Die Freiheit . Zeitung für sozialen und kulturellen Fortschritt
Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Dublette (5) Die Freiheit [] ORGAN DER SOZIALDEMOKRATISCHEN PARTEI [] ZEITUNG FÜR SOZIALEN UND KULTURELLEN FORTSCHRITT [] Wahlsondernummer zu den Kommunalwahlen 1952 [] SPD-Verlag Rheinland-Pfalz G.m.b.H., Mainz, Neubrunnenstraße 17, Telefon...
Main Author: | |
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Institution: | Archiv der sozialen Demokratie (AdsD) |
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Published: |
09.11.1952
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Subjects: | |
Online Access: | http://hdl.handle.net/11088/8E6CB50C-DF07-4A7A-B3C1-0487F6778EEE |
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author | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Verlag Rheinland-Pfalz |
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description | Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Dublette (5)
Die Freiheit [] ORGAN DER SOZIALDEMOKRATISCHEN PARTEI [] ZEITUNG FÜR SOZIALEN UND KULTURELLEN FORTSCHRITT [] Wahlsondernummer zu den Kommunalwahlen 1952 [] SPD-Verlag Rheinland-Pfalz G.m.b.H., Mainz, Neubrunnenstraße 17, Telefon 4576/4577. "Die Freiheit" erscheint dreimal wöchentlich. Monatl. Bezugspreis 2,- DM. Bei Nichtbelieferungen ohne Verschulden des Verlags oder in Fällen höherer Gewalt besteht kein Anspruch auf Entschädigung. [] Bezirksausgaben: Kaiserslautern, Richard-Wagner-Str. 56, [] Telefon 2003, Koblenz, Löhrstraße 100, Telefon 4160. Ludwigshafen, Maxstraße 63. Tel. 6 29 57. Mainz, Neubrunnenstr. 17, Tel. 4576/4577. Neustadt a.d.W., Hohenzollernstr. 16, Tel. 2139. Worms, Siegfriedstr. 10, Tel. 5169. Verlags- u. Ersch.-Ort: Mainz [] 9. November: [] Tag der Besinnung! [] Tag der Entscheidung! [] So furchtbar war noch nie ein Zusammenbruch des deutschen Volkes wie der von 1945. Die verantwortlichen Größen von Partei, Staat und Wehrmacht stoben dahin wie wertlose Spreu im Winde. [] Wer sollte von vorne anfangen? Wer mußte wieder aufbauen? Das breite Volk, die Schaffenden aller Stände mußten Hand anlegen, denn sie alle wollten leben. Sie brauchen das tägliche Brot für sich und ihre Kinder. [] Eine breite Welle des Vertrauens gab den alten bewährten Männern und Frauen unserer Partei, wie Franz Bögler, Eugen Hertel, Adolf Ludwig, Valentin Bauer und viel anderen, die seelische Kraft, den fast aussichtsloser. Kampf gegen Not und Elend aufzunehmen. Zu diesen getreuen "Alten" fanden sich in steigender Zahl junge und arbeitsfreudige Männer, die erkannt hatten, daß die einmütige Arbeit für das Wohl des Volkes erste Voraussetzung für den Wiederaufstieg unseres Vaterlandes ist. Ohne diese einmütige Zusammenarbeit ist alles Mühen vergeblich. Einer allein schafft es nicht. [] Unsere beispielhaften Erfolge im Wiederaufbau verdanken wir dem großen Vertrauen der pfälzischen Bevölkerung. Wohnungen und Arbeitsstätten sind unser Beitrag zur Sicherheit des Volkes. Das Wohl unserer Mitmenschen ist unser oberstes Gebot! [] Am 9. November geben alle Einwohner in Stadt und Land ihre entscheidende Stimme ab. Männer und Frauen aus allen Teilen und Bevölkerungsschichten stehen auf dem sozialdemokratischen Wahlvorschlag. Als Mitglieder des Bezirks- und Kreistages und der Gemeinderäte werden sie über unsere Geschicke zu wachen und zu entscheiden haben. [] Allein sind wir nichts, [] zusammen sind wir stark! [] Wasserleitungs- und Schulhausneubau, die Erstellung von Wohnungen und die Herrichtung der Kreisstraßen gehören zu den Hauptproblemen. Die Gemeinde hat diese Probleme z u erkennen und aufzugreifen. Der Kreis berät, nimmt, tätigen Anteil und hilft. Durch die Vermittlung des Landrates werden Regierungspräsidium und Landesregierung angesprochen, interessiert und zur tätigen Hilfe aufgerufen. [] Die kommunale Selbstverwaltung, deren Vertretungen durch die Wahl am 9. November neu besetzt werden, ist wie ein kompliziertes und feines Uhrwerk, das nur dann arbeiten kann, wenn die Räder miteinander harmonieren. Jedes Rad an seinem Platz, jedes in seinem ihm gemäßen Tempo, nur so kommt es zu einer ersprießlichen und fruchtbaren Arbeit, die zum Erfolg und in eine bessere Zukunft führt. [] Wähler, das Schicksal liegt auch in Deiner Hand! Du bist mit verantwortlich, wie Du wohnst und wie Deine Familie lebt. Du bist daran schuld, wenn Deine Stimme die Partei derer stärkt, die sich nicht zu den sozialen Forderungen bekennen und denen Dein kleines Ich nur das Trittbrett bedeutet, um die Macht zu erreichen. [] Wählt die große Volkspartei, die SPD, denn nur sie allein vertritt die Interessen aller Bevölkerungsschichten und stimmt sie aufeinander ab. Wir warnen Euch vor der Stimmabgabe für sogenannte "freie Listen", die nichts anderes sind als die Interessenvertretung kleiner Klüngel. [] Alle sind wir aufgerufen, das Uhrwerk der kommunalen Selbstverwaltung zu bilden. Alte und junge Menschen, Männer und Frauen, Einheimische und Flüchtlinge, Arbeiter und Bauern, Angestellte und Beamte, kurzum, alle diejenigen, die ein Interesse an ihrem Geschick