Deutsch? National?

Bemerkungen: Fraktur; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals SOZIALDEMOKRATISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS (SPD) [] LANDESORGANISATION HAMBURG [] POSTSCHECKKONTO: HAMBURG 40573. BANKKONTO: BANK DER ARBEITER, ANGESTELLTEN UND BEAMTEN [] FERNSPRECHER 3455 21 [] HAMBURG 36, GROSSE THEATERSTRASSE 44[] Ha...

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Bibliographic Details
Main Authors: Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP), Plakatkunstdruck Eckert, Berlin-Schöneberg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Published: 24.04.1932
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Online Access:http://hdl.handle.net/11088/71D19E4E-FC46-4B8A-A7C6-B2EA0FA4DFF4
Description
Summary:Bemerkungen: Fraktur; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals SOZIALDEMOKRATISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS (SPD) [] LANDESORGANISATION HAMBURG [] POSTSCHECKKONTO: HAMBURG 40573. BANKKONTO: BANK DER ARBEITER, ANGESTELLTEN UND BEAMTEN [] FERNSPRECHER 3455 21 [] HAMBURG 36, GROSSE THEATERSTRASSE 44[] Hamburg, 21. April. [] Organisations-Informationen für unsere Mitglieder [] Parteigenossinnen und -genossen! [] Am Mittwoch tagte in Berlin eine aus allen Teilen des Reiches stark beschickte Reichskonferenz der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. Der Parteivorsitzende Wels sprach über die politische Lage und die nächsten Aufgaben der Sozialdemokratie. Nach mehrstündiger Debatte nahm die Konferenz ein-stimmig folgende Entschließung an: [] "Dem Sozialismus und dem arbeitenden Volk zu dienen ist und bleibt die Aufgabe der Sozialdemokratischen Partei. Die internationale Verpflechtung der kapitalistischen Welt mit all ihren Erscheinungen der Unterdrückung und Ausbeutung tritt heute klarer denn je zutage und rechtfertigt die Ueberzeugung, daß der Kampf gegen diesen Kapitalismus nur international geführt werden kann. [] Die Sozialdemokratie beharrt bei der Ueberzeugung, daß es ohne geistige Freiheit und staatsbürgerliche Gleichberechtigung einen wirklichen Sozialismus nicht gibt. [] Gesinnungsloses Ueberläufertum verfällt mit Recht der allgemeinen Verachtung. Durch unerschütterliches Festhalten an ihren Grundsätzen und Ausnutzung der gegebenen gesetzlichen Möglichkeit zu ihrer Betätigung dient die Sozialdemokratische Partei Deutschlands der Nation und dem Sozialismus." [] Der Parteivorstand stellte der Reichskonferenz seine Aemter zur Verfügung. Als Parteivorsitzende wurden gewählt die Reichstagsabgeordneten Otto Wels und Hans Vogel, Mitglieder des Parteivorstandes sind ferner Aufhäuser, Böchel, Crummenerl, Dietrich, Hertz, Frau Juchacz, Künstler, Litke, Lobe, Frau Nemitz, Ollenhauer, Rinner, Frau Ryneck, Sollmann, Stahl, Stampfer, Stelling, Westphal. [] Das Schicksal der Presse [] Die Frage "Was wird aus der Arbeiterpresse?" wird in steigendem Maße von Mund zu Mund erörtert, ohne daß bisher eine über die unsern Mitgliedern bisher zugänglich gemachten Informationen hinausgehende Klärung erzielt werden konnte. Auch die verschiedenen Reden führender Nationalsozialisten, die in den letzten Tagen zur Pressefrage gehalten wurden, haben sich mit ganz allgemein gehaltenen Wendungen begnügt. Aufschlußreicher ist schon die prak-tische Pressepolitik, die mit der Ueberführung bisher demokratischer Organe ins Lager der offiziellen Regierungspolitik kurzerhand "fertige Tatsachen" schuf. Bekannt sind die Veränderungen bei dem ehemals demokratischen "Berliner Tageblatt", das zum Sprachrohr der Regierung gemacht worden ist; noch eindeutiger aber sind die Umwandlung des "Hamburger Anzeiger" und des linksbürgerlichen "Dortmunder Generalanzeiger" zu nationalsozialistischen Organen. Beim "Hamburger Anzeiger" mit seiner (bisherigen) täglichen Auflage von 160 000 Exemplaren ist ein nationalsozialistischer Hauptschriftleiter eingesetzt worden. Der Hamburger Gauleiter der NSDAP. hat den bisherigen Chefredakteur des nationalsozialistischen. "Hamburger Tageblatt", Herrn Jacobi, beauftragt, die Hauptschriftleitung des "Hamburger Anzeiger" zu übernehmen, und ihn ermächtigt, die notwendigen personellen Veränderungen im Redaktionsstab des "Hamburger Anzeiger" durchzuführen.[] Aehnlich ist es mit dem "Dortmunder Generalanzeiger", der etwa 200000 Abonnenten hatte, geschehen. Aus Anlaß eines zum Geburtstag des Reichskanzlers erschienenen Hitler-Bildes, das die Züge des Kanzlers entstellt wiedergegeben haben soll, wurde die Redaktion von SA.-Leuten besetzt. Inzwischen ist der ganze Betrieb in national-sozialistische Hände übergegangen. [] Auf etwa gleiche Weise wurde bei der bislang linksdemokratischen "Rhein-Ems-Zeitung" in Emden ein Re-daktionswechsel vollzogen. Dort erschien am letzten Montag ein SA.-Trupp und forderte die Beurlaubung des bisherigen Hauptschriftleiters und eines weiteren Schriftleiters. Nach Verhandlungen wurde das zugestanden, und die Zeitung wird zunächst unter einem nationalsozialistischen Hauptschriftleiter weitergeführt werden. [] Welche Wege die offizielle Regierungspolitik einschlagen wird, dürfte sich erst nach Fertigstellung des angekündigten Journalistengesetzes genauer feststellen lassen. Ein den Regierungskreisen nahestehendes Berliner Montagsblatt bringt folgende Ausführungen zu der Frage der Arbeiterpresse : [] "Die Methoden, deren der Totalstaat sich bedient, um die Presse in den Dienst der von ihm verfolgten Volkserziehung zu stellen, sind verschieden. In Sowjetrußland hat man den Weg gewählt, die gesamte Presse einer strengen staatlichen Kontrolle zu unterstellen. Die Italiener dagegen griffen zu dem Mittel, durch Zwangsorganisation der Journalisten die im Interesse des Staates notwendige Kontrolle über die Presse zu erreichen. Voraussetzung für diese volkserzieherische Arbeit der Presse im Interesse des Totalstaates und somit der Volksgemeinschaft ist aber die, daß es der Presse gelingt, weiteste Kreise des Volkes als Leserkreis zu erfassen. Wir stehen nun heute in Deutschland vor der Tatsache, daß ein großer Teil der Bevölkerung zur Zeit ohne jegliche Zeitung ist. Es genügt eine einfache Kontrolle, um in einem der großen Siedlungsblocks im Norden von Berlin festzustellen, daß von 300 bis 400 Partien heute vielleicht 30 bis 40 eine Zeitung lesen. Die Ursachen liegen zum Teil in der Arbeitslosigkeit, sie liegen zum andern Teil in dem Verbot der marxistischen Presse. Eine Anfrage beim Verband der Zeitungsverleger muß diese Tatsache bestätigen, denn die Auflagesteigerung der heute erscheinenden Zeitungen entspricht durchaus nicht der Gesamtauflage der verbotenen Blätter. Selbstverständlich ist man sich auch in Regierungskreisen darüber im klaren, und vor allen Dingen der überaus kluge und weitsichtige Propagandaminister Dr. Goebbels ist sich der Notwendigkeit bewußt, die erzieherische Arbeit der Presse gerade auf diejenigenVolksschichten auszudehnen, auf die die Idee der nationalen Erhebung erst jetzt in vollem Maße ihre Wirkung ausüben soll. Der Rundfunk ist heute zwar ein sehr wichtiges und außerordentlich wirksames Volkserziehungsmittel, aber er ist selbstverständlich nicht in der Lage, die volkserzieherische Leistung der Presse vollkommen zu ersetzen. Im Propagandaministerium beschäftigt man sich deshalb bereits seit längerer Zeit mit der Frage der Schaffung großer Arbeiterblätter, wie sie beispielsweise im faschistischen Italien seit langen Jahren existieren. Der naheliegende Plan ist wohl der, im Zusammenhang mit der Neuorganisation der Gewerkschaften und deren Eingliederung in den neuen nationalen Staat zugleich das Problem der Arbeiterpresse in Angriff zu nehmen." [] Hierzu ist auf Grund der uns zugegangenen Informationen zu sagen: Eine Aussicht dafür, daß die nunmehr seit acht Wochen fast restlos verbotene sozialdemokratische Presse unter der Regierung Hitler wird wieder erscheinen können, ist nicht vorhanden. In einigen kleinen Ländern dürfen zwar von den sozialdemokratischen Verlagen noch Blätter herausgegeben werden. Aber auch sie stehen entweder unter Vorzensur oder sie sind gehalten, jeden Anschein, als ob sie sozialdemokratische Zeitungen wären, zu vermeiden. Blätter mit eindeutiger sozialdemokratischer Tendenz gibt es in Deutschland nicht mehr und wird es nach den Erklärungen, die wir insbesondere in den letzten Tagen aus dem Munde berufener Nationalsozialisten gehört haben, unter der Regierung Adolf Hitlers nie mehr geben. Anderseits ist man sich nach unsern Informationen in Regierungskreisen darüber im klaren, daß die bisherigen Abonnenten sozialdemokratischer