Vernunft gegen Vernebelung!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Vernunft gegen Vernebelung! [] Die Politik ist Dein Schicksal! Du hältst es in Deiner Hand! [] Gebrauche Dein gesundes Urteil, Dein unbestochenes Gefühl, Deine klare Entschlußkraft! [] Wohin steuern wir! [] Es sind Anzeichen dafür vorhanden,...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), [Niedersachsen]; Fahlbusch, Ernst, Göttinger Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Published: 14.08.1949
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/04AE09D3-D343-40AF-9EE8-17EFE33F1186
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Vernunft gegen Vernebelung! [] Die Politik ist Dein Schicksal! Du hältst es in Deiner Hand! [] Gebrauche Dein gesundes Urteil, Dein unbestochenes Gefühl, Deine klare Entschlußkraft! [] Wohin steuern wir! [] Es sind Anzeichen dafür vorhanden, daß wir Deutschen uns wieder verzetteln. Eine funktionsfähige Demokratie erfordert die Selbstbeschränkung in der Anzahl der Parteien. Wir sollten dahin kommen, daß neben der Regierungspartei eine konstruktive Oppositionspartei steht. Ein Blick auf das Parteiensystem zeigt, daß diese staatspolitische Einsicht bei den Anhängern der vielen "bürgerlichen" Parteien und den "Unabhängigen" nicht vorhanden ist. In erfreulichem Gegensatz hierzu verhält sich der Block der sozialdemokratischen Wähler. Am 14. August wird eine Entscheidung gefällt, die von ausschlaggebender Bedeutung für unser Volk und Vaterland ist. Fehler, die dem Wähler an diesem Tage unterlaufen, können, wenn überhaupt, erst in vier Jahren korrigiert werden. Daher gilt es zu überlegen. Nicht Stimmung, sondern Vernunft soll den Wähler bei dem staatspolitischen Akt, bei der Stimmabgabe, leiten. Daß niemand, der Verantwortungsbewußtsein für sich und seine Angehörigen und für die Zukunft des deutschen Volkes in sich trägt, der Wahl fernbleiben wird, ist nicht zu diskutieren [!] Das vorliegende letzte Wort an den Wähler will die Vernebelung, die in diesem Wahlkampf von allen Gegnern der Sozialdemokratie mit allen Mitteln versucht ist, durchbrechen, damit der Vernunft zum Siege verholfen wird. Wählerin und Wähler, es liegt an Euch, ob Deutschland zu neuer Blüte gelangen wird! [] 5000 Schwarzhändler? [] Der Direktor der Verwaltung für Wirtschaft, Herr Professor Ludwig Erhardt [!] (CDU), einer der "Fachleute" der "freien" Wirtschaft, behauptete, die Mehrzahl der 1,3 Millionen Arbeitslosen in Westdeutschland seien "Untüchtige" oder "Schwarzhändler", die nicht arbeiten wollen. Über die Richtigkeit der sonderbaren Behauptung des Herrn Professor gibt das Arbeitsamt Göttingen Auskunft. [] Im Arbeitsamtsbezirk Göttingen (Stadt Göttingen, Landkreis Göttingen und Kreis Hann. Münden) entwickelte sich der Arbeitsmarkt seit der Währungsreform folgendermaßen: [] Arbeitslose am 30. Juni 1948: 1398 (davon 39 Baufacharbeiter), am 31. Dezember 1948: 3910 (308), am 30. Juni 1949: 7082 (640) und am 31. Juli 1949: 7723. [] Die alljährlich im Frühjahr zu erwartende Belebung des Arbeitsmarktes blieb diesmal nicht nur aus, sondern die Zahl der Arbeitslosen stieg von Woche zu Woche vom Anfang des Jahres um weitere 3819. In einem Jahre hat sich die Zahl der Arbeitslosen im Göttinger Bezirk mehr als verfünffacht. [] Daß es