und darüber hinaus am Schicksal des deutschen Volkes haben. [] Wähler, wenn Ihr zur Wahlurne geht am 9. November, einem denkwürdigen Datum, dann seid Euch bewußt, was in Euch und Eure Hände gelegt ist: Euer und unser aller Schicksal. [] Wir appellieren an Vernunft und gesunden Menschenverstand. Entscheidet Euch für Fortschritt, Wohlfahrt, Freiheit und Frieden! [] Wählt SPD! [] Liste 1 [] Dr. Kurt Schumacher [] "Haus der Bäuerin" - [] Soziale Aufrüstung des Dorfes [] Die SPD hat manches für die Landwirtschaft und für die durch die Neuzeit bedingten Einrichtungen getan. Es wurden Schulen und Lehrstätten geschaffen, in denen der junge Bauer mit allen modernen Mitteln vertraut gemacht wird, die es ihm ermöglichen, seine Erträgnisse zu steigern und zu verbessern. [] Ein Ziel, das sich die SPD gesetzt hat, gipfelt darin, in unserem Bezirk "Häuser der Bäuerin" zu erstellen. [] Das "Haus der Bäuerin" ist ein Dorfgemeinschaftshaus, das der Landfrau bei ihrer anstrengenden Arbeit eine wertvolle Hilfe und Erleichterung gewährt. Durch Maschinen und technische Hilfsmittel, die ihr in ihm zur Verfügung stehen, und deren Anschaffung für den Einzelhaushalt zu kostspielig und unwirtschaftlich ist, werden ihr Arbeiten abgenommen und erleichtert. So gewinnt sie Zeit und Kraft für ihre Familie und für sich selbst. [] Das "Haus der Bäuerin" will helfen, Lebensstandard und Hygiene auf dem Lande zu heben und damit auch der großen Gefahr, der Landflucht, zu steuern. [] Eine Waschküche wird im "Haus der Bäuerin" enthalten sein. In ihr sind untergebracht: eine moderne Bottich-Waschmaschine, zwei Trommel-Waschmaschinen und eine Schleuder. Ein Trockenraum für die "nassen Tage" wird ebenfalls vorhanden sein, und im Bügelraum stehen eine Heißmangel, eine Nähmaschine und elektrische Bügeleisen zur Verfügung. Eventuell, das ergibt sich aus der jeweiligen Lage, kann ein Flickraum eingerichtet werden, der eine Sackflickmaschine usw. enthält. [] Eine besondere Bedeutung kommt dem Wirtschaftsraum zu. In ihm sind alle Geräte vereinigt, die der bäuerlichen Vorratswirtschaft dienen. Ein Küchenmotor mit sämtlichen Zusatzmaschinen, eine Dosenschließmaschine, eine komplette Süßmostanlage, ein Küchenherd und ein Elektrokocher mit Topf. [] Es lohnt sich, unbedingt einmal dieses großzügige und fortschrittliche Projekt, dessen Verwirklichung die SPD ins Auge gefaßt hat, einmal näher zu betrachten. Die Errichtung eines solchen Hauses ist eine wahrhaft soziale Tat, und sie ist unbedingt der Errichtung von Schieß- und Exerzierplätzen vorzuziehen, die unweigerlich im Gefolge einer Wiederaufrüstung marschieren. wie sie von ganz bestimmten Parteien als alleinseligmachend heute schon betrieben wird. [] DIE FREIHEIT [] Gemeindeaufgabe Nr. 1: [] Sozialer Wohnungsbau [] Die SPD hat nach dem Kriege ein Wohnungsbauprogramm auf lange Sicht erarbeitet, das die Finanzierungsmöglichkeit zum Bau von jährlich einer Million Wohnungen nachwies und - wenigstens zum Teil - im ersten Wohnungsbaugesetz seinen Niederschlag fand. Wir dürfen wohl sagen, daß in Rheinland-Pfalz insbesondere die sozialdemokratisch verwalteten Gemeinden und die gemeinnützige Baugenossenschaften, tatkräftig unterstützt durch die sozialdemokratischen Minister, dem sozialen Wohnungsbau eine beachtliche Stellung in der Deutschen Bundesrepublik verschafft hatten. [] Die Politik der Adenauer-Regierung mit der außerordentlich hohen Belastung durch den Verteidigungsbeitrag hat nun aber zweifellos hier zu einer rückläufigen Tendenz, das heißt zu einer Verdrängung der sozialen Aufgaben des Bundes, der Länder und der Gemeinden auf diesem Gebiet geführt, wenn es auch auf den ersten Blick in die Statistik scheinen will, als ob die Bautätigkeit denselben Umfang wie in den vergangenen Jahren habe. Das ist aber ein Trugschluß, denn jährlich nimmt die Zahl der Bauarbeiter zu, und bei gleichbleibender Zahl der Beschäftigten steigert sich die Zahl der Unbeschäftigten. Vergessen wir nicht, daß Besatzungsbauten und Notstandsarbeiten einen großen Teil der arbeitslosen Bauarbeiter aufnehmen und daß deshalb die Zahl der Beschäftigten im sozialen Wohnungsbau geringer sein muß als in den Vorjahren. [] Die Gesamtfinanzierung von 300000 Wohnungen jährlich erfordert die Summe von rund 5 Milliarden DM. Wir beobachten in den letzten Jahren, daß sich die Bereitstellung der Mittel durch den Bund von Jahr zu Jahr verzögert: Beginn der Bautätigkeit 1950 erst im April, 1951 im Juli und 1952 nicht vor November, um durch winterliche Einflüsse dann wahrscheinlich wieder zum Erliegen zu kommen. Auf diese Weise wird das Kapital eines ganzen Baujahres von 5 Milliarden DM innerhalb von drei Jahren eingespart bzw. wird der Rüstungswirtschaft zur Verfügung gestellt werden. [] Aus den Veränderungen in der Struktur der Wirtschaft und der Bevölkerung ergibt sich nun zwangsläufig die Notwendigkeit, einen langjährigen Finanzierungsplan für den sozialen Wohnungsbau aufzustellen, mit dem Bund, Länder und Gemeinden verbindlich rechnen können. Das Schwergewicht des sozialen Wohnungsbaues lag bisher in den Gemeinden