Blätter kaum geneigt sein werden, ohne weiteres die nationalsozialistische Presse zu abonnieren. Man erwägt deshalb tatsächlich die Herausgabe von Zei-tungen, die in erster Linie für die Arbeiterschaft geschrieben sind. Allerdings scheint über die Form, wie das geschehen soll, im Augenblick noch keine Klarheit zu herrschen. [] "Während die Pressefragen in der Oeffentlichkeit nur sehr zurückhaltend erörtert werden und oppositionelle Aeußerungen gegen das neue System in der bürgerlichen Welt fast restlos verstummt sind, ist plötzlich in der letzten Woche eine hochpolitische Diskussion ausgebrochen, die sich um [] das Schicksal der Deutschnationalen [] dreht und das größte Interesse auch unserer Genossen beansprucht. Diese Diskussion, in der sogar einige allerdings sehr gemäßigte polemische Töne zu finden sind, geht von der Deutschnationalen Volkspartei aus und läßt darauf schließen, wie stark man im deutschnationalen Lager die überwältigende Macht des nationalsozialistischen Bundesgenossen und seine Machtverankerung empfindet. [] Der Führer der Deutschnationalen, Reichsminister Hugenberg, veröffentlichte eine Erklärung, die sich mit solchen und ähnlichen Stimmungen beschäftigt. Diese Erklärung dementiert Gerüchte, daß die deutschnationalen Mitglieder der Reichsregierung bald ausscheiden würden. [] Sie bekräftigt das Dementi durch einen Hinweis auf die Bestätigung der Reicksregierung durch den Reichspräsidenten und durch die Erinnerung daran, daß das Ermächtigungsgesetz als Grundlage der Gesetzgebung durch die Reichsregierung an das Weiterbestehen der gegenwärtigen Regierung geknüpft sei. Mit diesem Hinweis hat Hugen-berg eine Interpretation der Bedingung des Ermächtigungsgesetzes gegeben, deren Bedeutung und Auslegung in den Kreisen von Staatsrechtlern bisher noch strittig geblieben ist.- Es sind seinerzeit auch Gründe dafür angeführt worden, daß ein Weiterbestehen der "gegenwärtigen" Reichsregierung auch beim Ausscheiden einzelner Minister gegeben sei, wenn der durch die Führung Hitlers gegebene Charakter erhalten bleibe. Einer solchen Auslegung schließt sich also der Führer der Deutschnationalen nicht an. [] <NZ>Hugenbergs Erklärung wendet sich weiter gegen Umbildungen in wirtschaftlichen Verbänden unter dem Druck von außen. Das läßt erkennen, wie stark sich deutschnationale Kreise dabei beeinträchtigt fühlen. Hugenberg verweist darauf, daß gewaltsame Eingriffe wohl den Tatbestand, nicht aber den Rechtszustand ändern könnten. Daraus spürt man die deutschnationale Sehnsucht, im Hinblick auf solche Verbände die nationale Revolution abzuschließen; denn bei revolutionären Bewegungen liegt für gewöhnlich das Hauptmerkmal darin, daß neue Tatbestände geschaffen werden, aus denen sich dann neue Rechtszustände ergeben. Die Gleichschaltung Bayerns hat dafür ein interessantes Beispiel geboten. [] Zum Schluß unterstreicht Hugenbergs Erklärung sehr energisch das Recht von Beamten, sich deutschnational zu betätigen und zu organisieren. Damit ist die Frage, ob es neben der NSDAP. noch andere Parteien in Zukunft geben soll, eindeutig beantwortet. Reichsminister Hugenberg bejaht die Frage, soweit die DNVP. dabei in Betracht kommt. Es hat sich aber nicht vermeiden lassen, daß er dabei zu erkennen gegeben hat, daß nicht nur bei andern Parteien, sondern auch bei der deutschnationalen Regierungspartei hier tatsächlich eine Frage vorliegt. [] Das wird noch klarer, wenn man sich vor Augen hält, daß Zeitungen, die Hugenberg nahe stehen, darübr fast leidenschaftlich diskutieren. So wendet sich die "Münchener-Augsburger Abendzeitung" gegen das faschistische Ausschließlichkeitsprinzip nach italienischem Muster. Sie polemisiert gegen den Satz der Deutschen Bergwerks-Zeitung, "daß politische Parteien samt und sonders überlebt wären". Sie nennt es einen verhängnisvollen Irrtum, wenn man Parteien, wie die Deutsche Volks-partei und die Wirtschaftspartei, mit Weltanschauungsparteien in einen Topf werfe. Sie nimmt auch für kleinere Gebilde als die NSDAP, das Recht der Weltanschauungspartei in Anspruch, mit einem Wort, sie kämpft um die Existenz der DNVP. als Weltanschauungspartei. [] Eine Ueberraschung bedeutet [] der Beschluß der Deutschen Volkspartei [] sich nicht aufzulösen. In der Sitzung des Zentralvorstandes der Volkspartei ist die beantragte Auflösung mit 80:74 Stimmen abgelehnt worden. Die recht starke Minderheit will jetzt von sich aus die Konsequenzen ziehen und die Auflösung der Volkspartei örtlich und bezirklich beschließen lassen. Praktisch ist die Volkspartei als Organisation erledigt. Das Gros ihrer einstigen Mitglieder gehört [] MAIFEIER [] Und raubt man uns den alten Brand, Dein Licht, wer kann es rauben! In seiner schönen Kantate von der ersten Walpurgisnacht hat Goethe dargestellt, wie das vordringende Christentum den Naturkult der alten Germanen überwand und wie die Germanen, im besonderen ihre Druiden (heute würde man von Bonzen sprechen), mit List ihre Maifeier zu retten trachteten. Heute befindet sich in der Lage der alten Germanen die Sozialdemokratie. Sie hat inbrünstig den Glauben an ein kommendes edles Menschentum gehegt, sie lebte und atmete im Geiste der großen deutschen Denker und Dichter. Sie bewahrheitete das Wort von Friedrich Engels, der als die Ahnherren des Sozialismus nicht nur die großen Utopisten Frankreichs und Englands nannte, sondern mit Stolz die Abstammung auch von der klassischen deutschen Philosophie bekannte. Alle Menschen gleich geboren sind ein adliges Geschlecht - in diesem Bekenntnis lebte und webte die sozialistische Idee, die im Maifest ihren herrlichen Ausdruck fand. Und das alles soll mit einem Male vorbei sein? [] Ein Blutbad, wie der Frankenkönig Kar1 es im Jahre 782 an der Aller zur höheren Feier des Sieges der christlichen Waffen veranstaltete, hat allerdings die deutsche Sozialdemokratie nicht über sich ergehen lassen müssen. Wer kann sagen, was geworden wäre, wenn sie mit ganzer Kraft sich der neuen Gewalt entgegengsetzt, mit bloßen Fäusten sich gewehrt hätte? Einst war die Maifestidee als die stolze Demonstration gegen das Kapitalsregiment aus-gerufen worden, einst war der Wille der Millionen emporgeschnellt und hatte sich straff den alten Gewalten entgegengesetzt; es fehlte auch nicht, besonders in Hamburg nicht, an umfassenden und langwierigen Kämpfen, in denen Arbeitermassen ihre ganze Existenz einsetzten. Wie bitter für alle Bekenner, wenn sie jetzt das Bekenntnis für sich behalten, stumm bleiben müssen. Stumm sich fügen, weil die ungeheure Arbeitslosigkeit die naturgegebene Waffe stumpf gemacht hat. [] Groß und erhaben bleibt die Idee, wenn sie auch, wie einst der Naturkult der Germanen, sich verbergen muß! Die neue in Deutschland herrschende Gewalt hat gerade deswegen sich der Idee bemächtigt, will sie ihren eigentlichen Trägern entwinden und umstülpen, will ihre weltweite Fassung in die Enge einer Nation hineinpressen, weil diese Gewalt sich bewußt ist, daß die Mai-Idee als helles Licht in die Finsternis der Zeiten leuchtete und als Hoffnungsfunke in den Millionen der Unterdrückten glühte. [] Werden die Maipostulate nun hinfällig? Ihre Bekenner haben erlebt, daß die erste Forderung, der Achtstundentag, Tat und Wahrheit wurde. Und wie ist die Forderung vorher bekämpft und verhöhnt worden! Kann der Sieg der einen Forderung, die am ersten Maifest 1890 als einzige verkündet wurde, nicht die Ueberzeugung nähren, daß auch die später zugefügten Forderungen - politische Macht für die Arbeiterklasse, Weltenfriede - zur Erfüllung kommen werden? Das Maifest hat ursprünglich internationalen Charakter. Die Sozialdemokratie ging von der Erkenntnis aus, daß die kapitalistische Wirtschaft das Volk in Klassen zerrissen und zerklüftet hat und daß, den weltwirtschaftlichen Verflechtungen des kapitalistischen Systems entsprechend, in allen Ländern diese gleiche Zerklüftung bestehe; eine Zerklüftung, die zur furchtbaren Gefahr für die gesamte Menschheit wurde, weil die Gegensätze ins Weltweite wuchsen und Katastrophen, wie zuletzt den Weltkrieg, auslösten. Von dieser Erkenntnis ausgehend, richtete die Sozialdemokratie an die Arbeiterklasse aller Länder ihren Ruf zur Vereinigung; sie stellte der Arbeiterklasse jedes Landes die Aufgabe, die Nation mit einem neuen Geiste zu erfüllen, und die Nationen neuen Geistes sollten die Völkerfamilie bilden. International geführter Klassenkampf sollte durch den kapitalistischen Wall die Pforte brechen, den Ausgang schaffen auf eine freie Erde, auf der eine brüderlich geeinte Menschheit ihr Glück findet. [] Nicht um des Kampfes willen führte die