Deutschland und der Dritte Weltkrieg

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Deutschland und der Dritte Weltkrieg [] von [] Dr. med. R. Luft [] Preis DM 0.40 [] Mögen die politischen Ansichten der Deutschen in vielem auseinandergehen, in einem sind sich alle einig: Wenn es zu einem Kriege zwischen den Westmächten und...

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Main Authors: Luft, R., Gebr. Müller, Selbitz
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Published: 1952
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Online Access:http://hdl.handle.net/11088/EE80B464-C194-45F6-A3E4-844E077D9FCF
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author Luft, R.
Gebr. Müller, Selbitz
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Gebr. Müller, Selbitz
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description Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Deutschland und der Dritte Weltkrieg [] von [] Dr. med. R. Luft [] Preis DM 0.40 [] Mögen die politischen Ansichten der Deutschen in vielem auseinandergehen, in einem sind sich alle einig: Wenn es zu einem Kriege zwischen den Westmächten und der Sowjetunion auf europäischem Boden kommt, so wird er auf dem Rücken Deutschlands ausgetragen. Unser Land zwischen Rhein und Weichsel wird Vorfeld und Schlachtfeld sein. Dabei kann eins mit völliger Sicherheit vorausgesagt werden: die restlose Vernichtung unseres Volkes und unserer Heimat. [] Wenn ich jetzt in kurzen Zügen die militärischen und politischen Vorgänge, wie sie sich abspielen werden, schildere, so geschieht das nicht aus der Phantasie eines tendenziösen Pessimismus, sondern aus der nüchternen Erkenntnis der politischen Lage, den geographischen Tatsachen und dem aufmerksamen Studium der Äußerungen westlicher Staatsmänner. Es ist Voraussetzung für einen klaren Überblick über die Dinge, daß man sich geistig frei macht von der Wirkung der östlichen und der westlichen Propaganda, die wie eine Giftwolke den Blick vieler Deutscher in beiden Teilen unseres Vaterlandes verschleiert. [] Es ist keine Frage, daß die ungeheure Aufrüstung der beiden Weltgruppen zu einer immer größer werdenden Hochspannung führt. Mit der materiellen Aufrüstung geht die geistige Hand in Hand. Wie ein Trommelfeuer hagelt die Propaganda auf die Menschen, erstickt jede klare Kritik und erhöht die Glut des Mißtrauens und des Hasses. An die Stelle der Vernunft tritt das Schlagwort. Unter seinem Einfluß erkennen die Menschen die geschickt geleitete Propaganda als solche nicht mehr, sondern glauben das, was sie aus Zeitungen, Rundfunk und Staatsreden in sich aufgenommen haben, sei ihre eigene tiefste Überzeugung. So wird die Hochspannung noch künstlich erhöht. Die Geschichte aber lehrt uns, daß es in solchen erregten Zeiten oft nur eines Zufalls bedarf, um die Explosion herbeizuführen. [] Wer von beiden wird, wenn der Funken die Spannung zerschlagen hat, die erste Runde gewinnen? Wir Deutschen wissen es, und der Westen weiß es auch. Darüber ist niemand im Zweifel, der die Sprengvorbereitungen an allen wichtigen westdeutschen Brücken, der die leitenden Ideen aller westlichen Manöver auf deutschem Boden und der die gewaltigen Bauten der Rheinlinie kennt. In der Schnelligkeit des Entschlusses und in der noch schnelleren Ausführung ist der totalitäre Staat der langsameren und vielredenden Demokratie immer überlegen. Mit 200 motorisierten Divisionen wird die Sowjetunion unsere westdeutsche Heimat überfluten, an ihrer Spitze ostdeutsche Regimenter. In großer Eile werden die schwächeren amerikanischen und englischen Truppen die schützende Rheinlinie zu erreichen suchen. Westdeutsche Divisionen werden den Rückzug decken müssen und sich im Kampf gegen die ungeheure Übermacht verbluten. [] Die Folgen für die zurückbleibende deutsche Zivilbevölkerung werden entsetzlich sein. Wer den Einbruch der Barbaren in unsere deutschen Ostprovinzen erlebt hat, weiß, was gemeint ist. Eine Flucht nach Westen ist unmöglich, denn rücksichtslos werden die Straßen durch die zurückflutenden westlichen Kolonnen freigefegt. Wir werden dann zum 2. Male "befreit". Mit Bitterkeit erinnern wir Westdeutschen uns der ersten "Befreiung" im Jahre 1945. Die zweite wird furchtbarer sein! Es wird die politische Schnüffelei nach der Vorgeschichte und Weltanschauung jedes einzelnen Mannes wieder beginnen, diesmal aber nicht mit dem Fragebogen, sondern nach östlicher Sitte mit dem Genickschuß oder dem Todeslager irgendwo im Osten. [] Da der Krieg