und in diesen wieder bei den gemeinnützigen Baugenossenschaften, die ohne nachhaltige Hilfe die weitere Finanzierung einer gesteigerten Bautätigkeit nicht sicherstellen können. Die Gesamtlage im sozialen Wohnungsbau veranlaßte deshalb die Bundestagsfraktion der SPD zu einem Initiativantrag eines 2. Wohnungsbaugesetzes, das die Erfahrungen der letzten Jahre in der Gesamtplanung und der Einzelgestaltung sowie auch in der Rationalisierung zur Verbilligung des Bauens verwertet und folgende Forderungen stellt: [] 1. Bereitstellung von Mitteln des Bundes, der Länder und Gemeinden in den nächsten Jahren zum Bau von 1,8 Millionen Wohnungen mit einer Mindestausstattung (Wohnungsabschluß mit Vorraum, Küche mit Herd und Spülbecken, Abort innerhalb der Wohnung, eingerichtetes Bad oder Duschraum, ausreichende Nebenräume) in Form von kleinen Siedlerstellen und Einfamilienhäusern (die als Eigenheim erstellt oder zu Eigentum übertragen werden), von Wohnungen in Wohnungseigentum oder mit Dauerwohnrecht, Genossenschaftswohnungen, Mietwohnungen in Mehrfamilienhäusern und Kleinwohnungen für berufstätige Frauen; [] 2. Zuteilung dieser Wohnungen an sozial schwache Bevölkerungskreise; [] 3. Aufbau der zerstörten Stadtkerne und Schaffung eines modernen Baulandgesetzes unter Ausschaltung der Bodenspekulation. [] Den Gemeinden bleibt hier noch ein weites Feld zur Bearbeitung, denn Bodenreform ist nicht nur Landreform, sondern sie sollte auch Mietreform sein. Die städtischen Bodenpreise sind so gesteigert, daß die Verzinsung in den Mieten der Wohnungen einen zu großen Anteil nimmt und sich in den Mieten der Geschäftsräume auch indirekt auf die Preise auswirkt. Die Gemeinden haben hier die Möglichkeit, sowohl den sozialen Wohnungsbau in der Zonenbauordnung in dem oben angedeuteten Sinne zu fördern wie auch die Spekulation durch Vorkaufs- oder Wiederkaufsrecht oder durch Einführung des Erbbaues oder der Erbpacht auszuschalten. Unsere Gemeindevertreter sollten sich gerade diese Aufgabe besonders angelegen sein lassen, denn wir wollen den Anteil des schaffenden Menschen am Sozialprodukt nicht noch mehr senken, sondern ihn in steigendem Maße daran teilnehmen lassen. [] Heimatvertriebene und Kommunalwahl [] Kommunalwahlen im Lande Rheinland-Pfalz bieten den Heimatvertriebenen erstmalig Gelegenheit, sich verantwortungsbewußt in das kommunalpolitische Geschehen ihrer neuen Heimat einzuschalten. Waren sie bisher mehr oder weniger Objekt jeder stadt- und gemeinderätlichen Politik, so haben sie jetzt Gelegenheit, selbst handelnd das Geschehen ihrer neuen Heimatgemeinde mitzubestimmen, Subjekt zu werden. [] Aber gerade das Abwarten-Müssen hat jedem Heimatvertriebenen einen tiefen Einblick in die Arbeit der im Lande Rheinland-Pfalz wirkenden Parteien vermittelt, und wer aufmerksam beobachtet hat, wird in der Lage sein, für sich selbst die nun einmal notwendigen Schlußfolgerungen zu ziehen. [] Die sozialdemokratisch geleiteten Gemeinden, Kreise und Städte haben in der nun zu Ende gehenden Wahlperiode bewiesen, daß sie die Sorgen und Nöte der Heimatvertriebenen kennen und haben sich von dem Grundsatz leiten lassen, daß schnelle Hilfe für den Heimatvertriebenen doppelte Hilfe bedeutet. Sie haben dort, wo das Gesetz keine Hilfestellung mehr ermöglichte, das Herz ihrer Bewohner sprechen lassen und Notstände gemildert, die in der Mühle der Bürokratie ins Unabsehbare angewachsen wären. [] Wir sind uns jedoch völlig klar darüber, daß trotz allem Wollen und aller Hilfen die akute Notlage der Heimatvertriebenen nach wie vor besteht. Wir wissen auch, daß es hie und da Heimatvertriebene gibt, die die Schuld an ihrer Not der Sozialdemokratischen Partei geben wollen, weil der Bürgermeister ihrer Heimatgemeinde oder der Landrat ihres Kreises Sozialdemokrat ist. Aber bei dieser Kritik, die der einzelne glaubt, üben zu müssen, muß auch das politische Nachdenken einsetzen, und jeder muß sich bemühen, Klarheit über die gesamtpolitischen Geschehnisse zu erlangen. Eine gesunde Kommunalpolitik ist die Folge einer guten Landes- und Bundespolitik. Eines vom anderen zu lösen ist Utopie, und gerade wir Heimatvertriebenen müssen diese Zusammenhänge erkennen, und unser Ziel muß es sein, die Axt an der Wurzel des morschen Stammes zu legen und Raum zu schaffen für eine Politik, die dem Bürger der Gemeinde ein Höchstmaß an sozialer Sicherheit gewährleistet. [] Eine Wirtschaftspolitik, die den Grundsatz vertritt, daß 1,5 bis 2 Millionen Arbeitslose, von denen der überwiegende Teil Heimatvertriebene sind, keine Arbeitslosigkeit ist und für die Wirtschaft sogar notwendig ist, ist sich ihrer sozialpolitischen Verantwortung nicht bewußt. [] Eine Wohnungsbaupolitik, die nicht ein Höchstmaß an Mitteln, sondern nur das absolut Unumgängliche bereitstellt, zeugt ebenfalls von einer Verantwortungslosigkeit gegenüber den Millionen Geschädigten, die kaum überboten werden kann. [] Und eine Sozialpolitik, die einen Lastenausgleich schafft, der die zufällig durch keine Bomben zerstörten Besitz- und Vermögensverhältnisse unangetastet läßt, ja in steuerlicher