Massen heraus!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Massen heraus! [] Tag für Tag, Woche für Woche werden wir jetzt in allen Teilen Westdeutschlands aufmarschieren, die Verkehrs- und Nachrichtenmittel stillegen, die Produktion einstellen und Unruhe in alle Betriebe und Familien bringen, um den...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Freie Demokratische Partei (FDP), Landesverband Nordrhein-Westfalen, Julius Cramer, Köln
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 04.1952 - 06.1952
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/5285609A-F085-4263-B13E-6143EAACABBB
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Massen heraus! [] Tag für Tag, Woche für Woche werden wir jetzt in allen Teilen Westdeutschlands aufmarschieren, die Verkehrs- und Nachrichtenmittel stillegen, die Produktion einstellen und Unruhe in alle Betriebe und Familien bringen, um den sozialfaschistischen Monopolkapitalisten zu zeigen, daß der alte marxistische Geist des Klassenkampfes nicht gestorben ist, sondern sich zu einem neuen Ansturm gegen die überlebte Ordnung der Bundesrepublik rüstet. [] Warm marschieren wir? [] Es geht nicht um uns. Wir im DGB organisierten Arbeiter in den Gruben und Fabriken leben seit der Währungsreform unter Bedingungen, wie sie in einem besiegten, entmachteten und ausgeplünderten Volk nicht allen gegeben sind. Wir stehen uns viel besser als die Millionen von Heimatvertriebenen und Kriegsopfern. Wir sind nicht so benachteiligt wie die an feste Bezüge gebundenen Beamten, die nicht streiken dürfen, oder wie die vielen geistigen Arbeiter, die oft nicht wissen, wie sie die wirtschaftlichen Schwierigkeiten ihrer Lage überwinden sollen. [] Wir organisierten Arbeiter haben noch immer die Möglichkeit gehabt, unsere Ansprüche in überzeugender Form geltend zu machen. Aber darum geht es jetzt gar nicht! [] Wir marschieren für unsere Funktionäre! [] Wir können es nicht langer mit ansehen, daß den Spitzenfunktionären des DGB (Fette-Bewegung) der Weg in die sehnlichst erstrebten Aufsichtsratssessel verwehrt wird. Unsere führenden Funktionäre müssen sich zur Zeit noch mit 5 - 6 Aufsichtsratsposten in der von unseren Beiträgen errichteten Bank für Gemeinwirtschaft und in den Mammutorganisationen unserer Konsumgenossenschaften begnügen. [] Das muß ein Ende haben! [] Wenn es auch für unser eigenes Schicksal viel vorteilhafter wäre, die von allen einsichtigen Unternehmern zugebilligte Mitbestimmung und die Zahlung eines Ertragslohnes in friedlicher Aussprache zu klären und baldmöglichst einzuführen, so sind wir doch in gehorsamer Ausführung der uns vom DGB ohne unsere Befragung erteilten Befehle jederzeit bereit, ohne Rücksicht auf wirtschaftliche Verluste die USAdenauer-Regierung unter Druck zu setzen. [] Es war ein Meisterstück unserer Funktionäre, dem deutschen Volke nach Unterzeichnung des Bonner Generalvertrages und der Vereinbarung über die europäische Verteidigungsgemeinschaft jede Möglichkeit zu einer Erörterung in der Presse zu nehmen. Zwei Tage lang fiel die Stimme Deutschlands im internationalen Pressekonzert fort, als es sich darum handelte, den Standpunkt des deutschen Volkes zu diesen wichtigen Verträgen herauszustellen. [] Wir müssen unseren politischen Gegnern auch in Zukunft das Recht auf freie Meinungsäußerung streitig machen, auch wenn es Deutschland außenpolitisch schadet. [] Genau so, wie wir im Januar 1951 durch Drohung mit dem [] Generalstreik [] das Parlament beiseitegeschoben und unsere Forderung auf Mitbestimmung in direkter Aktion durchgesetzt haben, so soll es auch in Zukunft sein. Was kümmert uns die Demokratie, wenn es sich um den Totalitätsanspruch unserer Funktionäre handelt! - Unser Ziel ist es, durch Fernsteuerung aus den Gewerkschaftshäusern unmittelbar in das Wirtschaftsleben einzugreifen und durch Informationserteilung an die Bank für Gemeinwirtschaft einen Überkapitalismus zu schaffen, der dann den Weg zur [] Sozialisierung [] im Sinne von Marx und Moskau vorbereitet. [] Wir Aktivisten der Fette-Bewegung kämpfen Hand in Hand mit Dr. Schumacher, der jedem Mitbürger, der dem Generalvertrag zustimmt, seine Eigenschaft als Deutscher nach dem Motto abspricht: "Wer Deutscher ist, bestimme ich." Nur auf diesem Wege der persönlichen Diffamierung und Verhetzung werden wir jene [] Atmosphäre der Unruhe [] mit bürgerkriegsähnlichen Zusammenstößen schaffen, die immer noch die beste Vorstufe für die politische Machtergreifung gewesen ist. [] Mögen sich die Unternehmer und selbständigen Gewerbetreibenden liberal, christlich oder soldatisch tarnen: Sie alle sind, wie es uns unser Kampfblatt "Die Weit der Arbeit" in einem Beitrag vor Augen geführt hat, "Teufel in Menschengestalt"! [] Sie verdienen daher nichts anderes, als ebenso aus ihren Stellungen verjagt zu werden, wie die Millionen kleiner Nationalsozialisten, die durch unsere kämpferische Unduldsamkeit bei der Entnazifizierung auf der Strecke geblieben sind. Vorwärts im Geiste eines Auerbach, eines Saalwächter, Schwarz und anderer von der SPD und KPD empfohlenen Genossen! - Auf diesem Wege wollen wir weitermarschieren, auch wenn alles zusammenbricht. Das Allgemeinwohl darf uns nicht interessieren, wenn unsere Funktionäre rufen. Gehorsam und geduldig marschieren wir dann zu den Sammelplätzen als unerschütterliche Beitragszahler und Wegbereiter einer heute noch unsichtbaren Diktatur. [] Eines Tages aber wird dieses Werk vollendet sein. Zusammen mit den Genossen von der SED, die auf Grund der gleichen marxistischen Schulung handeln wie wir, werden wir dann dafür sorgen, daß auch in Westdeutschland der Lebensstandard der Ostzone herrscht, daß endlich wieder an die Stelle der vollen, Läden das Markensystem tritt und nicht mehr jeder frei und ungeniert die Wahrheit sagen darf, sondern nur das spricht und druckt was ihm der DGB vorschreibt. Dann wird es auch keine Streiks mehr geben dürfen. Mit Stachanow und Hennecke arbeiten wir dann unentwegt [] für eine bessere Zukunft! [] Verantwortlich für den Inhalt: Landesverband Nordrhein-Westfalen der Freien Demokratischen Partei [] Druck: Julius Cramer, Köln
Published:04.1952 - 06.1952