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SPD `69 [] Wir schaffen das moderne Deutschland. [] WAHLINFORMATION II [] CDU und CSU gegen Arbeitnehmer [] Politik der gespaltenen Zunge [] Sechs Beispiele für Minister Katzers "Ohnmacht" in der Union [] 1. Katzer gegen Aufwertung [] Als Vorsitzender der Sozialausschüsse der CDA hat Katzer auf deren 13. Bundestagung "33 Oldenburger Thesen" zugestimmt; u.a. der 14. These "Internationaler Wettbewerb", in der es heißt: "Zweifellos ist seit langem das Wettbewerbsverhältnis der deutschen Wirtschaft zu anderen Industrieländern, vor allem durch falsche Wechselkurse erheblich begünstigt ... aus diesen gesellschafts- wie wirtschaftspolitischen Gründen ist es erforderlich, das fundamentale Ungleichgewicht durch eine gleitende Wechselkursanpassung zwischen den Währungen zu beseitigen." Als im Kabinett im Mai über die Frage der Aufwertung abgestimmt wurde, stimmte Katzer gegen die Aufwertung. [] 2. Katzer gegen 1200-DM-Grenze [] Im Herbst 1968 verhandelten SPD und CDU über einen Entwurf zur Lohnfortzahlung. Dabei kam es zwischen Professor Schellenberg und Katzer zu konkreten Vereinbarungen, u. a. auch über die Erhöhung der Versicherungspflichtgrenze. Als Katzer diese Vereinbarung der CDU vortrug, konnte er sich damit nicht durchsetzen, sondern es wurde eine Brand-Kommission eingesetzt, die dann die leidigen Vorschläge u. a. Selbstbeteiligung bei Krankenhausaufenthalt, DM 4,- Rezeptgebühr unterbreitete. Noch im Mai wurde in einem der vielen Koalitionsgespräche erneut eine Einigung mit Katzer über die Erhöhung der Krankenversicherungspflichtgrenze für Angestellte auf 1200 DM vom 1.7.1969 an erzielt. Am 8.5.69 hat die CDU/CSU-Fraktion diesen Kompromiß abgelehnt. Katzer hat sich in seiner eigenen Fraktion nicht durchsetzen können. Am 11. und 12.6.1969 hat Katzer in namentlicher Abstimmung bei der 2. und 3. Lesung über die Gesetzentwürfe zur Lohnfortzahlung und zur Änderung des Krankenversicherungsgesetzes gegen den SPD-Antrag gestimmt, der die Versicherungspflichtgrenze ab 1.8.1969 auf 1200 DM festsetzen wollte. [] 3. Berufsbildungsgesetz [] Obwohl Katzer sich als Vorsitzender der Sozialausschüsse für die "33 Oldenburger Thesen", in denen u. a. zum Berufsbildungsgesetz eine einheitliche Gesetzgebung und ein bezahlter Bildungsurlaub verlangt werden, hätte einsetzen müssen, konnte er beide Forderungen in seiner Fraktion nicht durchsetzen. Die CDU/CSU hat aus dem Berufsbildungsgesetz in der 2. und 3. Lesung das Handwerk durch einenÄnderungs-Gesetzentwurf herausgenommen. Damit gilt für das Handwerk nach wie vor das alte Recht. [] 4. Arbeitsförderungsgesetz [] Bei dem Arbeitsförderungsgesetz geht es auf einen Entwurf des Bundesarbeitsminsters [!] [Bundesarbeitsministers] zurück, daß die Selbstverwaltung der Bundesanstalt für Arbeit sich in grundsätzlichen Fragen verschlechtert hat. Obwohl er in Gesprächen mit den Gewerkschaften Gegenteiliges versprach, ist dieser Abbau der Selbstverwaltung von Katzer befürwortet worden. [] 5. Unfallversicherungsschutz für Schüler [] Obwohl sich der gesamte sozialpolitische Ausschuß des Bundestages für eine Gesetzesvorlage im Sinne des SPD-Antrags auf Einführung einer Unfallversicherung für Schüler aussprach, konnte in einem Zeitraum von über einem Jahr eine