Sozialdemokratie den Klassenkampf, Aufhebung der Klassen sollte sein Ziel sein - und damit endet von selbst der Klassenkampf. Die neue Beherrscherin Deutschlands setzt das Ziel an den Anfang : sie gibt dem 1. Mai als Inhalt das Bekenntnis zur Einigung der Nation, und sie erwartet wohl, daß ihr Beispiel Nachfolge findet. [] Die Nation auszulöschen war keineswegs der Sinn der internationalen Maifeier; im Gegenteil. Die sozialistische Internationale erstrebt eine politische Ordnung der Welt, in der jedem Volk nach seinem Bedürfnis der Zugang zu den natürlichen Reichtümern offen steht, Reichtümer, die jetzt Monopol von Herrschaftsvölkern sind. Nicht Unterdrückung der Nation, sondern die Herausbildung der natürlichen Anlagen eines jeden Volkes zur Vollkommenheit und die Einigung der Völker zu einer großen Familie: das ist der Sinn unserer Maiforderungen. Aber wir müssen im Augenblick die Einengung der Feier, ihre sozusagen Nationalisierung hinnehmen. Wir haben gläubig den höchsten Idealen gedient, für die die Geistesgrößen des deutschen Volkes geworben haben; wir handelten aber nicht nur als Erben unserer Denker und Dichter, sondern wir gründeten das hohe Ideal auch auf die kühle Ueberlegung, die uns sagt, daß die Weltverflechtung der Wirtschaft es Deutschland unmöglich mache, als eine sozialistische Insel im kapitalistischen Meer zu bestehen. Niemand kann erwarten, daß wir unsere Ideale und Einsichten zu den Akten geben, es wird vielmehr jeder ehrliche Anhänger des nationalen Einigungsstrebens dem ehrlichen Sozialisten die Prüfung des Neuen zugestehen müssen, Prüfung, die endgültig nur aus der Erfahrung quillt. Das Fest der nationalen Einigung wird seine Feuerprobe bestehen müssen im Alltag. Heute drängen sich uns Erfahrungen aus der Geschichte auf; wir nennen nur die eine aus der großen französischen Revolution, in der so recht eigentlich die Nation geboren wurde. Patriot, das war die Bezeichnung des revolutionären Kämpfers, der für die Uebergabe der Herrenländereien an die Bauern eintrat. In diesem Zeichen vollzog sich die Einigung der Nation, und der Ruf nach Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit flog den französischen Fahnen über den Rhein voraus und bereitete ihre Siege. Wird der Nationalsozialismus Aehnliches leisten? Wird er wie einst die französiche Revolution die Hand an Eigentumsvorrechte legen und solchergestalt seine soziale Sendung erhärten? Aber dann wird es ihm ergehen wie der revolutionären französischen Nation, gegen die der Emigrantenadel sich erhob und von Koblenz aus gegen die Nation intrigierte. Es könnte dem National-sozialismus, wenn er wirkliche sozialistische Taten leistet, ein Aehnliches passieren; und wie steht es dann um die Einheit der Nation, wenn etwa von Liechtenstein das Anathema erklingt? [] Die Sozialdemokratie hat seit dem ersten internationalen Maifest lange warten müssen, bis die pressende Not die Verwirklichung ihrer ersten Forderung erzwang. Sie kann warten, bis die Zeit sich als Probierstein auf den Goldgehalt des nationalen Sozialismus bewährt hat. Es ist noch nicht aller Tage Abend! [] Wir ehren die Nation, die Jaures genannt hat das Schatzkästlein des menschlichen Geistes. Aber wir wollen die Nation weiterführen, als Ideal einer menschlichen Gesellschaft erscheint uns nicht ein Zustand, in dem kampfbegierige Völker sich gegenüberstehen. Sondern das Ziel, dem jeder Kampf, jedes edle Streben gilt, muß sein die Versöhnung der Menschheit, die Schaffung einer auf der Grundlage des Gemeinbesitzes an den großen Arbeitsmitteln in Harmonie geeinten Nation und die Verbindung aller Nationen zu einer einzigen großen Familie. Gleichheit alles dessen, was Menschenantlitzträgt, das ist das göttliche Gebot, dem wir dienen. Ist es uns unmöglich gemacht, jetzt im Augenblick auf den Plan zu treten und im Vielmillionen-schrei unser Bekenntnis in die Welt zu rufen, so wird doch die Brust eines jeden Sozialisten unsere Sendung hegen - und ein Tag wird kommen, an dem die Menschheit segnet, daß wir nicht unsern Glauben verloren. [] Es lebe der menschheitserlösende Sozialismus, es lebe der 1. Mai! [] Lohnzahlung und 1. Mai [] Der Reichsminister des Innern hat für den 1. Mai eine Verordnung über die Lohnzahlung erlassen. Nach dieser Verordnung vom 20. April wird die infolge des Feiertags der nationalen Arbeit ausfallende Arbeitszeit bezahlt, und zwar soweit Tarifverträge die Bezahlung ausfallender Arbeitszeiten an Wochenfeiertagen vorsehen, nach den Bestimmungen der Tarifverträge. Im übrigen ist der regelmäßige Arbeitsverdienst für die ausfallende Arbeitszeit zu zahlen. [] Die Bestimmungen der Reichsregierung über die Teilnahme an der Feier der nationalen Arbeit werden in den einzelnen Bezirken verschieden ausgelegt. [] Der Ausschuß zur Durchführung des Feiertags der nationalen Arbeit in Osnabrück veröffentlicht zum Beispiel in den Tageszeitungen einen Aufruf, in dem es heißt, daß "marxistische Gewerkschaften und Organisationen von der Teilnahme ausgeschlossen sind". In Hamburg haben die maßgebenden Stellen angeordnet, daß die Teilnahme der freien Gewerkschaften nicht in Frage komme und daß man auch eine geschlossene Beteiligung von Belegschaftsmitgliedern, die sich als Angehörige der freien Gewerkschaften kenntlich machen, nicht gestatten könne. In Berlin wiederum finden zur gleichen Zeit, wo in den Betrieben die angesetzte Flaggenhissung erfolgen soll, katholische und evangelische Gottesdienste statt. Die Belegschaftsmitglieder, die das Bedürfnis haben, am Tage der nationalen Arbeit einen Gottesdienst zu besuchen, können also der Flaggenhissung nicht beiwohnen. Die Gewerkschaften haben die Leitung der Feier davon in Kenntnis gesetzt und bei ihr Verständnis gefunden. Nach dem Berliner Beispiel dürfte man wohl auch anderswo mit Rücksicht auf die krichlichen Veranstaltungen auf vollzähliges Erscheinen der Belegschaft bei der Flaggenhissung verzichten. [] Der i. Mai wird auch im Saargebiet gefeiert. Die Regierungskommission hat es zwar abgelehnt, den 1. Mai zum "Feiertag der nationalen Arbeit" zu bestimmen, weil vor einem solchen Beschluß der Studienausschuß und Landesrat gehört werden müßten, ohne daß dazu die Zeit ausreicht. Aber die Regierungskommission wird anordnen, daß in den staatlichen Betrieben die Arbeit ruht. In den kommunalen Betrieben arbeiten nur lebenswichtige Abteilungen. Der Kleinhandel hat ebenfalls Arbeitsruhe beschlossen. [] Das Gängeviertel soll saniert werden [] Der Hamburger Polizeisenator Richter ist zum Staatskommissar für die Sanierung des Gängeviertels ernannt worden. Er hat den Auftrag, alle Maßnahmen zu treffen, die für die Durchführung der Sanierung erforderlich sind. Die beteiligten Behörden sind verpflichtet, seinen Weisungen zu folgen. Die Durchführung des Sanierungsplans ist so gedacht, daß zunächst alle baufälligen und verwahrlosten Häuser, die von den Eigentümern freiwillig zum Abbruch angeboten werden, abgerissen werden. Bei der Weiterführung der Abbruchsarbeit in bisher noch bewohnten Häusern sollen notfalls auch Enteignungen vorgenommen werden. Das Gebiet des Gängeviertels soll dann besiedelt werden mit Wohnbauten und kleinen Läden. Kontorhäuser sind nicht geplant. Der Abbruch kann natürlich erst beginnen, wenn die Bewohner des Gängeviertels anderweitig untergebracht sind. Insgesamt werden von der Sanierung etwa 12 000 Personen betroffen. Es wird amtlich mitgeteilt, daß der Abbruch ohne große Belastung des Staatshaushalts durchgeführt werden soll. Die Abbruchsarbeiten sollen von Pflichtarbeitern auf Grund der erwarteten Gesetzgebung über den Arbeitsdienst ausgeführt werden. Die Neubesiedlung soll auf privatwirtschaftlieher Grundlage erfolgen. [] Das Hamburger Gängeviertel ist eines der traurigsten Erbstücke, das das Vorkriegs-Hamburg dem Nachkriegs-Hamburg überliefert hat. Es ist aber nicht das einzige traurige Erbe. Mag die Baupolitik der herrschenden Schichten der Vorkriegszeit im Gängeviertel seinen sichtbarsten Ausdruck finden, die Anlage anderer dichtbevölkerter Stadtteile ist eine mindestens so starke Anklage. Trotzdem ist natürlich die Sanierung des Gängeviertels eine vordringliche Aufgabe. Ihre Lösung scheiterte in den Jahren nach dem Kriege an der Unmöglichkeit, die nicht geringen Kosten für Abbruch und Neubesiedlung aufzubringen. Wie die gegenwärtigen Machthaber die Finanzierung vornehmen wollen, ist einstweilen noch völlig unklar. Jedenfalls darf man annehmen, daß die Durchführung des Plans erhebliche Zeit in Anspruch nehmen wird. Das auch darum, weil die Unterbringung der jetzigen Bewohner des Gängeviertels sehr