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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Ein 13. Dezember der Solidarität Zentrale Solidaritätsveranstaltung in Köln, Mülheimer Stadthalle, Wiener Platz, Samstag, 11. Dezember, 14.30 Uhr (Ende gegen 19 Uhr), Eintritt: DM 5,- [] Veranstalter: Koordinations- und Informationsbüro "Solidarnosc" Bremen / Ausschuß der Komitees und Initiativen "Solidarität mit Solidarnosc", Frankfurt / Kulturreferat des AStA der Uni Köln [] Die Veranstaltung wird unterstützt von: Basisgruppen Uni Köln / AStA ASH Köln / AStA Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf / ASta Ruhr-Universität Bochum / AStA FH Bergbau Bochum / AStA GHS Wuppertal / AStA GHS Duisburg / AStA GHS Essen / AStA PH Münster / AStA FH Münster / Grün-Alternative Liste Uni Münster / Liste Undogmatische Fachschaften TH Aachen / Liste Undogmatische Studenten Uni Bonn / Russell-Peace-Gruppe Köln / GIM / KBW / DIE GRUNEN / Sozialistisches Büro [] Es sprechen unter anderen: Seweryn Blumsztain Paris, Herausgeber des Informationsbulletins der Solidarnosc im Ausland, Mitglied des ehemaligen KOR Jiri Pelikan ehemaliger Direktor des Fernsehens in Prag 1968, Mitglied des Europa-Parlaments Simone Langrock bis vor kurzem in der DDR inhaftiert wegen aktiver Solidarität mit Solidarnosc ein Vertreter der "Szeta"-Gruppe aus Budapest Klaus Westermann Bundesjugendsekretär des DGB. [] ... und außerdem: Jacek Kaczmarski einer der bekanntesten polnischen Liedermacher (neue Platte: Carmagnole 1981) Eva Maria Hagen Schauspielerin und Sängerin, aus der DDR ausgebürgert. [] Solidarität mit Solidarnosc [] EIN 13. DEZEMBER DER Solidarität [] Ein Jahr nach der Verhängung des Kriegsrechts über Polen am 13. Dezember 1981 kann sich niemand mehr darüber hinwegtäuschen, daß die Versicherungen der ersten Stunde des Generals Jaruzelski und seines Vizepremiers Rakowski: nämlich, daß es kein Zurück hinter den August 1980 geben werde, nur dazu dienten, der Weltöffentlichkeit Sand in die Augen zu streuen. Mit dem neuen Gewerkschaftsgesetz, das nur noch regimetreue Betriebsorganisationen zuläßt und das Streikrecht faktisch beseitigt, sind die feierlich unterzeichneten Abkommen des August 1980 einseitig gekündigt worden. Das Kriegsrecht, auch wenn es zum Jahresende aufgehoben werden sollte, ist damit faktisch institutionalisiert worden. [] Mit der "Solidarität" zusammen wird die ganze gesellschaftliche Bewegung für Demokratie und Selbstverwaltung unterdrückt. Erneut sind Arbeiter von der Miliz erschossen worden. Schneller als sich die Internierungslager leeren, füllen sich die Gefängnisse. Mehrere Tausend Aktive der "Solidarität", der ebenfalls aufgelösten Bauerngewerkschaft und der Studentenorganisation NZS, Wissenschaftler, Künstler und Journalisten sind inhaftiert, viele schon zu langjährigen Haftstrafen verurteilt. Nach wie vor wird der Großteil der gewählten Landeskommission von "Solidarität" in militärischer Internierung gehalten. Die bedingte Freilassung von Lech Walesa allein bedeutet bis zum Beweis des Gegenteils keine Änderung dieser Unterdrückungspolitik. [] Kein einziges der Probleme, die die Partei- und Militärjunta des Generals Jaruzelski zu lösen versprach und deretwegen das Kriegsrecht angeblich ja eingeführt wurde, ist gelöst worden. Im Gegenteil: der Wirtschaftseinbruch, der am Ende der Gierek-Ära 1979/1980 begann, hat in diesem Jahr beispielloses Ausmaß angenommen. Die Produktion in den einzelnen Branchen wird gegenüber dem Vorjahr nochmals drastisch sinken. Und die Schlangen vor den Läden sind nur deshalb kürzer geworden, weil (nach offiziellen Schätzungen) fast die Hälfte der Bevölkerung infolge der drakonischen Preissteigerungen bis an oder schon unter das Existenzminimum gedrückt ist. Schon jetzt ist der Beweis erbracht, daß ohne authentische Interessenvertretung der Arbeitenden, ohne betriebliche und gesellschaftliche Selbstverwaltung, wie "Solidarnosc" sie gefordert hat, keine Wirtschaftsreform und kein Ausweg aus der Krise möglich sind. [] Die Partei- und