Brauchen wir eigentlich Gewerkschaften?

DGB [] JUGEND [] INFO [] Brauchen wir eigentlich Gewerkschaften? [] Die Urteile über die Gewerkschaften sind verschieden [] "Gewerkschaften sind nötig, weil sie die Interessen der Arbeitnehmer vertreten." [] "Gewerkschaften ruinieren unsere Wirtschaft, weil sie die Löhne in die Höhe t...

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Bibliographic Details
Main Authors: Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand, Abteilung Werbung - Medienpolitik, n.n.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/81774914-8363-4065-98A8-A1B1C344E7EF
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author Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand, Abteilung Werbung - Medienpolitik
n.n.
author_facet Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand, Abteilung Werbung - Medienpolitik
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collection AdsD leaflets
description DGB [] JUGEND [] INFO [] Brauchen wir eigentlich Gewerkschaften? [] Die Urteile über die Gewerkschaften sind verschieden [] "Gewerkschaften sind nötig, weil sie die Interessen der Arbeitnehmer vertreten." [] "Gewerkschaften ruinieren unsere Wirtschaft, weil sie die Löhne in die Höhe treiben." [] "Gewerkschaften sorgen dafür, daß die Arbeitnehmer genügend Urlaub bekommen, eine geregelte Arbeitszeit haben, vor Unfällen im Betrieb geschützt werden und vor ungerechtfertigten Benachteiligungen bewahrt bleiben." [] "Gewerkschaften wollen nur Macht in der Wirtschaft und im Staat, sie sind eine Gefahr." [] Das sind einige Urteile über Gewerkschaften. Sie widersprechen einander. Vielleicht ist es Dir auch schon aufgefallen. Es wird zwar sehr viel über Gewerkschaften gesprochen und geschrieben, die Urteile gehen aber weit auseinander. Warum ist das eigentlich so? Warum gibt es keine einmütige Bewertung? [] Gleiche Dinge werden in unserer Gesellschaft unterschiedlich beurteilt [] In unserer vielschichtigen Gesellschaft gibt es natürlich unterschiedliche Interessen. [] Ein paar Beispiele: [] Die Erzeuger von Lebensmitteln, also die Bauern, möchten für Kartoffeln, Obst oder Milch möglichst hohe Preise erzielen. Die Verbraucher hingegen möchten möglichst billige Kartoffeln, billiges Obst und billige Milch. Ein anderes Beispiel: Der Hausbesitzer will aus seinem Haus möglichst hohe Mieteinnahmen herausziehen. Der Mieter möchte natürlich eine möglichst niedrige Miete zahlen. [] Für den Hausbesitzer sind hohe Mieten eine gute Sache, für den Mieter hingegen eine schlechte Sache. [] Oder umgekehrt: Sind die Mieten niedrig, klagen die Hausbesitzer und freuen sich die Mieter. "Gute" Preise sind für den einen hohe, für den anderen niedrige Preise. So hängt das Urteil über eine Sache immer weitgehend von der eigenen Interessenlage ab. [] Arbeitgeber -Arbeitnehmer [] So ist das auch in der Wirtschaft. In unserem Land gibt es rund 26 Millionen Erwerbstätige. Davon sind über 22 Millionen Arbeitnehmer und knapp 4 Millionen Selbständige und mithelfende Familienangehörige. [] Der Begriff "Selbständige" ist nicht sehr hilfreich. In dieser Gruppe befinden sich so unterschiedliche Leute wie Fabrikbesitzer und Pop-Sänger, Bauern und Ärzte, Besitzer von Großkaufhäusern und Dichter. Uns interessieren hier jedoch nicht die Pop-Sänger und Dichter, sondern