sich nach russischer Anschauung selbst ernähren muß, so werden sämtliche Lebensmittel bis zur letzten Kuh des Bauern und bis zum letzten Stück Brot des Städters konfisziert. Der Hunger wird wüten, in seinem Gefolge der Tod unserer Kinder, unserer Kranken, Schwachen und Greise. In Ostpreußen und Schlesien verhungerten die zurückgebliebenen Bauern auf ihren Höfen. [] Das furchtbare "komm Frau" wird wieder zu hören sein, dieses bestialische Wort, das Tausende von deutschen Mädchen und Frauen in unsagbare Not brachte. Kein Mann wird sie schützen können, denn alle, die noch eine Hand rühren können, werden zu Arbeitsbataillonen zusammengetrieben und zum Straßen und Brückenbau hinter den Fronten eingesetzt. Andere Sklavenkolonnen, darunter Zehntausende von deutschen Frauen und Mädchen, werden in die Bergwerke am Ural, in die Wälder zum Holzschlagen und in die sibirischen Fabriken verschleppt, um die Lücken der zu den roten Armeen eingezogenen Männer auszufüllen. Sie werden ihre Heimat kaum mehr wiedersehen. [] Vielleicht wird am Rhein und im Süden an der Alpenlinie der rote Vormarsch nach schwersten Kämpfen zum Stehen kommen. Von ihren Flugbasen in Italien, der Schweiz, Frankreich, England und Norwegen aus werden dann die amerikanischen Bombengeschwader die russischen Anmarsch- und Verbindungswege hinter den Fronten belegen: Autobahnen und Straßen, alle großen und mittleren deuschen [!][deutschen] Städte, Industriezentren und Eisenbahnknotenpunkte. Die furchtbaren Wintermonate von 1944 auf 45 werden für die Reste der deutschen Zivilbevölkerung in zehnfach schlimmerem Maße wieder beginnen. [] Da es sich um den Entscheidungskampf zwischen den beiden Weltideologien handelt, wird Amerika vor dem Einsatz der Atombombe nicht zurückschrecken. [] Sollte es den Westmächten in einem ungeheuren Zangengriff vom Alpengebiet her, durch Frontalangriff aus dem französisch-belgischen Raum und durch Landungen hinter den russischen Fronten an der Nordseeküste gelingen, die bolschewistischen Massen zum Rückzug zu zwingen, so wird das unglückliche Land zwischen Rhein und Elbe eine dritte Befreiung erleiden. Aber es wird, wenigstens diesseits des deutschen 38. Breitengrades, nichts mehr zu befreien sein. Denn Deutschland wird dann ein ungeheures Trümmer- und Leichenfeld sein. [] So ist es für uns Deutsche letzten Endes gleichgültig, wer als endgültiger Sieger seine Fahnen auf den Trümmern unserer Heimat und auf unseren Gräbern aufziehen wird. Denn die Freiheit hat nur für Lebende Wert. [] Dabei sei ein ernstes Wort den Millionen der Heimatvertriebenen gesagt. Wenn es den Westmächten gelänge, die bolschewistischen Armeen bis hinter die Memel und den Bug zurückzuwerfen, und wenn sie dann wirklich die Sudetendeutschen und die Pommern, die Schlesier und die Ostpreußen aufforderten, in die Heimat zurückzukehren - eine Möglichkeit, die bei den Abmachungen der Westmächte mit den Exilpolen und den Exiltschechen durchaus zweifelhaft ist - wer von uns wird dann noch die Heimat wiedersehen? Vielleicht ein paar müde Greise, die dort sterben wollen. Die ostdeutsche Jugend, die unser Land wieder aufbauen und füllen soll, wird auf den Schlachtfeldern und unter den Trümmern Deutschlands begraben liegen. Das mögen gewisse Flüchtlingsführer heute bedenken, wenn sie die heimatsehnenden Menschen mit leichtfertigen Hoffnungen zu den Waffen rufen und von einem Siegeszug nach dem Osten träumen. [] Aus all diesen Tatsachen gibt es für jeden Deutschen nur einen Wunsch, ein Ziel und eine Politik: Der Krieg auf europäischem Boden muß unter allen Umständen vermieden werden! [] Können wir Deutschen überhaupt etwas dazu tun? Und was können wir zur Erhaltung des Friedens tun? [] Mit Ausnahme einiger Condottierinaturen, die es nicht erwarten können, ihre Generalsuniform wieder anziehen zu dürfen, und mit Ausnahme jener ewigen deutschen Landsknechte, denen es gleichgültig ist, ob sie in der Fremdenlegion oder als "deutsche Einheiten" unter amerikanischem Oberbefehl kämpfen, gestehen wir den Wunsch nach Frieden jedem anständigen Deutschen zu. Hier sind wir einig! Aber im Weg, den Frieden zu erhalten, unterscheiden wir uns grundsätzlich. Der Gedankengang, der die westdeutsche Regierung veranlagt, sich mit einem sogenannten Verteidigungsbeitrag auf die Seite des Westens zu stellen, ist kurz folgender: Es gilt, so sagt man, durch die Bewaffnung des westdeutschen Teilstaates Amerika und seine Hilfsvölker so zu stärken, daß Rußland keinen Angriffskrieg mehr wagt. Dadurch könne der Frieden