sich hier nicht um den Schwund der sogenannten "Tinnef"-Industrie handelt, sondern um Betriebe, die zu ihrer hochwertigen Fertigung alte erfahrenere Qualitätsarbeiter benötigen, die jetzt "stempeln" gehen müssen, mögen folgende Beispiele zeigen, die beliebig vermehrt werden könnten. [] Die Phywe (Physikalische Werkstätten) in Göttingen verringerte ihre Belegschaft von 520 um 170 auf 350. Das Werk ringt schwer um seine Existenz, weil die flüssigen Betriebsmittel fehlen. Weitere Einschränkungen des Betriebes werden erwartet. [] Das Aluminium-Werk Göttingen, das die so sehr benötigten Kochtöpfe und andere Haushaltsartikel fertigt, beschäftigte am 31. Dezember 1948 noch 945 Menschen. Bis zum 15. Juli 1948 wurden 331 Leute entlassen, die restliche Belegschaft arbeitet nur 24 Stunden wöchentlich, was einer Entlassung weiterer 300 Arbeiter gleichkommt. Infolge der Wirtschaftsdepression und der verminderten Kaufkraft der breiten Masse der Bevölkerung hat das Werk keine Absatzmöglichkeiten, so daß auch die noch im Betriebe Stehenden ihren Arbeitsplatz bedroht sehen. [] Die Firma Ruhstrat Göttingen hatte am 30. Juni 1948 noch 972 Leute im Betriebe, am 15. Juli 1949 waren rund 600 Arbeiter und Angestellte entlassen. Von den verbliebenen 375 Beschäftigten werden weitere Hunderte zur Entlassung kommen, wenn diese Firma, die über Rohstoffe und Aufträge verfügt, keine finanzielle Hilfe erhält. [] Dieser Ausschnitt zeigt, daß die Mehrheit des Wirtschaftsrates (CDU, FDP, DP, DZP) mit ihrer Politik der "Fachleute" Schiffbruch erlitten hat. Sie haben unsere Wirtschaft an den Rand des Abgrundes gebracht und beschimpfen die Arbeitslosen obendrein noch als "Untüchtige" oder "Schwarzhändler". [] Vertriebener! [] Wo ist Dein Platz? [] Der Deutsche Ostland-Bund (DOB) hat, seine politische Neutralität aufgebend, einen eigenen Kandidaten für die Bundeswahl aufgestellt, der als "Unabhängiger" ganz allein auf sich gestellt ist. Seine Stimmen werden nicht, wie bei den Kandidaten der politischen Parteien, auf einer Landesliste ausgewertet. [] Alle für einen Unabhängigen abgegebenen Stimmen gehen vollkommen verloren, wenn der Kandidat im Wahlkreise nicht mehr Stimmen erhält, als jeder der anderen Kandidaten. [] Die Aussichten für den Kandidaten der DOB sind völlig aussichtslos. Nach amtlichen Angaben beträgt der Anteil der Vertriebenen im Wahlkreise 34 (Göttingen-Münden) 40567 bei einer Einwohnerzahl von 194036, das sind nur 21 Prozent. Selbst wenn man die sogenannten unechten Flüchtlinge (B) mit 27273 (14 Proz.) hinzuzählt, wird die Kandidatur nicht aussichtsvoller. Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge wählt parteigebunden. Daher stärkt jede für den Unabhängigen abgegebene Stimme die Front derer, die den Flüchtlingen ihre Rechte streitig machen. [] Arno Hennig sagt: Voraussetzung für Flüchtlingshilfe ist vernünftige Bodenreform und gerechter Ausgleich der Lasten. Es gibt nur eine politische Kräftegruppe, mit der diese Ziele in Deutschland zu erreichen sind: Die Sozialdemokratie! [] Gesundes Bauerntum [] Die sinnlose Freigabe der Erzeugnisse der gewerblichen Wirtschaft und die damit verbundene Steigerung der Preise ins Uferlose unter Beibehaltung der landwirtschaftltchen Zwangswirtschaft, hat den Bauern in gleich schwere Bedrängnis