Militärdiktatur Jaruzelskis ist in der polnischen Gesellschaft heute so isoliert wie höchstens noch einige lateinamerikanische Militärdiktaturen. Demgegenüber haben spätestens die Massendemonstrationen am 31. August der ganzen Weit noch einmal vor Augen geführt, daß die "Solidarität" als Gewerkschaft und als gesellschaftliche Massenbewegung den Militärstreich vom Dezember überlebt hat. Der Fehlschlag des Generalstreikversuchs vom 10. November gegen das Verbot der "Solidarität" wird nur dazu führen, daß sich eine regelrechte "Gesellschaft im Untergrund" organisiert. [] Damit müssen auch alle diejenigen hierzulande ihre Erwartungen revidieren, die zynisch gemeint haben, die Herstellung einer Friedhofsruhe in Polen werde den Frieden in Europa sicherer machen. Umgekehrt! Ohne Frieden in Polen - das heißt, ohne eine neue gesellschaftliche Übereinkunft, wie sie die Provisorische Landeskommission der "Solidarität" im Untergrund wiederholt angeboten und gefordert hat - kann es keinen dauerhaften Frieden in Europa geben. [] Es ist daher ein Gebot der politischen Vernunft, ebenso wie es eine moralische Verpflichtung ist, wenn wir an diesem Jahrestag des polnischen Militärputsches sichtbar unsere Unterstützung erklären für die Forderungen, die die "Solidarität" als Minimalbedingungen einer gesellschaftlichen Verständigung erhoben hat: [] - Aufhebung des Kriegsrechts, Wiederherstellung der Bürgerrechte [] - Amnestierung und Freilassung aller unter dem Kriegsrecht internierten und inhaftierten Personen [] - Wiederaufnahme des Dialogs mit der Unabhängigen Selbstverwalteten Gewerkschaft "Solidarität" als der legitimen Vertreterin der polnischen Arbeitnehmer [] - Einhaltung der Abkommen von Danzig, Stettin und Kattowitz [] Darüber hinaus wollen wir die Aufmerksamkeit der westdeutschen Öffentlichkeit auf zwei Dinge besonders lenken: [] Gegenwärtig bereitet das Regime Prozesse gegen eine Reihe führender Gewerkschafter vor, wie W. Frasyniuk, ein kürzlich verhaftetes Mitglied der Provisorischen Koordinierungskommission der "Solidarität" im Untergrund, sowie gegen eine Reihe führender Köpfe des ehemaligen KOR (Komitee zur Verteidigung der Arbeiter), Jacek Kuron, Adam Michnik, Jan Józef Lipski, Jan Litynski, Henryk Wujec und Zbigniew Romaszewski. Entsprechend einem Aufruf von Adam Michnik, den er kurz vor seiner Inhaftierung noch aus dem Internierungslager schmuggeln konnte, fordern wir die Zulassung einer internationalen Beobachterdelegation und uneingeschränkteÖffentlichkeit der Verfahren. [] Polen steht vor dem schlimmsten Hungerwinter seit dem Zweiten Weltkrieg. Direkte Hilfslieferungen, sei es als Einzelpaket oder Paket-Aktion, als Eigentransport per Lkw, oder sei es im Rahmen größerer Sammlungen, wie sie der Deutsche Gewerkschaftsbund, kirchliche Organisationen oder Privatinitiativen (z.B. Frau Dr. Gräf, Frankfurt) betreiben, bei denen die Verteilung an Bedürftige in Polen gesichert ist, sind ein äußerst wichtiges Mittel gegen die Demoralisierungs- und Hungerpolitik des Regimes. Vor allem zehntausende Entlassener und Verfolgter, die ohne jedes Einkommen sind, und deren Familien brauchen diese Hilfe. [] Wir rufen auf zu einem "13. Dezember der Solidarität", mit vielfältigen betrieblichen und örtlichen Aktivitäten. Auf einer zentralen Veranstaltung am Samstag, den 11. Dezember, in Köln wollen wir diese Solidarität gemeinsam zum Ausdruck bringen und Vertretern der verbotenen polnischen Gewerkschaft sowie anderen Vertretern der demokratischen Opposition Osteuropas das Wort geben. [] DEMONSTRATION ZUM JAHRESTAG DER VERHÄNGUNG DES KRIEGSRECHTS IN POLEN: [] Köln, 13. Dezember 1982, 17.00 Uhr, Chlodwigplatz; die Demonstration führt zur polnischen Botschaft; Veranstalter: Koordinations- und Informationsbüro "Solidarnosc", Eduard-Grunow-Straße 2, 2800 Bremen. [] Demonstracija w rocznice wprowadzenia stano wojennego w Polsce; [] Mielsce: Köln, Chlodwigplatz; Czas: 17.00 [] Organizator: [] Biuro Informacyjno-Koordyncyine "Solidarnosc", Eduard-Grunow-Straße 2, 2800 Bremen.
Published:12.1981