erhalten werden! [] Ich halte diesen Weg der westdeutschen Regierung für einen schweren politischen, militärischen und psychologischen Fehler! Er bringt uns in die Gefahr, die gerade vermieden werden soll. Es ist der Weg des geringsten Widerstandes, weil er im tiefsten Grunde nicht aus einer deutschen Erwägung heraus, sondern aus der geistigen Hörigkeit der Besatzungsmacht gegenüber entspringt. Er beraubt uns trotz scheinbarer Zugeständnisse an kleinstaatlicher Souveränität des letzten Restes unserer politischen Freiheit. Er trennt uns noch weiter von unseren deutschen Brüdern im Osten. Er wird unser Volk in den Krieg und damit in den Untergang führen. [] Untersuchen wir diese Probleme im einzelnen! [] Das Handeln der westlichen Regierungen gründet sich auf den uralten Satz Si vis pacem, para bellum! (Wenn du den Frieden willst, so rüste zum Krieg!) Nun versichern allerdings beide, sowohl Herr Truman als Herr Stalin - und der Chor der Satelliten stimmt auf beiden Seiten kräftig mit ein - daß sie den Frieden wollen, und da sie den Frieden wollen, müßten sie nach jenem Grundsatz zum Kriege rüsten. Wir können beiden nicht ins Herz sehen, wir wissen nur: wenn zwei Völker wirklich ehrlich den Frieden wollen, so gibt es ja ein einfaches Mittel, dies zu beweisen: nämlich die Abrüstung. Statt dessen rüsten sie in so gigantischem Maße auf, daß Wirtschaft und Handel in Unordnung geraten, der zivile Bedarf gedrosselt werden muß, dadurch die Preise und die Steuern immer weiter steigen und, die Staatsschulden ins Maßlose wachsen. Wettrüsten zweier Völker oder Völkergruppen hat in der Geschichte immer zum Kriege geführt. Das ist ein Gesetz, dem die Völker und ihre schuldigen Staatsmänner nicht mehr entrinnen können. Das "heitere Blinken" der Waffen ruft und lockt zur Tat! Nüchtern gesagt: Die Gewehre gehen allzu leicht von selber los! [] Wenn dann das Wettrüsten von triefenden Friedensreden einerseits, von hysterischem Geschimpfe auf den Gegner andrerseits, wie wir es täglich in Rundfunk und Presse hören und lesen, und zwar im Osten wie im Westen, begleitet ist, so ist es kein Wunder, daß das gegenseitige Mißtrauen bis zu einem Grade steigt, auf dem ein Verhandeln nicht mehr möglich ist. Wir erleben das heute im politischen Geschehen. Die Versuche jeden friedlichen Ausgleichs zerschellen, weil alles, was der Gegner fordert oder anbietet, von der andern Seite als Tarnung, als Falle und als Heuchelei aufgefaßt wird. [] Dazu kommt noch eine weitere und größere Gefahr. Was wir militärisch heute in der Welt sehen, ist eine ungeheure Einkreisung des roten eurasischen Raumes durch Amerika. Der gewaltige Kreis beginnt in Alaska, geht über die Aleuten, Korea nach Japan, das ebenso wie die anschließenden Philippinen fest an die U.S.A. gebunden ist. Die Insel Formosa setzt den Ring nach Indochina und Malaia fort. Die dann folgende Lücke von Burma bis Persien wird durch die höchsten Gebirge der Erde, die größere Kampfhandlungen dort unmöglich machen, geschlossen. Um das abspringende Persien wird zur Zeit noch gekämpft. Die Türkei ist fest in das Einkreisungssystem eingefügt. Der Pakt mit den arabischen Völkern des vorderen Orients ist im Werden. Dann folgen Griechenland und Jugoslavien [!] [Jugoslawien] und endlich der Westrand Europas bis hinauf nach Island und Hammerfest. In allen diesen Gebieten sind zahllose Flugplätze bereit, die amerikanischen Bombengeschwader aufzunehmen. Von ihnen aus können alle lebenswichtigen Zentren des roten Doppelkontinents angegriffen werden. [] Nun haben wir Deutschen schon einmal eine Einkreisung erlebt. Es war in den Jahren vor 1914. Wir erinnern uns noch des entsetzlichen Alpdrucks, der damals auf der deutschen Politik lastete und schließlich zu dem Verzweiflungsschritt der deutschen Kriegserklärung führte. Der erste Weltkrieg war der Versuch, die erdrückende Kette der feindlichen Koalition zu sprengen. [] Wenn die westdeutsche Republik den verhängnisvollen Schritt jetzt tut, die letzte Lücke des amerikanischen Einkreisungsringes durch ihren Beitritt zu schließen, so wächst die Gefahr eines russischen Präventivkrieges ins Ungeheure. Der Kreml wird sich entschließen müssen, loszuschlagen, bevor die Überlegenheit des Westens die Grenze erreicht hat, die eine tötliche [!][tödliche] Bedrohung für ihn bedeutet. Der Wiederaufrüstung Westdeutschlands wird vielleicht schon in den nächsten Monaten ein russisches Ultimatum folgen. Damit ist die Explosion des furchtbarsten aller Kriege Wahrscheinlichkeit geworden. [] Wir