gebracht, wie alle übrigen schaffenden Menschen. Unser Staat kann aber nur dann existieren, wenn alle seine Glieder, deren eines die Landwirtschaft ist, gesund sind. Die Sozialdemokratie tritt daher für ein gesundes und lebensfähiges Bauerntum ein. [] Arno Hennig sagt: Der Bauer treibt einer Absatzkrise entgegen. Übersetzter Zwischenhandel bringt ihn um den Ertrag seiner Arbeit. Genossenschaftliches Zusammenwirken würde ihm und dem Verbraucher entscheidend zugute kommen. [] Brot, Fett und Fleisch [] Am 2. August 1949 sagte Professor Erhardt [!] in einer CDU-Versammlung in Bochum, Brot, Fett und Fleisch könnten aus der Bewirtschaftung herausgenommen werden. [] Am gleichen Tage bezeichnete Dr. Schlange-Schöningen in einer CDU-Versammlung in Bielefeld die Absicht, die Hauptnahrungsmittel freizugeben, als "Unsinn", da damit etwa 60 Prozent der westdeutschen Bevölkerung halb verhungern müßten. [] Einen Tag später erklärte der niedersächsische Ernährungsminister Dr. Gereke in einer CDU-Versammlung in Hannover, Brot, Fett, Fleisch und Zucker müßten weiter bewirtschaftet werden. [] Weil die Sozialdemokratie nicht will, daß 25 Millionen Menschen in den Westzonen halb verhungern, wie Dr. Schlange-Schöningen sagt, ist sie solange gegen die Aufhebung der Bewirtschaftung, bis Gewähr gegeben ist, daß auch der Arbeiter, der Arbeitslose, der Rentner und die Kriegsopfer ihren berechtigten Anteil an diesen Nahrungsmitteln zu erschwinglichen Preisen erhalten. [] Richard Arno Hennig [] geb. 24. Januar 1897 in Wolkau i. Sa., Bauernkind. Ausgebildet als Lehrer, als solcher tätig von 1916 bis 1928 an verschiedenen Schulgattungen. Während dieser Zeit bereits nebenamtlich tätig an Volkshochschulen, gewerkschaftlichen und politischen Bildungseinrichtungen. 1928 Leiter der Arbeiterschulung in Sachsen.- 1933 existenzlos und mehrfach verhaftet. Später medizinisch-naturwissenschaftliche Studien an Universität Würzburg. - 1945 erst Kulturdezernent, dann Oberbürgermeister in Freital. Ende 1945 Schöpfer und Kurator der Arbeiterakademie der SPD in Sachsen. Oktober 1946 als Kulturreferent der deutschen Sozialdemokratie nach Hannover berufen. - Durch den Verlust der Heimat des Besitzes mit jeder Bitternis des Flüchtlingsschicksals aus eigenem Erleben vertraut. - Verfasser zahlreicher Aufsätze in der deutschen Presse und eines sofort in Doppelauflage vergriffenen Buches "Kulturkrise". - In weitesten Kreisen bekannt geworden als einer der Wegbahner für die geschichtlich bedeutsame Aussöhnung von Christentum und Sozialismus. [] SPD und Jugend [] Die SPD fühlt sich für die Gesundheit und das Lebensglück des Volkes verantwortlich. Ein gesundes Volk muß oberstes Gesetz sein, denn Gesundheit bedeutet Lebensglück. Gesunde Menschen brauchen wenig Krankenhäuser. Ein gesundes Volk besitzt eine hohe Arbeitskraft. Eine gesunde Jugend spendet Frohsinn und Zufriedenheit für alle. Deshalb unterstützt die SPD die Bestrebungen des Sports, sie will, daß schon im frühen Alter Körpererziehung ein Bestandteil der allgemeinen Erziehung wird. In der Schule muß angefangen werden. [] Arno Hennig sagt: Die Jugend von heute weiß es nicht mehr, aber sie sollte es wissen, daß bis zum Jahre 1920 die Sozialdemokratie den Schutz des Jugendlichen vor Ausbeutung und Benachteiligung