Warum muß gerade der Bauer die Kriegsanleihe zeichnen?

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic! Warum muß gerade der Bauer die Kriegsanleihe zeichnen? [] Warum muß er es tun, nicht bloß aus Liebe zum Vaterland, sondern auch als ein vernünftiger Mensch, der seine Lage versteht und der weiß, daß zur rechten Zeit Geld ausgeben u...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: N.N., Graphische Kunstanstalt Jos. C. Huber, Diessen vor München
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 08.09.1917
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/3983DD7A-5A3B-401C-B825-B90FEC815C5C
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic! Warum muß gerade der Bauer die Kriegsanleihe zeichnen? [] Warum muß er es tun, nicht bloß aus Liebe zum Vaterland, sondern auch als ein vernünftiger Mensch, der seine Lage versteht und der weiß, daß zur rechten Zeit Geld ausgeben unendlich mehr Verstand beweist, als zur unrechten Zeit sparen? Das will ich euch jetzt so kurz und so gut ichs kann sagen. [] Alle Stände in Deutschland haben mit sechs Kriegsanleihen dem Vaterland ein ungeheures Vermögen dargeliehen, weil sie wußten, daß der Bestand des Landes auch den Bestand ihres Glückes, ihres Wohlstandes, ihrer Zukunft bedeutet. Nicht bloß die Reichen haben Geld hergegeben, auch die Mittleren und die Kleinen haben vertrauensvoll ihre Sparpfennige dem Vaterlande anvertraut. [] Ja, diese Sparpfennige haben zusammen größere Summen ausgemacht, als die Beiträge der großen Fabriken, der Aktiengesellschaften, der Millionäre. Es ist wahr und ihr könnt euch die Zahlen sagen lassen. [] Diese Milliarden sind hingegeben in der Gewißheit, daß wir den Krieg gewinnen, wie in der Absicht, zum Siege beizutragen, würde der Feind Herr werden, dann wäre alles verloren; aber es wäre noch wenig gegen das, was wir Alle ohne Ausnahme darüber hinaus verlieren würden. Das Recht auf Leben und Arbeit. [] Wir Alle, jeder Stand. [] Es gibt Leute, die meinen, das Land tragt [!] der Feind nicht weg und der Bauer lebt so oder so von dem ertrag seiner Arbeit. [] Es kann sich einer nichts Dümmeres einbilden. [] Freilich: Das Land tragt [!] der Feind nicht weg, aber er verwüstet es oder er macht es sich dienstbar und jeder Pfennig Schaden, den er im Krieg erlitten hat, macht er gut durch den Ertrag unseres Landes. [] Dann wird der größte Bauer ein armseliger Knecht und seine Kinder, wie seine Enkel haben keine Hoffnung mehr, daß sie für sich arbeiten und sparen können. [] Sie arbeiten für den Feind und ans Sparen brauchen sie nie mehr zu denken. Glaubt nicht, daß das übertrieben ist! Oder bloß so zum Erschrecken daher geredet. [] Fragt eure Männer und Söhne, die im Feld stehen, wie es in Nord-Frankreich ausschaut. [] Dieses reiche Land ist eine Wüste geworden; die Acker und Felder sind für hundert Jahre nicht mehr fruchtbar; Millionen von ungeheuren Granattrichtern machen es unmöglich, daß der Pflug dort noch einmal gehen kann. Hunderte von Dörfern sind vom Erdboden verschwunden, von den vielen tausend Bauernhäusern steht kein Stein mehr auf dem andern und hundert Meilen weit kannst du gehen, ohne ein Stück Vieh im Stall zu sehen. [] Glaubt ihr denn, der Feind tragt [!] den Schaden, wenn wir nachgeben? Nein! Den müßten wir ihm auf Heller und Pfennig ersetzen, wenn wir die Schwächeren sind; wir müssen seine Häuser wieder aufbauen und sein Tagwerk Land austauschen und jedes Stück Vieh ersetzen. [] Das versteht der Franzose