erhebliche Schwierigkeiten machen wird. [] Was geht in Oesterreich vor? [] Auch in Oesterreich befindet sich die politische Entwicklung vollkommen in Fluß. Wohin Oesterreich politisch steuert, läßt sich heute noch nicht sagen. Die gegenwärtige Regierung Dollfuß entspricht etwa der Papen- und Schleicher-Periode in Deutschland. Nur mit dem Unterschied, daß die Regierung Dollfuß sich die Erfahrungen Papens und Schleichers zunutze macht. Sie versucht nicht nur ein Gewaltregiment zu begründen und zu erhalten, sondern für dieses Gewaltregiment auch Kampfverbände wie die Heimwehr als Stützpunkt zu benutzen. Es herrscht in Oesterreich gegenwärtig die a1te Reaktion, die in ihren politischen Zielsetzungen etwa den Deutschnationalen, den Kreisen um Papen und dem Stahlhelm entspricht. Sinn der Kampfmaßnahmen, die sich insbesondere gegen den Marxismus richten, die teilweise aber auch die nationalsozialistische Bewegung in Oesterreich treffen, ist offenbar der Nachweis, daß die Begründung einer autoritären Staatsführung und die Vernichtung des Marxismus nicht an eine Herrschaft der Nationalsozialisten mit all ihren Folgen, auch zuungunsten der alten Reaktion, gebunden sei, sondern daß die alte Reaktion eine solche Politik selbst, also ohne Mithilfe der Nationalsozialisten, machen könne. Man sieht an der deutschen Entwicklung, daß ein politisches Bündnis der alten Reaktion mit dem Nationalsozialismus als der Massenbewegung der neuen Reaktion mit einiger Zwangsläufigkeit zur politischen Ausschaltung der alten Reaktion führt. Das will man offenbar in Oesterreich verhindern. Ob es gelingt, muß zwar zweifelhaft erscheinen, ist aber noch eine durchaus offene Frage. [] Gegenüber dieser Entwicklung interessiert uns zunächst [] die Haltung der österreichischen Sozialdemokratie [] Wir denken an die Tatsache, daß die sozialistische Bewegung in Oesterreich ihre Einheit bewahren konnte. Es gibt keine Kommunistische Partei. Die Spaltung konnte verhindert werden, da zu Beginn des Krieges die österreichische Sozialdemokratie nicht vor die Entscheidung über die Frage der Bewilligung von Kriegskrediten gestellt worden ist, was bekanntlich in Deutschland der äußere Anlaß zur Spaltung gewesen ist. In allen Jahren nachher hat die österreichische Sozialdemokratie dann eine Taktik ver-folgt, die die Einheit wahrte. Sie hat nur in den ersten Nachkriegsjahren in Oesterreich politische Veranwortung im Staate getragen, ist seither aber unentwegt Oppositionspartei gewesen. Darüber hinaus konnte sie in Wien eine grandiose sozialistische Kommunalpolitik durchführen, gestützt auf eine gewaltige Mehrheit der Wiener Bevölkerung. Alle diese Umstände führen in unsern Kreisen oft zu der Ueberlegung und Ueberzeugung, daß die Gefahr einer faschistischen Entwicklung in Oesterreich geringer sei oder jedenfalls mit mehr Aussicht auf Erfolg durch die Sozialgemokratie [!] gebannt werden könne. [] Ohne daß man heute Abschließendes über den Erfolg der andern politischen Taktik der österreichischen Sozial-demokratie während der letzten 14 Jahre sagen kann, liegen doch schon eine Reihe von Anzeichen vor, die eine [] Gleichschaltung Oesterreichs mit Deutschland wahrscheinlich [] machen, ohne daß die Tatsache der politisch und psychologisch günstigeren Position der österreichischen Sozialdemokratie das mit Erfolg wird verhindern können. Die Regierung Dollfuß hat das österreichische Parlament ausgeschaltet, sie hat Demonstrationen am 1. Mai verboten, sie hat Streiks verboten, sie knebelt die sozialistische Presse, sie treibt offenen Verfassungsbruch. Alles das sind Maßnahmen, die sich gegen die überwiegende Mehrheit der Bevölkerung richten. Aber diese überwiegende Mehrheit steht teils im Lager des wahren Sozialismus, teils im Lager der Nationalsozialisten. Die österreichische Sozialdemokratie hat auf alle diese Gewaltmaßnahmen nicht anders reagieren können, als die deutsche Sozialdemokratie es getan hat und tun konnte. Sie mußte die Gewaltakte hinnehmen, zu denen auch das Verbot des Republikanischen Schutzbundes, der rein sozialdemokratischen Wehrorganisation, gehört. [] Damit sind für die österreichische Sozialdemokratie innere Belastungen entstanden, die Auseinandersetzungen herbeiführten, wie wir sie in unserer Partei in der Aera Papen und Schleicher genau so erlebt haben. Damals glaubten wir noch aussprechen zu können, Deutschland sei nicht Italien. Bis jetzt ist die Entwicklung gegenteilig verlaufen. Als die Nationalsozialisten in Deutschland ans Ruder kamen, rief Otto Bauer in Oesterreich aus: Oesterreich ist nicht Deutschland! Die politische Entwicklung ist leider auch da bisher gegenteilig verlaufen. Die innere Situation in der österreichischen Sozialdemokratie wurde deutlich auf einem Parteitag, der Ostern in Wien stattgefunden hat. Im Gegensatz zu der früheren Erklärung Bauers, daß Oesterreich nicht Deutschland sei, wies jetzt Danneberg, der vor Unklugheiten, vor dem Generalstreik und der aktiven Abwehr warnte, bevor nicht das Aeußerste an Entgegenkommen versucht sei, darauf hin, daß die italienische und die deutsche sozialistische Front nicht mehr beständen. Jeder müsse verstehen, daß unter diesen Um-ständen ein so kleiner Frontabschnitt wie der österreichische bei aller Tapferkeit und Begeisterung der Truppen unter Umständen ein Stück zurückgenommen werden müsse. Oesterreich durchlebe jetzt bange Wochen einer Uebergangszeit, von der man nicht genau sagen könne, wohin sie endgültig führe. - Nicht weniger als 40 Vertreter aus dem Lande gaben dann Kunde von der großen Enttäuschung in der Parteigenossenschaft. Von der Partei wurde ein Kommando gefordert. Man dürfe den Massen jetzt nicht Geduld predigen. Durch die lange Geduld seien in Deutschland zwölf Millionen Proletarier an die Wand gedrückt worden. Der österreichische Arbeiter fürchte, daß es in Oesterreich genau so beginne. Renner antwortete darauf, man müsse nach einem Ausweg suchen, der das Aeußerste hinausschiebe, bis die Situation günstiger sei. Als die Parteiführung abermals angegriffen wurde, erklärte Otto Bauer, Aufgabe des Feldherrn sei es, erst dann loszuschlagen, wenn er siegen könne. Die Aussichten auf eine friedliche Entwicklung hätten sich vermindert. Es werde wahrscheinlich nichts anderes übrigbleiben, als die Entscheidungsschlacht zu wagen, wolle man nicht kampflos dem Faschismus erliegen. Man dürfe den Führern nicht Zwiespältigkeit der Sprache vorwerfen, weil sie nicht leichtsinnig in den Kampf zögen. Abschluß dieser Auseinandersetzung war der Aufruf zum 1. Mai, der eine gewaltige Kundgebung gegen den Faschismus werden müsse. [] Nachher sind dann Demonstrationen am 1. Mai verboten worden. [] Es zeigt sich also trotz des verschiedenen taktischen Weges in Oesterreich und Deutschland eine weitgehende Uebereinstimmung in der Haltung der österreichischen Parteiführung wie in der Haltung der österreichischen Parteigenossenschaft. Es ist die klar erkannte Macht-lage, die in Deutschland in den kritischen Wochen zu einer politischen Zurückhaltung führte, die tiefgehende Unzufriedenheit auslöste. Das gleiche ist von Oesterreich festzustellen. [] Einstweilen bleibt uns nichts anderes übrig als eine aufmerksame Beobachtung der österreichischen Entwicklung. Eine entscheidende Lehre aber kann und darf schon jetzt gezogen werden: Es ist falsch, wenn die politische Entwicklung in Deutschland oder in Oesterreich abgeleitet wird von dem prinzipiellen oder taktischen poli-tischen Weg, den die Sozialdemokratie in der Nachkriegszeit gegangen ist. Das heißt nicht, daß nicht Fehler gemacht worden seien. Das heißt "nur", daß die faschistische Entwicklung in erster Linie erklärt werden muß aus den gewaltigen gesellschaftlichen und seelischen Umwälzungen, die durch die kapitalistische Wirtschaftskrise ausgelöst worden sind. Diese Krise hat ungeheure Massen, die bisher politisch unbewegt waren und die in ihrem absoluten Indifferentismus den Kapitalismus politisch und auch wirtschaftlich stützten, in Bewegung gebracht. Sie hat in diesen Menschen zunächst nur eine kümmerliche, aber erste Bereitschaft zu einer Abkehr von der bisherigen seelischen und politischen Haltung erzeugt. Diese Menschen sind zwar wirtschaftlich proletarisiert, aber nicht geistig. Sie waren für die Sozialdemokratie selbst bei unterschiedlichster grundsätzlicher und taktischer Haltung noch nicht zu gewinnen. Diese Massen bilden darum das Reservoir für den Nationalsozialismus, der ursprünglich als Kampfbewegung kapitalistischer Reaktion auftrat, der aber selbst einer inneren Umwandlung unter dem Zwang der Massen unterliegt, deren Richtung und