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Ein Brief für Sie! [] Rudolf Freidhof, [] der Kandidat der Sozialdemokratischen Partei, [] spricht zu Ihnen: [] Sehr geehrte Männer, Frauen und Jugendliche! [] Zum 14. August 1949 ist die Bevölkerung Westdeutschlands aufgerufen, eine der größten und bedeutendsten Entscheidungen der Nachkriegszeit zu treffen. An diesem Tage soll erstmalig ein deutsches Bundesparlament gewählt werden. Sie sollen einen Kandidaten wählen, dem Sie das Wohl und Wehe Ihrer Kinder und die Wohlfahrt und Zukunft unseres Landes anvertrauen. Für Sie als Wähler ist es eine große staatsbürgerliche Ehre, mitentscheiden zu dürfen, aber auch eine heilige Verpflichtung, vom Wahlrecht Gebrauch zu machen und gewissenhaft zu überlegen, welchem Kandidaten Sie Ihre Stimme geben wollen. [] Ich will Ihnen deshalb aus meinem Leben und meiner seitherigen Tätigkeit kurz etwas erzählen: Meine Wiege stand im demokratischen "Musterländle" Baden, wo ich als Sohn eines Handwerksmeisters das Licht der Welt erblickte. In einem kleinen Dorf im schönen Taubertal, an dem Kreuzungspunkt der alten Heerstraßen von Bad Mergentheim nach Wertheim und von Heidelberg nach Würzburg, auf altem historischem Boden, dessen Aecker mit dem Blut zahlreicher Bauern im großen Bauernkrieg 1525 getränkt wurden, verlebte ich eine nicht gerade rosige Jugend, denn im 9. Lebensjahr verlor ich bereits meinen Vater. [] Schon in jungen Jahren machte die Lektüre des Bauernkrieges und des Kampfes, den die armen Bauern gegen ihre Unterdrücker und Peiniger führten, auf mich einen tiefen Eindruck. [] Vielleicht waren es die Leiden und Sorgen, aber auch die blutigen Opfer, die die Bauern meiner Heimat in ihrem Freiheitskampf brachten, die mich in späteren Jahren stets auf der Seite der Notleidenden und Unterdrückten fanden. [] Neben meiner Arbeit in der Landwirtschaft, in Fabriken und Büros widmete ich meine freie Zeit der Fortbildung in Bildungsvereinen und Abendkursen. [] So kam ich frühzeitig in das politische Leben und zog bereits 1921 als einer der jüngsten Abgeordneten in den badischen Landtag ein, dem ich bis zum Jahre 1928 angehörte. In diesem Jahr kam ich nach Kassel und übernahm das Amt eines Bezirkssekretärs. Im Jahre 1933 verhaftet, verbrachte ich längere Zeit in Breitenau und im Zuchthaus Wehlheiden. Ich betätigte mich dann als selbständiger Lebensmittelkaufmann. Nach den Juli-Ereignissen des Jahres 1944 wurde ich erneut verhaftet und kam in das Konzentrationslager Sachsenhausen. [] Von der Stunde des Zusammenbruchs an habe ich mich unermüdlich und erfolgreich für den Wiederaufbau unserer zerstörten Städte und Dörfer eingesetzt. Als Mitglied der verfassunggebenden Landesversammlung und als Mitglied des Hessischen Landtags war es stets mein Ziel, der Allgemeinheit zu dienen und Recht und Menchenwürde [!] wieder zur Geltung zu bringen. [] So wie ich seither mit ganzer Kraft für die arbeitenden Menschen in Stadt und Land eingetreten bin, so will ich auch in Zukunft meine Hilfe denen widmen, die durch die Not der Zeit auf die Hilfe anderer angewiesen sind. [] Für die Freilassung unserer Kriegsgefangenen habe ich mich seit 1945 in Wort und Schrift unermüdlich eingesetzt, und ich werde solange meine Stimme dafür erheben, bis der letzte deutsche Mann und die letzte deutsche Frau aus der Kriegsgefangenschaft in ihre Heimat zurückgekehrt sind. Das Schicksal der Flüchtlinge und Heimatvertriebenen, der Ausgebombten und der Opfer des Krieges sowie der Invaliden liegt mir besonders am Herzen. [] Aber auch eine wirtschaftlich gesunde und leistungsfähige Landwirtschaft halte ich für erforderlich, und bin jederzeit bereit, die gerechten Forderungen unserer Landwirte zu unterstützen. Erzeuger und Verbraucher sind aufeinander angewiesen. [] Da ich selbst dem Handwerk entstamme und viele Jahre als selbständiger Kaufmann tätig gewesen bin, werde ich jederzeit die Wünsche der ehrbaren Handwerker und der ehrlichen Kaufleute unterstützen. Mein heißester Wunsch ist es, mitzuhelfen, ein demokratisches Deutschland aufzubauen, ein Deutschland des Friedens, der Wohlfahrt, des Menschenrechts und der Menschenwürde. [] Euch Müttern soll die Gewißheit werden, daß Ihr Euere Kinder nicht mehr für den Krieg, sondern für das Leben großzieht, und Ihr Jugendlichen sollt in einem Land des Friedens einer glücklicheren Zukunft entgegensehen. [] In diesem Sinne bitte ich um Ihr Vertrauen und Ihre Stimme. [] Rudolf Freidhof [] Waisenhaus-Buchdruckerei. [] Rudolf Freidhof, MdL., Kassel, Wilhelmshöher Weg 47 [] Kandidat für das Bundesparlament [] im Wahlkreis Eschwege, Witzenhausen, Melsungen [] SPD [] Expreß!
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