Hinsicht Tür und Tor öffnet, diesen Zufallsbesitz noch erheblich zu vermehren, ist keine Politik, die den Namen sozial verdient. [] Zeigen Ihnen diese drei Beispiele die Ursachen Ihrer Not? Wissen Sie nun, warum Sie immer noch zur Stempelstelle laufen müssen, warum Sie noch Jahre auf eine menschenwürdige Wohnung warten müssen, Warum Ihre Ansprüche aus dem Lastenausgleich auch nach zehn Jahren noch nicht realisiert sein werden? [] Bei der Kommunalwahl am 9. November haben die Heimatvertriebenen die Pflicht, die unterste Sprosse dieser politischen Stufenleiter durch ihre politische Einsicht und Weitsicht so zu besetzen, daß das seit sieben Jahren erstrebte und ersehnte Ziel: "Arbeit, Wohnung, gerechter Lastenausgleich" in greifbare Nähe rückt. [] Heimatvertriebene, laßt Euch von schwachen Regierungen kein Schloß oder Klebpflaster auf den Mund drücken, beweist, daß Ihr zum klügeren Teil unseres deutschen Volkes zählt und wählt darum am 9. November die Liste der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands! [] P. W. [] Sage mir, wer Dich bezahlt ... [] Eine neue Art von "Demokraten" scheint sich bei den Gemeinderatswahlen in manchen Orten einführen zu wollen. Nicht nur, daß sogenannte "Freie Listen" den Kampf gegen die demokratischen Parteien aufnehmen, ist bezeichnend, sondern auch die Tatsache, daß Unternehmer und ganze Industriegruppen den Versuch machen, mit eigenen "Vertrauensleuten" in die Gemeindeparlamente einzurücken. [] Daß die Industrie sich ein derartiges Unternehmen auch finanziell etwas kosten läßt, versteht sich von selbst. Die Wahlpropaganda und alles, was damit zusammenhängt, wird von Beträgen beglichen, die bei der Steuerabrechnung als "Werbungsspesen" in Erscheinung treten. [] Wir haben den Eindruck, daß man im Maßstab der Gemeinderatswahlen eine Art Generalprobe für die Bundestagswahlen im kommenden Jahre abhalten will. Schon ist bekannt geworden, daß die westdeutsche Industrie rund 20 Millionen DM zu Propagandazwecken für die Regierungsparteien CDU und FDP aufbringen will. [] Die Regierung selbst läßt sich natürlich auch nicht lumpen. Sie gibt zahlreiche Propagandabroschüren heraus, um ihre Politik den Wählern schmackhaft zu machen. [] Alle diese Maßnahmen münden natürlich aus in dem Schlachtruf "Nieder mit der Sozialdemokratie". [] Deswegen: Schickt die Leute am 9. November wieder nach Hause, die von finanzkräftigen Gruppen vorgeschoben werden, um Euch das Selbstverwaltungsrecht in der Gemeinde streitig zu machen! [] Verantwortlich für Gesamtinhalt [] Maxim Kuraner, Neustadt a. d. Weinstraße [] DIE FREIHEIT [] Die Kandidaten zum Kreistag Germersheim [] 1. Weber, Karl, Abteilungspräsident a. D. bei der Bundesbahn, Wörth [] 2. Gerhardt, Heinrich, Diplom-Ingenieur, Kandel [] 3. Böhm, Oskar, Leiter der Arbeitsamtsnebenstelle, Kandel [] 4. Kessel, Jakob, Rottenführer i. R., Bellheim [] 5. Hick, Ludwig, Bauer, Lingenfeld [] 6. Seubert, Hermann, Reg.-Insp., Germersheim [] 7. Lösch, Franz, Ziegeleiarbeiter, Kuhardt [] 8. Scherrer, Ferdinand, Angestellter, Hagenbach [] 9. Graf, Georg, Pensionist, z. Z. Bürgermeister, Schwegenheim [] 10. Schlicher, Helmut, Lehrer, Winden [] 11. Rohmann, Bruno, 2. Kreisvorsitzender der Heimatvertriebenen, Rülzheim [] 12. Gabriel, August, Maler, Hördt [] 13. Zimmer, Ernst, Kaufmann, Minfeld [] 14. Deininger, Wilhelm, Betriebsarbeiter, Lingenfeld [] 15. Wiebelt, Alois, Kraftfahrer, Kandel [] 16. Rihm, Konrad, Kaufmann, Berg [] 17. Seidel, Richard, Schriftleiter, Kandel [] 18. Tzscheuchner, Heinz, Verschmelzer, Kandel. [] 19. Roch, Fritz, Maurer, Niederlustadt [] 20. Münzer, Otto, Angestellter, Lingenfeld [] 21. Dörrzapf, Werner, Handelskaufmann, Bellheim [] 22. Decker, Johannes, Arbeiter, Weingarten [] 23. Völkel, Josef, Landwirt, Freckenfeld [] 24. Kropp, Johannes, Landwirt, Hagenbach [] 25. Weschler, Josef, Maurer, Hagenbach [] 26. Centner, Franz, Buchbinder, Kandel [] 27. Kern, Wilhelm, Kulturarbeiter, Kandel [] 28. Hornbach, Hermann, Beigeordneter, Germersheim [] 29. Frank, Karl, Fräser, Maximiliansau [] Die SPD im Kreistag [] Der Landkreis Germersheim ist ein Agrargebiet mit rund 69000 Einwohnern. Im Kreistag ist die SPD mit 11 Sitzen, die CDU mit 17 Sitzen, die KPD mit 1 Sitz vertreten. Im Kreisausschuß nimmt die SPD 2 Sitze von insgesamt 4 Sitzen ein. Die Vertreter im Kreisausschuß unserer Partei können für sich buchen, in sachlicher Zusammenarbeit mit den anderen Parteien, dem Landrat und der Verwaltung, praktische und erfolgreiche Arbeit zum Wohle des Kreises und der Allgemeinheit geleistet zu haben. [] Von den 37 Gemeinden des Landkreises liegen 11 in der roten Zone, die 2- bzw. 3mal während des Krieges geräumt waren. Sie wurden nicht nur unmittelbar durch Kriegseinwirkung hart betroffen, sondern sie erfuhren in ihrer gesamten Entwicklung bereits Jahre vor Ausbruch des Krieges eine Hemmung durch die vorbereitenden Maßnahmen der Westbefestigung und seine Grenzlage. Auf Grund unserer Initiative im Kreistag wurde eine Resolution verfaßt, die an die Bundesregierung ging, um zu erreichen, daß die 11 Ortschaften der