machen deshalb der westdeutschen Regierung den Vorwurf, daß sie im gehorsamen Aufblicken zu ihrer westlichen Besatzungsmacht die notwendige Reaktion des Ostens auf ihr Handeln mißachtet und damit die psychologischen Gesetze der Politik verkennt. Denn eins ist klar: Die gewaltige Einkreisung der roten Völkergruppe durch die U.S.A. mag tausendmal mit der Notwendigkeit der Verteidigung begründet und vielleicht auch so gemeint sein, es kommt aber darauf an, wie der Eingekesselte sie auffaßt und wie er darauf reagiert. Es besteht wohl kein Zweifel, daß der Kreml sie als Vorstufe eines konzentrischen Weltangriffes auf sein Gebiet auffassen muß. [] Die deutsche Westregierung wiegt sich im Bewußtsein der Sicherheit, Bundesgenosse der stärksten wirtschaftlichen Weltmacht zu sein. Aber wehe dem Land, das dann den ersten Stoß der durch maßlosen Haß aufgepeitschten Millionen des Ostens aushalten muß! Es wird Deutschland sein! [] Aus diesem Grunde warne ich noch einmal mit tiefstem Ernst. Wir haben jetzt noch die Wahl der Entscheidung frei, vielleicht nur noch für wenige Wochen. Haben wir uns nach dem Willen des Herrn Dr. Adenauer dem Westen mit Haut und Haaren verschrieben, so ist die Freiheit eigener Entscheidung für immer dahin. Wir sind dann an die amerikanische Politik gekettet. Nicht Bonn oder Berlin oder das deutsche Volk entscheiden dann über Krieg und Frieden, sondern Washington. Die deutsche Bundesrepublik wird eines der Hilfsvölker sein, das sich der weltumspannenden amerikanischen Politik fügen muß. Sie wird damit nicht etwa, wie unsere Regierung in völliger Verkennung der wahren Lage meint, ihre Gleichberechtigung und die Freiheit des Willens gewinnen, sondern wird den Rest ihrer Souveränität verlieren. Die uns auf dem Papier zugestandene scheinbare Gleichberechtigung ist genau so zu bewerten, wie die Tatsache, daß bei Dominienversammlungen in London die Negerhäuptlinge aus Rhodesien und Nyassa neben dem englischen König sitzen dürfen. Die ehrenvolle Aufnahme in den Kreis der freien Völker hat nur den einen Zweck, die braven, aber politisch blinden deutschen Soldaten einschließlich ihrer Generäle für die Interessen der amerikanischen Politik zu gewinnen. [] Wir wissen nichts über Stalins Absichten, ob er Krieg im Schilde führt oder ob er wirklich den Frieden meint, den er beteuert. Wir wissen aber auch nichts über die letzten politischen Ziele des engen Kreises, der die amerikanische Weltpolitik leitet. Bei aller Loyalität unserer westlichen Besatzungsmacht gegenüber muß folgendes offen gesagt werden: die Friedensversicherungen der amerikanischen Staatsmänner mögen heute, da ihre Rüstung noch im Aufbau begriffen ist, durchaus ehrlich gemeint sein. Wer aber garantiert uns, daß dies so bleibt? Besteht nicht die Gefahr, daß die wachsende Überlegenheit des Westens über den Osten eines Tages die Friedenssehnsucht der westlichen Staatsmänner allmählich untergräbt? Es ist menschlich begreiflich - und auch die größten Staatsmänner sind Menschen - daß die scharfe Waffe in der Faust den Kühnen zum Schlage lockt. Die Aussicht, mit der gewaltigsten Rüstung, die je die Welt gesehen hat, einen verhaßten Gegner mit ein paar schnellen Schlägen niederzuzwingen, ist im Stande, den ehrlichsten Friedenswillen zu töten. So ist der unheilvolle Entschluß Hitlers psychologisch zu verstehen, mit der sieggewohnten deutschen Wehrmacht die ewig drohende Gefahr im Osten zu zerschlagen. [] Wenn wir Deutschen uns dem Westen ausgeliefert haben, so haben wir auf eine solche Änderung der Mentalität westlicher Staatsmänner keinen Einfluß mehr. [] Ernster aber sind die Einflüsse, die von zwei anderen Seiten auf die amerikanische Politik einwirken können, und die von uns nicht zu kontrollieren und noch weniger zu beeinflussen sind. Die Verhandlungen des Senatsausschusses über den Eintritt Amerikas in den ersten Weltkrieg haben uns erschütternde Einblicke in die Querverbindungen zwischen Politik einerseits und Hochfinanz und Rüstungsindustrie andrerseits gegeben. Wer garantiert uns, daß diese Einflüsse, die heute vielleicht noch gering sind, nicht eines Tages die amerikanische Politik entscheiden werden? Die in tausend Rüstungsfabriken der ganzen Welt investierten Milliarden schreien nach Verzinsung. Ihre beste Verzinsung aber ist der Krieg, d. h. die alte Rechnung: Geld gegen Blut! [] Der Einfluß einer anderen Seite auf die Politik mißbraucht das Heiligste im Menschen, seine Religiosität. Wir haben mehrmals in der Geschichte Kreuzzüge erlebt. In den