solche Gesetzesvorlage von Katzer nicht befürwortet werden. [] 6. Qualifizierte Mitbestimmung [] Obwohl die Sozialausschüsse sich für eine Ausweitung der qualifizierten Mitbestimmung aussprechen und dafür auch einen Modellvorschlag verfaßt haben und Katzer in öffentlichen Versammlungen ebenfalls für die Ausweitung der qualifizierten Mitbestimmung eintritt, hat er in der CDU nicht erreichen können, daß sie sich gleichfalls für die qualifizierte Mitbestimmung einsetzt. Ganz im Gegenteil: Beim Berliner Parteitag der CDU im November 1968 ist sogar aus dem von Katzer unterstützten Antrag das Wort "Unternehmensverfassung" - das stets in Verbindung mit der qualifizierten Mitbestimmung gebracht wird - in das Wort "Unternehmensrecht" verändert worden. [] Dieser Kanzler handelt nicht [] Größte Sorge der CDU-Wahlstrategen: Der Kanzler hält den Wahlkampf psychisch und physisch nicht durch. Jeder weiß, daß Kiesinger eine ganz dünne Haut hat. Und ein paar gestörte Wahlversammlungen könnten Kiesinger völlig aus dem Gleichgewicht bringen. Hintergrund: Kiesinger wirkt nur in feierlichem Rahmen. Wenn er schreit und tobt, ist er nur noch komisch. [] Auf den Kanzler kommt es an! so heißt der Slogan der CDU. Wir sagen dazu: Doch dieser Kanzler handelt nicht! [] Aus der Umgebung Kiesingers verlautet, daß er sich für den Fall, daß die CDU die Wahl verliere, auf das Altenteil zurückziehen werde. Den Oppositionsführer zu spielen, habe er keine Lust. [] Helmut Schmidt in Essen zur Reise nach Moskau: [] Um der Sache, des Volkes und der Freiheit willen [] Manche haben diese Reise, ehe sie begonnen war, für einen Fehler gehalten. Manche haben, ehe daß sie begonnen war, ihre Beschimpfungen vom Stapel gelassen. Auch der Wahlkämpfer Kiesinger hat sich keineswegs wie ein Gentleman benommen. Mir ist in Moskau eine Meldung vorgelegt worden - wir haben es abgelehnt, auf fremden Boden zum deutschen Wahlkampf Stellung zu nehmen -, aber es ist uns dort eine Meldung vorgelegt worden, wonach er in einer Wahlkundgebung öffentlich die Hoffnung ausgedrückt hat, alle Deutschen in Moskau möchten doch bitte auch den deutschen Standpunkt vertreten. [] Entsetzen dargelegt [] Wissen Sie, als wir mit Kiesinger vor unserer Reise über diese Sache sprachen, da hat er eine solche Bemerkung natürlich nicht gemacht, weil er wohl wußte, daß das erstens überflüssig und daß das zweitens unverschämt gewesen wäre. Alex Möller, Egon Franke und ich haben die Möglichkeit gehabt, am Jahrestag der sowjetischen Intervention in der Tschechoslowakei im Kreml den politischen Führern der Sowjetunion das Entsetzen des deutschen Volkes darzulegen. [] Schmutzkampagne in Kauf genommen [] Wir haben diese Chance genutzt, wir haben die Meinung der Bundesregierung und die Meinung der Sozialdemokratischen Partei ihnen gesagt, um der Sache auch unseres Volkes und unserer Freiheit willen. [] Wir haben gewußt, im Vorwege, daß die CDU/CSU eine Schmutzkampagne einleiten würde. Wir haben das in Kauf genommen, weil uns die Aufgabe in Moskaus wichtiger schien und weil wir Vertrauen haben in die Urteilsfähigkeit des deutschen Volkes. [] Kein Grund zum Lächeln [] Ein kleiner Schmutzfink in der CSU hat eine Anzeige in die Zeitung gesetzt: Wir wären um eines Breschnjew-Lächelns dahingefahren. Ich kann Euch