roten Zone, die bisher noch nicht in das Sanierungsprogramm aufgenommen wurden, aufgenommen werden. Dank der Mitarbeit unseres Bundestagsabgeordneten, Genossen Odenthal, wurde die Angelegenheit so weit vorgetrieben, daß nunmehr die 11 Gemeinden der roten Zone in das Sanierungsprogramm aufgenommen wurden. Die SPD im Kreis Germersheim hat in den letzten Jahren zunehmenden Einfluß genommen. Welche Bedeutung sie erlangt, veranschaulichen die Wahlergebnisse seit dem Jahre 1948. Die CDU dagegen hat an Boden verloren. [] Unsere Fraktion hat sich zum Befürworter und Anreger des Wasserleitungsbaues gemacht. Noch sind sehr viele Orte - insbesondere in der roten Zone - bis heute noch ohne Wasserleitung. Erhebliche Zuschüsse des Kreises wurden für die Germersheimer Südgruppe hierfür bereitgestellt. Im kommenden Jahr werden wahrscheinlich weitere Gemeinden mit dem Wasserleitungsbau beginnen, die nach unserer Meinung erhebliche Zuschüsse des Landkreises erhalten müssen, da es ihnen sonst unmöglich ist, das Bauprojekt anzufangen. [] Ein weiteres großes Problem ist ein Neubau für die Kreisberufsschule in Kandel. Die beiden Kreissparkassen Germersheim und Kandel konnten weitgehend erste Hypotheken für den Wiederaufbau und Wohnungsneubau geben. [] Industrie hat sich bisher nur in Maximiliansau in nennenswertem Umfang angesiedelt, und zwar die Glashütte. Weitere kleinere neu angesiedelte Betriebe sind im ganzen Kreisgebiet verteilt. Durch die Neuansiedlungen konnten bisher etwa 1200 Dauerarbeitsplätze geschaffen werden. [] Erhebliche Mittel flossen in den letzten Jahren dem Aufbau und der Instandsetzung der Landwirtschaftsschule Kandel zu. Unsere Fraktion hat damit gezeigt, daß sie auch wirkliches Verständnis für die Landwirtschaft hat. Dieser Wirtschaftszweig steht in unserem Kreisgebiet an erster Stelle. Das landwirtschaftliche Beratungswesen ist gut ausgebaut und wird bei der Beratungsstelle der Landwirtschaftsschule Kandel durchgeführt. Es wurde erreicht, einen Kreisfachberater für den Obst- und Gemüsebau einzustellen. [] Im vergangenen Jahr war es möglich, die Kreisumlage zu senken. Der derzeitige Umlagesatz ist 40 Prozent. Für den Wohnungsbau gab der Kreis in jedem Jahr 80000 DM an Darlehn aus. Dann kam in erster Linie der Straßenbau unserer Kreisstraßen. Die Kreisstraßen sind zum Teil neu ausgebaut oder instand gesetzt worden. Ein Restprogramm wird voraussichtlich im kommenden Jahr zum Abschluß gebracht werden können. [] Der Landkreis Germersheim hat durch Förderung all dieser Maßnahmen mit dazu beigetragen die Arbeitslosenziffer niedrig zu halten. Eine sparsame, fortschrittliche und erfolgreiche Kreispolitik in dieser Kreistagsperiode hat sich bestätigt. [] Die SPD-Fraktion hat grundsätzlich nur solche Anträge eingebracht, die auch auf Grund der zur Verfügung stehenden Mittel erfüllt werden konnten. Sie hat sich konzentriert, positive und verantwortungsbewußte Arbeit zu leisten. Unsere Arbeit im Kreistag dient so dem Gemeindewohl und kam allen Schichten der Bevölkerung zugute. Wir wollen den neu zu bildenden Kreistag weitere 4 Jahre aktiv und positiv gestalten helfen mit dem festen Willen, dem Gemeindewohl, dem wirtschaftlichen sozialen Fortschritt zu dienen. [] Hilfe für die rote Zone [] Der Sozialdemokratischen Partei liegt das Schicksal der sozial Bedrängten und wirtschaftlich Schwachen besonders am Herzen. Sie ist daher bestrebt, der Bevölkerung in der roten Zone, die durch den Krieg stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, ihre ganz besondere Aufmerksamkeit zu widmen und ihr Schicksal in günstigem Sinne zu beeinflussen. Um wirksam helfen zu können, wurde beim Landtag des Landes Rheinland-Pfalz ein Grenzlandausschuß gebildet. Diesen Ausschuß hat gemäß § 9 Absatz 2 des Haushaltungs-Feststellungsgesetzes die Funktion eines Kontrollausschusses wahrzunehmen. Im Gegensatz zu anderen Ausschüssen obliegt es ihm, bei der Verteilung von Mitteln Einfluß auf Ministerien zu nehmen. Als Kontrollausschuß obliegt ihm gewissermaßen die Verwaltung des Vermögens des Grenzlandfonds. Im Rechnungsjahr 1951/52 hatte der Ausschuß die Aufgabe, den Betrag von 7400000 DM zu verteilen, wobei zur Förderung der Landwirtschaft 4 Millionen, für volkstumpolitische Aufgaben 1900000 DM, für Wirtschaftsförderung 750000 DM, für kulturelle Zwecke 250000 DM, für kommunale Zwecke 250000 DM zu verteilen. Es bleibt eine Landesreserve beim Innenministerium in Höhe von 250000 DM bestehen. Aus dieser Reserve werden besonders dringliche Aufgaben, die im Laufe des Jahres anfallen, erfüllt. Mit Recht haben die kleineren Landwirte im Grenzgebiet Protest erhoben über die Methoden bei der Verteilung von 4 Millionen an landwirtschaftliche Betriebe. Die Verteilung erfolgte nach dem Grundsatz: "Wer schon viel hat, erhält noch mehr dazu". Den wirklich Bedürftigen ist keine Hilfe gewährt worden. Der Grenzlandausschuß ist auf Vorschlag der Sozialdemokratischen Partei daher zu dem Entschluß gekommen, daß bei der Verteilung der Mittel, die größtenteils über die Landratsämter erfolgen, jeweils der Abgeordnete des Kreises, der