Ziel noch nicht abzusehen ist. Wir stehen noch mittendrin in diesem Prozeß. Er stellt an uns die unerhörte Anforderung zu einer organisatorischen und geistigen Einstellung auf die weltgeschichtlichen Umwandlungen, deren unmittelbare<NZ>Zeugen wir sind. [] In Oesterreich ist zwischen der NSDAP, und dem steierischen fleimatschutz ein Bündnis zustande gekommen, in dem der Heimatschutz erklärt: "Unter voller Wahrung seiner organisatorischen Selbständigkeit bekennt sich der Deutsch-Oesterreichische Heimatschutz zu Adolf Hitler als dem Führer der deutschen Nation." [] Der französische Parteitag [] Der Osterkongreß der französischen Sozialisten zeigte die alten Gegensätze der Partei in verschärfter Form. Die Mehrheit der Fraktion unter Führung von Renaudel nimmt seit Jahren eine opportunistische Haltung ein, erklärt sich unter gewissen Voraussetzungen zum Beitritt in die Regierung oder zu ihrer Unterstützung bereit und ist gewillt, den Haushalt und Militärausgaben zu bewilligen. Die Mehrheit der Parteidelegierten und der Mitglieder unter Führung von Paul Faure und Zyromski lehnt jede Regierungsbeteiligung ab, steht auf dem Standpunkt des ungeschwächten Klassenkampfes und verlangt strenge Trennungslinie zwischen Opposition und Regierung. Leon Blum, der Fraktionsvorsitzende, neigt mehr zum linken Flügel, nimmt aber in den Streitigkeiten eine vermittelnde Stellung ein. [] Die alten Gegensätze platzten auch diesmal aufeinander, weil der Flügel Renaudel mit 90 Abgeordneten bei den letzten Abstimmungen in der Kammer den Haushalt, die Rüstungsausgaben und geheime Fonds bewilligt hatten. Abgelehnt wurden diese Positionen von nur 10 sozialistischen Abgeordneten, während sich 29 der Stimmenabgabe enthielten. Der Parteitag zeigte auch diesmal wieder die entgegengesetzte Mehrheit, nämlich 2807 Stimmen für die Richtung Paul Faure, 925 für Renaudel, 331 Stimmen waren zersplittert. Wenn es trotzdem weder zu einer Unterwerfung der Fraktionsmehrheit noch zu einer Trennung der Partei kam, so ist das auf die besonderen Verhältnisse in Frankreich zurückzuführen, wo die Zahl der organisierten Parteimitglieder verschwindend ist im Verhältnis zur Zahl der sozialistischen Wähler. Der Abgeordnete kann sich also im höheren Grade auf die Stimmung und den Willen der Wähler berufen als auf den Willen der organisierten Partei-mitglieder, und das scheint bei der Richtung Renaudel auch diesmal zu geschehen. Wie es heißt, soll anläßlich eines neuen Parteitages während der Pfingstfeiertage eine Lösung der Widersprüche gesucht werden. [] Erklärung der saarländischen Sozialdemokratie [] Die sozialdemokratische "Volksstimme" in Saarbrücken veröffentlicht (laut "Berliner Tageblatt" vom 20. April) eine Erklärung der SPD. des Saargebietes, in der es heißt: [] "Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei des Saargebiets sieht sich veranlaßt, angesichts verschiedener Angriffe erneut zu erklären, daß die Sozialdemokratische Partei des Saar-gebiets wie in der Vergangenheit auch in der Zukunft für die restlose Rückgliederung des Saargebiets an Deutschland eintritt. Der Vorstand der Sozialdemokratischen Partei des Saargebiets weist jeden Zweifel an der nationalen Zuverlässigkeit der Partei aufs entschiedenste zurück. [] Kein Ausschluß aus der Gewerkschaftsinternationale [] Die Meldung, daß die Gewerkschaftsinternationale den Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund wegen "Verrats am Klassenkampf" aus ihren Reihen ausgeschlossen habe, entspricht nicht den Tatsachen. Die Gewerkschaftsinternationale hat einen derartigen Beschluß nicht gefaßt. [] Die irreführende, von Amsterdam ausgehende Meldung ist auf eine Konferenz von Vertrauensleuten der holländischen Gewerkschaften in Amsterdam zurückzuführen. Darin heißt es zunächst, daß die Führung des ADGB. der faschistischen Diktaturregierung Hitler ihre Zusammenarbeit angeboten und vorgeschlagen habe, den deutschen Gewerkschaftsbund dem faschistischen Staat einzuverleiben, und daß der ADGB. nicht an der Sitzung des Internationalen Gewerkschaftsbundes teilgenommen habe, ohne daß hierfür ein rechtsgültiger Beschluß der Mitglieder der Gewerkschaftsbewegung vorgelegen hätte. [] Dem ADGB. wird in der Entschließung ferner vorgeworfen, daß er den Klassenkampf abgeschworen habe, daß er den Willen von zwölf Millionen Arbeitern, die sozialdemokratisch und kommunistisch gewählt hätten, mit Füßen trete, und daß es deshalb die selbstverständliche Pflicht aller Anhänger der holländischen Gewerkschaften wäre, gegenüber dem ADGB. eine ablehnende Stellung einzunehmen. Schließlich wird noch von dem Vorstand der holländischen Gewerkschaften gefordert, daß er die Be-ziehungen zum ADGB abbricht. [] Die Tendenz der Entschließung läßt deutlich erkennen, daß ihre intellektuellen Urheber unter den Kommunisten zu suchen sind. [] Die Meldungen, daß die Vorsitzenden des Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbundes, Leipart und Graßmann, im Mai von sich aus ihre Aemter zur Verfügung stellen würden, sind falsch. Auch die Meldung, daß Graßmann sein Mandat als sozialdemokratischer Reichtagsabgeordneter niederzulegen beabsichtigt, entspricht nicht den Tatsachen. [] "Säuberung" auf den Universitäten [] Auf Anordnung des preußischen Kultusministers wurden von der Universität Frankfurt 19 jüdische bzw. linksgerichtete Professoren beurlaubt, von der Universität Marburg zwei und von der Universität Göttingen sechs. [] In Kiel hat die Studentenschaft den Rektor aufgefordert, 28 namentlich aufgeführte Professoren zu veranlassen, um ihre Beurlaubung zu bitten. Dabei ist den Studenten ein Mißgeschick unterlaufen: Unter den als mißliebig bezeichnten Professoren befindet sich auch der Generalmusikdirektor Prof. Dr. Stein, der vom nationalsozialistischen Kampfbund für deutsche Kultur mit besonderen Aufgaben betraut worden ist. [] Der weltbekannte Berliner Professor Spranger hat den preußischen Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung gebeten, ihn von den Pflichten eines ordentlichen Professors der Philosophie und Pädagogik an der Universität Berlin zu entbinden. [] Auf Anregung der Deutschen Studentenschaft wurde in den Büchereien und Leihbüchereien der Kieler Universität eine Durchsuchung nach "unzüchtigen und gegen die nationalen Gefühle der Bevölkerung verstoßenden Büchern" vorgenommen. Insgesamt wurden etwa 2000 Bücher beschlagnahmt, die öffentlich verbrannt werden sollen. Die Beschlagnahme erfolgte im Rahmen der Aktion "Wider den undeutschen Geist", die von der Deutschen Studentenschaft in diesen Wochen durch-geführt wird. [] Auch in Berlin ist zur Zeit eine Säuberung aller Stadt-bibliotheken von marxistischen Schriften im Gange. Den Büchereien sind mehrere "schwarze Listen" zugegangen, in denen alle Bücher verzeichnet sind, die demnächst öffentlich verbrannt werden sollen. Der Termin wird noch bekanntgegeben. [] Grundlos verdächtigt [] Der Direktor des Berliner Krankenkassen-Verbandes, Max Ebe1, war im Zusammenhang mit der Untersuchung bei den Berliner Krankenkassen in Schutzhaft genommen worden. Am 13. April verübte Ebel Selbstmord durch Erhängen. Am 18. April muß die "Berliner Börsenzeitung" eine Notiz ver-öffentlichen, in der es heißt: [] "Betrüger am Volke." Unter dieser Ueberschrift wurde in Nr. 177 der "B. B.-Z." vom 14. April 1933 berichtet, daß der 54 Jahre alte Direktor des Berliner Krankenkassen-Verbandes, Max Ebel, der im Zusammenhang mit den Maßnahmen der Medizinalabteilung des preußischen Innenministeriums, die zur Aufdeckung des großen Skandals bei den Krankenkassen führte, in Schutzhaft genommen wurde, am 13. April Selbstmord durch Erhängen verübt habe. Wie wir dazu erfahren, hat die von Staatsanwalt Drendel geführte Untersuchung gegen Direktor Ebel die Haltlosigkeit der gegen ihn erhobenen Anschuldigungen ergeben." [] "Verblendung, nicht Patriotismus" [] In der Berliner "Deutschen Allgemeinen Zeitung" vom Montagabend lesen wir: [] "Sollte man die Reichsregierung nicht daran erinnern dürfen, daß der Kampf gegen die Korruption in allen Schichten des Volkes verstanden und gebilligt wind? Sie ist dem deutschen Volks-charakter für jetzt und für immer unangemessen. Herr Justizminister Kerrl hat seine Volkstümlichkeit mit einem Schlage erheblich gesteigert, als er kundgab, die Zeit sei jetzt vorbei, da man in Preußen sagen konnte: die Kleinen henkt man, die Großen läßt man laufen. Ist indes nicht zu besorgen, daß draußen im Lande aus Korruptionsbekämpfung Korruptionsriecherei wird; daß die Begriffe auf den Kopf gestellt werden, der Vorarbeiter den Abteilungsleiter, der