versichern, daß in den drei Gesprächen, bei den drei Gelegenheiten, bei denen wir uns mit unseren sowjetischen Gesprächspartnern über den Einmarsch in die Tschechoslowakei und die Konsequenzen daraus auseinandergesetzt haben, da hat kein sowjetischer Gesprächspartner gelächelt. Wir auch nicht. Da war auch kein Grund dazu. [] Besser als Gedenkrede [] Wir denken, daß es mehr Wert ist, den sowjetischen Führern klar und offen und fest unsere Meinung über Prag zu sagen, als etwa in irgendeiner blumengeschmückten Halle oder in einem bayerischen Bierzelt anläßlich eines Jahrestages eine Gedenkrede zu halten. [] Käte Strobel: [] Mehr Geld für Krankenhäuser [] Ein Krankenhausfinanzierungsgesetz - das nach der dazu erreichten Grundgesetzänderung nunmehr vom Bund erlassen werden kann - wird von Bundesgesundheitsminister Käte Strobel vorbereitet, um sicherzustellen, daß für jeden kranken Menschen das für ihn notwendige Krankenhausbett in erreichbarer Nähe bereitsteht. Dabei geht Käte Strobel von folgenden Grundsätzen aus: [] Die Finanzierung von Krankenhäusern ist eine öffentliche Aufgabe, zu der Bund und Länder die notwendigen Finanzierungshilfen leisten. Diese werden als Investitions- und Instandhaltungskosten gegeben (Vorhaltekosten). [] Der allgemeine Pflegesatz [] wird auf die reinen Benutzungskosten beschränkt. Zins- und Tilgungsverpflichtungen, die vor der Neuordnung von den Krankenhäusern für Investitionen und Instandhaltung eingegangen wurden, sollen von Bund und Ländern abgelöst werden. Für die Mitfinanzierung durch den Bund hat Käte Strobel 600 Millionen Bundesmittel in der mittelfristigen Finanzplanung angefordert. [] Rasche Entscheidung [] Käte Strobel strebt an, daß bis zur Verabschiedung eines solchen Gesetzes zur Entlastung der Krankenhäuser Bundesmittel auf dem Wege der Vereinbarung zwischen Bund und Ländern eingesetzt werden. Eine Änderung der Bundespflegesatzverordnung wird nicht mehr angestrebt, sondern eine rasche Entscheidung über die Finanzhilfe des Bundes. [] Die CDU/CSU operiert mit der Angst [] In DM, dem unabhängigen deutschen Verbrauchermagazin, schreibt der Chefredakteur Horst Wolf [] Zur Lage: [] "Der Streit Über die D-Mark-Aufwertung liefert ein schönes Beispiel dafür, wer das Wohl der Partei über das Allgemeinwohl stellt, wer Politik mit Herrschaftsausübung verwechselt. [] In früheren Wahlkämpfen war dies selten exakt nachweisbar. Heute erlauben objektive Daten die Beweisführung. [] Selbst Konservative - nicht im Verdacht, der Union aus ideologischen Gründen ein Bein stellen zu wollen - sagen eine Preiswelle nach den Wahlen voraus, fürchten, daß sich der Boom überschlägt und am Ende gar in eine Rezession einmündet. [] Ohne eine D-Mark-Aufwertung ist der Misere nicht ernsthaft zu begegnen. Aber die CDU/CSU, die in der Vergangenheit einer zu Dynamik verurteilten Gesellschaft mit dem Schlagwort ,keine Experimente" Fesseln anlegte, beweist auch diesmal wieder, daß ihr die Einsicht in die Notwendigkeit fehlt, via D-Mark-Aufwertung die Industrie unter Konkurrenzdruck zu halten, um damit die Preiswelle einzudämmen. [] Wieder einmal operiert die Union mit der Angst: Sie enthält den Wählern vor, daß Aufwertung nicht Abwertung, sondern das, was das Wort aussagt, bedeutet. Wieder einmal protzt sie mit der nationalen