Hamburg Dokumentation [Serie] . Gleichstellung der Frau - für uns eine Aufgabe und kein Schlagwort . Info

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; HAMBURG DOKUMENTATION [] Gleichstellung der Frau - für uns eine Aufgabe und kein Schlagwort [] Info [] KLAUS VON DOHNANYI: [] "Männer und Frauen sind verschieden: und doch sollten sie in Familie und Gesellschaft gleichberechtigt sein. Si...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesorganisation Hamburg, Eigendruck Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesorganisation Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 04.1982
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/A3537E48-CBDB-4D6F-9DE4-66655C3683BF
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; HAMBURG DOKUMENTATION [] Gleichstellung der Frau - für uns eine Aufgabe und kein Schlagwort [] Info [] KLAUS VON DOHNANYI: [] "Männer und Frauen sind verschieden: und doch sollten sie in Familie und Gesellschaft gleichberechtigt sein. Sie sind es aber immer noch nicht. [] Gleichheit trotz der Unterschiede und nicht eine falschverstandene Gleichmacherei ist daher die politische Aufgabe. [] Es gibt Bereiche, wo diese "Gleichheit" heute bei uns selbstverständlich geworden ist. Wer erinnert sich schon daran, daß das politische Wahlrecht der Frauen vor Jahrzehnten in Deutschland von den Sozialdemokraten gegen konservativen Widerstand durchgesetzt werden konnte. Oder wer würde heute noch den Vorrang des Mannes z.B. bei der Kindererziehung rechtlich festschreihen wollen? Dies sind Felder, in denen unsere sozialdemokratische Auffassung von Gleichberechtigung der Frauen mindestens in den Gesetzbüchern erhebliche Auswirkungen gehabt haben. Hier haben wir Erfolge aufzuweisen. [] In anderen Bereichen der Familie und Gesellschaft sind die Probleme größer, unter anderem, weil die natürlichen Unterschiede zwischen Mann und Frau größere Bedeutung haben. Frauen gebären nicht nur die Kinder: sie sollten deswegen z.B. auch vor und nach der Geburt körperlich geschont werden und Zeit haben, sich in erster Linie dem Kind zuzuwenden. Dies kann aber Folgen haben; z.B. für den beruflichen Aufstieg. Und hier bedarf deswegen die Frau besonderer Hilfe. Unnötige berufliche Nachteile sind zu vermeiden. Dem Vater eine entsprechende Chance zu geben, dem kleinen Kind anstelle der berufstätigen Mutter die notwendige Zeit zu widmen, ist ein solcher Weg zu mehr Gleichberechtigung. Ebenso wie die Teilzeitarbeit. [] Schließlich bestehen besondere Probleme dort, wo althergebrachte Auffassungen meinen: das kann ein Mädchen nicht, z.B. "Kapitän" lernen oder "Meister in einem Maschinenbaubetrieb". Hier müssen Vorurteile abgebaut werden. [] Ein besonderes Problem besteht darin, daß die berufstätige Frau heute noch immer drei Aufgaben hat: Erziehung der Kinder (oft mit dem Problem der Schule); Haushalt der Familie (oft einschließlich der pflegebedürftigen Eltern) und den Beruf. Entlastungen durch Kindergärten, Ganztagsschulen, Sozialstationen sind immer noch unzureichend. Hier fehlt es auch an den notwendigen öffentlichen Finanzen. [] Die Aufgabe ist ebenso klar wie schwierig. Große Worte werden hier viel gemacht, praktische Fortschritte zu machen ist viel schwieriger. Sozialdemokraten steuern sachgerechter ins Ziel. So wollen wir auch unsere Pflicht zur Gleichberechtigung der Frauen verstanden wissen." [] In Hamburg lebten im Jahre 1981 875.600 Mädchen und Frauen. Das sind 53,3 % der Bevölkerung. 