ersten Kreuzzügen verblutete die Blüte der abendländischen Ritterschaft in einem militärisch aussichtslosen und politisch sinnlosen Kampf. Den zweiten Kreuzzug führte die christliche Welt unter General Eisenhower gegen unser deutsches Volk. Er bezeichnete ja in seinem Buch die Vernichtung Deutschlands als einen Kreuzzug. [] Es sind heute Bestrebungen im Gange, die einen dritten Kreuzzug der Christen, diesmal gegen das unchristliche Rußland, nicht ungern sehen. Wir Deutschen sind dazu ausersehen, als Hilfstruppen unter dem Befehl des Kreuzzugsgenerals den ersten Stoß auszuhalten oder ... zu führen. Wir müssen den Dunkelmännern in allem Ernste sagen, daß es uns gleichgültig ist, weicher Religion die Chinesen, die Amerikaner, die Bantuneger und auch die Russen anhängen, daß wir es jedenfalls ablehnen, das Blut unserer Söhne für den Bekehrungsfanatismus oder für das Machtstreben irgendeiner Religion zu opfern. Wir tragen vom Kreuzzug des Herrn Eisenhower noch so schwere Wunden, daß es noch eine Generation dauern wird, bis das Leid unseres Volkes geheilt ist. [] Das sind die klaren Gründe, die uns eine totale Bindung an den Westen verbieten, auch dann, wenn gemeinsame Kultur, Tradition und unsere Sympathie sie zu fordern scheinen. Es gibt aber noch einen Grund, der alles andere überwiegt, und der deshalb so bedeutend ist, weil er tief in unserem Herzen liegt, und weil trotz allem im politischen Denken des Volkes das Herz entscheidet. [] Es handelt sich um unsere deutschen Brüder im Osten. Jeder Schritt, der uns innerlich und äußerlich fester an den Westen bindet und damit ihm unterordnet, erweitert die Kluft zwischen uns und dem deutschen Osten. Sie haben in ihrem Siegesrausch unser Volk in zwei Teile zerrissen und diesen Teilen ihren Geist gewaltsam eingeprägt. Die europafremden Politiker von jenseits des Meeres ahnten in jener Zeit, als sie den Bolschewismus noch für "eine andere Form der Demokratie" hielten, nicht, wie sich ihr Werk gestalten würde. Damals waren sie, wie sie in Jalta und Potsdam sagten, noch "einig im Ziel und einig in der Gesinnung". Heute ist von dieser Einigkeit nicht mehr viel vorhanden; geblieben aber ist ihr Werk, die Zerreißung Deutschlands. Sie fanden auf beiden Seiten Männer und hinter ihnen Scharen der ewigen deutschen Mitläufer, die die immer starrer werdende Gegensätzlichkeit der östlichen und der westlichen Besatzungsmächte unserem Volke einprägten. So wurde unser Volk nicht nur geographisch, sondern auch geistig zerrissen. Die Grenze der beiden Weltideologien geht mitten durch das deutsche Herz. [] Wird der deutsche Westen remilitarisiert, so folgt mit Sicherheit die sofortige totale Aufrüstung des deutschen Ostens. Dann droht uns der furchtbarste aller Kriege, der Bruderkrieg. Freilich für die Amerikaner sind alle, die jenseits der Linie Lübeck-Hof wohnen, "östliche Völker" und Kommunisten. Für uns Deutsche sind es trotz allem zunächst Brüder, Kinder, Eltern und Verwandte. Bomben auf Leipzig, Magdeburg und Eisenach treffen uns ins Herz wie Bomben auf München, Dortmund und Hamburg. [] Die Politik der Bonner Regierung ist deshalb so falsch, weil sie diese Dinge, die so tief im Volksempfinden begründet liegen, nicht sehen will. Mit lächelndem Optimismus geht man über diese wichtigste Schicksalsfrage unseres Volkes hinweg. Man handelt und feilscht um bescheidene Souveränitätsrechte und vergißt, daß diese Rechte für ein Volk, das im nächsten Krieg untergehen wird, unwesentlich sind. Ob der Verurteilte, der sterben soll, gefesselt oder ungefesselt den Todestoß [!][Todesstoß] empfängt, ändert an der bitteren Tatsache nichts. [] So ist auch die Forderung deutscher Militärs, einen "Wehrbeitrag" nur nach Wiederherstellung der deutschen Soldatenehre zu leisten, eine politische Primitivität, die bei den westlichen Staatsmännern und - Generälen nur ein feines Lächeln auslösen wird. Natürlich wird man durch eine Geste die Diffamierung des deutschen Soldaten zurücknehmen. Man wird sogar deutsche Generäle bei strategischen Besprechungen zulassen. Aber was hat das mit der deutschen Soldatenehre zu tun? Der deutsche Soldat trug seine Ehre im Herzen und bewies sie durch sein Verhalten. Kein Mensch kann sie ihm nehmen, und keiner sie ihm wieder zurückgeben. [] 2. Teil. [] Was stellen wir der Politik der Bundesregierung gegenüber? Es sind eine Reihe klarer Gedanken und Vorschläge, die gerade, weil sie so nahe liegen, von vielen nicht gesehen werden. [] Zwischen die einander wesensfremden Kulturkreise der