Auf ein Wort, liebe Mitbürger!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals 1[] Auf ein Wort, liebe Mitbürger! [] Alle reden von der 35-Stunden-Woche. [] Fänden Sie auch gut? [] Geht aber nicht? [] Na, dann lesen Sie mal, was auf der Rückseite steht. [] Lauter Tatsachen. [] Und eine klare Meinung dazu. [] IG Metall []...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Industriegewerkschaft Metall (IG Metall), Mechelhoff, Jürgen, Union-Druckerei und Verlagsanstalt G.m.b.H., Frankfurt a.M.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1984
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/A4BE8EF5-D182-4FBC-AEF1-439EB55C53A9
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals 1[] Auf ein Wort, liebe Mitbürger! [] Alle reden von der 35-Stunden-Woche. [] Fänden Sie auch gut? [] Geht aber nicht? [] Na, dann lesen Sie mal, was auf der Rückseite steht. [] Lauter Tatsachen. [] Und eine klare Meinung dazu. [] IG Metall [] Sie gehören sicher auch zu den Menschen, die ihre Uhr nicht mehr aufziehen müssen, damit sie ticktack macht. Zu Hause haben Sie (oder Ihre Kinder) einen elektronischen Taschenrechner. Ihre Stereoanlage und Ihr Fernseher werden elektronisch gesteuert, Ihr Fotoapparat, Ihre Waschmaschine selbstverständlich, und wenn Sie eine Spülmaschine haben, die auch. Vielleicht fahren Sie sogar schon ein Auto, das von (natürlich elektronisch gesteuerten) Robotern zusammengeschweißt ist. [] Die Mikroelektronik ist Grundlage einer technischen Revolution. Und damit einer Revolution unserer Arbeitswelt. Ob Uhr, Fotoapparat oder Auto: Hunderte mechanischer Teile werden durch wenige mikroelektronische Bauteile ersetzt. Und Tausende von Arbeitnehmern durch Maschinen. Das ist Tatsache Nummer eins. [] Immer weniger Menschen können in immer weniger Zeit immer mehr herstellen. Oder mit elektronischer Datenverarbeitung und Bildschirmgeräten verwalten. Also: Die Produktivität steigt. Weit schneller als der Absatz. Der ist aus vielen Gründen begrenzt. [] Einmal, weil unsere Kaufkraft durch Reallohnverluste und Arbeitslosigkeit geschwächt ist. Zum anderen, weil viele Waren fast nur noch für den Ersatzbedarf produziert werden müssen: Niemand braucht für jeden Wochentag eine andere Armbanduhr. Waschmaschinen stehen in fast jedem Haushalt. Der Trend zum "Dritt-Fernseher" hat seine Grenzen. Und niemand kann mehr als ein Auto fahren. [] Und im Ausland ist auch nicht überall noch mehr abzusetzen: Die Kaufkraft ist in den meisten Ländern noch geringer als bei uns. Und der Exportüberschuß zum Beispiel der Metallindustrie hatte 1983 mit 122 Milliarden Mark schon Rekordhöhe erreicht. Insgesamt exportierte Japan 1982 pro Erwerbstätigen für 6250 Mark, die Bundesrepublik aber für 16 920 Mark. [] Die möglichen Wachstumsraten unserer Wirtschaft sind also begrenzt. Das ist Tatsache Nummer zwei. [] Wenn das Wachstum begrenzt ist und die (vorhandene und die zusätzlich mögliche) Arbeit von immer weniger Menschen gemacht werden kann, wird es bei gleicher Arbeitszeit immer mehr Menschen ohne Arbeit geben. [] Schon heute gibt es über drei Millionen Arbeitslose. (In der offiziellen Statistik werden diejenigen Arbeitslosen, die sich nicht beim Arbeitsamt anmelden, weil sie keine Leistungen zu erwarten haben, nicht gezählt.) Ohne Arbeitszeitverkürzung werden wir 1990, also schon in sechs Jahren, sechs Millionen Menschen ohne Arbeit haben. Unser Sozialsystem würde dann zusammenbrechen, die Renten nicht mehr finanziert werden. [] Das ist Tatsache Nummer drei. [] Arbeitszeitverkürzung allein kann die Arbeitslosigkeit nicht beseitigen. Aber sie hilft - und ohne Arbeitszeitverkürung geht gar nichts mehr. Deshalb geht die Arbeitszeitverkürzung uns alle an. Die, die jetzt noch Arbeit haben, und die, die schon arbeitslos sind. Und Hausfrauen und Hausmänner und alle Rentner ebenso.[] Es gibt mehrere Formen der Arbeitszeitverkürzung. Aber nur eine, die wirklich vielen Menschen etwas bringt: die Wochenarbeitszeitverkürzung. [] Für die Metallindustrie gilt das besonders. Ein exaktes Beispiel: Die Vorruhestandsregelung, die die Unternehmer heute propagieren, brächte oder sicherte höchstens 35 000 Arbeitsplätze. Die 35Stunden-Woche aber 250 000. Und in der Gesamtwirtschaft sogar 1500 000. [] Das ist Tatsache Nummer vier. [] Die 35-Stunden-Woche ist auch bezahlbar. Nicht nur, weil die Unternehmergewinne schon 1982 auf über 301 Milliarden Mark gestiegen sind (von denen sie nur noch 31 Prozent wieder investiert haben!). Sondern auch, weil die 35-Stunden-Woche bei vollem Lohnausgleich die Lohnsumme nur insoweit erhöht, als sie tatsächlich Arbeitsplätze sichert oder schafft: Also voraussichtlich um 6,25 Prozent. [] Gleichzeitig spart die Einführung der 35-Stunden-Woche Arbeitslosengeld und -hilfe, Sozialhilfe und deren Folgekosten. [] Das neuerdings von den Unternehmern propagierte "Flexi-Konzept" bringt dagegen nur ihnen etwas: nämlich Anpassung der Arbeitszeiten an die jeweiligen betrieblichen Bedürfnisse, also die völlige Anpassung des Menschen an die Maschine. Damit wird aber kein einziger Arbeitsplatz zusätzlich geschaffen. [] Das ist Tatsache Nummer fünf. [] Wenn die 35-Stunden-Woche also der beste Weg ist, schnell Arbeitsplätze zu sichern und zu schaffen, dann müssen wir diesen Weg gemeinsam gehen. Nicht nur im Interesse derer, die (noch) Arbeit haben, sondern im Interesse aller. [] Also auch in Ihrem Interesse. [] Das ist unsere klare Meinung. [] Wenn Sie also in diesen Tagen von Warnstreiks und Urabstimmungen in der Metallindustrie lesen und hören, wissen Sie, wofür wir kämpfen. [] Dies ist eine Information der IG Metall. Weitere folgen. [] IG Metall [] Herausgegeben von :Industriegewerkschaft Metall für die Bunderepublik Deutschland. Verantwortliche Jürgen Mechelhoff, Druck: Union-Druckerei und verlagsanstalt GmbH, 6000 Frankfurt/Min. [] Flugblatt vor dem Streik 1984 [handschriftlich]
Published:1984