Überheblichkeit: Sie suggeriert, daß die Bundesrepublik trotz außenwirtschaftlicher Gefahren den Geldwert allein stabilisieren könne. [] Frankreichs Regierung bewies die ökonomische Vernunft, die der CDU fehlt: Sie setzte ihren ohnehin geschwächten Franc im Wert herab und stärkte damit ihrer Wirtschaft den Rücken. [] In der Bundesrepublik wird der Verbraucher die Zeche zahlen müssen. [] Die Einkaufspreise des Handels liegen schon jetzt teilweise zwischen fünf und 30 Prozent über denen des Vorjahres. Wie hoch werden erst die Verkaufspreise sein! [] Daran sollten Sie am 28. September denken: Wahltag ist Zahltag!" [] Das unabhängige deutsche Verbrauchermagazin DM veröffentlichte in seiner September-Nummer einen PARTEIENTEST [] Es kam zu diesen Schlußfolgerungen: [] Morgen ist alles teurer. [] Die Mark, härteste Währung der Welt, droht weich zu werden. [] Wer sichert unser Geld? [] Wer ist dem Verbraucher freundlich gesonnen? [] DM hat die Parteien und ihr Verhalten analysiert. [] Das Ergebnis: [] SPD empfehlenswert [] FDP bedingt empfehlenswert [] CDU nicht empfehlenswert [] CDU empfiehlt Vergeßlichkeit [] Die wiederholten Entscheidungen der Mehrheit des Kabinetts gegen die wirtschaftspolitische Vernunft sind in der Öffentlichkeit sehr beachtet worden. Alle Fachleute und Sachkenner haben sich für die Wirtschaftspolitik Professor Schillers entschieden. [] Diese Tatsache ist der CDU/CSU unangenehm, und deshalb fordert sie jetzt, daß über die Wirtschaftspolitik nicht mehr gesprochen werden soll. Doch über die Wirtschaftspolitik muß gesprochen werden und zwar gründlich. Am 28. September wird auch darüber entschieden, ob wir in den nächsten vier Jahren eine Wirtschaftspolitik der Vernunft haben werden oder nicht. [] Die Konjunktur kann man weder ausklammern noch werden wir uns durch schiefe Fragestellungen davon abhalten lassen, dem Wähler die Wahrheit zu sagen. [] Legende und Wirklichkeit [] Die CDU/CSU behauptet u. a. Professor Schiller habe in Fragen der Wirtschaftspolitik wiederholt seine Meinung geändert und deshalb wäre auch nicht sicher, ob er jetzt das Richtige wolle. Hierzu ist zu sagen: [] Moderne Wirtschaftspolitik erfordert: [] genaue Beobachtung der wirtschaftlichen Entwicklung und rechtzeitiges Reagieren auf unterschiedliche Situationen. [] Moderne Konjunkturpolitik erfordert: [] Anwendung der richtigen Instrumente zum richtigen Zeitpunkt. [] In der Hochkonjunktur kommen andere Instrumente zur Anwendung als in der Rezession, und umgekehrt. [] Professor Schillers Wirtschaftspolitik hat in kurzer Frist Arbeitslosigkeit und Absatzsorgen überwunden. Das von ihm geschaffene Stabilitäts- und Wachstumsgesetz gibt für jede Konjunkturlage die notwendigen Möglichkeiten. Man muß nur bereit sein, sie auch entsprechend anzuwenden. [] Kiesinger behauptet, wir hätten keinen Preisauftrieb. Andere CDU/CSU-Politiker behaupten, der Preisauftrieb käme nicht vom Ausland her und die Konjunktur würde sich bereits abflachen. [] Behauptungen können von den Fakten nicht ablenken: [] - Die deutsche Wirtschaft wird weiterhin durch die Auslandsnachfrage angeheizt. Im Juli wurden für 10,2 Mrd. DM deutsche Güter exportiert [] für 8,6 Mrd. DM ausländische Guter importiert [] - Die von den Instituten angekündigte Abflachung der Konjunktur bedeutet keine