Pflege in Not

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Literarische Form: Brief; handschriftlicher Vermerk: 4.3.1989; Herkunft: DGB-Archiv im AdsD Pflege in Not [] Ein Brief der Gewerkschaft ÖTV an die Bürgerinnen und Bürger [] Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, [] wir, die Beschäftigten in...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr (ÖTV), Hauptverwaltung, Badziong, Norbert, Union-Druckerei, Frankfurt am Main
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1989
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/B6549F98-62D7-44B5-A896-FB335146FB6F
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Literarische Form: Brief; handschriftlicher Vermerk: 4.3.1989; Herkunft: DGB-Archiv im AdsD Pflege in Not [] Ein Brief der Gewerkschaft ÖTV an die Bürgerinnen und Bürger [] Liebe Mitbürgerinnen, liebe Mitbürger, [] wir, die Beschäftigten in Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege, wenden uns zusammen mit unserer Gewerkschaft ÖTV an Sie, weil das Thema Pflegenotstand uns alle angeht. [] Sie, als Beitragszahler in der gesetzlichen Krankenversicherung und als Steuerzahler, haben einen Anspruch darauf, daß Sie oder Ihre Angehörigen im Bedarfsfall durch uns eine qualifizierte Betreuung erfahren. Eine solche Betreuung ist aber bei der heutigen Personalausstattung in Krankenhäusern und Einrichtungen der Altenpflege nicht mehr gewährleistet. Sie wird schon in wenigen Jahren unmöglich sein, wenn nicht umgehend geeignete Maßnahmen getroffen werden, die die Pflegeberufe wieder attraktiver machen, damit [] - wir unseren Beruf dauerhaft ausüben können, [] - ausreichend Berufsanfänger aus dem immer geringer werdenden Reservoir von Jugendlichen für diese Berufe gewonnen werden können, [] - Arbeitslose und Berufsrückkehrerinnen für die Kranken- und Altenpflege interessiert werden können. [] Seit Monaten ist das Thema "Pflegenotstand" in der öffentlichen Diskussion. Auch Sie haben sich vielleicht über die Medien Ihr eigenes Bild darüber gemacht. Ob es das richtige ist? [] Wenn heute das Pflegepersonal auf die Straße geht, dann deshalb, weil wir, die wir sonst immer für andere da sind und anderen helfen, jetzt uns selber helfen müssen. [] Arbeitshetze, ständigeÜberstunden, nicht planbare Freizeit und häufiger Dienst zu ungünstigen Zeiten prägen unseren Arbeitsalltag. Völlig unzureichende Grundlagen für die Personalbemessung führen dazu, daß wir oft über die Grenze unserer physischen und psychischen Leistungsfähigkeit hinaus belastet werden. Wir haben diesen Beruf erwählt, weil wir Menschen bei Erkrankung und im Alter helfen wollen. Aber unser hoher Anspruch an eine humane Betreuung läßt sich bei den sich ständig verschlechternden Rahmenbedingungen nicht einlösen. Das wirkt auf uns auf Dauer demotivierend. Deshalb verlassen auch so viele von uns nach kurzer Dauer den Beruf. [] Wir denken auch, daß eine gesellschaftlich wichtige Aufgabe angemessen honoriert werden muß. Seit 1970 hat sich an unserer Vergütungsstruktur nichts verändert, obwohl die Anforderungen an uns immer komplizierter und umfangreicher geworden sind. Deshalb fordern wir neben verbesserten Rahmenbedingungen zusammen mit unserer Gewerkschaft ÖTV leistungsgerechte Einkommen für unsere verantwortungsvolle Arbeit mit Menschen. [] Obwohl es nach längerem Drängen durch die ÖTV endlich zu Terminen für Tarifverhandlungen gekommen ist, schieben die Arbeitgeber des öffentlichen Dienstes andere Themen vor und verschleppen so zügige Lösungen für die Pflegeberufe. Offenbar vertrauen sie darauf, daß wir uns wie bisher in Geduld und Opferbereitschaft üben. Aber unsere Geduld ist jetzt zu Ende. [] Wenn wir in den nächsten Wochen vor Krankenhäusern und Alteneinrichtungen demonstrieren und auf die Straße gehen, dann bitten wir dafür um Ihr Verständnis und Ihre Unterstützung. [] Wir wenden uns mit unseren Aktionen nicht gegen unsere Patienten, unsere Pflegebedürftigen und deren Angehörige. Ihnen soll aus unseren Aktivitäten kein Schaden erwachsen. Unsere Proteste und Aktionen richten sich ausschließlich gegen die öffentlichen Arbeitgeber und die gesundheitspolitischen Verantwortlichen, die sich bislang unseren berechtigten Forderungen verweigern. [] Wir helfen uns, um Ihnen helfen zu können. [] Pflege in Not - ÖTV handelt! [] Mit freundlichen Grüßen [] Ihre Gewerkschaft ÖTV [] Pflege in Not [] Wir handeln für bessere Tarifverträge [] Herausgegeben von der Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, Hauptverwaltung, Theodor-Heuss-Str. 2, 7000 Stuttgart 1. Presserechtlich verantwortlich: Norbert Badziong. [] Druck: Union-Druckerei, 6000 Frankfurt/Main. [] W-543/89
Published:1989