Liebe Wähler, liebe Wählerin! . Am 28. Oktober sind Kommunalwahlen; [...]

Lieber Wähler, liebe Wählerin! Am 28. Oktober sind Kommunalwahlen; für weitere vier Jahre d der Rat der Stadt Köln, der über fast alle städtischen Angelegenheiten zu entscheiden hat, neu gewählt. Sie als Bürger der Stadt können dabei durch die Wahl der Kandidaten einen entscheidenden Einfluß ausüben...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Kühn, Marianne, Druckhaus Deutz
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 28.10.1956
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/94AC6369-8703-423B-A738-7FF7B48FC164
Description
Summary:Lieber Wähler, liebe Wählerin! Am 28. Oktober sind Kommunalwahlen; für weitere vier Jahre d der Rat der Stadt Köln, der über fast alle städtischen Angelegenheiten zu entscheiden hat, neu gewählt. Sie als Bürger der Stadt können dabei durch die Wahl der Kandidaten einen entscheidenden Einfluß ausüben: w i e sich der neu zu wählende Stadtrat dann zusammensetzt, in seinen Einzelpersönlichkeiten sowohl wie in der Stärke der Parteien, danach bestimmen sich Inhalt und Richtung der künftigen Rathauspolitik. Ich schreibe Ihnen diese Zeilen als Kandidatin der Sozialdemokratischen Partei für diesen Wahlbezirk. (Zu meiner Person: Ich bin in Köln geboren, hier in einem Arbeiterhaushalt aufgewachsen, seit 17 Jahren verheiratet, Hausfrau und Mutter eines 12jährigen Jungen, und in Kürze werde ich 42 Jahre alt.) Das Amt einer Stadtverordneten habe ich schon einmal, in den Jahren von 1952 bis heute, ausgeübt. Ich habe es gern getan, weil es eine verantwortliche Aufgabe ist, an der Lösung der vielen. Probleme unserer großen, alten und schönen Stadt mitzuwirken. Meine besondere Aufmerksamkeit hat dabei stets dem Wohnungsproblem sowie den Schulfragen gegolten, liier vor allem dem Schulbau (insbesondere von Volks- und Berufsschulen). Und ich habe mich besonders dafür eingesetzt, daß alle Konfessionen und Bevölkerungsteile gleich behandelt wurden. Denn wir sind alle gleichberechtigte Bürger unserer Stadt, ob wir Katholiken oder Protestanten, ob wir Mittelständler oder Arbeiter sind. Ebenso lag mir die Sorge für unsere Jugend am Herzen. Die Krawalle von "Halbstarken" und manche andere Nachrichten zeigen die Gefahren, denen unsere Jugend ausgesetzt ist: Dagegen helfen keine Kasernen, sondern gute Volks- und Jugendbüchereien in ausreichender Zahl, moderne Sportanlagen und Jugendspielplätze. Und das nicht nur für die Heranwachsenden, sondern bereits von den Kleinen an: Weg von der Straße - Schaffung von städtischen Kindergärten und -horten und vielen Kinderspielplätzen, denen die Mütter ihre Kleinen unbesorgt anvertrauen können! Dafür habe ich mich als Frau und Mutter und als Sozialdemokratin besonders eingesetzt. Dafür viel Geld auszugeben, ist meiner Meinung nach nicht nur wichtiger als für den Bau von Kasernen und auch Luftschutzkellern von fragwürdiger Schutzsicherheit, sondern auch in der Rangfolge wichtiger als manche repräsentative städtische Bauten von nicht gerechtfertigtem Kostenaufwand. In meinem Wohnort Buchforst werden viele von Ihnen als Besucher der regelmäßig durchgeführten Bürgerversammlungen, auf denen ich über die Arbeit im Rathaus berichtete und mit der interessierten Bevölkerung gemeinsam überlegte, was noch weiter getan werden könne, meine Auffassungen und meine Haltung zu den dargelegten Dingen kennen. Diese Bürger wissen auch, daß ich in unserem engeren Wohnbereich manches angeregt und durchgesetzt habe, u. a. gegen zunächst heftigen Widerstand die Einrichtung eines Wochenmarktes. Das geschah nicht, um den Einzelhandelsgeschäften, von denen es manche sehr schwer haben, zu existieren, eine schädigende Konkurrenz entgegenzusetzen. Es ging mir darum, den wirtschaftlich schwachen Bevölkerungsteilen, den Rentnern, den kinderreichen Familien usw., eine billigere Einkaufsquelle zu verschaffen. Zum anderen sollte durch diese Einrichtung auch der sonst von den Vorteilen der Erhardschen freien Marktwirtschaft ausgeschlossene Verbraucher einmal etwas vom "Spiel der freien Kräfte" profitieren. Viele Hausfrauen wissen die Einrichtung des Wochenmarktes zu schätzen, und in erhöhtem Maße gerade jetzt in einer Zeit, in der die Lebensmittelpreise dem Einkommen der breiten Massen unseres Volkes immer mehr davonlaufen - wogegen Bundeskanzler Dr. Adenauer und sein Ernährungsminister Lübke zu behaupten wagten, die Hausfrauen seien an den Preissteigerungen schuld! Lieber Wähler, liebe Wählerin! Hiermit habe ich Ihnen in großen Zügen dargelegt, aus welcher Gesinnung und Haltung ich die Probleme unserer Stadt sehe. Manches konnte auf dem engen Raum dieses Briefes nur angedeutet werden. Wer von Ihnen darüber hinaus noch etwas mehr erfahren will, den bitte ich, die Versammlungen zu besuchen, in denen ich vor den Wahlen darüber zu Ihnen sprechen möchte. Wenn Sie aber mit mir einverstanden sind, bitte ich Sie, mir am 28. Oktober auch Ihre Stimme zu geben. Mit freundlichen Grüßen Ihre Marianne Kühn<NZ>Kandidatin der SPD im Wahlbezirk 26, Kalk-Buchforst, Liste 2 <NZ>DRUCKHAUS DEUTZ
Published:28.10.1956