Rezession sondern eine Abflachung der Zuwachsraten. Wer im Stadtverkehr von 90 Stundenkilometern auf 80 heruntergeht, fährt relativ langsam aber immer noch zu schnell. [] Die Preissteigerungen seit Januar [] Die CDU/CSU behauptet, die industriellen Preise sind "relativ stabil geblieben". [] Diese "stabile" Entwicklung sieht nach der amtlichen Statistik so aus: [] Anstieg gegenüber dem gleichen Vorjahresmonat [] Januar +0,3% [] Februar +0,3% [] März +0,6% [] April +1,3% [] Mai +1,7% [] Juni +1,9% [] Juli +2,2% [] Diese Reihe zeigt deutlich eine Entwicklung, deren Fortsetzung für die Geldwertstabilität höchst gefährlich wird. Im März wollte Professor Schiller diese Entwicklung der Preise nach oben mit einer Aufwertung der DM stoppen. Das soll, wenn es nach der CDU ginge, vergessen werden. [] Steuerreform: Zauderer Strauß [] Am 11. Oktober 1967 beantragte die SPD die Einsetzung einer unabhängigen Sachverständigenkommission zur Vorbereitung einer Steuerreform in der VI. Legislaturperiode. Dieser Antrag stieß bei der CDU/ CSU auf großen Widerstand. Es dauerte über ein Jahr, bis der Bundesfinanzminister dem ständigen Drängen der SPD nachgab. Die erste Sitzung der Steuerreformkommission konnte erst am 17. Dezember 1968 stattfinden. Die Ergebnisse dieser Kommission werden nun nicht vor Ende 1970 vorliegen. Das bedeutet, daß der Gesetzgeber nicht in der Lage sein wird, die Arbeiten an der Steuerreform bereits zu Beginn der VI. Legislaturperiode aufzunehmen. [] Strauß wollte in die Kommission nur Vertreter der Wirtschaft und der Wissenschaft berufen. Erst nach heftigem Protest der SPD erklärte er sich bereit, auch Vertreter der Arbeitnehmer (Gewerkschaften) In die Kommission zu berufen. [] Das Zaudern des Bundesfinanzministers beweist, daß er an einer umfassenden Steuerreform nicht interessiert ist. Die von ihm beabsichtigte einseitige Zusammensetzung der Kommission ist ein Beispiel dafür, daß er lediglich an die Interessen der Wirtschaft, aber nicht an die der Arbeitnehmer denkt. [] Bildungslücken [] Alle Weit fordert im Moment mehr Bildung. Das scheint ein Modethema des Wahlkampfes zu werden. Doch wäre der Wähler gut beraten, etwas weniger auf die Wahlslogans und etwas mehr auf die tatsächlichen Leistungen zu achten. Zumindest der CDU/CSU, der Partei der Zwerg- und Konfessionsschulen, kann man ihre Bildungsfreudigkeit nicht recht abnehmen. Wie kommt es wohl, daß in den sozialdemokratisch regierten Ländern und Städten durchschnittlich mehr Abiturienten die Oberschulen verlassen? Wie kommt es, daß Regionen, wo die CDU/CSU schon seit zwanzig Jahren regiert, von Fachleuten als bildungsmäßig rückständige Gebiete bezeichnet werden? Was tut die CDU, um das Bildungspotential in der Landbevölkerung auszuschöpfen? Hat diese Partei Angst, der mündige Bürger könnte seine Stimme der fortschrittlicheren Partei geben? [] Für die Sozialdemokraten ist Bildung keine Phrase. Sie wissen, daß heute in der hochentwickelten Industriegesellschaft zu den Produktionsfaktoren Kapital und Arbeit der Produktionsfaktor Bildung hinzutritt. Für sie besteht der Fortschritt nicht zuletzt in der zunehmenden Ausbreitung von Wissen und Erkenntnis. Sie wollen den mündigen Bürger und die mündige Nation! [] Die Arbeitnehmer entscheiden die Wahl [] Zur Lage: [] Wann entscheiden