die Besitzer von Fabriken, Versicherungen, Banken, Warenhäusern und anderen Betrieben. Sie sind die Eigentümer, die Eigner der Produktionsmittel (also der Anlagen, mit denen etwas produziert wird) und des Kapitals. Um jedoch die Betriebe und das Kapital nutzen zu können, benötigen sie Arbeitskräfte, also Menschen, die für sie arbeiten. [] Und deswegen bieten sie Arbeitsplätze an, sind also Arbeitgeber. [] Die große Masse unserer Mitbürger besitzt hingegen keine Produktionsmittel [] und kein Kapital. Sie hat nur ihre Arbeitskraft, die sie gegen Lohn oder Gehalt anbieten kann. Sie nimmt Arbeit an, wenn welche vorhanden ist. Das ist die Gruppe der Arbeitnehmer. Dabei ist es gleichgültig, ob jemand nun als Arbeiter, als Angestellter oder auch als Beamter tätig ist. [] Abhängig [] beschäftigt - [] was heißt das? [] Bei den Arbeitnehmern spricht man von "abhängig Beschäftigten". In diesem Wort kommt schon klar zum Ausdruck: Sie sind in der schwächeren Position. Weil sie zum Beispiel davon abhängig sind, ob die Arbeitgeber genügend Arbeitsplätze anbieten. Davon abhängig, wieviel Lohn der Arbeitgeber zu zahlen bereit ist. Und davon abhängig, welche Arbeitsbedingungen ihnen geboten werden. Also welche Leistungen man ihnen abverlangt, wie gesund oder ungesund ein Arbeitsplatz ist, wie sicher Maschinen und Geräte sind. Und so weiter, und so fort. [] Wie stark ist der einzelne Arbeitnehmer? [] Überleg' einmal, wie stark Du wohl alleine bist, wenn Du demnächst aus der Schule kommst und eine Lehrstelle oder einen Job suchst. Du gehst also zu einer Automobilfabrik, zu einer Bank oder zu einem Großkaufhaus und sagst: "Hoppla, jetzt komm' ich! Ich will viel Geld, einen guten Arbeitsplatz und eine anständige Behandlung!" Nur: Der Boß des Automobilwerkes, der Bank oder des Großkaufhauses wird davon kaum beeindruckt sein. Denn wenn jeder wie Du in unserem Beispiel einzeln käme und versuchen würde, für sich etwas herauszuholen, kriegt er höchstens zu hören: "Wenn es Ihnen nicht paßt, dann gehen Sie doch! Draußen gibt es genug andere, die warten nur darauf, Ihren Job zu bekommen." Nein - so stark ist keiner von uns, daß er sich als einzelner gegen eine Automobilfabrik, eine Bank, ein Großkaufhaus durchsetzen könnte. [] Wie stark sind [] die Arbeitnehmer [] zusammen? [] Damit sind wir eigentlich schon bei den Gewerkschaften. Denn wenn es auch richtig ist, daß der einzelne Arbeitnehmer oder abhängig Beschäftigte nichts ausrichten kann, bedeutet das noch lange nicht, daß die Arbeitnehmer oder abhängig Beschäftigten insgesamt machtlos wären. Auf einen einzelnen Arbeitnehmer sind die Arbeitgeber nicht angewiesen, auf die Arbeitnehmer als Gruppe jedoch sehr. Die schönste Fabrik, die schönste Bank und das schönste Großkaufhaus sind nämlich für die Besitzer völlig wertlos, wenn niemand bereit ist, darin zu arbeiten. Mit einem arbeitnehmerlosen Betrieb kann man wohl nichts anfangen. [] "Allein sind wir nichts, vereint sind wir alles!" - so hieß das Leitwort, unter dem sich die Arbeitnehmer vor mehr als 100 Jahren zusammengeschlossen haben. Und die praktischen Erfahrungen zeigen, daß dieses Leitwort richtig ist: [] Damals mußten die Arbeitnehmer 14 Stunden und mehr am Tage, 77 Stunden und mehr in der Woche arbeiten. Heute sind es im Regelfall noch 40 Wochenstunden. [] Damals litten