west- und der osteuropäischen Völker schob sich einst Mitteleuropa unter deutscher geistiger Führung als Ausgleich und Bindeglied zwischen beiden. Es ist eine zum Schlagwort erstarrte, geschichtliche Unwissenheit, die heute von einer totalen inneren Zugehörigkeit Deutschlands zum Westen spricht. Der Blick des deutschen Geistes war nach Westen und nach Osten gerichtet. In der großen Zeit der Hanse bildeten deutsche Kaufleute die Verbindung zwischen dem Osten und dem Westen. In einem breiten Strom ergoß sich abendländisches Wesen durch deutsche Menschen an der russischen Ostseeküste entlang bis hinauf nach Petersburg und weiter. Dorpat und Krakau waren einst deutsche Universitäten wie Greifswald und Heidelberg. Jahrhundertelang stellte der deutsche Adel die politische und geistige Führerschicht des Zarenreiches. Deutsche Siedler drangen bis nach Bessarabien, bis zur Krim, ja bis zur Wolga vor. [] Dieses Mitteleuropa ist durch die Verträge von Jalta und Potsdam zerschlagen worden. Das Kernland der ausgleichenden und schöpferischen Mitte wurde selbst in zwei Teile zerrissen. Hier prallen jetzt die beiden Weltideologien in einem Kraftfeld schärfster Spannung aufeinander. Mitteleuropa muß wieder geschaffen werden! Es wird nach dem Gesetz der Statik allein durch sein Dasein die beiden Weltgegner von einander trennen und wird in schöpferischer Dynamik einen Weg finden, sie nach dem Prinzip des "Lebens und Lebenlassens" zu befrieden. Denn warum sollen nicht die beiden Weltanschauungen, die der amerikanischen Freiheit und die der russischen totalen Staatsgebundenheit, nebeneinander bestehen? Die Welt, hat Raum für beide, wenn sie nur den Wahnsinn ihres Totalitätsanspruches lassen. [] Jahrzehntelang haben sich die beiden christlichen Konfessionen mit Mord und Brand und Grausamkeit bekämpft, weil die Menschen jener Zeit von dem Wahn besessen waren, es könne nur die eine bestehen, wenn die andere vernichtet sei. Die Geschichte zwang sie, nach einem unentschiedenen Kampf nebeneinander zu leben. Sie gehen heute sogar in großen entscheidenden Fragen der Christenheit zusammen. Wir Menschen einer toleranteren Zeit verstehen es heute nicht mehr, daß sich einst Völker, ja Menschen derselben Sprache und desselben Blutes um einer Glaubensform willen gegenseitig mordeten. Die beiden Weltideologien in Ost und West haben heute Wesen und Dynamik von Religionen angenommen. Sie sind zu einem großen Teil aus dem Bereich nüchternen politischen Denkens in das Gebiet der Affekte, die so oft mit religiösem Glauben verbunden sind, geraten. Man kann diesen Wandel vom Denken zum Fühlen, vom nüchternen Wägen zum Fanatismus in vielen Reden unserer Staatsmänner erkennen. Vielleicht wird auch hier einst die Geschichte, wenn es zur militärischen Auseinandersetzung kommt, ein "Unentschieden" sprechen. Es wird dann das geschehen müssen, was vorher hätte geschehen können, wenn die Geschichte von wirklichen Politikern, nicht von Fanatikern geformt würde. Wieviel Blut unglücklicher Völker aber wird bis dahin sinnlos geflossen sein! So wie man sich heute im Koreakrieg, der mit einem "Unentschieden" seine eigene Sinnlosigkeit beweist, bemüht, zwischen die beiden Geisteswelten eine neutrale Zwischenzone einzuschieben, so muß das deutsche Mitteleuropa zusammen mit Österreich und der Schweiz als ein breites, neutrales Zwischengebiet zwischen Osten und Westen geschaffen werden. Wir sind nicht vermessen genug, um zu behaupten, daß die Schaffung dieser neutralen Zwischenzone den Krieg mit 100% Sicherheit verhütet. Sie verhütet ihn aber mit demselben Grad von Wahrscheinlichkeit, wie ihn die Remilitarisierung der deutschen Westzone provoziert. [] Noch nie war die Aussicht, die Neutralisierung Gesamtdeutschlands zu erreichen, so günstig wie heute. Rußland hat seine Hoffnungsträume, durch starke kommunistische Parteien die Bundesrepublik, die Schweiz, England und die U.S.A. selbst lahmzulegen, begraben. Es ist bereit, einen hohen Preis zu zahlen, um die Remilitarisierung Westdeutschlands zu verhindern. Amerika beginnt allmählich einzusehen, daß das aus vielen Wunden blutende deutsche Volk nicht kämpfen will und daß eine zwangsweise Bewaffnung eher eine Gefahr als eine Hilfe ist. England und vor allem Frankreich denken ohnehin mit Gruseln an wiedererstehende deutsche Divisionen. Es wäre also einer geschickten, energischen und vor allem deutschen Politik in Bonn möglich, für unser Land die einzig mögliche Sonderstellung der Neutralität zu erreichen. Zuvor aber müßte sie eines