SPD und Bayern

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Entschließung des Landesvorstandes der SPD in Bayern, der Regierungsmannschaft und des Präsidiums der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 20. März 1965 in München [] SPD und Bayern [] Die Sozialdemokratische Regierungsmannschaft, das...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesverband Bayern, Bavaria-Druck GmbH, München
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 20.03.1965
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/522E82BF-0CB3-4FD8-828C-CCC266DE44FA
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Entschließung des Landesvorstandes der SPD in Bayern, der Regierungsmannschaft und des Präsidiums der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands vom 20. März 1965 in München [] SPD und Bayern [] Die Sozialdemokratische Regierungsmannschaft, das Präsidium der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands und der Landesvorstand der Sozialdemokratischen Partei in Bayern haben sich am 20. März 1965 in einer gemeinsamen Sitzung im Rathaus zu München mit den besonderen Problemen Bayerns beschäftigt und geben folgende gemeinsame Erklärung ab: [] Die Sozialdemokratische Partei vertritt einen großen Teil der bayerischen Wähler. Seit 70 Jahren ist sie im Bayerischen Landtag vertreten. Von Georg von Vollmar bis Wilhelm Hoegner verkörpert sie die fortschrittliche, freiheitliche und demokratische Kraft dieses Landes. Sie hat die bayerische Verfassung mitgeschaffen. Immer hat sie sich eindeutig zum föderativen Aufbau der Bundesrepublik Deutschland bekannt. Ihr Wirken ist fester Bestandteil bayerischer Geschichte und bayerischer Politik. [] I. [] Bayern ist ein Land mit ausgeprägtem Staatsbewußtsein. Es nimmt heute - wesentlich durch die Politik der Sozialdemokraten - seinen festen Platz im Rahmen der Bundesrepublik ein. Der föderative Aufbau der Bundesrepublik Deutschland hat sich bewährt. Dennoch stellt sich die Frage: wird er sich auch in Zukunft bewähren? [] Das Bekenntnis der Sozialdemokraten zum Föderalismus wurzelt in den Ordnungsprinzipien der sozialen und freiheitlichen Demokratie. Der Föderalismus muß der Zukunft zugewandt sein, wenn sich das freiheitliche Grundelement behaupten soll. [] Partikularismus, Kleinstaaterei und Länderegoismus müssen der Vergangenheit angehören. Die Verschiedenartigkeit von Gemeinschaften und Interessen, von Weltanschauungen und Bekenntnissen, von Sprache, Kulturformen und Lebensweisen wird sich nur in einem Staatswesen frei zu entwickeln vermögen, das die Vielfalt in der Gemeinschaft erlaubt. Je mehr die politischen Staatsgrenzen ihre isolierende Funktion verlieren, um so mehr werden die Kulturräume in Erscheinung treten. Nur das gesunde föderative Prinzip kann die Grundlage einer Ordnung sein, auf die sich der Frieden unter den Völkern gründet. [] Die deutschen Länder und der Bund sind gemeinsam vor die Aufgabe gestellt, den Föderalismus an die Bedingungen einer modernen Industriegesellschaft anzupassen und ihn funktionsfähig zu gestalten. [] Die Koordinierung einer nationalen Kulturpolitik, einerüberregionalen Bildungs- und Wissenschaftspolitik, die Raumordnung; alle Gemeinschaftsaufgaben, die Bund, Länder und Gemeinden nur in Zusammenarbeit lösen können - dies alles wird zum Prüfstein des neuen Föderalismus. [] In dem Bemühen um die Weiterentwicklung unserer föderativen Ordnung kommt einem Land mit der kulturellen und geschichtlichen Prägung Bayerns eine besondere Verantwortung zu. Aufgabe der SPD ist es, Bayern in den Stand zu versetzen, in der Gemeinschaft der deutschen Länder einer "neuen Konzeption des Föderalismus" zum Durchbruch zu verhelfen. Frei von erstarrten Formeln wollen wir erreichen, daß alle Länder die ihnen zukommende Eigenverantwortung als Dienst am Ganzen verstehen und entsprechend handeln. [] II. [] Ein zweites Feld der Bewährung, auf dem Bayern der Herausforderung unserer Zeit harrt und nah gegenübersteht, heißt: Europa und die kommunistische Welt. Mit 400 Kilometern Todesstreifen im gespalteten Deutschland und 350 Kilometern Sperrgürtel zur CSSR grenzt Bayern an den Machtraum des Kommunismus. Es ist Grenzlinie der westlichen Welt und Brücke zugleich. Es ist Grenzregion der EWG und Bindeglied zur EFTA. [] Bayern erwächst daraus eine gesamtdeutsche und eine europäische Aufgabe. Für den Ausbau des Handels, für die Verbesserung des Reiseverkehrs und den Bau der natürlichen Verbindungswege zwischen West und Ost muß die bayerische Politik neue Initiativen entwickeln. So muß