erkämpft hatte und daß sie unablässig bemüht war um die beste Berufsausbildung. [] Hitler holte Stalin [] Als Hitler im Jahre 1933 die SPD verbot, stand der Bolschewismus noch Hunderte von Kilometern von der Grenze des Deutschen Reiches. Als das "Dritte Reich" zusammenbrach, marschierten bolschewistische Soldaten bis an die Werra und bis 20 Kilometer vor Göttingen. Berlins Sozialdemokratie hat sich als stärkstes Bollwerk gegen den Bolschewismus erwiesen. Denn der Bolschewismus und seine verwerflichen Methoden haben mit Sozialismus nichts zu tun. Unter diesem System tarnt sich eine totalitäre Tyrannis. Tyrannensysteme gleichen sich wie ein Ei dem anderen, ob sie faschistisch, nationalsozialistisch christlich oder bolschewistisch benannt werden. Am furchtbarsten leidet unter allen Terrorsystemen die Arbeiterschaft. Das zu verhüten ist vornehmste politische Aufgabe aller Sozialdemokraten. [] Handwerk hat goldenen Boden [] Dieser Satz ist nur dann wahr, wenn die Wirtschaft floriert. Neben der Industrie hat das Handwerk seine besondere Mission. Das arm gewordene Deutschland wird künftig mehr exportieren müssen, wenn unser Volk leben will. Export bedingt aber Qualitätsarbeit, deren Träger das Handwerk seit je war. Die SPD ist diesem Streben des Handwerks immer ein Helfer gewesen. Besonders anerkannt wurde das vom "Deutschen Handwerksblatt" (Heft 1/1949) anläßlich der Beratung über die Beseitigung der Beschränkungen der Gewerbefreiheit im Frankfurter Wirtschaftsrat. [] Arno Hennig sagt: Wenn die Kaufkraft des deutschen Arbeitsvolkes geschmälert oder vernichtet wird, verliert der Handwerker seine Existenz. Er spürt schon heute das Verhängnis der Frankfurter Wirtschaftspolitik. Die Sozialdemokratie will als erstes die Bautätigkeit beleben. Jeder Handwerker weiß, daß das für ihn entscheidend ist. [] Was die deutsche Frau an Mündigkeit errungen hat, verdankt sie der deutschen Sozialdemokratie: Gleichberechtigung in Haus und Beruf, in Staat und Gesellschaft. [] (Arno Hennig) [] Dr. Kurt Schumacher spricht [] 1945: Es ist nicht wahr, daß das gesamte deutsche Volk mitschuldig am zweiten Weltkrieg ist. [] 1946: Wir deutschen Sozialdemokraten sind nicht britisch, nicht russisch, nicht amerikanisch und nicht französisch, wir sind die Vertreter des deutschen arbeitenden Volkes in Deutschland und damit die Vertreter der deutschen Nation. [] 1947: Der Kommunismus ist den Deutschen ein fremdes System zu fremden Nutzen. [] 1949: Wir können nicht verantworten, was gegen unsere Anschauung eine Deklaration oder ein Kommando ist. Wir haben nur ein Vaterland in einem Europa, das einmal das gemeinsame Vaterland der Völker werden wird. [] Mit Schumacher für die SPD [] Kopf und Hand [] Es ist eine Zwecklüge, daß die deutsche Sozialdemokratie beamtenfeindlich wäre. In der Großform der öffentlichen Verwaltung muß es immer einen Stab von durchgebildeten Fachkräften in sicheren Lebensstellungen geben. [] Jeder deutsche Lehrer weiß, daß es Schulfortschritt überall dort gibt, wo die deutsche Sozialdemokratie stark ist. Wo sie schwach blieb, gab es Schulreaktion und Rückständigkeit. [] Schiller unterscheidet den Brotgelehrten und den philosophischen Kopf. Der philosophische Kopf weiß, daß er nur in einem gesunden Gemeinschaftsleben berufliche Sicherung