokratischen Parteiprogramms Genüge geschehen? Unsere Antwort an die Kommunisten: 1. Die deutschen Kommunisten sind begeisterte Anbeter der Gewaltmethoden des russischen Militarismus. Ihre täglichen Gewalttaten und ihr unablässiges Geschrei nach dem Bürgerkrieg verwirken ihr jedes Recht, als Wahrer des Friedens aufzutreten. 2. Die kommunistische Rechnung: Ablehnung des Wehretats durch die Sozialdemokratie - Sturz der gegenwärtigen - Herrschaft einer deutschnationalfaschistischen Regierung - Verstärkung des sozialen, wirtschaftlichen und politischen Druckes auf die Massen - Zuspitzung zum Bürgerkrieg - hat die Sozialdemokratie durchkreuzt. Die Wut der KPD. darüber ist für jeden wirklichen Friedensanhänger eine ungewollte Anerkennung sozialdemokratischer Friedenspolitik. Unsere Antwort an die Kriegshetzer und Militaristen im Bürgertum: 1. Die Sicherheit Deutschlands und des Weltfriedens erblickt die SPD. immer noch und immer stärker in der Förderung des Güteraustausches der Völker und nicht im mörderischen Austausch der Geschosse ihrer Waffen. 2. Ein Ersatz-Panzerkreuzer von 10 000 Tonnen bleibt als Macht- oder Schutzmittel Deutschlands im Vergleich zu dem Vielfachen der Kriegsmittel, über die die meisten europäischen Staaten verfügen, bedeutungslos. 3. Das Verlangen der gesamten bürgerlichen Parteien nach diesem Panzerkreuzer, trotz schwierigster Finanzlage des Reiches, trotz der bittersten Not von mehr als 5 Millionen Erwerbslosen und trotz der rasenden Zunahme der Schwierigkeiten der Länder und Gemeinden, ihre sozialen Aufgaben durchzuführen, ist eine ungeheuerliche Rücksichtslosigkeit gegen Millionen darbender Volksgenossen! 4. Mit der Stimmenthaltung zum Wehretat hat die Sozialdemokratie auch die schönsten Hoffnungen der vor der Verantwortung davongelaufenen Deutschnationalen und Hitlerleute zerschlagen. Sie waren darauf gerichtet, ohne Blamage in den Reichstag zurückkehren, ja sogar als "Retter des Reiches" die Regierung übernehmen zu können, um dann auf "legalem" Wege dem Volke das Wahlrecht, den Arbeitern das Koalitionsrecht und alle sozialen Errungenschaften zu rauben. Auch ihr Wutgeschrei ist eine Anerkennung unserer Politik. Unser Appell an alle Einsichtigen: Die sozialdemokratische Reichstagsfraktion hat den Wehretat dennoch nicht zur Ablehnung gebracht, und, zwar aus folgenden Gründen: 1. Die Ablehnung des Wehretats hätte nach den Erklärungen des Reichskanzlers den Rücktritt der Reichsregierung bedeutet. 2. Nach der von den Wählern am 14. September 1930 selbst geschaffenen politischen Machtverteilung im Reichstag würde dann die Hitlerpartei, eine faschistische Regierung, ans Ruder kommen. 3. Eine solche "Regierung"' aber würde nicht nur die Massen des arbeitenden Volkes der ungehemmten Ausbeutung der Kapitalisten ausliefern. Sie würde die Arbeiter, Angestellten und Beamten auch mit allen Mitteln des Terrors, ja des Verbrechens um ihre so schwer erkämpften sozialen und politischen Rechte bringen. Die Nazi-Herrschaft in Braunschweig und Thüringen gibt davon einen Vorgeschmack. Das Beispiel Italiens ist eine furchtbare Mahnung! 4. Schon die Stimmenzunahme der Nazis am 14. September hat die Kapitalflucht aus Deutschland und als ihre Auswirkung die Wirtschaftskrise schlagartig verschärft. Käme Hitler an die Macht, hieße das: erhöhte Unsicherheit, noch stärkere Kapitalabwanderung, gewaltige Vermehrung der Arbeitslosigkeit, ja Inflation und völliger Zusammenbruch im Bürgerkrieg! So ging es der Sozialdemokratie in der gegebenen Situation nicht um Einzelfragen, sondern darum, die deutsche Arbeiterschaft und das ganze deutsche Volk vor dem furchtbaren Schicksal der faschistischen Diktatur zu bewahren! So diente die Entscheidung der Sozialdemokratie am 20.März dem Frieden im Lande und dem Frieden Europas! Wer sie darum anklagt, täuscht sich über die Größe der Gefahr, die seiner eigenen Freiheit droht. Wer dem Frieden und Deutschlands Wiederaufbau dienen will, der trete ein in die Reihen der Sozialdemokratischen Partei und werbe ihr neue Mitstreiter! Eintritts - Erklärung (an das Sekretariat, Gr. Theaterstr. 441, einzusenden) [...] Eintritt 50 Pf. - Männer-Beitrag 25 Pf. je Woche. - Frauen-Beitrag 15 Pf. je Woche. Verlag: Karl Meitmann, Hamburg. Druck: Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auer & Co. in Hamburg.
Published:20.03.1931