z. B. der Rhein-Main-Donau-Kanal auch auf der Baustrecke Nürnberg-Regensburg in verkürzten Fristen begonnen werden. Die Öffnung einer Wasserstraße von der Nordsee bis zum Schwarzen Meer wird auch neue Wege in den Osten möglich machen. Bayern hat eine besondere Aufgabe für die Bundesrepublik Deutschland zu erfüllen. Es darf dabei nicht allein gelassen werden. [] III. [] Sozialdemokratische Politik in diesem Land steht unter dem Motto: "Das neue Bayern". Wir leben in einer Welt der Wandlung. Auch Bayern durchlebt den Umbruch dieser Zeit. Der Politik ist die Aufgabe gestellt, das kulturelle Erbe, die freiheitlichen Traditionen und die besten Elemente einer langen geschichtlichen Entwicklung in harmonische Verbindung zu bringen mit einer gerechten Sozialordnung und den Möglichkeiten der industrialisierten Gesellschaft. [] Wir wollen das neue Bayern der Zukunft schaffen, ohne das Bayern der Vergangenheit zu zerstören. [] Drängende Probleme bayerischer Politik sind: [] Durchführung des Föderalismus im eigenen Lande, [] weitere Demokratisierung der Verwaltung, [] Erhaltung und Festigung der Selbstverwaltung, [] der Strukturwandel unserer Landwirtschaft, [] der Anpassungsprozeß an die EWG, [] die Land- und Berufsschulreform, [] das immer größer werdende Gewicht von Wissenschaft, Forschung und Bildung, [] Ordnung der Stadtregionen und Förderung der Entwicklungsgebiete, [] die wirtschaftliche und kulturelle Festigung unserer Grenzräume, [] die bayerischen Verkehrsprobleme, [] das Wachsen neuer Industriegebiete, [] Siedlungen, Wohnungsbau, Altstadt- und Dorfsanierung, [] Kranken- und Altershilfe, [] die sozialen Leistungen der Gemeinden, deren Erfüllung ein menschenwürdiges Leben erst möglich machen. [] Die Sozialdemokratie in Bayern hat großen Anteil an der Aufbauleistung unseres Landes und der Gemeinden. In den Städten hat sie das Leben der Gemeinschaft entscheidend mitgeprägt. Die Landeshauptstadt München ist heute ein geistiges, kulturelles und wissenschaftliches Zentrum von europäischem Rang. Von ihr strömt kulturelles Leben weit über die Grenzen der Bundesrepublik Deutschland hinaus. Aber auch ihre drängenden Probleme, vor allem die Bewältigung der Verkehrsnot, sind nur im Zusammenwirken mit Bund und Land zu lösen. Wir brauchen die große Finanzreform, die besser als die bisherige Finanzverfassung die Gemeinden in die Lage versetzt, ihren Dienst am Menschen erfüllen zu können. [] Bayern gehört zu den schönsten Landschaften Europas. Es ist das größte Erholungsland der Bundesrepublik Deutschland. Fremdenverkehr ist nicht nur von wirtschaftlicher Bedeutung, ihn zu gestalten ist auch Pflege der Kultur. [] Alle diese Aufgaben können heute nur durch die Solidarität der Gemeinschaft, durch die vereinte Kraft von Bund, Land und Gemeinden bewältigt werden. Es sind die wahren Gemeinschaftsaufgaben unserer Zeit. Ihre Verwirklichung verlangt neue politische Kräfte und moderne Methoden der Politik. [] Raumordnung, Regional- und Landesplanung eröffnen neue Möglichkeiten, diese Gemeinschaftsaufgaben vorausschauend zu ordnen und im demokratischen Prozeß zu verwirklichen. Der neuen gesetzlichen Regelung der Raumordnung mißt die SPD in Bayern größte Bedeutung bei. [] IV. [] Das ist sozialdemokratische Politik für Bayern. Schon vor zehn Jahren hat die bayerische SPD vorausschauend ihre Pläne für die Entwicklung des Landes vorgelegt und damit nicht nur der bayerischen Politik, sondern auch der Politik der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands bedeutende Impulse gegeben. Die bayerischen Sozialdemokraten wirken in der Einheit einer großen Partei, deren Ziel es ist, die Gemeinschaftsaufgaben im Geiste sozialer Gerechtigkeit zu erfüllen. Eine müde, kraftlos gewordene und zerstrittene Bundesregierung muß abgelöst werden. Auch Bayern braucht eine Bundesregierung, die fähig ist, in den großen Zusammenhängen unserer Zeit zu denken und entschlossen zu handeln. [] Eine sozialdemokratische Bundesregierung wird gemeinsam mit den fortschrittlichen Kräften in den Ländern das föderative Prinzip mit neuem Geiste erfüllen. Sie wird den Dreiklang, Bund, Länder und Gemeinden zur Wirkung und zur Harmonie bringen, und sie wird mithelfen, den Weg für das neue Bayern zu ebnen. [] Die Sozialdemokraten Bayerns können bei der Bewältigung ihrer besonderen Aufgaben mit der vollen Unterstützung der ganzen Sozialdemokratischen Partei Deutschlands rechnen. [] Herausgeber: SPD-Landesverband Bayern, München 2, Oberanger 38/V - Druck. Bavaria-Druck GmbH, München 25, Plinganserstraße 120.
Published:20.03.1965