erwarten darf. Kopf und Hand gehören immer zusammen. [] (Arno Hennig) [] Jedem Ehre, jedem Preis! [] Wer den wuchtigen Hammer schwingt; [] Wer im Felde mäht die Ähren; [] Wer ins Mark der Erde dringt, [] Weib und Kinder zu ernähren; [] Wer bei Woll und Werg und Flachse [] Hinterm Webestuhl sich müht, [] Daß sein blonder Junge wachse: - [] Jedem Ehre jedem Preis! [] Ehre jeder Hand voll Schwielen! [] Ehre jeden Tropfen Schweiß, [] Der in Hütten fällt und Mühlen! [] Ehre jeder nassen Stirn [] Hinterm Pfluge! - doch auch dessen, [] Der mit Schädel und mit Hirn [] Hungernd pflügt, sei nicht vergessen! ... [] DEUTSCHE FRAU UND MUTTER! [] Es geht um Dich und Deine Kinder! [] Arbeit als Fundament [] Die Situation, in der wir leben, macht es deutlich, daß nur die Arbeit den Staat und die Gesellschaft trägt, daß nur Arbeit Werte schafft. Diese Erkenntnis fordert jedoch auch gebieterisch eine Wertung der Arbeit, die sich im gerechten Lohn, die sich in einem gesunden Verhältnis zwischen Lohn und Preis ausdrücken muß. Der werteschaffende Mensch hat aber auch den Anspruch auf anständige Versorgung, wenn sein Kapital, seine Arbeitskraft aufgezehrt ist. [] Arno Hennig sagt: Nur das deutsche Arbeitsvolk kann Deutschland aufbauen. 80 % der Menschen leben von ihrer Arbeitskraft, der Fabrikarbeiter wie der Bauer hinter dem Pfluge, der Schmied mit dem Hammer wie der Arzt mit der Sonde, der Verwaltungsmann im Büro wie der Bildhauer mit dem Meißel. Sie sind politisch allmächtig, wenn sie es wollen. [] Zwangswirtschaft? [] Böse Zungen behaupten, die SPD wolle die Zwangswirtschaft, die als Kriegskind geboren wurde, verewigen. Daß die Herren Prof. Erhardt [!] und Dr. Pünder und ihre kapitalistischen Auftraggeber der notleidenden und warenhungrigen Bevölkerung jedoch durch Freigabe der Preise Millionenbeträge aus der Tasche gezogen haben, davon spricht man schamhafterweise nicht. Fälschlich bezeichnet man die von der SPD geforderte Planwirtschaft als Zwangswirtschaft. Dabei weiß jeder denkende Mensch, daß ohne Planung kein Arbeiten möglich ist. Wie jeder Lokomotivführer seinen Zug nach bestimmtem Plan fährt, wie jede Hausfrau sich vorher überlegt, wie sie mit dem Einkommen am besten zurecht kommt, so muß auch unsere Wirtschaft nach einem Plan gesteuert werden, der mit Zwangswirtschaft nichts gemein hat. [] Die Kandidaten der SPD [] Die Aufstellung der Kandidaten zur Bundeswahl zeigt erneut, daß die SPD die große Volkspartei ist, in der der schaffende Mensch seine politische Heimat sieht. Arbeiter und Angestellte, Bauern und Handwerksmeister stehen neben dem Beamten und dem Arzt ebenso, wie der Kaufmann oder der Pastor, der Ostvertriebene neben der Frau und dem Vertreter der Jugend. [] In den 34 Wahlkreisen stellen sich u.a. 8 Ostvertriebene und 2 Frauen in direkter Wahl. Im Wahlkreis Northeim-Einbeck-Duderstadt kandidiert der Landwirt Dr. Schmidt - Parensen (Ostvertriebener), im Wahlkreis Harz (Osterode-Goslar-Zellerfeld) der Angestellte Stopperich - Bad Lauterberg, in Alfeld-Holzminden Frau Dr. Hubert - Göttingen (Ärztin) und in Göttingen-Münden Arno Hennig, der Kulturreferent der SPD. [] Die Landesliste der SPD enthält unter 30 Kandidaten 11 Ostvertriebene und 7 Frauen. [] 1. Dr. Schumacher, Kurt, Parteivorsitzender, Hannover