Merkblatt für Flüchtlinge u. Evakuierte!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: SPD-Landesvorstand Bayern, Signatur 76 Bitte lesen und weitergeben! [] Merkblatt für Flüchtlinge u. Evakuierte! [] 1. Was müßt Ihr von der Wahl wissen? [] Wenn Ihr bei der kommenden Wahl zur verfassungebenden Landesversammlung endli...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Landesvorstand Bayern, Albert, M., Oberbayerisches Volksblatt, Rosenheim
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 30.06.1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/4C97D4D7-E622-495C-83FA-1365893C8C35
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: SPD-Landesvorstand Bayern, Signatur 76 Bitte lesen und weitergeben! [] Merkblatt für Flüchtlinge u. Evakuierte! [] 1. Was müßt Ihr von der Wahl wissen? [] Wenn Ihr bei der kommenden Wahl zur verfassungebenden Landesversammlung endlich wieder einmal oder zum ersten Mal einen Stimmzettel ausfüllt, dann müßt ihr das mit aller Sorgfalt und Überlegung tun. Es darf nicht mehr vorkommen, daß man Euch das Stimmrecht vorenthalten will. Es darf aber auch nicht vorkommen, daß Ihr nicht zur Wahl geht. Gerade dieser Wahlgang entscheidet ganz besonders über das Schicksal der Flüchtlinge, Evakuierten und Ausgebombten. [] Aus dieser Wahl gehen Männer und Frauen hervor, die für lange Zeit die neue Staatsform und die Verfassung Bayerns, Euerer neuen Heimat, bestimmen. Sie werden entscheiden, ob die Millionen existenz- und heimatloser Menschen als gleichberechtigte Glieder des Staates den erforderlichen verfassungsmäßigen Schutz erhalten, der ihrer Notlage entspricht. [] Darum muß gerade der Flüchtling und Evakuierte seine Stimme abgeben! [] 2. Wer darf wählen? [] Der Artikel 2 des Wahlgesetzes sieht vor: [] Wahlberechtigt sind am Ort ihres Aufenthaltes in Bayern alle deutschen Männer und Frauen, die am Wahltage [] 1. das 21. Lebensjahr zurückgelegt haben, [] 2. seit mindestens einem Jahr ihren dauernden Wohnsitz in Bayern genommen haben. [] Der dauernde Wohnsitz gilt als nicht unterbrochen, eine Person während der nationalsozialistischen Gewaltherrschaft wegen ihrer Rasse, ihres Glaubens, ihrer Weltanschauung oder ihrer politischen Überzeugung verfolgt wurde und deshalb ihren ständigen Wohnsitz verlassen mußte, aber vor dem Wahltag wieder nach Bayern zurückgekehrt ist. [] Das gleiche gilt für Personen, die auf Grund der Kriegsereignisse (Einziehung zum Kriegsdienst oder Evakuierung) oder aus dienstlichen Gründen vorübergehend Bayern verlassen haben. [] Der Artikel 9 des Wahlgesetzes bestimmt: [] Die Gemeinden haben für ihre Bezirke, oder wenn die Gemeinde zu mehreren Stimmbezirken gehört, für jeden Stimmbezirk eine Wählerliste oder Wahlkartei anzulegen und darin die in dem Stimmbezirk Wahlberechtigten einzutragen. [] Darum muß sich jeder überzeugen, ob er in die Wählerliste eingetragen ist und zwar 14 Tage vor der Wahl, um sein Stimmrecht wirklich zu sichern. Die Gemeinden sind verpflichtet, Ort und Zeit der öffentlichen Auslegung der Wählerlisten bekanntzugeben. [] Das Wahlrecht darf nicht von einer Erklärung abhängig gemacht werden, daß sich der Wähler verpflichtet, seinen dauernden Wohnsitz in der Gemeinde zu nehmen. [] 3. Wahltag: 30. Juni 1946: [] Als Wahltag wurde behördlicherseits der 30. Juni 1946 von 9 Uhr bis 18 Uhr bestimmt. [] 4. Wen wählen Flüchtlinge und Evakuierte? [] Nur die Partei, die Euere Interessen wahrnimmt und entschlossen ist, die zur Ueberwindung des Flüchtlingselends notwendigen Maßnahmen durchzusetzen. [] Das ist die Sozialdemokratische Partei! [] Die Delegierten dieser Partei haben in ihrer ersten Landeskonferenz einen Aufruf an die Opfer der hitlerischen Wahnsinnspolitik gerichtet, der mit den Worten beginnt: [] Die Sozialdemokratische Partei entbietet den aus ihrer Heimat vertriebenen Deutschen aus den Ostgebieten ihren brüderlichen Gruß ... Ein schweres Schicksal hat Euch, deutsche Landsleute, aus den Ländern des Ostens vertrieben ... Wir empfinden Euer Leid als unser Leid ... Ihr kommt arm zu uns ... aber nicht als Bettler ... Ihr kommt als Angehörige eines besiegten deutschen Volkes, das eine Schicksalsgemeinschaft bilden muß zur Überwindung der Folgen dieses fluchwürdigen Krieges ... [] Die Sozialdemokratische Partei hat seit langer Zeit beim Landesvorstand einen Flüchtlingsausschuß gebildet, dem einheimische wie auch sudetendeutsche und schlesische Sozialdemokraten angehören. Dieser Flüchtlingsausschuß hat der Regierung einen Gesetzentwurf vorgelegt, der die [] Einbürgerung, die sozialen Leistungen, die Aufnahme und die Eingliederung in Volk, Wirtschaft und Verwaltung, die selbstgewählte Vertretung bei Staats-, Regierungs- und Kreiskommissaren, sowie die Bildung von Ausschüssen für Ausgewiesene und Flüchtlinge [] gesetzlich regeln soll. [] 5. Das neue Flüchtlingsgesetz [] Der § 2 des vorliegenden Gesetzentwurfes lautet: [] (1) Die in § 1 aufgeführten Personen sind eingebürgert mit ihrer polizeilichen Anmeldung in Bayern. [] (2) Mit der Einbürgerung erwerben sie die gleichen Rechte und Pflichten wie die übrige bayerische Bevölkerung. [] Ob dieses Gesetz verwirklicht werden kann, hängt von Euerem politischen Willen ab. Entscheidet selbst über Euer Schicksal! [] Wählt SPD! [] Landesvorstand der SPD. Verantwortlich: M. Albert, München, Schackstraße 2 [] Druck: Oberbayerisches Volksblatt Rosenheim
Published:30.06.1946