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Machtstandpunkt und Gewaltmaßnahmen statt Verständigung und Sozialer Ausgleich! [] In schwerer, zum Teil zwölfstündiger, körperlicher Arbeit, unter dem Gluthauch und den Dämpfen glühenden Eisens ringt die Arbeiterschaft des nahen Hüttenwerks Laucherthal um ihre Existenz. [] Seit Monaten erhofft dieselbe eine Erhöhung ihrer Verdienste, die als tarifliche Mindestlohngrenze heute noch 59 Pfg. in der Stunde für den gelernten über 25 Jahre alten Arbeiter beträgt, für den Angelernten 52 und für den Hilfsarbeiter 49 Pfg. [] Herr Oberingenieur Heinrich, an der Not der Arbeiterschaft brüsk vorbeigehend, lehnte jede Verhandlung mit der Vertretung der Arbeiterschaft ab. Dem zur Vermittlung angerufenen Schlichtungsausschuß in Hechingen erklärte derselbe Herr in einem Schreiben: [] "Diese Lohnforderung wird nur von den Gewerkschaften gestellt, weil dies die Taktik auf der ganzen Linie erfordert, eine Lohnerhöhung ist auch nicht begründet, weder durch die Lebenshaltungskosten noch aus anderen Gründen." [] Also mit anderen Worten, die Arbeiterschaft verlangt selbst keine Lohnerhöhung und sie braucht auch keine. Für die Ablehnung von Überstunden, nach der ohnehin langen Arbeitszeit und weil Herr Heinrich den Arbeitern auch nicht entgegenkam, weiß man zu sagen: [] "Daß die Arbeiter für die Verbesserung ihrer wirtschaftlichen Lage keine Opfer bringen wollen." Was sagte aber der angerufene Schlichtungsausschuß in Hechingen? Diese dem Unternehmer gegenüber sicherlich neutrale Instanz spricht eine Erhöhung der Verdienste, wenn auch in mäßigem Umfange aus und sagte in seiner Begründung, dazu: [] "Einigkeit bestand darüber, daß die Arbeitnehmer der Hüttenwerke Laucherthal, gemessen an den Lohnsätzen ähnlicher und gleichliegender Betriebe unseres Wirtschaftsgebietes einen berechtigten Anspruch aus die Erhöhung ihres Reallohnes haben. Hiebei [!] wurde der von der Reichsregierung betriebenen Preissenkungsaktion und der anerkannt ungünstigen Lage des Hüttenwerks gebührend Rechnung getragen." [] Auch das Württembergische Arbeitsministerium, das von den Arbeitnehmern angerufen wurde, empfahl der Hüttenverwaltung, der Arbeiterschaft wenigstens teilweise entgegenzukommen. Also sämtliche amtlichen Stellen waren auf Seiten der Arbeiterschaft. All dies nützte nichts und scheiterte an der Unnachgiebigkeit des Vertreters der Hüttenverwaltung, Herrn Heinrich. [] Trotzdem der so viel besprochene und versprochene Preisabbau nicht eingetreten ist, wird die Arbeiterschaft weiterhin vertröstet. Dem Grundsatz: Jeder Arbeiter ist seines Lohnes wert, wird in diesem Werk frivol in das Gesicht geschlagen. [] Das Werk erträgt die Belastung durch höhere Löhne nicht; das war die Formel, mit der Herr Heinrich allen stichhaltigen Gründen entgegentrat. [] Wie einzelne Herren des Werkes eingestellt sind, geht auch aus folgendem hervor: Selbst ein Betrag von Mk. 15.- als Entschädigung für ausgefallenen Lohn, Fahrt und Spesen eines Arbeiterratsmitgliedes zur Vertretung der Arbeiterinteressen vor dem Schlichtungsausschuß in Hechingen ist für das Werk nicht tragbar und wurde die Bezahlung abgelehnt. [] Entgegen den Bestimmungen des Betriebsrätegesetzes verweigert Herr Heinrich dem Betriebsratsvorsitzenden die Benützung des Telefons bei wichtigen Nachrichten an die Belegschaft, also gesetzlich verankerte Rechte hebt Herr Heinrich einfach auf. Man fühlt sich stark genug und pfeift auf das Gesetz. [] Dieser Machtdünkel des Herrn Heinrich, gegenüber der Arbeiterschaft wird sich früher oder später einmal schwer rächen. [] Wir warnen dringend und fragen: "Was sagt das fürstliche Haus zu diesen wahrhaft jämmerlichen Zuständen in seinem Werke?!" [] Der Arbeiterschaft aber ist es eine Lehre. In dem Vorgehen der Hüttenverwaltung kommt ein Scharfmacherstandpunkt zum Ausdruck, wie er wohl in keinem Privatbetriebe zu finden ist. [] Dagegen wird sich die Arbeiterschaft wehren. Wenn es dann zu Störungen des Wirtschaftsfrieden kommt, müssen wir die Folgen und die Verantwortung der Hüttenverwaltung überantworten. [] Der Arbeiterschaft kann und darf es nicht gleichgültig sein, wie mit ihren Mitarbeitern, Kollegen und Betriebsratsmitgliedern umgesprungen wird. [] Aber auch die Bürgerschaft hat letzten Endes ein Interesse, zu erfahren, wie und mit welchen Mitteln man die Arbeiterschaft von gewissen Herren niederdrücken und knebeln will. [] Auch der fürstliche Werksinhaber soll Kenntnis erhalten, um endlich dieser Diktatur und burschikosen Behandlung von seiten gewisser Herren Einhalt zu gebieten, bevor es zu spät ist. [] Der Arbeiterschaft selbst aber rufen wir in letzter Stunde zu, holt den letzten Mann zur Organisation heran, die Geschlossenheit der Organisation ist die beste Bürgschaft für Euer Recht. [] Deutscher Metallarbeiter-Verband. [] Christl. Metallarbeiter-Verband. [] Volksstimme G. m. b. H. Schwenningen.
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