x2. Leddin, Bruno, Verwaltungsangestellter, Hannover 3. Jahn, Hans, Vors. der Eisenbahnergewerkschaft, Hannover 4. Kriedemann, Herbert, Landwirt, Hannover 5. Korspeter, Lisa, Hausfrau, Hannover x6. Hauke, Frieda, Hausfrau, Nienburg (Weser) 7. Wunderlich, Hans, Redakteur, Osnabrück x8. Mertins, Arthur, Parteisekretär, Otterndorf x9. Winter, Rudolf, Ingenieur, Neu Oelsburg, Peine 10. Dr. Vorhauer, Hans, Facharzt, Hannover 11. Steinhoff, Fritz, Malermeister, Helmstedt 12. Dr. Geve, Otto Heinrich, Rechtsanwalt, Wagenfeld (Diepholz) 13. Brenner, Otto, Gewerkschaftssekretär, Hannover x14. Cyrus, Josef, Lehrer, Freren, Kr. Lingen x15. Becker, Otto Hermann, Lehrer (kriegsblind), Stolp 16. Rasche, Wilhelm, Landwirt, Resse über Hann. Zuchthof x17. Höft, Albert, Res. Lokführer, Braunschweig 18. Dr. Hubert, Elinor, Ärztin, Göttingen 19. Winter, Otti, Hausfrau, Helmstedt 20. Multhaupt, Anton, Verwaltungsangestellter, Cloppenburg x21. Melzer, Charlotte, Hausfrau, Celle 22. Troppenz, Hermann, Verwaltungsdirektor, Helmstedt 23. Winters, Ferdinand, Friseurmeister, Wilhelmshaven 24. Barche, Otto, Tischler, Hannover 25. Bayer, Wilma, Angestellte, Hildesheim 26. Humbeck, Wilhelm, Angestellter, Ronnenberg x27. Dr. Zimmeck, Ulrich, Arzt, Rinteln x28. Uding, Alfred, Schneider, Wirthe über Braunschweig x29. Kühl, Georg, Lehrer, Uelzen 30. Kaske, Johanna, Sekretärin, Hannover [] Die mit X bezeichneten Kandidaten sind Ostvertriebene [] Ernste Christen [] 99 Prozent der deutschen Sozialisten sind Kirchenvolk wie jeder andere. Christentum und Sozialismus sind keine Gegensätze, sondern tief wurzelverwandte Kräfte, Das Evangelium verwirft mit den schärfsten Worten die mammonistische Gesinnung des Kapitalismus. Man kann von der Bergpredigt her genau so zum Sozialismus kommen wie durch die wissenschaftliche Einsicht in die geschichtliche Entwicklung oder durch die kämpferische Entrüstung über die Unterdrückung von Menschen. (Arno Hennig) [] Schutz dem Privateigentum [] Artikel 14 des Bonner Grundgesetzes gewährleistet Eigentum und Erbrecht, Artikel 15 sieht die Vergesellschaftung von Grund und Boden, Naturschätzen und Produktionsmitteln vor. Dabei stellt die Forderung nach Sozialisierung und Anerkennung des Privateigentums keinen Widerspruch dar. Privateigentum und sozialisiertes Eigentum der Gesellschaft sind, wenn man das Privateigentum vor dem Zugriff des Monopolkapitalismus schützt, keine Gegensätze. Im übrigen wäre die alte sozialistische Forderung nach gerechtem Lohn und nach gerechtem Anteil am Privatprodukt sinnlos, wenn das Privateigentum - auch das des kleinen Mannes, des Arbeiters, des Handwerkers, des Gewerbetreibenden und Bauern - nicht gegen die zu allen Zeiten wirksame Aufsaugetendenz des Großkapitals gesichert und geschützt würde. [] Du sollst nicht töten! [] Kaum eine Familie in Deutschland, die nicht irgend einen lieben Angehörigen als Opfer des Krieges zu beklagen hat. Wie furchtbar der Krieg gewütet hat, zeigt eine amtliche Statistik. Danach sind vom Jahrgang 1924, das sind die jetzt 25jährigen, von 100 Männern 25 tot, 4 noch in Kriegsgefangenschaft, 4 arbeitsunfähig, 5 beschränkt arbeitsfähig, 26 körperbehindert und nur 36 gesund. [] Arno Hennig sagt: Mütter und Väter! Der bürgerliche diktatorische Umweg darf Eure Kinder nicht noch ein