Abteilungsleiter das Vorstandsmitglied, das Vorstandsmitglied den Generaldirektor "beschuldigt"? Wird nicht zu reichlich und ungeprüft verhaftet? Ein höherer Beamter, gegen den politisch sehr viel zu sagen ist, erhielt von seiner Behörde einmal eine Urlaubsbeihilfe von 400 Mark. Deswegen ins Gefängnis? Man möge ihm den Prozeß wegen seiner amtlichen Betätigung machen, ihn aber nicht auf Grund solcher Tatsachen der Untreue bezichtigen… [] Schließlich mahnt der Ring um Deutschland, den wir sich zunächst immer fester schließen sehen, eindringlich und klar. Der nationalen Regierung stehen vielfältige Ansatzpunkte zu einer würdigen und aktiven Außenpolitik zur Verfügung. Aber diese Möglichkeiten müssen doch aufgezeigt und die Regierung muß unterstützt werden, damit sie Entschlüsse fassen kann. Es ist nichts damit getan, wenn wir uns gegenseitig immer wieder versichern, wie mächtig und einig wir sind. In Wirklichkeit sind wir, von Italien abgesehen, vorübergehend isoliert. Befreundete Länder, mit denen wir eine stark aktive Handelsbilanz besaßen, bewilligen ihren Importeuren nur noch soviel Devisen für Käufe aus Deutschland, wie Deutschland selbst von ihnen kauft. Ueber wichtige außenpolitische Vorgänge bleiben wir im Dunkeln. Jede starke deutsche Regierung hatte selbstverständlich mit diesen Hemmungen zu rechnen, und wir sind überzeugt, daß sie zu überwinden sind. Jene Tatsachen aber zu verschweigen oder gar zu leugnen, das ist Verblendung, nicht Patriotismus. Der Reichskanzler hat in München noch einmal seinen Wunsch nach Frieden und Verständigung scharf unterstrichen. Die Hurra-Stimmung mancher bürgerlichen Zeitung paßt nicht nur in sein Konzept, sondern zerstört es. [] So halten wir, aus diesen und aus vielen andern Gründen, die Mitwirkung "bürgerlichen" Wissens und politischer Erfahrung für vollkommen unentbehrlich. Warum ist Dr. Schacht Reichsbankpräsident und Dr. Popitz preußischer Finanzminister? Weil der Chef der Regierung ihre Kenntnisse und Fähigkeiten im Dienste des Ganzen einsetzen will. Schaltet sich freilich die Bildungsschicht selber aus, so kann es nicht päpstlicher sein als der Papst. Herrn Dr. Hugenbergs Aufruf (oder soll man Notruf sagen?) ist verständlich und aufschlußreich. Kommt er nicht etwas spät? Die Gewichte innerhalb der Regierung haben sich seit dem 30. Januar ständig zuungunsten der Deutschnationalen verlagert. Der Reichswirt-schaftsdiktator macht sich hinsichtlich gewisser Eingriffe in das Verbands- und allgemeine Geschäftsleben den Unterschied zwischen dem tatsächlichen und dem Rechtszustand. Vielleicht hätte er in vielen Fällen von vornherein dafür sorgen können, daß ein solcher Unterschied nicht entstand. [] Bejaht man, wie es unseres Erachtens geschehen muß, die Frage nach der Notwendigkeit bürgerlicher Mitarbeit, so entsteht das Problem, in welcher Form sie sich am besten vollzieht. Unser Ausgangspunkt zeigt, wie ernst dieses Problem in wenigen Monaten schon geworden ist. Haben selbständige Parteien und Verbände neben dem Nationalsozialismus noch einen Sinn? Sie können einen Sinn nur haben, wenn es gelingt, sie an Haupt und Gliedern zu erneuern und ihnen das Leben und die politische Instinktsicherheit zu geben, die ihnen in dem letztvergangenen Zeitabschnitt oft fehlten. Wie dem auch sei: die bürgerlichen Mitglieder des Reichskabinetts müssen ihre allgemeinpolitische Aktivität an der jugendlich-unbekümmerten Handlungsfähigkeit und Entschlußkraft des größeren Regierungspartners messen. [] Eingeschrumpfter Außenhandel [] Rückwirkungen der Krise und vor allem der politischen Entwicklung in Deutschland zeigen sich in der Gestaltung des Außenhandels. Aufschlußreich war in dieser Beziehung die Statistik über den Ausfuhrüberschuß im Januar und Februar 1933. Von 260 Millionen Mark Ausfuhrüberschuß im Januar und Februar 1932 war dieser Ueberschuß zurückgegangen auf 50 Millionen Mark im Januar und Februar 1933. Für die Erfüllung der deutschen Zinsverpflichtungen gegenüber dem Ausland ist aber ein Ausfuhrüberschuß von etwa 75 Millionen Mark erforderlich. Die Monate Januar-Februar sind also ein Fanal. Nun weist der März eine auffällige Steigerung des Ausfuhrüberschusses auf. Er beträgt gegenüber 27 Millionen Mark im Februar 64 Millionen. Aus dieser Tatsache ist vielfach der Schluß einer langsamen wirtschaftlichen Wiederbelebung, also Ueberwindung der wirtschaftlichen Rückwirkungen der politischen Er-eignisse gezogen worden. Dieser Rückschluß ist irrig. Der März ist Abrechnungsmonat. Er ist in jedem Jahre günstiger als alle andern Monate. Ein Vergleich mit dem Vorjahre macht das deutlich. Während der Ausfuhrüberschuß im Februar 1932 97 Millionen Mark betrug, stieg er im März 1932 auf 163 Millionen Mark. Die Entwicklung des Außenhandels im März läßt also noch keineswegs andere Rückschlüsse zu als die Außenhandelszahlen vom Januar und Februar. [] Die Dollar-Katastrophe [] Die Abschwächung des Dollars um über 10 % seines Wertes hat begonnen, ihre unheilvollen Wirkungen auf die Weltwirtschaft auszuüben. Jetzt erst dürfte der Welt klar werden, was die Vorgänge in den Vereinigten Staaten während der letzten Wochen für alle bedeuten: Die Pleitenserie in Nordamerika schließt mit einer Verschärfung der Weltwirtschaftskrise ab, mit einer Steigerung des Wirrwarrs im internationalen Handel und Wandel, gegen die sich Abschließungstendenzen protektionistischer und autarker Art wie Kartenhäuschen ausnehmen, die dem entfesselten Dollarorkan auf den ersten Schlag zum Opfer fallen. Darüber soll man sich nicht täuschen. [] Es hört sich recht beruhigend an, wenn erklärt wird, Amerika ist das große Gläubigerland, dessen Goldvorräte gerade jetzt seit Monaten den höchsten Stand erreicht haben und das sich einer aktiven Zahlungsbilanz erfreut, weshalb seine Währung nicht auf die Dauer absinken kann. Das ist alles richtig, aber ein schlechter Trost. Entscheidend ist, daß die Welt mit der Stabilität des Dollars den einzigen nach der Inflationierung des englischen Pfundes noch verbliebenen Wertmesser, das internationale Geld, verloren hat. Kapitalistische Wirtschaft, nach deren Gesetzen man im der Welt handelt, braucht Vertrauen, Sicherheit. Sie sind durch die Dollarabschwächung zerrüttet. Man weiß nicht, was wird. Man flüchtet daher in die Sachwerte. Man kauft Effekten. Man kauft Kupfer, Weizen, Baumwolle. Die Flucht in die Sachwerte ist in vollem Gange. [] Ob der Entschluß Amerikas, den Dollar nicht mehr zu stützen, eine Kampfmaßnahme gegen England darstellt oder nicht, ist völlig gleichgültig. Wichtig sind jetzt nicht die Ursachen, sondern die Wirkungen. Hier aber schält sich die Steigerung der Rohstoffpreise heraus, die unter Einfluß der Flucht in die Sachwerte automatisch erfolgt. Das Steigen der Rohstoffe kommt der amerikanischen Regierung, deren Autorität davon abhängt, ob sie die Agrarkrise in Amerika mildern kann, sehr gelegen. Sie wird den Spekulanten ihre Tätigkeit nach Kräften erleichtern. Weizen, Kupfer und Baumwolle haben angezogen, zum Teil bis 30 % und mehr. Die Welt nimmt damit ein anderes Gesicht an. [] Ob diese Rohstoff-Hausse die Weltkonjunktur anregen wird, ist zu bezweifeln. Gewiß, der amerikanische Bauer erhält höhere Preisnotierungen - aber auch nur Notierungen. Infolge der depressiven Wirkung der Dollarabschwächung wird die Industrie im Auslande nach dem ersten Schock nicht mehr, sondern wahrscheinlich weniger kaufen. Das amerikanische Preisexperiment erinnert an das Preissyndikat, das höhere Preise festsetzt und im Absatz Verluste und Rückgänge hinnehmen muß. Mit einer inflationistischen Preispolitik wird Amerika der Krise nicht Herr werden. Die Dollar-Inflation mündet in die Frage internationaler Zusammenarbeit, in die entscheidende Frage, ob es zur Weltwirtschaftskonferenz kommt und ob diese positive Erfolge haben wird. [] Auf dieser Linie scheint auch die Stellungnahme der Deutschen Reichsbank zu liegen, die die Situation mit bemerkenswerter Ruhe und Entschlossenheit betrachtet. Die Reichsbank lehnt die absurde Idee, die Mark dem entwerteten Dollar anzuhängen und sie ebenfalls abzuwerten, von vornherein ab. Anderseits legt sie die Goldklausel in Deutschlands Dollarschulden, kurz- und langfristig etwa 9,5 Milliarden Mark, so aus, daß ein Land unmöglich seine Verpflichtungen herabsetzen, seine Forderungen aber aufrechterhalten kann. [] Die New Yorker Besprechungen [] Die Entscheidung für eine Reihe von Wirtschaftsfragen, deren Lösung man erst von der Weltwirtschaftskonferenz erwartete, dürfte bereits in den New Yorker Besprechungen fallen, die zur Zeit zwischen Roosevelt, Macdonald und