Arbeiter, die meisten Angestellten und auch die kleinen Beamten trotz der vielen Arbeit bittere Not. Heute haben sie sich einen besseren Lebensstandard erkämpft (und er ist noch weiter verbesserungsbedürftig und -fähig). [] Damals waren sie in ihren Betrieben völlig rechtlos. Heute haben sie sich Mitwirkungs- und Mitbestimmungsrechte errungen (auch wenn das noch nicht so ist, wie es sein muß). [] Was ist das eigentlich -eine Gewerkschaft? [] Manche Leute - und Du wirst sicher solche Meinungen schon gehört haben -reden von Gewerkschaften, als wären sie irgendein Verein oder Einrichtungen wie ein Bürgermeisteramt, wie ein Gericht oder sonst eine Behörde, zu der man hingehen kann, wenn man irgendein Anliegen hat. [] Die Gewerkschaften: Das sind Zusammenschlüsse von vielen Millionen Arbeitnehmern, die gemeinsam ihre Interessen gegenüber den Arbeitgebern wahrnehmen und durch ihre Organisation eine solche Kraft darstellen, daß die Arbeitgeber mit ihnen sprechen, verhandeln und schließlich Verträge abschließen müssen. Das ist durch Gesetz festgelegt. Das, was der einzelne Arbeitnehmer nicht erreichen kann, weil er allein zu schwach ist, können die zu einer Gewerkschaft zusammengeschlossenen Arbeitnehmer durchaus: Ihre Ansprüche durchsetzen. Und das nicht nur gegenüber den Arbeitgebern, sondern auch gegenüber dem Staat. [] Die Möglichkeiten [] der Gewerkschaften [] In den Gewerkschaften entwickeln die Arbeitnehmer ihre Forderungen. Etwa Forderungen nach Lohnerhöhungen, nach Dauer und Bezahlung des Urlaubs, nach Sicherheit an den Arbeitsplätzen, nach Regelung der Pausenzeiten, nach Festsetzung der Arbeitsleistung und dergleichen mehr. Und wenn sie ihre Forderungen formuliert, also übereinstimmend festgelegt haben, beginnt der Kampf um die Durchsetzung. [] Dabei gibt es verschiedene Mittel. Das wichtigste davon ist die Tarifverhandlung. [] In Tarifverträgen wird das Ergebnis festgehalten: Die Höhe des Lohns oder des Gehalts der Arbeitnehmer, die Arbeitszeit, der Urlaub, Fortbildungsmaßnahmen, Arbeitssicherheit und vieles andere mehr. [] Natürlich stehen sich bei solchen Verhandlungen zwei Interessenlagen gegenüber. Die Arbeitgeber wollen möglichst hohe Gewinne machen, das heißt möglichst wenig Geld für Lohn und andere Leistungen ausgeben, möchten also den Anteil der Arbeitnehmer am Ertrag des Betriebes möglichst niedrig halten. Die Arbeitnehmer möchten ihrerseits einen angemessenen Anteil haben. Und dies macht solche Verhandlungen sehr schwer. Aber da die Arbeitgeber wissen, daß ihnen nicht ein einzelner, schwacher Mensch gegenübersitzt, sondern in der Person der von den Arbeitnehmern gewählten Unterhändler die Masse der Beschäftigten, führen solche Verhandlungen zu einem Ergebnis: zu einem neuen Tarifvertrag. [] Dies ist meist ein Kompromiß, da bei diesen Verhandlungen nicht eine Seite der anderen ihren Willen aufzwingen kann. [] Was aber, wenn kein Kompromiß möglich ist, keine Einigung erzielt werden kann? Du kennst die Antwort: Dann greifen die Arbeitnehmer zu Kampfmitteln, zum [] Streik. [] Streik heißt: gemeinsam die Arbeit zu verweigern. Wenn die Arbeitnehmer nicht arbeiten, bekommen sie zwar keinen Lohn, aber der Arbeitgeber verdient mit seinem Betrieb auch nichts. Aufträge bleiben liegen, er kann keine Produkte mehr verkaufen. [] Ein einzelner kann nicht