Liebe Landsleute!

Bemerkungen: Fleck am oberen Rand; Eingangsstempel ; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals PROFESSOR DR. LUDWIG ERHARD [] BUNDESMINISTER FÜR WIRTSCHAFT [] Bonn, im Juli 1961 [] Liebe Landsleute! [] In aller Offenheit möchte ich Ihnen sagen, daß ich diesen Brief schreibe, weil wir am 17. Septem...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Erhard, Ludwig
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 17.09.1961
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/E911ABE9-2A8E-4BA0-AE5B-40585F69BFE2
Description
Summary:Bemerkungen: Fleck am oberen Rand; Eingangsstempel ; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals PROFESSOR DR. LUDWIG ERHARD [] BUNDESMINISTER FÜR WIRTSCHAFT [] Bonn, im Juli 1961 [] Liebe Landsleute! [] In aller Offenheit möchte ich Ihnen sagen, daß ich diesen Brief schreibe, weil wir am 17. September einen neuen Bundestag wählen. Wie Sie sich vielleicht erinnern, habe ich mich im Jahre 1953 schon einmal auf dem gleichen Wege an Sie gewandt. Damals hatten wir gerade 5 Jahre Sozialer Marktwirtschaft hinter uns und konnten klar erkennen, daß unser Weg richtig war. Damals bat ich Sie um Vertrauen zu meiner Politik und für meine Partei, die CDU/CSU. Ich überlasse es Ihrer Beurteilung, ob ich dieses Vertrauen erfüllt habe und ob wir zu unserem Wort gestanden haben oder nicht. [] Es war von Anfang an das Ziel meiner Wirtschaftspolitik, für jeden einzelnen von Ihnen das Beste "herauszuwirtschaften". Wir haben zwar verständlicherweise noch nicht alle Aufgaben gelöst, vor die uns der totale Zusammenbruch stellte, aber wir sind durch harte Arbeit doch ein gutes Stück vorangekommen. Lassen Sie mich hier nur auf einige Tatsachen hinweisen, auf die wir alle mit Recht stolz sein können: Die D-Mark ist eine der stabilsten Währungen der Welt geworden, die Arbeitslosigkeit wurde beseitigt, Löhne, Gehälter und Renten stiegen, sechs Millionen neue Wohnungen wurden gebaut, viele Millionen Vertriebene und Flüchtlinge konnten eingegliedert werden. [] Das bisher Erreichte ist kein Produkt des Zufalls, sondern das Ergebnis der Anstrengungen aller Menschen der Bundesrepublik in Verbindung mit der zielklaren Politik der Bundesregierung und einer verantwortungsvollen Wirtschaftspolitik. [] Nun werden Sie mich fragen: Wie geht es weiter? Dazu muß ich Ihnen sagen: Die erfolgreiche Fortführung des bisher Geschaffenen ist nicht nur von außen bedroht, sondern leider auch von innen angefochten. Sie wissen, daß die SPD über ein Jahrzehnt gegen unsere Wirtschaftspolitik gekämpft hat. "Erhard ruiniert die Wirtschaft", so hieß es auf ihren Plakaten. [] Heute tut die SPD auf einmal so, als wäre ihre falsche Politik, die Politik des Nein und der Illusionen, nichts anderes als ein harmloses Mißverständnis gewesen. Jetzt überbieten sich die Sozialdemokraten mit Versprechungen, um damit Stimmen zu fangen. Welches Vertrauen aber verdient eine Partei, die heute vorgibt, das Gegenteil von dem tun zu wollen, was sie gestern als ihre Politik erklärt hat? Eine solche Partei ist unglaubwürdig und damit unzuverlässig. Einer solchen Partei Vertrauen entgegenzubringen, wäre gefährlich. [] Wir brauchen auch in Zukunft eine zuverlässige und beständige Politik, die dem ganzen Volke dient. Wir brauchen als Voraussetzung für unsere glückliche Zukunft eine gesunde Wirtschaft, mit der falsche sozialistische Propheten nicht experimentieren dürfen. Ich verbürge mich mit meiner Partei, der CDU/CSU, dafür, daß unsere erfolgreiche Politik auch weiterhin fortgesetzt wird. [] Daran denken Sie bitte, wenn Sie sich am 17. September bei der Bundestagswahl entscheiden. Seien Sie sich bewußt, daß es dabei auch um Ihr eigenes Schicksal und um die Sicherheit und die Zukunft Ihrer Familie geht. Vertrauen Sie darauf, daß ich während der letzten 12 Jahre nichts versprochen habe, was ich nicht auch zu halten wußte. [] Ihr [] Ludwig Erhard
Published:17.09.1961