42 % der Erwerbstätigen waren Mädchen und Frauen (= 315.900), davon 17 % im öffentlichen Dienst der Freien und Hansestadt Hamburg (54.735). [] Der sozialdemokratische Senat hat sich bemüht, Benachteiligungen abzubauen. [] Regierungserklärung 1978: [] "Schluß mit der Diskriminierung der Frauen - Staat und Wirtschaft müssen dabei Schrittmacher sein." [] Und weiter: [] "... es ist an der Zeit, daß wir uns umfassend um die Probleme und Interessen der Frauen kümmern. Zu diesem Zweck wollen wir alsbald eine sogenannte Gleichstellungsstelle einrichten ..." [] SPD [] Die Einrichtung der Leitstelle Gleichstellung der Frau, die finanzielle Unterstützung von 3 selbstverwalteten Frauenhäusern, von Beratungsstellen genauso wie das steigende Angebotöffentlicher Diskussion über die Rolle der Frau, haben ein Umdenken auf allen Gebieten des gesellschaftlichen Lebens ermöglicht. Diese Politik muß fortgeführt werden. [] Seit 1.1.1979 gibt es in Hamburg die "Leitstelle Gleichstellung der Frau". Sie hat die Aufgabe, in Staat, Wirtschaft und Gesellschaftsordnung darauf hinzuwirken, daß das verfassungsrechtliche Gleichheitsgebot für Frauen erfüllt wird. [] Bisher haben sich rund 2.500 Frauen an die Leitstelle gewandt, um sich beraten zu lassen oder sich darüber zu informieren, bei welchen Einrichtungen unserer Stadt sie Hilfe bekommen. Kritik und Anregungen, die von einzelnen Frauen oder Frauengruppen an die Leitstelle herangetragen wurden, haben zu einer zunehmenden Sensibilisierung der in der Verwaltung Tätigen für Frauenfragen geführt, so daß der Hamburger Senat eine Vielzahl von Entscheidungen zugunsten der Frauen getroffen hat. [] Im Juni 1981 legte die Leitstelle ihren ersten Erfahrungsbericht vor. Er zeigt, ebenso wie der bereits im April 1978 vom Senat vorgelegte "Bericht über die Situation der Frauen in Hamburg" (Antwort des Senats auf ein Ersuchen der Bürgerschaft vom 16.2.1977, Drucksache 8/3582), daß schon vieles zur Durchsetzung gleicher Rechte und Chancen von Frauen in Hamburg getan wurde. [] - So hat Hamburg z.B. als erstes Bundesland eine Unterhaltsvorschußkasse eingerichtet. Zur Sicherung des Unterhalts und zur Durchsetzung von Unterhaltsansprüchen der Kinder alleinstehender oder geschiedener Eltern. [] - Hamburg gewährt seit 1979 Zuschüsse für die Bereitstellung von Ausbildungsplätzen für Mädchen in sogenannten Männerberufen. [] - Hamburg unterstützt Modellversuche wie z.B. bei der Firma Heidenreich & Harbeck zur Ausbildung von Mädchen in gewerblich-technischen Berufen. [] - Hamburg unterstützt finanziell drei selbstverwaltete Frauenhäuser. [] Der Erfahrungsbericht zeigt jedoch auch, daß die Entwicklung auf vielen Gebieten nach wie vor hinter dem Gebot der Gleichberechtigung zurückbleibt. [] Hier liegen auch künftig die Aufgaben der Leitstelle. Einige Stichpunkte: [] - verstärkte Beratungsarbeit für Ausländerinnen, [] - Finanzierung von Frauenprojekten, [] - Personalentwicklungspläne für Frauen im öffentlichen Dienst, [] - Initiativen zum Problem "Gewalt gegen Frauen". [] UNTERHALTSVORSCHUSSKASSEN [] Hamburg hat als erstes Bundesland 1977 einen Modellversuch zu Unterhaltsvorschußkassen durchgeführt. Das Gesetz zur Sicherung des Unterhalts von Kindern alleinstehender Mütter und Väter durch Unterhaltsvorschüsse oder Ausfalleistungen ist am 1.1.1980 bundesweit in Kraft getreten. [] In Hamburg lebten 1980 451.00 alleinerziehende Mütter und 7.700 Väter. [] Mit dem Unterhaltsvorschußgesetz wird den Schwierigkeiten begegnet, die ein alleinstehender Elternteil und seine Kinder haben, wenn der andere Elternteil sich den Zahlungsverpflichtungen gegenüber den Kindern entzieht, zu Unterhaltszahlungen ganz oder teilweise nicht in der Lage ist oder, ohne Waisenbezüge zu hinterlassen, gestorben ist. In diesen Fällen wird auf Antrag der Unterhalt von Kindern, die das 6. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, bis zur Höhe des für nichteheliche Kinder maßgeblichen Regelbedarfs aus öffentlichen Mitteln gezahlt (jedoch längstens für die Dauer von 36 Monaten). Die Unterhaltsansprüche für Kinder gegen den anderen Elternteil gehen in Höhe der öffentlichen Leistung auf das Land über. [] GEWALT GEGEN FRAUEN - FRAUENHÄUSER [] Die Tatsache, daß auch heute noch Frauen von ihren Partnern körperlich mißhandelt werden, ist erst durch die engagierte Arbeit von Frauenhaus-Initiativen in das öffentliche Bewußtsein gedrungen. Die Arbeit der Frauenhäuser ist bis Dezember 1979 aus Mitteln des Bundessozialhilfegesetzes finanziert worden. Seit 1980 werden die selbstverwalteten Frauenhäuser aus Haushaltsmitteln finanziell gefördert. Hamburg hat dafür 1982 DM 1.303.000 im Haushalt vorgesehen. [] Auch durch die Veröffentlichung von Untersuchungsergebnissen und in Fortbildungsveranstaltungen für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der sozialen Bereiche trägt Hamburg dazu bei, das Bewußtsein für dieses Problem zu stärken und den betroffenen Frauen zu helfen. [] Mit einer Bundesratsinitiative beabsichtigt der sozialdemokratisch geführte Senat, die Vergewaltigung in der Ehe strafbar zu stellen. Dies gebietet die Würde der Frau, die auch in der Ehe geschützt werden muß. Andere Länder in Europa haben entsprechende Strafbestimmungen schon seit längerer Zeit. [] FRAUEN IM STRAFVOLLZUG [] Hamburg wird schrittweise neue Wege gehen, um Frauen, die von Hamburger Gerichten zu Freiheitsstrafen verurteilt wurden, die Wiedereingliederung in unsere Gesellschaft zu ermöglichen. Die Einrichtung einer Abteilung für Freigängerinnen im Übergangsvollzug ist kürzlich vom sozialdemokratisch geführten Senat beschlossen worden. [] So wird im Sommer dieses Jahres eine Gruppe weiblicher Gefangener im Moritz-Liepmann-Haus untergebracht werden. Dabei handelt es sich um weibliche Strafgefangene, die für den offenen Vollzug geeignet sind, also einem freiem Beschäftigungsverhältnis außerhalb der Anstalt zur Vorbereitung auf das spätere Leben in der Freiheit nachgehen können. Bislang war dies in Hamburg nicht möglich, da Hamburger weibliche Strafgefangene in der Vollzugsanstalt Lübeck-Lauerhof untergebracht waren. [] Weitere Schritte im Bereich der Sozialtherapie und des Jugendstrafvollzuges werden folgen, wenn die finanzielle Lage dies erlaubt. [] FÖRDERUNG VON PROJEKTEN FÜR DIE ZIELGRUPPE FRAUEN [] Hamburg hat im Jahr 1982 rund 4,3 Millionen DM für die Förderung von Projekten vorgesehen, deren Zielgruppe Frauen (oder überwiegend Frauen) sind. Dazu gehören außer den Frauenhäusern Angebote im Gesundheitsbereich, wie z.B. Nachsorgegruppen für Tumorpatientinnen und das Familienplanungszentrum, kulturelle und Bildungsveranstaltungen, wie die Hamburger Frauenwoche, Bildungsurlaubsveranstaltungen für Mütter (mit Kinderbetreuung), Kurse für ausländische Arbeitnehmerinnen, Hilfsangebote für Prostituierte sowie Zuschüsse zur Arbeit der Arbeitsgemeinschaft Hamburger Frauenorganisationen (ahf), einzelner Frauenverbände und Fraueninitiativen. [] Sozialdemokraten unterstützen auch das Familienplanungszentrum von PRO FAMILIA und Arbeiterwohlfahrt. Hamburg braucht eine solche Einrichtung. Es gibt zwar etliche Möglichkeiten, in Hamburg einen Schwangerschaftsabbruch durchführen zu lassen. Doch die Belange der Frauen, die diesen Abbruch durchführen lassen wollen, werden oft nicht genügend berücksichtigt. [] Viele Wege, die nach heutiger Praxis für einen Schwangerschaftsabbruch zurückzulegen sind, werden vielfach als demütigend, die oft fehlende psychologische Betreuung als Mangel empfunden. Mit der Einrichtung des Familienplanungszentrums entfällt der mühsame über mehrere Instanzen gehende Weg, der Schwangerschaftsabbruch wird nicht unnötig hinausgezögert, das gesundheitliche Risiko für die betroffene Frau wird geringer. [] Das Familienplanungszentrum hat sich daneben auch noch zur Aufgabe gestellt, in Fragen der Empfängnisverhütung, der Sterilisation und der Schwangerschaft und Geburt zu beraten. [] VEREINBARKEIT VON BERUF UND FAMILIE [] Sozialdemokraten setzen sich dafür ein, daß Frauen und Männer die gemeinsame Verantwortung für