streiken. Das wäre Arbeitsverweigerung, ihm droht die Entlassung. Anders sieht es aus, wenn alle Arbeitnehmer eines Betriebes streiken. Der Arbeitgeber kann im allgemeinen nicht nach dem Streik sämtliche Mitarbeiter hinauswerfen, ohne sich selbst zu ruinieren. [] Wovon leben die Arbeitnehmer aber bei einem Streik, wenn sie keinen Lohn bekommen? Hier hilft wieder die Gewerkschaft. Die organisierten Arbeitnehmer zahlen Beiträge. Aus den Beiträgen werden Rücklagen gebildet, um im gegebenen Fall Streikgelder zahlen zu können. Die Arbeitgeber hoffen bei Streiks, daß diese Rücklagen bald aufgezehrt sind und die Arbeitnehmer schließlich nachgeben müssen. Die Arbeitnehmer bemühen sich, hohe Rücklagen zu schaffen. Damit sie so lange durchhalten können, daß die Arbeitgeber schließlich ihre Forderungen erfüllen müssen. Solche Kämpfe kommen - weil sie für beide Seiten mit hohem Risiko verbunden sind - nicht allzu häufig vor. Aber weil die Arbeitgeber wissen, daß die Arbeitnehmer eine solche Waffe besitzen, neigen sie eher zu Kompromissen. Das ist für beide Seiten und für die gesamte Volkswirtschaft gut so. [] Solidarität [] Das Zusammenhalten der Arbeitnehmer in Gewerkschaften bezeichnet man als Solidarität. Solidarität erwächst daraus, daß die Arbeitnehmer unter gleichen Umständen leben, daß sie gleiche Interessen haben und wissen: Diese können sie nur gemeinsam verwirklichen. Aus diesem Bewußtsein heraus zahlen sie Beiträge, mit denen zum Beispiel die Rücklagen für Arbeitskämpfe, also [] Streiks, gebildet werden. Aus diesem Bewußtsein heraus nehmen sie an Bildungsveranstaltungen teil, damit sie wissen, wie sie ihre gemeinsamen Interessen am besten vertreten. Aus diesem Bewusstsein [] heraus beteiligen sie sich an Wahlen und Abstimmungen, aus denen ihre Wortführer und Programme hervorgehen. [] Nochmals: Zwei Meinungen [] Anfangs haben wir von den unterschiedlichen Meinungen geredet, die es über die Gewerkschaften gibt. Vielleicht verstehst Du jetzt, woher das kommt. Wärest Du ein Arbeitgeber, hieltest Du starke Gewerkschaften auch für eine schlechte Sache. Aber bist Du Arbeitnehmer, kannst Du gar nicht anders als starke Gewerkschaften für eine notwendige, gute Sache zu halten. [] Denn alleine bist Du zu schwach. Nur in der solidarischen Gemeinschaft kannst Du Deine berechtigten Interessen durchsetzen. [] Gemeinsam erreichen wir mehr
era Informationen der DGB-Jugend über denn Sinn und die Nötwendigkeit von Gewerkschaften
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geographic Deutschland
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institution Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
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n.n.
Brauchen wir eigentlich Gewerkschaften?
[Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand, Abteilung Werbung - Medienpolitik, Arbeiterbewegung, Gewerkschaften, Sack, Arbeiterin/Arbeiter, Angestellte/Angestellter]
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title Brauchen wir eigentlich Gewerkschaften?
topic [Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Deutscher Gewerkschaftsbund (DGB), Bundesvorstand, Abteilung Werbung - Medienpolitik, Arbeiterbewegung, Gewerkschaften, Sack, Arbeiterin/Arbeiter, Angestellte/Angestellter]
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