Herriot geführt werden. [] Der ursprüngliche Anlaß zu der Reise Macdonalds und Herriots nach Amerika war die Notwendigkeit, Klarheit über die Schuldenfrage zu schaffen. Die nächste Ratenzahlung wird im Juni fällig und dürfte, wenn keine Vereinbarung Amerikas mit England und Frankreich zustande kommt, auf den Geldmärkten eine ähnliche Unordnung anrichten wie im Dezember 1932. Während aber Macdonald und Herriot auf dem Meere schwammen, riß Roosevelt die Initiative an sieh und ließ die Dinge zur Dollarinflation treiben, die jetzt von Amerika mit Nachdruck durch den Hinweis auf die zwingenden Wirtschaftsverhältnisse in Amerika erklärt und begründet wird. [] Der Dollar hat, wie so vieles andere, auch das Programm der New Yorker Besprechungen verändert. Einmal hat man sich, auf eine Anregung des englischen Premierministers hin, entschlossen, gemeinsam zu beraten, während die Amerikaner im Anfange daran dachten, jeweils mit der englischen und französischen Delegation einzeln zu verhandeln. Des andern ist die Schuldenfrage zunächst in den Hintergrund getreten. Allerdings haben die Franzosen erklärt, daß sie New York als die Fortsetzung von Lausanne betrachten, und daran erinnert, daß in Lausanne eine Streichung der deutschen Reparationsschuld bis auf 10 % erfolgt ist. [] In der Währungsfrage selbst scheint aber die Entscheidung für das Gold bereits in den Besprechungen zwischen Macdonald und Roosevelt gefallen zu sein. Man will, so wurde erklärt, das Pfund und den Dollar auf ihren tatsächlichen Wert stabilisieren. Schwierigkeiten macht das Verhältnis von Dollar und Pfund. Die Amerikaner wollen das Pfund gleich 4 Dollar gesetzt wissen, während die Engländer höchstens 31/2 Dollar zugestehen zu dürfen glauben. Die Meinungsverschiedenheiten sollen zwischen den Sachverständigen ausgetragen werden. Kommt es hier zu irgendeinem Kompromiß, der die Kluft zwischen den Goldländern und den Sterlingsblockländern schließt, dann ist das Ergebnis nicht hoch genug anzuschlagen und ein positiver Verlauf der Weltwirt-schaftskonferenz ziemlich gesichert. [] Ganz ohne Konzessionen wollen sich aber die Amerikaner ihren Entschluß, den Dollar wieder auf das Gold zurückzuführen, nicht abringen lassen. Roosevelt hat bereits in der Be-sprechung mit Macdonald die Forderung nach Zollabbau aufgestellt. Amerika braucht den Zollabbau für seinen landwirtschaftlichen Export, besonders seit der Konferenz von Ottawa, auf der England die Rohstoffländer des britischen Imperiums durch Zölle und sonstige protektionistische Maßnahmen schützte. England soll also die Stabilisierung des Dollars mit einer Teilrevision der Beschlüsse von Ottawa bezahlen. [] Was wird mit Hapag-Lloyd? [] Als vor Jahren unter kräftiger Mitwirkung der in der Finanzkatastrophe von 1931 versunkenen Danatbank der Friede in der deutschen Großschiffahrt hergestellt und die beiden Reedereikonzerne Norddeutscher Lloyd und die Hapag zur Union vereinigt wurden, glaubte man, durch Ausschaltung einer kostspieligen Konkurrenz die Grundlagen gelegt zu haben, um die Seeschiffahrt wieder rentabel zu machen und über die Krisenjahre hinwegzubringen. So nur lassen sich die Opfer verstehen, die dem Reichssäckel für die neue Union zugemutet wurden. [] Die Union scheint aber die Hoffnungen nicht erfüllt zu haben und konnte sie auch nicht erfüllen, wenigstens soweit der unter dem Druck der Krise sich ständig verringernde Handelsverkehr ausschlaggebend ist. Die Regierung scheint es daher wirtschaftspolitisch für geraten zu halten, die großen Konzerne aufzulockern. [] Bis jetzt weiß man jedoch nur, daß mit der Union etwas passieren soll. Was eigentlich geschehen soll, weiß man nicht. Denkschriften für eine Umwandlung der Union liegen in Hülle und Fülle vor, meistens Gedanken und Projekte aus Hamburg und Bremen. Viel beachtet wird das Projekt des nationalsozialistischen Hamburger Bürgermeisters Krogmann, das in der Hauptsache den Reedereien neben Lloyd und Hapag Spezialgebiete zuweist, die Nordamerikafahrt Lloyd und Hapag gemeinsam überläßt und den Verkehr nach Südamerika, Indien, Ostasien usw. zwischen Lloyd und Hapag aufteilt. Während also die Union den Ausgleich zwischen Passagier- und Frachtverkehr regelte - Lloyd mit seinen modernen Schiffen mehr Passagier-, Hapag dagegen mehr Frachtverkehr -, tritt bei Krogmann die Aufteilung der Linien in den Vordergrund, weiter der Schutz der kleineren Unternehmungen, an denen das Bürgertum an der Wasserkante kapitalsmäßig stark beteiligt ist. [] Der Gedanke hat gegenüber dem Union-Trust, der niemals zur inneren Ordnung zu kommen vermochte, mancherlei Vorteile, kann aber die finanziellen Voraussetzungen auch nur schaffen, indem er auf Staatshilfe zurückgreift. Darin stimmen überhaupt alle Projekte überein. Alle kommen sie zu dem Schluß, daß eine gesunde Betriebsrechnung und funktionierende Kapitalsverhältnisse nur mit Hilfe des Vaters Staat zu erzielen sind bereits der Nationalsozialistischen Partei an. Der Rest dürfte in nicht allzu ferner Zeit folgen. [] Die Weitanschauungsparteien der Linken [] werden vom neuen System mit größter Entschiedenheit bekämpft. Es verwirft den Liberalismus und will die Ausrottung des marxistischen Sozialismus. Daneben aber existiert auch noch die nicht minder interessante Frage der Existenz des Zentrums als Weltanschauungspartei. [] Nicht nur auf dem Gebiete des Parteiwesens und der Presse befinden sich die Dinge noch im Fluß, dasselbe gilt auch von der staatsrechtlichen Konstruktion des neuen Systems. Das Verhältnis von Reich und Ländern und insbesondere auch die staatspolitische Gestaltung in den einzelnen Ländern sind noch keineswegs geklärt. Dafür liefert [] die Entwicklung in Preußen [] ein anschauliches Beispiel. Der Reichskanzler hat nach der Rückkehr des Reichsministers Göring von seiner römischen Reise als Statthalter von Preußen eine neue preußische Regierung ernannt. Ministerpräsident und Innenminister ist Reichsminister Göring, Justizminister Herr Kerr1, Kultusminister Herr Rust, Finanzminister Herr Popitz. Mit Ausnahme von Popitz sind die preußischen Minister Nationalsozialisten, auch der Staatssekretär des Staatsministeriums Körner ist führender Nationalsozialist. Die grundsätzliche Verteilung geht der Gliederung der Reichregierung parallel. Nach dem Prinzip vom Primat der Politik sind die wirtschaftlichen Ressorts als nichtführend nicht von den National-sozialisten beansprucht worden. Für die Aufgabe der Aufstellung des Etats und der Verwaltung der Finanzen ist in Preußen wie im Reich ein Fachmann genommen worden, hier Professor Popitz, dort Graf Schwerin-Krosigk. Es ist anzunehmen, daß der politische Führungswille der Nationalsozialisten auch für diese Ressorts die großen Linien bestimmen wird. Die politische Idee der Nationalsozialisten hat sich gegenüber der Idee der Deutschnationalen bei der Bildung der Regierung Hitler nicht nur im Reich, sondern auch in Preußen durchgesetzt. Man erkennt an der Zusammensetzung der Regierung, an der Erfassung von innerer Verwaltung, Polizei, Justiz und Schule, wie stark der politische Machtwille der Nationalsozialisten vor den wirtschaftlichen Erwägungen ihrer Bundesgenossen einhergeht. [] An diesem praktischen Beispiel ist zu erkennen, wie stark die Dinge noch im Fluß sind. Der Gedanke, das preußische Ministerpräsidium und den Reichskanzlerposten, das preußische Innenministerium und das Reichsinnenministerium nach Möglichkeit in einer Hand zu vereinigen, hat im Anfang noch eine Rolle gespielt. Er ist inzwischen überholt worden durch die Einrichtung der Reichsstatthalterschaften. Damit ist der Weg der Machtzusammenfassung nach Bismarckschen Grundsätzen verlassen worden und ein neuer Weg beschritten worden. Die Voraussetzung dafür war republikanisch, bei der Existenz von Partikulardynastien war dieser Weg selbstverständlich nicht gangbar. Ob nun hier eine endgültige Verfassungskonstruktion vorliegt, läßt sich noch nicht übersehen. Der preußische Oberpräsident Kube hat in einer Rede ausgeführt, daß der wilde Strom weiter an seinem Bett schaffe. Das läßt vermuten, daß auch hier noch Umkonstruktionen möglich sind. [] Der Gang der Dinge zeigt, daß die Nationa1sozialisten dabei völlig die Führung haben, während der deutschnationale Regierungspartner dabei eine passive Rolle spielt. Man kann ohne Einschränkung von dem nationalsozialistischen Preußen reden. [] Das neue Kabinett in Preußen bedeutet ein gänzlich neues Experiment der Neukonstruktion und Neuorganisation. Es ist schon so, wie der Oberpräsident Kube sagte: "Mag mancher auch das immer weitere Vorwärtstragen der