dem Grenzlandausschuß angehört, hinzugezogen werden muß. [] Seitens der Saarregierung strengt man sich sehr an, Einfluß auf die deutsche Bevölkerung an der Saargrenze zu gewinnen. Um die Wirkung dieser gefährlichen Ausstrahlungen zu reduzieren, wurde durch den Grenzlandausschuß ein hoher Betrag für volkstumpolitische Aufgaben zur Verfügung gestellt. Der Grenzbevölkerung müssen große Erleichterungen geschaffen werden. Es sollen dort Bauvorhaben aller Art, insbesondere Schulhausneubauten, Theatersäle usw. durchgeführt werden. [] Bei der Wirtschaftshilfe wird in erster Linie an Investitionshilfen gedacht. Notleidende Betriebe können also keinerlei Betriebsmittel erhalten, sondern nur solche zur Anschaffung von Maschinen, Werkzeugen usw. Auf Anregung der Vertreter der Sozialdemokratischen Partei ist man sich im Grenzlandausschuß einig gewesen darüber, daß, die für kulturelle Zwecke aufzuwendenden Mittel für den Schulhausbau und dann erst für den Wiederaufbau von Kirchen Verwendung finden soll. [] Der Wohnungsbau erfuhr in der roten Zone eine besondere Förderung. [] Ungelöst ist bisher das Problem der Abrißgeschädigten, so hauptsächlich in den Gemeinden Kröppen bei Pirmasens und Dietrichingen bei Zweibrücken. Den Geschädigten werden wir unsere Hauptaufmerksamkeit zu widmen haben. Der Bund ist verpflichtet, die Abrißschäden als Kriegsschäden anzuerkennen und entsprechende Leistung zu gewähren. [] Ein besonders düsteres Kapitel in der Grenzzone bildet die Entschrottung. Durch Gerichtsurteil ist entschieden, daß die Eigentümer des Bodens, auf deren Besitz sich Befestigungsanlagen befanden, Anspruch auf die noch vorhandenen Sachwerte haben. Mit der Entschrottung sind Privatfirmen beauftragt, die Millionenbeträge verdienen. Es handelt sich dabei um Firmen, die schon die Befestigungsanlagen gebaut haben, diese nun wieder zerstören müssen. Sie ziehen erneut den Profit aus dem durch die Niederreißung gewonnenen Material. Die Eigentümer von Grund und Boden müssen nicht nur eine hinreichende Entschädigung erhalten, sondern auch zu Eigentümern der vorhandenen Sachwerte erklärt werden. [] Es ist das Bestreben der Vertreter der Sozialdemokratischen Partei, in den zuständigen Ausschüssen dem anspruchsberechtigten Personenkreis zu seinem vollen Recht zu verhelfen. [] Wählt SPD - Liste 1 [] DIE FREIHEIT [] Die SPD im Bezirkstag der Pfalz [] Von Oberregierungspräsident z. D. Franz Bögler, Vorsitzender des Bezirkstags Pfalz [] Der Bezirkstag der Pfalz ist die einzige kommunale Selbstverwaltungskörperschaft auf der Ebene des Regierungsbezirks im Lande Rheinland-Pfalz. Seine Rechtsgrundlage hat er durch die vom Landtag beschlossene Bezirksordnung. Er besteht aus 29 Mitgliedern; die SPD ist mit 13 Abgeordneten die stärkste Fraktion. Aus dieser Stellung ergab sich ihr demokratischer Anspruch, den Vorsitzenden des Bezirkstages vorzuschlagen, ein Anspruch, der von den anderen Parteien, die im Bezirkstag vertreten sind, anerkannt wurde. Auf Grund der Fraktionsstärke der SPD erhielt sie nach dem Verhältniswahlrecht von den sechs zu wählenden Bezirksausschußmitgliedern drei Sitze. Damit hat die Sozialdemokratische Partei die Mehrheit im Bezirksausschuß, der mit dem Vorsitzenden aus sieben Mitgliedern besteht. Die Sozialdemokraten haben demnach vier Sitze, die CDU zwei, die FDP einen Sitz. [] Der Bezirksausschuß verwaltet die Bezirksangelegenheiten nach Maßgabe der Gesetze und der Beschlüsse des Bezirkstages. In der jetzt zu Ende gehenden Legislaturperiode, die nur eineinhalb Jahre gedauert hat - von April 1951 bis November 1952 -, hielt der Bezirksausschuß insgesamt 18 Sitzungen ab, in denen mehr als 300 Anträge erledigt wurden. Die Entscheidung über alle Anträge wurde einstimmig getroffen. Ein besserer Beweis sachlicher Zusammenarbeit kann wohl kaum gegeben werden. [] Dem ersten, am 29. April 1951, gewählten Bezirkstag ging eine Periode von zwei Jahren voraus, in der die damaligen pfälzischen Landtagsabgeordneten den Bezirkstag bildeten. Diese Zeitspanne war im Bereich des Bezirksverbandes Pfalz die erste demokratisch-parlamentarische Verwaltung seit 1933. Sie war vielleicht die schwerste, die nach dem Niederbruch und den Folgen des zweiten Weltkriegs unter den härtesten Bedingungen begonnen werden mußte, die auch dem Bezirksverband und seinen Einrichtungen geschlagenen Wunden wieder zu heilen. In dieser schweren Zeit gab es unter den Parteien manche Reibungsfläche, manche Angriffe wurden aber von außen in unsachlichster Form zur Störung der sachlichen Arbeit im Bereich des Bezirksverbandes Pfalz herangetragen. In diesem Zusammenhang sei nur an die gegen den Bezirksausschuß und seinen Vorsitzenden gerichteten verleumderischen Artikel einer pfälzischen Zeitung erinnert. [] Auch in dieser Zeit gab es im Bezirksausschuß eine sozialdemokratische Mehrheit, und auch damals wurden die vielen hundert Entscheidungen mit nur zwei oder drei Ausnahmen einstimmig gefaßt. Einen Beschluß, nur mit den sozialdemokratischen Stimmen gegen alle anderen gab es auch damals nicht. [] Förderung deutscher Kulturgüter im