drittes Mal auf die Schlachtbank eines Weltkrieges führen. Das 5. Gebot: "Du sollst nicht töten!" muß auch in der Politik gelten. Aus Ehrfurcht vor dem Leben hat die deutsche Sozialdemokratie in Bonn durchgesetzt, daß im vorläufigen Grundgesetz die Todesstrafe abgeschafft wurde und daß niemand gegen seinen Willen gezwungen werden darf, Kriegsdienst zu leisten [] Erhöhung der Renten [] Auf Antrag der SPD beschloß der Wirtschaftsrat, gegen den Widerstand der FDP, DP und CDU folgende Mindestrenten: Für Rentner 50 DM, Witwen 40 DM, für Waisen 30 DM monatlich. An Zuschlägen wurden festgesetzt: für die Renten 13 DM, für das Witwengeld 12 DM und für das Waisengeld 6 DM pro Monat. Der Kampf um die Gestaltung der Sozialversicherung steht noch bevor. Er wird wesentlich von der Stärke der SPD im Bundestag abhängen. [] Arno Hennig sagt: Die Sozialversicherung ist das Werk der deutschen Sozialdemokratie. Ohne deren 80jährige Arbeit gäbe es in Deutschland keine Alters- und Invalidenversicherung. [] Mit der SPD für Deutschland und Europa! [] Hinter Stacheldraht [] Millionen haben jahrelang hinter Stacheldraht verbringen müssen, Hunderttausende warten noch auf Heimkehr. Sinnlose Opfer eines verbrecherischen Systems: des Kapitalismus. Man muß dabei gewesen sein, wenn sie in Besenhausen den Schlagbaum passieren. Wie sich die Rücken dieser, wie sie sagen, "der Hölle entronnenen" alten und jungen Menschen straffen, wie sie vor Freude ihr Gepäck in die Höhe werfen und es wieder auffangen, wie Glanz in die Augen tritt, man muß es erfühlt haben, wie glücklich, wie geborgen sie sich vorkommen, um zu ermessen, was sie gelitten haben. [] Arno Hennig meint: In heißer Mühe hat sich das Zentralbüro der SPD für Kriegsgefangene in Hannover um die Schicksale der Heimkehrer gekümmert, ihren Angehörigen die Verbindung ermöglicht und ihnen selbst das Zurückfinden unter die ihren erleichtert. [] Aufgabe Nr. 1: Wohnungsbau [] Deshalb: SPD [] Das ganze Deutschland soll es sein? [] Die deutsche Sozialdemokratie gibt kein deutsches Land verloren, sondern wird mit allen erlaubten friedlichen Mitteln um jedes [!] Quadratmeter deutschen Bodens kämpfen. Die politische Freiheitsordnung der drei Westzonen muß der Leuchtturm werden für deutsche Einheit und Freiheit eines mündigen Volkes in einem geeinten Europa. [] Wie wähle ich? [] Am 14. August werden in den elf westdeutschen Ländern 400 Abgeordnete für den Bundestag gewählt. Davon entfallen 58 auf Niedersachsen, von denen 34 in direkter Wahl ermittelt werden. Jeder Wähler hat eine Stimme. Gewählt ist der, der mehr Stimmen auf sich vereinigt als jeder andere Bewerber. Die Verteilung der restlichen 24 Sitze erfolgt über die Landeswahlergänzungsvorschläge der Parteien, auf denen alle Stimmen verrechnet werden. Jede Stimme wird gewertet. Unabhängige sind jedoch an keinen Landeswahlvorschlag angeschlossen, ihre Stimmen sind daher nutzlos vertan, wenn sie in direkter Wahl nicht erfolgreich waren. [] Der denkende Wähler [] macht sein Kreuz auf dem Stimmzettel dahin [] Arno Hennig Kulturreferent, Rethen/Leine, Am Steinbruch 1 Sozialdemokr. Partei Deutschlands SPD Ernst Fock [] Verantwortlich: Ernst Fahlbusch, Weende bei Göttingen. - Druck: Göttinger Druckerei- und Verlagsgesellschaft mbH., Göttingen.
Published:14.08.1949