nationalsozialistischen Revolution nicht verstehen - diese Revolution ist noch nicht zu Ende, sie geht weiter so lange, bis der wilde Strom sich aus eigener Kraft und nicht aus dem Nachgeben der andern das neue Bett gegraben hat." [] Dieser Strom ist bei der Neuorganisation in Preußen mit manchen traditionellen Ideen der Deutschnationalen in Widerspruch geraten. Das neue Kabinett und die Gegensätzlichkeit zwischen der Erklärung Hugenbergs und der Rede von Kube zeigen dies aufs deutlichste. [] Ueber die künftige Gestaltung der Gewerkschaften sind Entscheidungen noch nicht gefallen. Im Reichsinnenministerium ist man zur Zeit mit der [] Ausarbeitung eines Entwurfs über die berufsständische Verfassung [] beschäftigt, der auch zu der Gewerkschaftsbewegung grundsätzlich Stellung nehmen soll. [] Es ist möglich, daß die Regierung erst die Fertigstellung dieses Entwurfs abwartet, ehe sie weitere Schritte in der Frage der Neuordnung der Gewerkschaften unternimmt. Auch der Abbruch der Verhandlungen zwischen Vertretern der NSBO. und der alten Gewerkschaften, der vor einigen Tagen auf Veranlassung der NSBO. erfolgte, ließe sich aus der Absicht der Regierung erklären, die be-rufsständische Idee auf die Gewerkschaftsbewegung anzuwenden. Anhänger einer Neuordnung des Gewerkschaftslebens unter berufsständischen Gesichtspunkten ist Staatssekretär Grauert, früher Syndikus in der rheinisch-westfälischen Schwerindustrie, der anscheinend die Gewerkschaftspolitik der Regierung in letzter Zeit stark beeinflußt. Setzt sich die berufsständische Idee bei der Neugliederung der Gewerkschaften durch, dann ändert sich die Situation auf gewerkschaftlichem Gebiete von Grund auf, auch hinsichtlich der Verhandlungen, die bereits zwischen den Gewerkschaften und der NSBO. geführt worden sind. [] Verschmelzungsverhandlungen [] haben zwischen einzelnen Zentralverbänden der christlichen und freien Gewerkschaften stattgefunden. Man einigte sich dahin, endgültige Beschlüsse erst dann zu fassen, wenn die Entscheidung bei den Spitzenorganisationen, dem ADGB. und dem Gesamtverband der christlichen Gewerkschaften, ge-fallen ist. [] Stahlhelm unter Hitlers Oberkommando [] Auch im Stahlhelm haben in den letzten Wochen sich durchgreifende Veränderungen vollzogen. Jene Richtung, die einer Verschmelzung mit der SA. oder wenigstens doch eine engere Anlehnung befürwortete, hat sich jetzt durchgesetzt. Der erste Bundesführer Seldte hat den zweiten Bundesführer Oberstleutnant Duesterberg seiner Aemter entbunden. Diese Maßnahme, so wird offiziell mitgeteilt, sei erfolgt, "um die einheitliche Führung und den geschlossenen Einsatz des Stahlhelm zu sichern". Seldte hat die alleinige Führung übernommen. Man spricht davon, daß sich nunmehr auch der Stahlhelm unter Hitlers Oberleitung begeben wolle. [] Politischer Rundblick [] In Leipzig wurde eine angeblich "geheime Konferenz" von Sozialdemokraten entdeckt. Mehrere Funktionäre der So-zialdemokratischen Partei, darunter der sächsiche Landtagsabgeordnete Liebmann und Bezirkssekretär Schroers, wurden verhaftet. [] Von sozialdemokratischer Seite erfahren wir dazu, daß die Sozialdemokratische Partei auf dem Boden der Legalität steht, demgemäß handelt und deshalb "Geheimkonferenzen", wie sie ihr unterstellt wurden, nicht abhält. [] Das Gebäude des sozialdemokratischen "Vo1ksblattes" in Harburg-Wilhelmsburg, in dem sich auch Gewerkschaftsräume befinden, wurde von der Polizei besetzt und einer Durchsuchung unterzogen. Es wurden zahlreiche Druckschriften beschlagnahmt. Bis zur Klärung der Lage, ob und inwieweit bei der Geschäftsführung der Gewerkschaften Un-stimmigkeiten vorgekommen sind, wird das Gebäude besetzt bleiben. [] Der sozialdemokratische Abgeordnete des Preußischen Landtags, Hofacker-Kassel, der kürzlich aus der Sozialdemokratischen Partei ausschied, ist inzwischen zur Sozialdemokratie zurückgekehrt. Der sozialdemokratische Landtagsabgeordnete Berg, der im Wahlkreis Westfalen-Nord gewählt wurde, ist aus der Sozialdemokratischen Partei ausgetreten. Die Umstände zu diesem Schritt sind vorläufig noch un-bekannt. [] Von der sozialdemokratischen Fraktion des Preußischen Landtags befinden sich zur Zeit vier Abgeordnete in Haft, und zwar Lau - Hannover, Bauer - Luckenwalde, Leinert und der frühere Landrat Freter, der am Montag in Schneidemühl verhaftet wurde. [] Im Namen des Reichsstatthalters in Bayern ist mit Wirkung vom 1. Mai 1933 an der Rat am Landgericht München I Dr. Wilhelm Hoegner auf Grund des § 4 des Gesetzes zur Wiederherstellung des Berufsbeamtentums vom 7. April 1933 aus dem bayerischen Staatsdienst entlassen. Hoegner, der im 46. Lebensjahr steht, befand sich seit 1920 im bayerischen Staatsdienst. Im Jahre 1924 wurde er als sozialdemokratischer Abgeordneter in den Bayerischen Landtag und 1930 in den Reichstag gewählt. Er ist heute noch sozialdemokratischer Abgeordneter des Reichstags und des Bayerischen Landtages. Hoegner ist als erster bayerischer Staatsbeamter von dem neuen Gesetz betroffen worden. [] Der preußische Minister für Wissenschaft, Kunst und Volksbildung hat angeordnet, daß alle "marxistischen" Vereine und Verbände, die Jugendpflege und Leibesübungen treiben, mit sofortiger Wirkung aus den Orts-, Kreis- und Bezirksausschüssen für Jugendpflege auszuschließen sind. Auch sind diesen Vereinen jegliche Vergünstigungen (zum Beispiel Fahrpreisermäßigungen) zu versagen. Bestimmungen über das künftige Verfahren bei Gewährung der Fahrpreisermäßigung folgen demnächst. Fejner muß die Bestallung "marxistischer" Bezirks- und Kreisjugendpfleger unverzüglich aufgehoben werden. [] In Preußen ist am Dienstag ein neuer Personalschub verfügt worden, durch den auch zahlreiche Anhänger des Zentrums betroffen werden. Der größte Teil der höheren Verwaltungsstellen befindet sich bereits in den Händen von Nationalsozialisten und Deutschnationalen. Dem Zentrum gehören nur noch ein Oberpräsident in Oppeln und die Regierungspräsidenten in Aachen und Münster an. [] Die Reichsregierung bereitet eine Ergänzung zum Reichskohlen- beziehungsweise Reichskaligesetz vor, nach der die Vertreter der Arbeitnehmerorganisationen im Reichskohlenverband, in den Kohlensyndikaten und im Kalisyndikat ausscheiden müssen. [] Der Verwaltungsrat der Reichspost ist neu zusammengesetzt worden. Er besteht hauptsächlich aus Nationalsozialisten. Außerdem ist ein Mitglied der Deutsch-nationalen Partei und eines der Zentrumspartei in ihm ver-treten. Sozialdemokraten gehören dem Verwaltungsrat nicht mehr an. [] Die Beratungen, insbesondere bei der Post und der Eisenbahn die 40-Stunden-Woche durchzuführen, sind ergebnislos verlaufen. Wie "Der deutsche Eisenbahner" mitteilt, habe man sich überzeugt, daß das gleiche Arbeitspensum nur bei verhältnismäßig größerem Ersatzpersonal geleistet werden könne. Der Vertreter der Reichsbahn errechnete sogar eine Mehr-belastung - die uns allerdings stark übertrieben vorkommt - von 400 Millionen Mark pro Jahr heraus. [] Der Geschäftsführer Werner der Kölner Vereinigten Ortskrankenkasse für Handwerker hat, ehe seine angeordnete Verhaftung ausgeführt werden konnte, Selbstmord begangen. Der erste Vorsitzende Jäger wurde wegen Verdunkelungsgefahr in Haft genommen. Ferner erfolgten zwei weitere Festnahmen in der Leitung der Kasse. [] Die Nachprüfung der Verwaltung soll, wie der nationalsozialistische "Westdeutsche Beobachter" berichtet, ergeben haben, daß eine unstatthafte Wirtschaft mit Wechseln bei der Kasse geherrscht habe, daß der Anteil der Verwaltungskosten am Beitragsaufkommen 30 % erreicht hatte und daß wichtige Akten fehlten. Die Angelegenheit werde von der Kriminalpolizei untersucht. [] Aus der Partei [] Die Genossen Podeyn, Willi Schmedemann, Walter Schmedemann und Kurt Berkmann, die auf der neuen Bürgerschaftsliste stehen, sind wegen ihrer Zugehörigkeit zur Sozialdemokratischen Partei aus dem Staatsdienst beurlaubt beziehungsweise entlassen worden. [] Nachdrücklichst ersuchen wir alle Parteigenossinnen und Parteigenossen, ihre Beitragsverpflichtungen gegenüber der Partei regelmäßig zu erfüllen. Die Aufrechterhaltung auch beschränkter Organisationsarbeit erfordert eine pünktliche Beitragszahlung. Es ist selbstverständlich, daß die sachlichen und vor allem die personellen Unkosten, die die Partei bisher zu tragen hatte, weitestgehend eingeschränkt worden sind. Ueberflüssige Kräfte sind gekündigt worden. Die Gehälter der verbleibender Genossinnen und Genossen sind stark abgebaut worden. [] Der Vorstand der Landesorganisation [] K. Keitmann [?] [] 1. Vorsitzender. [] Auer & Co., Hamburg 36
Published:24.04.1932