Grenzraum [] Nach dem ersten Weltkrieg wurden in der Pfalz zur Abwehr ausländischer politischer Zielsetzungen neben anderen Maßnahmen auch Einrichtungen zur Erhaltung, Verbreitung und Vertiefung deutscher Kulturgüter bis in die breitesten Volksschichten geschaffen. So wurden damals das Pfalzorchester, das Landestheater für Pfalz und Saargebiet (heute Pfalztheater) und die Pfälzische Landesbibliothek ins Leben gerufen. Der Bezirksverband als Förderer bzw. Träger dieser Einrichtungen hat damals wie heute erhebliche Beträge zur Erhaltung dieser aus unserem pfälzischen Kulturleben nicht mehr wegzudenkenden Institute aufgewandt. Nach 1945 galt es, noch fester denn je diese Kultureinrichtungen zu halten, auszubauen und im Volke wirken zu lassen. [] So wurde die Pfälzische Landesbibliothek, die vor und während des zweiten Weltkrieges ein Aschenbrödeldasein führte, als die einzige Bibliothek gleicher Art im Bundesgebiet erheblich personell und materiell ausgebaut. [] Für das Historische Museum der Pfalz in Speyer trägt der Bezirksverband die Personalkosten ganz. Auch hier wurde das Personal vermehrt, damit ermöglicht, daß die noch Übriggebliebenen wertvollen Bestände neu geordnet, das Ausstellungswesen intensiviert und das Gebäude instand gesetzt werden konnte. Die Besucherzahl hat sich in den letzten Jahren erheblich gesteigert, weil neue Anziehungspunkte vor allem für die Schulen geschaffen werden konnten. [] Der Bezirksverband hat in Kaiserslautern weiterhin eine Reihe von Einrichtungen zur Erfüllung kultureller und wirtschaftlicher Aufgaben. Es sind dies die Landesgewerbeanstalt mit ihren kulturellen und technisch-wirtschaftlichen Abteilungen, wie Gewerbekunst, Museum, Pfalzgalerie, eine Bücherei kunsthistorischer und technischer Werke, Elektrotechnisches Prüfamt, Materialprüfamt, Patentwesen, Filmvorführerprüfstelle, Foto- und Kopieranstalt. Außerdem die Meisterschule für Handwerker und die Bauschule. [] Die Anstalten des Bezirksverbandes [] Eine eigene, besondere Einrichtung des Bezirksverbandes ist die Gehörlosenschule in Frankenthal. Ihre ethische, soziale und volkswirtschaftliche Bedeutung ist nicht hoch genug einzuschätzen. Hier wird normal befähigten, aber gehörlosen und sprachgeschädigten Kindern eine gute Lautsprache und eine Allgemeinbildung vermittelt. [] Die Heil- und Pflegeanstalt in Klingenmünster hat im Laufe ihrer Geschichte eine recht verschiedenartige Bewertung durch dieÖffentlichkeit und durch die Behörden erfahren. Man denke nur an die Zeit von 1933 bis 1945. Heute kann gesagt werden, daß unsere pfälzische Nervenheilanstalt auf dem Wege ist, ein modernes Krankenhaus zu werden. Den Charakter einer Verwahranstalt hat sie nicht mehr. Die von 1933 bis 1945 unglaublich vernachlässigten Anstaltsgebäude sind instand gesetzt und modernisiert. [] Die pfälzische Landwirtschaft hat im Bezirksverband ihr dienende Einrichtungen, deren Tätigkeit die Entwicklung jedes Hofes bei Bauer und Winzer beeinflussen können. Doch auch hier galt es zunächst, alte Zöpfe abzuschneiden, Versäumnisse der Vergangenheit nachzuholen und Neues, den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen und wirtschaftlichen Notwendigkeiten Entsprechendes zu schaffen. Im Bezirksgut Neumühle besitzt der Bezirksverband ein großes Hofgut, das zeit seines Bestehens, aber vor allem in den letzten Jahren den Beweis dafür liefern mußte, daß ein Bauernhof laufend mit Defizit wirtschaften kann, wenn eine Kasse, die das Defizit deckt, dahinter steht. [] Der Bezirkstag entschloß sich auf Beschluß des Bezirksausschusses, das Gut auf eine völlig neue Grundlage zu stellen. Die Lehr- und Versuchsanstalt für Viehhaltung und Milchwirtschaft in Neumühle wurde geschaffen. Die heutigen Aufgaben der Anstalt sind, zu zeigen, wie durch verstärkte Rationalisierung der Feld- und Viehwirtschaft ein höherer Rohertrag erzielt und damit den Schwierigkeiten in der Landwirtschaft begegnet werden kann und wie durch Lehr- und Versuchstätigkeit auf dem Gebiete der Vieh- und Milchwirtschaft die Rentabilität dieser Betriebszweige gehoben werden kann. [] Dem landwirtschaftlichen Nachwuchs vor allem soll gezeigt werden, wie eine Steigerung des Milchertrages durch individuelle Leistungsfütterung bei gesunder Haltung der Tiere und eine Verbesserung der Qualität aller tierischen Erzeugnisse herbeigeführt werden kann. [] Außerdem soll gezeigt werden, wie die Hebung der Arbeitsproduktivität in der gesamten Wirtschaft, vor allem in der Viehwirtschaft, verwirklicht werden kann. Um diese Aufgaben erfüllen zu können, stehen zur Verfügung ein Unterrichtsgebäude mit Internat und ein landwirtschaftlicher Betrieb mit 165 Hektar, der auf starke Viehhaltung ausgerichtet ist. Neu eingerichtet bzw. neu gebaut wurden ein Versuchsstall für Milchwirtschaft, eine Besamungsstation, eine Schweinemastprüfanstalt. Der Versuchsstall ist für unsere Landwirtschaft etwas Neues, in Skandinavien, England, Amerika aber längst erprobt. Der Stall hat Raum für 50 Stück Großvieh. [] Der Landwirtschaft in verschiedener Richtung dient die Landwirtschaftliche Versuchsstation