unter der Versöhnung. Eine andere kennt er nicht und will er nicht. Der geht aufs Ganze; das Reden und Sprüche machen überläßt er andern. [] Deswegen glaubt: Euer Glück und euer Gedeihen findet ihr, wie jeder Andere, nur im siegreichen Vaterland. [] Kein Mensch kann auf sich allein stehen. Wir gehören zusammen, ob wir wollen oder nicht. Wir leben mit unserm Deutschland, wir verderben mit ihm. Jetzt aber sagt euch als verständige Menschen: So vieles haben wir gemeinsam getan, damit es richtig und gut hinausgeht. [] Wir stehen besser, wir stehen mächtiger da, als jemals im Krieg. [] Das hat unser Führer Hindenburg gesagt und der weiß es, und wir wissen, daß seine Worte wahr sind. [] Und wenn wir das Meiste schon getan haben, sollen wir dann im letzten Augenblick den Mut verlieren und zaghaft werden? [] Was denkt ihr von einem, der ein Haus gebaut hat, stattlich, fest, und wenn es fertig ist, reut ihn das Geld, daß er ein Dach darauf setzt? [] Und läßt sein ganzes Besitztum durch das Unwetter vernichten, lieber, als daß er die letzte Ausgabe auch noch bestreitet? [] So würde aber der Deutsche handeln, der jetzt ängstlich sein Geld im Kasten behielte. [] Es gibt auch Leute, die sagen: [] "Sollen nur die Großen zahlen! Die haben was vom Krieg; wir haben nichts davon." [] Das ist wieder falsch und unwahr, und es ist Geschwätzt das keinen Sinn hat. Schaut nicht auf die Millionen, die von Spekulanten verdient worden sind, sondern schaut weiter! [] Der Welthandel liegt seit drei Jahren still. Die Schiffe sind in den Häfen untätig; viele sind im Ausland verloren gegangen. [] Der Handel auf dem Festlande hat auch fast gänzlich aufgehört. [] Was soll denn gehandelt werden, seit es keine Rohstoffe, keine Fabrikate, keine Kolonialwaren mehr gibt? Ihr wißt es ja selber und seht es beim kleinsten Krämer im Dorfe. Nein! Der Handelsstand hat schweren Schaden gelitten. [] Und die Industrie? [] Jetzt arbeitet sie für das Heer und kann den Arbeitern Verdienst geben. Aber welche schweren Sorgen treffen sie nach dem Kriege? [] Nr. 14. Druck und Verlag der Graph. Kunstanstalt Jos. C, Huber, Diessen vor München. (Gesetzl. geschützt) [] Mit einem Schlag hört die Kriegslieferung auf; der Arbeiter muß aber Verdienst haben, muß leben können. [] Dazu steckt das Geld in der Fabrik; und nun soll von einem Tag auf den andern alles geändert und umgekehrt werden. [] Glaubt ihr wirklich, daß der Industrielle besser daran ist, wie ihr? [] Und gar der Handwerker! [] Wie viele haben schon ihre Selbständigkeit verloren und sind in die Fabriken gegangen! [] Was ist heute der Schmied, der Wagner, der Schreiner, der Schäffler? Was sind heute Schneider und Schuster? [] Ihnen allen fehlte doch das Notwendigste zum eigenen Betrieb. Eisen, Holz, Leder, Tuch. [] Aber das wißt ihr ja alle selbst. Und ihr wißt auch, wie hart sich der Angestellte, der Beamte tut. Damit vergleicht nun euer Los! Fest steht euer Haus im unversehrten, blühenden Land. [] Kein Feind hat euch den roten Hahn aufs Dach gesetzt, kein feindliches Heer hat eure Acker zerstampft. Ihr müßt euch plagen und mühen, das wissen wir alle, und wir bewundern dankbar euren Fleiß. [] Aber ist es nicht doch der reichste Segen, daß ihr arbeiten könnt? Daß eure Kinder mitten im Krieg und doch im Frieden heranwachsen, während hinter der Grenze, weit draußen die Welt in Brand steht? [] Der Handwerker weiß heute nicht, was aus seinen Buben werden soll; der Handelsmann weiß nicht, ob er seinen