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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Das Kommuniqué von Stuttgart [] "Zum ersten mal seit dem Hamburger Parteitag der SPD Ende Mai waren am 16. und 17. September in Stuttgart die leitenden sozialdemokratischen Körperschaften - Vorstand, Parteiausschuß, Kontrollkommission und sozialdemokratische Vertreter der Länderregierungen - zu einer gemeinsamen Tagung versammelt. [] Im Mittelpunkt stand ein zweistündiges Referat des Vorsitzenden Dr. Schumacher über das Problem der deutschen und europäischen Sicherheit. Die Diskussion, an der sieh [!] [sich] u. a. Erwin Schoettle, Wilhelm Kaisen, Otto Suhr, Carlo Schmid, Fritz Henssler, Wenzel Jaksch, Herbert Wehner, Victor Renner, Max Kukil, Anton Pytlik, Karl Meitmann und Günter Markscheffel beteiligten, ergab vorbehaltlose und einhellige Uebereinstimmung in der Bewertung der gegenwärtigen Situation. Die wichtigsten Grundthesen aus dem Referat Dr. Schumachers waren die folgenden: [] 1. Ablehnung aller Militarisierungspläne in der heutigen Situation, gleichgültig ob sie durch ausländische Interventionen oder aus Vorstellungen deutscher Politiker oder Militärs entstehen. Eindeutige Verurteilung der Methode, von deutscher Seite an die Alliierten mit Vorschlägen für die Remilitarisierung Deutschlands heranzutreten. [] 2. Es gibt nur einen Fall, in dem die Sozialdemokratie zu einem militärischen Beitrag für eine notwendig werdende Verteidigung ja sagen kann. Die unlösbare Verbundenheit des Schicksals der westlichen Demokratien mit dem deutschen Schicksal. Sie ist durch die Entfaltung entsprechender Machtmittel der westlichen Demokratien in Deutschland überzeugend sichtbar zu machen. Hier liegt auch ein entscheidender Beitrag der Alliierten zur Kriegsverhütung. [] 3. Keine Machtverteilung in der Welt enthebt Deutschland der Aufgabe, zu erklären, daß ohne eine entscheidende deutsche Mitwirkung als gleichberechtigter Partner eines internationalen Vertrages eine Aufrüstung Deutschlands nicht stattfinden kann. [] 4. Als mutiger, offener Beitrag zur Kriegsverhütung ist auch eine Haltung notwendig, die sich sehr scharf gegen jede kommunistische und prorussische Verlockung wendet und sich eindeutig zur Demokratie bekennt. [] 5. Es müssen hinsichtlich der Zahl, der Organisation und der Bewaffnung der Polizei feste Garantien geschaffen werden, daß es sich bei einer verstärkten Polizei nur um eine Formation mit innerpolitischer Zielsetzung und keinesfalls um eine Organisation handeln darf, die in ihrem Kein den Ausgangspunkt für eine "schwarze" Remilitarisierung darstellen könnte. [] Parteivorstand und Parteiausschuß nahmen weiter einen Bericht des stellvertretenden Vorsitzenden Erich Ollenhauer über die Tagung der beratenden Versammlung des Europarates in Straßburg entgegen. Dieser Bericht stellt abschließend fest: [] Der Gesamteindruck von dem Verlauf der Verhandlungen hat unsere Bedenken über die Möglichkeiten dieser Körperschaft bestätigt. Ohne gründliche Reform des Statutes bleibt die beratende Versammlung eine Versammlung von Propagandisten einer großen Idee. Sie ist in Gefahr, weiter an Bedeutung zu verlieren, je mehr konkrete Entscheidungen außerhalb des Europarates getroffen werden. Positiv bleibt der Versuch, durch übereinstimmende Beschlüsse in den nationalen Parlamenten doch zur Verwirklichung von bestimmten Zielen der Versammlung zu kommen. Es muß allerdings dabei vermieden werden, daß durch das Entstehen von Teilföderationen ein neuer Gegensatz in Europa zwischen den Föderalisten und den anderen geschaffen wird. [] In der Sonnabendsitzung des Vorstandes wurde auch die Frage der besonderen Situation der sudetendeutschen Sozialdemokratie besprochen. Es ergab sich auch hier Uebereinstimmung darin, daß bindende außenpolitische Stellungnahmen nur von den leitenden Körperschaften der SPD beschlossen werden können. [] Ueber die Tätigkeit der Bundesfraktion seit dem Wiederzusammentritt des Bundesparlaments berichtete in kurzen Zügen Wilhelm Mellies. [] Alfred Nau vom Büro des geschäftsführenden Vorstandes berichtete über Verhandlungen, die er in der Angelegenheit der Uebersiedlung des Parteivorstandes nach Bonn geführt hat. [] Fritz Heine gab dem Parteiausschuß einen Ueberblick über den Stand der Vorbereitungen für die große Werbeaktion der Partei im Herbst dieses Jahres." [] Herausgeber: Parteivorstand SPD Hannover
Published:16.09.1950 - 17.09.1950