und Chemische Untersuchungsanstalt in Speyer mit ihren drei Abteilungen: der landwirtschaftlichen, der Lebensmittel- und der Weinabteilung. Die landwirtschaftliche Abteilung hat die Aufgabe, den Bauern mit den Hilfsmitteln der Wissenschaft die Erhaltung der Bodenfruchtbarkeit zu ermöglichen, hohe Erträge mit geringsten Aufwendungen zu erzielen und die vom Bauern zu verwendenden Produktionsmittel, wie Dünge-, Futtermittel, Saatgut usw. auf ihre einwandfreie Beschaffenheit zu überprüfen. Der Schwerpunkt liegt heute bei der Bodenuntersuchung, Sie ermöglicht die Aufstellung eines Düngeplanes, der die Fruchtbarkeit des Bodens wiederherstellen und es dem Bauern ermöglichen soll, die Erträge aller landwirtschaftlichen Kulturpflanzen mit geringstem Aufwand zu steigern. So trägt die Bodenuntersuchung erheblich zur Verbesserung der wirtschaftlichen Lage des Bauernstandes bei. Wurden in früheren Zeiten jährlich höchstens 300 Bodenproben untersucht, so stieg diese Zahl im Jahre 1950/51 auf 25000 und im Jahre 1951/52 auf 92000 an. Eine Leistung, die der landwirtschaftlichen Bevölkerung zeigen muß, mit welchem Ernst hier für sie gearbeitet wird. [] Die Weinabteilung wurde 1950 verselbständigt. Sie hat die Aufgabe, die Überwachung des Verkehrs mit Wein durchzuführen. Sie führt Kontrollen in der Pfalz und Kontrollen ausländischer Weine auf ihre Einfuhrfähigkeit durch. Sie überwacht den Verkehr mit Schaumwein, weinhaltigen und ähnlichen Getränken. Diese Abteilung ist ein Schutz für die Pfälzer Weine. Der Leiter der Weinabteilung ist Mitglied im Bundesausschuß für Weinforschung. Er hat die Möglichkeit, an der Vorbereitung zur Änderung des Weingesetzes mitzuarbeiten. [] Die Lebensmittelabteilung überwacht den Verkehr mit Lebensmitteln nach den Vorschriften des Lebensmittelgesetzes. Die Arbeiterfamilien müssen heute 50 Prozent und mehr des Einkommens für den Einkauf von Lebensmitteln aufwenden. So werden heute die wichtigsten Nahrungsmittel in erster Linie untersucht. [] Im Zuständigkeitsbereich des Bezirksverbandes ist außerdem tätig der Sachverständige für Tabakbau, der Sachverständige für Fischerei und der Sachverständige für Obst- und Gartenbau. Auch diese drei Einrichtungen dienen der Förderung unserer heimischen Landwirtschaft. Das Aufgabengebiet des Bezirksverbandes Pfalz erstreckt sich aber noch weiter als bisher geschildert. So ist der Landesfürsorgeverband der Pfalz und die Tbc-Stelle in seiner Leistung und Organisation vorbildlich im ganzen Lande. Die Verwaltung der Hauptrheindämme und Schleusen erforderte Schutzmaßnahmen gegen Hochwassergefahr. An Baukosten wurden seit der Währungsreform für diesen Zweck allein 250000 DM aufgewendet. [] An freiwilligen Leistungen im Fürsorgewesen für blinde Kinder, für Zivilblinde, für Kriegsgräber, für kirchliche, und soziale Vereinigungen, für Wissenschaft und Volksbildung, so für die Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften, den Volksbildungsverband; für Künste und Handwerkskunst, hier für die Arbeitsgemeinschaft Pfälzer Künstler, die Vereinigung Pfälzer Kunstfreunde, die Arbeitsgemeinschaft der Kunsthandwerker der Pfalz; für Heimat und Denkmalpflege an die Pollichia, für den Naturschutz, Inventarisierung der Kunstdenkmäler, für die Archivpflege, den Literarischen Verein, für die Förderung des Fremdenverkehrs in der Pfalz, für die Förderung des Sports und der Leibesübungen, für die Förderung des Gemüsebaus, der Imkerei, für den Siedlerverband und nicht zuletzt für die Pfalzweinwerbung werden außerdem jährlich rund 150000 DM an Zuschüssen aufgewandt. [] Der Bezirkstag der Pfalz und sein Bezirksausschuß betreuen ein Arbeitsgebiet, erfüllen Aufgaben und haben Leistungen aufzuweisen, die für den einzelnen, der dabei mitarbeitet, auch noch jene innere Befriedigung geben, die in der öffentlichen Tätigkeit leider mehr und mehr vermißt werden muß. Was mich aber mit Stolz erfüllt, ist, daß die Körperschaft, die die Verantwortung trägt, eine sozialdemokratische Mehrheit hat, die damit beweist, was soziale und demokratische Zielsetzung ist und zu leisten vermag. [] Pfälzer Landsleute, verbreitert unsere Vertrauensbasis! Macht uns stärker und wir werden zu noch größeren Leistungen befähigt sein! |
era | Wahlsondernummer der SPD-Zeitung "Die Freiheit" zur Kommunalwahl im Landkreis Germersheim (Rheinland-Pfalz) am 9.11.1952. |
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geographic | Germersheim; Rheinland-Pfalz; Pfalz |
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institution | Archiv der sozialen Demokratie (AdsD) |
publishDate | 09.11.1952 |
spellingShingle | Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Verlag Rheinland-Pfalz Die Freiheit . Zeitung für sozialen und kulturellen Fortschritt [Bögler, Franz; Kuraner, Maxim; Schumacher, Kurt, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD); Christlich Demokratische Union Deutschlands (CDU); Freie Demokratische Partei (FDP), ; ; ; ; ; ; ; ;, Foto; Stimmzettel; Wahlkreuz; Plakat; Hand; Gebäude; Landkarte] |
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