Kindern Geschäft und Erwerb hinterlassen wird. [] Ihr wißt es. [] Eure Buben werden das Land bebauen, den gleichen Acker, den ihr heute bebaut. Eure Kinder werden leben von den Früchten Eurer arbeit und sie werden unter dem dache wohnen, das euch schützt. [] Ist das nicht viel wert? Ist es am Ende alles, was ihr euch wünschen könnt und auch zu allen zeiten gewünscht habt? Und wem dankt ihr es? [] Dem großen deutschen Vaterland, das nur, weil es einig geworden ist, in vierzig Jahren die Kraft angesammelt hat, die es befähigt, der ganzen Welt zu widerstehen. [] Das ist wahr und jedes Wort dagegen ist schlecht. [] Es schleichen Leute herum, die euch in die Ohren flüstern, daß wir glücklicher wären, wenn wir kleiner wären, die euch aufhetzen wollen gegen die Einigkeit. [] Werft die Schwätzer hinaus! [] Bloß der Starke hat das Recht und behält das Recht, frei zu leben, für sich zu arbeiten, für sich zu sorgen. [] Der Schwache darf es, so lange ihm der Konkurrent die Gnade erweist. [] Er lebt von heute auf morgen; genau so lang, wie es dem Feind beliebt. [] Seid stolz auf die Kraft unseres Vaterlandes und seid ihm dankbar! [] Mit Worten dankbar sein heißt gar nichts. Es gibt Zeiten, wo jeder mithelfen muß, es gibt Zeiten, wo eine Mark sparen, tausend Mark verlieren heißt. [] Eine solche Zeit ist jetzt, und ein schlechter Kerl ist, wer bloß an sich denkt. [] Und dabei ein dummer, denn er rechnet falsch und schadet sich selber. [] Was bist du für ein Mensch, wenn Du kein Vertrauen zu dem Lande hast, dem du angehörst? [] Wenn dich dein Geld reut? [] Dort drüben steht das Haus deines Nachbarn. Er ist an der Somme gefallen; hat seine Frau als Witwe, seine Kinder als Waisen zurückgelassen. [] Zehr, zwanzig, dreißig sind aus deiner Gemeinde im Feld geblieben. [] Sie hat das Leben nicht reuen dürfen, und dich reut das Geld? Hat nicht Jeder, der gefallen ist, auf dich vertraut, daß du seinen Kindern hilfreich sein wirst? [] Und nun willst du sie verraten, wie du deine Kinder verrätst, wenn du aus Eigennutz, aus liebe zum Geld das Vaterland im Stiche läßt? [] Gelt, es gibt Leute, die sagen, wir sollen aufhören, damit keiner mehr sein Leben lassen muß? [] Das hört sich an wie Mitleid und ist nichts anderes wie Schlechtigkeit. Denn, wenn wir so denken, dann haben die Hunderttausende vergeblich für nichts ihr Leben geopfert. [] Dann betrügen wir noch die Toten um den Lohn ihrer Opfer. [] Es gilt heute noch, was am 1. August 1914 gegolten hat. Die Sicherheit der Heimat. Wer sie preisgeben will, der ist nicht mitleidig; der ist nur vblind, wie er nicht sieht, daß es heute mehr wi9e vor drei Jahren um alles geht. [] Was sollt ihr aber zu den Allerdümmsten sagen, die herumgehen und wispern: [] "Wenn wir die Kriegsanleihe zeichnen, dauert der Krieg noch länger?" [] Ihr sollt ihnen sagen, daß sie gefährliche Narren sind. [] Wenn sich einer umbringt, weil er nicht mehr leben mag - das hat einen Sinn. [] Aber, wenn sich einer umbringt, weil er besser leben will, der hat vorher den Verstand verloren. Das ist genau das nämliche. [] Wer spart, damit der Krieg verloren geht, der spart einen Teil, damit alles hin ist. Hört ihr auf solche Narren? [] Nein! [] Als verständige Menschen seht ihr, wie es steht und vertraut dem Vaterland. [] Wenn wir an dem verzweifeln, haben wir nichts mehr auf der Welt. [] Vertrauen ist Gescheidtheit, Verzweiflung ist Torheit. [] Deswegen zeichnet gerade der Bauer die Kriegsanleihe?
Published:08.09.1917