wollen, und zwar mit ganzem Herzen, nicht nur mit ein paar lahmen Worten, die mit den Taten nicht in Einklang stehen: die deutsche Wiedervereinigung. [] Sie hat das Primat unserer Politik zu sein, denn sie entspricht dem tiefsten Sehnen unseres Volkes. Sie allein gibt uns erst das Recht auf Neutralität. Ja, es gibt nach der Vereinigung der beiden deutschen Teilstaaten keinen anderen Weg. Entschließen sich die Besatzungsmächte, ihren Beuteanteil aus dem gewonnenen Krieg endlich freizugeben und wieder ein vereinigtes Deutschland zu schaffen, wie sie es im Vertrag von Potsdam versprachen, und wie wir also ein Recht haben, es zu fordern, so müssen sie auch die beiden Teile aus ihrer geistigen Hörigkeit entlassen, d. h. Gesamtdeutschland kann geistig, wirtschaftlich und militärisch weder dem Westen noch dem Osten angehören, es muß eine neutrale Zwischenstellung zwischen ihnen einnehmen. Denn genau so wenig wie es die Amerikaner je dulden können, daß sich ihr Anteil, also Westdeutschland, nach der Vereinigung den Russen in die Arme wirft, genau so wenig werden es die Russen zulassen, daß sich ihre Ostzone im Gesamtdeutschland dem Westen ausliefert. Es ist der Gipfel politischer Naivität, wenn im Westen heute gefordert wird, die D.D.R. soll sich vertrauensvoll an Westdeutschland anschließen, und Gesamtdeutschland soll dann aufrüsten und sich der Europaarmee unter amerikanischem Oberbefehl angliedern. Wenn wir Westdeutschen die Vereinigung mit den Brüdern in der Ostzone hintertreiben wollen, so können wir keinen besseren Weg gehen, als den, den wir heute geführt werden unter der These: "erst Freiheit, dann Einheit", wobei man unter Freiheit die Tatsache versteht, daß wir uns dem Westen mit Haut und Haaren verschreiben. Wir haben in der deutschen Geschichte schon viele Fehler gemacht, wir haben aber noch nie einen Fehler so primitiv motiviert. [] Die Vereinigung Deutschlands und die Neutralisierung sind demnach zwei politische Probleme, die unzertrennlich zusammengehören. Sie sind beide realisierbar. Sie liegen im Interesse Rußlands, denn Rußland kann bei der bestehenden Hochspannung der Lage nicht zugeben, daß das erhebliche Kriegspotential der deutschen Westrepublik den Westmächten zugute kommt. Daß sie im Interesse unseres Volkes liegt, bedarf keines Beweises. Sie liegt aber auch im Interesse Amerikas, wenn es seine Friedensbeteuerungen wirklich ehrlich meint, denn die Befriedung des ewigen Streitobjektes Deutschland ist der wichtigste Weg zur Erhaltung des allgemeinen Friedens. [] Es wäre falsch von uns, die Initiative zur Wiedervereinigung den Besatzungsmächten zu überlassen. Der Anstoß muß von deutscher Seite kommen. Voraussetzung ist, daß sich die Regierungen der beiden deutschen Teilstaaten innerlich aus der Hörigkeit gegenüber ihrer Besatzungsmacht freimachen. Es wäre hier zum ersten Male die Möglichkeit einer wirklich deutschen Politik gegeben, denn was bis jetzt als deutsche Politik ausgegeben wurde, war in Wirklichkeit die Politik der jeweiligen Besatzungsmacht. [] Das Nächste wäre der Abbau des Mißtrauens zwischen West- und Ostdeutschland. Was wir heute an gegenseitigen Beschuldigungen und Übertreibungen hören und lesen, hat nichts mehr mit der Grundforderung der Sachlichkeit zu tun, die man an ernste Politiker stellen muß, sondern erinnert nach Inhalt und Tonfall an das Gezänk der Straßenjungen vor einer Rauferei. Im übrigen beweist die Bonner These: "mit Kommunisten verhandeln wir nicht", eine gewisse Enge des Standpunktes. Unsere großen Lehrmeister, die Amerikaner, sind auf diesem Gebiete großzügiger und freier im Geist. Sie verhandeln in Korea in aller Höflichkeit mit den kommunistischen Generälen, sie sind sehr eng mit dem Kommunisten Tito in Jugoslawien liiert, sie verhandeln auch als gute Demokraten mit dem Faschisten Franco, obwohl ihren Freunden, den Engländern und Franzosen, dabei ein Gruseln über den Rücken läuft. [] Wir dürfen nicht in einer Welt von Illusionen leben, sondern müssen mit realen Tatsachen rechnen. Tatsache ist, daß die D.D.R. ein Staat oder ein staatsähnliches Gebilde wie unsere Bundesrepublik ist. Wir können daran nichts ändern. Ob die Verbeugungen, die dieser Staat nach dem Osten macht, tiefer sind als die, die wir nach dem Westen machen, ob uns der Geist in diesem Oststaat und ob uns seine Staatsführung mißfällt, darf bei der einzig wichtigen Frage der Vereinigung Deutschlands keine Rolle spielen. Oder sollten wir 45 Millionen Nichtkommunisten in der Bundesrepublik Angst haben, daß die 18 