Kindererziehung und Familienaufgaben partnerschaftlich tragen können. Familienergänzende Einrichtungen, die die Betreuungsmaßnahmen für Kinder qualitativ und quantitativ verbessern, werden wir fördern. Die Arbeitsorganisation sollte mehr als bisher an den Bedürfnissen erziehender Eltern orientiert werden, so daß die Belastungen von Arbeitswelt und Familie für Mann und Frau besser vereinbar werden. Hamburg wirdüberdies Gesetzesinitiativen ergreifen, damit der Mutterschaftsurlaub ohne Mehrkosten in einen Elternurlaub umgewandelt wird. [] KINDERBETREUUNGSEINRICHTUNGEN [] Im Mittelpunkt sozialdemokratischer Familienpolitik stehen Maßnahmen, die es Müttern und Vätern ermöglichen, Aufgaben der Kindererziehung zu übernehmen, mit ihrer Erwerbstätigkeit zu vereinbaren und so die späteren Lebenschancen der Menschen positiv zu beeinflussen. Dies hängt davon ab, wie das Bedürfnis des Kindes nach Geborgenheit, Erziehung und Bildung erfüllt wird. Kinder haben eigene Grundrechte. Wir werden deshalb auch dann an den einmal gesetzten Zielen festhalten, wenn finanzielle Engpässe vorerst Einschränkungen nötig machen. Wir streben unter Berücksichtigung der Einrichtungen der Freien Träger an [] - schrittweise jedem Kind einen Platz in einer Krippe, einem Kindergarten oder in einer Vorschulklasse zu ermöglichen, [] - die Qualität des Kinderbetreuungsangebots zu verbessern, z.B. durch Senkung der Gruppenstärke, Verbesserung der Arbeitsbedingungen und der beruflichen Qualifikation von Erziehern sowie durch eine organsierte Vertretung der Interessen der Eltern in familienergänzenden Einrichtungen, [] - die Öffnungszeiten der Kindergärten an die Zeiten des Schulunterrichts, die Schulbetreuungszeiten in den ersten Grundschulklassen und auf die Arbeitszeiten der Eltern abzustimmen. [] Allerdings ist für diese Zielsetzung auch erforderlich, daß die Eltern entsprechend ihrer wirtschaftlichen Möglichkeiten an den Kosten der Einrichtungen beteiligt sind. [] CHANCENGLEICHHEIT IM BERUF [] Für uns Sozialdemokraten ist die Lohngleichheit für gleiche Arbeit von Männern und Frauen eine unverzichtbare Forderung. Wir werden uns daher weiterhin dafür einsetzen, daß die Gesetzgebung zur Gleichbehandlung von Frauen und Männern im Arbeitsleben verbessert wird. Darüberhinaus ist besonderen Bedürfnissen von Hausfrauen nach Wiedereingliederung ins Berufsleben verstärkt nachzukommen. Wichtige Voraussetzung dafür ist die besondere Förderung von Mädchen und Frauen im Bereich der Ausbildung. [] Auch deshalb unterstützt der sozialdemokratisch geführte Senat Modellversuche zur Ausbildung von Mädchen in gewerblich-technischen Berufen. [] Deröffentliche Dienst und die öffentlichen Unternehmen sollten hier auch in den Bereichen, in denen es bisher nicht geschehen ist, eine Vorreiterfunktion übernehmen und z.B. Ausbildungsplätze bei entsprechender Qualifikation zu 50% an Mädchen vergeben. Aber auch für diejenigen Frauen, die bereits im öffentlichen Dienst beschäftigt sind, sollen die Arbeits- und Aufstiegsmöglichkeiten verbessert werden. [] Der sozialdemokratisch geführte Senat überprüft ferner, inwieweit er eine Gesetzesinitiative ergreift, um die geltenden Arbeitsschutzbestimmungen so zu gestalten, daß nur noch die Bestimmungen bleiben, die mit der Humanisierung des Arbeitslebens zusammenhängen, sich aber nicht durch einen "Über-Schutz" als Beschäftigungsverbot für Frauen auswirken. [] Wir werden dazu beitragen, Frauen und Männer in allen gesellschaftlichen Bereichen und Institutionen gleichzustellen, indem durch Gesetze, Programme und Aufklärung ein Bewußtsein für die gesellschaftlich geduldeten Gewalt- und Abhängigkeitsverhältnisse geweckt und solidarische Hilfe für Frauen ermöglicht wird. [] Herausgeber: SPD-Landesorganisation Hamburg, Kurt-Schumacher Allee 10, [] Druck: Eigendruck April 1982
Published:04.1982