sich die Unentschlossenen? Das ist jetzt die zentrale Frage. Noch nie lag vier Wochen vor der Wahl ihre Zahl so hoch. Das heißt auch: Noch nie lag kurz vor den Wahlen die SPD so gut im Rennen. [] Wir haben Anhänger gewonnen bei den Angestellten. Den Beamten. Und vor allem bei den Frauen. Das spürt die CDU. Und das macht sie unruhig. [] Worauf kommt es jetzt an? [] Auf den Arbeiter! Wir brauchen nicht zu befürchten, daß er CDU wählt. Wir müssen alles tun, daß er überhaupt wählt. Und dann wählt er auch SPD. [] Deshalb: [] Alle unsere Anstrengungen müssen sich ab sofort auf den Arbeiter konzentrieren. Hier liegen jetzt Aufgabe und Chance der Organisation. [] Unser Argument: [] Wir brauchen nur ein einziges: Wenn am 28. September die CDU gewinnt, steht die nächste Wirtschaftskrise ins Haus. Sagte Schmücker: Die Krise war gewollt!! [] Am 28. September entscheidet der Wähler, ob [] - Prof. Schiller Wirtschaftsminister bleibt, oder [] - Krisen-Schmücker wiederkommt. [] Darum geht es bei dieser Wahl. Und um sonst nichts. Davon will die CDU den Wähler und - vorher! - uns ablenken. [] Lassen wir es nicht zu! Reden wir immer wieder davon. Und nicht über die CDU! [] Herbert Wehner in Essen: [] Kein Nationalismus! [] Alle Versuche, die Fragen der deutschen Politik wieder nationalistisch behandeln oder lösen zu wollen, wären lebensgefährlich für unser ganzes Volk. Sie würden unweigerlich zur Isolierung der Bundesrepublik, zur deutschen Selbstzerfleischung und zu einer Rechtfertigung der Fortdauer der Quarantäne der Spaltung der Deutschen führen. Die Zukunft des deutschen Volkes ist mehr als die jedes anderen Volkes unseres Erdteils abhängig davon, wie intensiv sich die demokratischen Kräfte für die Vereinigung Europas und für die Verständigung zwischen West und Ost einsetzen. [] Als verächtlich weisen wir die Unterstellungen zurück, die vom Heck der CDU in Konkurrenz mit dem "Bayern-Kurier" lanciert werden, um im Stil von 1957 damals: ("Alle Wege des Marxismus führen nach Moskau" und "Der Sieg der SPD wäre der Untergang Deutschlands") die Sozialdemokraten zu examinieren: "Was wird aus Deutschland?" Wir fragen einfach zurück: Was hülfe die Beredsamkeit des Bundeskanzlers und die Heck-Lastigkeit der CDU, wenn am 5. März 1969 mit den Stimmen der NPD der von CDU und CSU nominierte Kandidat für das Amt des Bundespräsidenten gewählt worden wäre? [] In CSU und CDU ist der verhängnisvolle Irrtum noch virulent, gleichzeitig sowohl Partner in Friedensgesprächen als auch propagandistische Nutznießer eines am Leben zu haltenden Kalten Krieges sein zu können. Von einem früheren Landesvorsitzenden der CDU und Kultusminister a. D. ist diese Art von Politik als eine "unwahrhaftige, teure und existenzbedrohende Politik" bezeichnet worden, die nach seinem Urteil "immer unglaubhafter wird, da sie zugleich die Entspannung proklamiert". [] Die Führung der CSU und der CDU hatte nach der brutalen Besiegelung der deutschen Spaltung, der Errichtung der Mauer am 13. August 1961, gemeint, einfach fortwursteln zu dürfen. Sie hatte auch aus dem Moskauer Vertrag, den die Regierungen der Sowjetunion und Ost-Berlins am 12. Juni 1964 geschlossen haben, keinerlei Konsequenzen gezogen und sogar noch im Juni 1966 die Erneuerung der Berliner Passierscheinregelung