Millionen in der Ostrepublik, die ja nur, wie uns immer wieder gesagt wird, zum großen Teile Unterdrückte des Systems sind, nach der Vereinigung sofort auch bei uns Kolchosen und volkseigene Betriebe einrichten würden? Das wäre doch ein Zeugnis für die Schwäche unserer demokratischenÜberzeugung und würde beweisen, daß wir das Klassenziel der Umschulung noch nicht erreicht haben, also die Freiheit noch nicht verdienen. [] Wir werden uns also endlich entschließen müssen, mit der Staatsführung der D.D.R. zu verhandeln, wenn wir nicht vor der deutschen Geschichte die schwere Schuld auf uns laden wollen, wir hätten durch unsere Einwendungen die deutsche Einheit hintertrieben, ja, wir wollten sie in Wirklichkeit gar nicht. Am Verhandlungstisch werden die deutschen Staatsmänner des Ostens und des Westens beweisen können, ob ihr Wille zur Vereinigung ehrlich ist oder nicht. Das Volk will wieder ein Deutschland haben! Mögen die Regierungen so handeln, wie es das Volk will! So - verlangt es Wesen und Wortbegriff der Demokratie. Dann wird der Weg zu einer Angleichung gefunden werden, mögen die Weltanschauungen noch so verschieden sein. [] Sind wir Deutschen einig, dann wird der Wille des deutschen Volkes und der Weg, den die beiden Regierungen beschlossen haben, den Besatzungsmächten in einer feierlichen Erklärung mitgeteilt, zugleich mit der Bitte, die Wahlen und die Konstituierung des neuen Staates durch eine neutrale Kommission der Uno überwachen zu lassen. [] Dieser neue deutsche Staat kann keiner der beiden Mächtegruppen angehören. Er kann nur neutral sein! Es gibt keinen anderen Weg. Die Neutralisierung ist von den Besatzungsmächten anzuerkennen und zu garantieren. Der beliebte Einwand, es würde dann im Herzen Europas ein militärisches "Vakuum" entstehen, das mit Naturnotwendigkeit den Angriff Stalins herausfordere, ist eines der Schlagworte, die einmal ex cathedra ausgegeben und dann von tausend Mitläufern kritiklos nachgesprochen wurden. Nach jenem Einwand müßten alle kleineren Anrainer des kommunistischen Blockes solche "Vakua" sein, von Finnland angefangen über Schweden, Jugoslawien, Griechenland bis zur Türkei, Persien und Afghanistan! Denn kein Mensch wird doch wohl annehmen, daß diese kleinen und militärisch schwachen Nationen selbst in der Lage wären, einen Angriff des Sowjetkolosses siegreich abzuwehren. Diese Länder wurden bisher geschützt durch die Tatsache, daß die Welt nach dem Eingreifen der Amerikaner in Korea weiß: ein bolschewistischer Angriff auf eines jener Länder ist der Beginn des 3. Weltkrieges. So wäre auch der Bruch der deutschen Neutralität durch eine der Großmächte der casus belli. Ist die Neutralisierung Deutschlands auf dem Verhandlungswege erreicht und garantiert, so räumen die Besatzungstruppen unser Land. Unter dem Schutze einer starken deutschen Polizeimacht kann sich der neue deutsche Staat konsolidieren. Die ungeheure wirtschaftliche Entlastung durch den Fortfall der Besatzungskosten wird uns endlich die Möglichkeit zum Wiederaufbau unseres immer noch zerstörten und blutenden Vaterlandes geben. Wohnungsbau und Lastenausgleich können großzügig vorwärtsgetrieben werden. Allerdings werden in unserem neuen Deutschland die provisorischen Teilstaatregierungen Piek [!][Pieck] und Dr. Adenauer verschwunden sein. Vielleicht wird das manche mit Trauer erfüllen. Aber was gilt das Schicksal einiger weniger, wenn unser Volk wieder einen neuen Weg des Glückes und des Friedens findet, und wenn es gelänge, durch das deutsche Zusammenfinden auch den jetzt noch verfeindeten Großmächten das Beispiel eines friedlichen Nebeneinanders zu geben. Der alte Glaube an eine deutsche Sendung würde dann trotz allem noch einmal Wirklichkeit werden. [] Druck: Gebr. Müller, Selbitz 5. 52. 800.
era Kritik an der Integration der beiden Teile Deutschlands in die verfeindeten Machtblöcke, da Deutschland auf diese Weise zum Schlachtfeld des Dritten Weltkrieges werde. Plädoyer für ein wiedervereinigtes, neutrales Deutschland.
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geographic Bundesrepublik Deutschland (BRD); Deutsche Demokratische Republik (DDR); Sowjetunion (UdSSR); United States of America (USA); Korea; Finnland; Yalta; Potsdam; Schweden; Jugoslawien; Griechenland; Türkei; Persien; Afghanistan
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Deutschland und der Dritte Weltkrieg
[Stalin, Josef Wissarionowitsch; Eisenhower, Dwight D.; Luft, R., ; ; ; ; ; ;]
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