verscherzt. Es ist kein Ersatz für deutsche Politik, sich auf die inneren Spannungen im kommunistischen Lager zu verlassen. [] Die Politik der Friedenssicherung, von der Willy Brandt mit Recht gesagt hat, sie habe der Generalnenner zu sein, auf den alle Politik in Deutschland zu orientieren ist, darf nicht für das Linsengericht einer Konkurrenz oder des Liebäugelns mit nationalistischen Vorstellungen unglaubhaft gemacht werden. [] Katholische Warnung vor Nationalismus [] Die katholische Wochenzeitung des Erzbistums Freiburg setzt sich kritisch mit dem "national-konservativen Bazillus" auseinander. In einer Analyse mit dem Titel "Die Katholiken und der Bundestagswahlkampf 1969" warnt das Kirchenblatt vor nationaldemokratischen Tendenzen, die nach Meinung des Blattes auch bei der CSU und der CDU zu finden sind. [] Die Zeitung schreibt, daß "etwas von dem nationalkonservativen Bazillus und der rechtsradikalen Anfechtung" in uns allen stecke: [] "Wünschen wir nicht alle, bewußt oder unbewußt, daß die Studenten endlich Ruhe geben; [] daß eine überzeugende, starke politische Führung "Ordnung" in Staat und Gesellschaft bringt und sichert; [] daß unsere Mark stabil bleibt (deswegen sind wir gegen die Aufwertung, die eigentlich die auf uns zukommende Entwertung der Mark zu stoppen vermag); [] daß Ulbricht und der ganze Kommunismus endlich in die Knie gezwungen werden (damit die Grenzen von 1937 oder 1938 wiederhergestellt werden können), um bei den Großen dieser Erde, die im Besitz von atomaren Waffen sind und atemberaubende Weltraumflüge starten, wieder dabei zu sein?" [] Das Blatt des Bistums Freiburg dazu wörtlich: "Hier heißt es aufzupassen auf die vielleicht unreflektierte Übereinstimmung mit diesen Programmpunkten der national'demokratischen' Partei, diesem 'Wir-sind-wieder-Wer' - wir 'wirtschaftlichen Riesen' (Franz-Josef Strauß)". [] Das Blatt verwirft auch den NPD-Plan nach einer Armee mit einem "klaren Kampfauftrag" und fügt hinzu, daß der Bayern-Kurier" [!] diesem Plan zugestimmt habe. [] Kernpunkte konservativ-nationaler Politik sind nach Überzeugung des Kirchenblattes: [] 1. den kalten Krieg unerbittlich weiterführen (d. h. keine internationale Entspannung und Verständigung); [] 2. Die DDR weiterhin ignorieren (also untätig eine überseeische Anerkennung der DDR nach der anderen zu registrieren, den "Brüdern und Schwestern" gegenüber trotz der selbstgewählten "Sorgepflicht" politisch ohnmächtig und handlungsunfähig zu verbleiben); [] 3. den Atomsperrvertrag nicht unterzeichnen (sich also zwangsläufig von den bereits über 100 Unterzeichnerstaaten, darunter auch der gesamten NATO mit Ausnahme Griechenlands(!) freiwillig zu isolieren); [] 4. die Aufwertung unserer Währung kategorisch ablehnen (damit aber ausländische Investitions- und Spekulationsgelder in Massen ins Inland zu locken und wegen des inländischen Nachfrageüberhangs nach deutschen Fabrikaten, die infolge der zur Zeit zu billigen deutschen Mark vornehmlich ins Ausland abfließen, eine jetzt schon absehbare Teuerungswelle hervorzurufen). [] Das Kirchenblatt resümiert: "Wem kann das alles nützen? Nicht einmal die ewig Gestrigen werden von dieser sich zunehmenden entlarvenden politischen Abenteuerei ... profitieren".
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