Herr Dr. Schumacher, geben Sie Antwort!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herr Dr. Schumacher, [] GEBEN SIE ANTWORT! [] [] Es ist Ihnen doch bekannt, Herr Dr. Schumacher, daß der Vorsitzende der Finanzkommission des USA-Repräsentantenhauses, Cannon, erklärte: [] [] "Im nächsten Krieg werden wir wie in dem vo...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Gerber, Ernst, Rheinisch-Westfälische Volksdruckerei GmbH, Düsseldorf
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1950
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/84C5C0E1-0B6F-4554-8CED-A7C969EE48DB
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herr Dr. Schumacher, [] GEBEN SIE ANTWORT! [] [] Es ist Ihnen doch bekannt, Herr Dr. Schumacher, daß der Vorsitzende der Finanzkommission des USA-Repräsentantenhauses, Cannon, erklärte: [] [] "Im nächsten Krieg werden wir wie in dem vorigen die Soldaten anderer Völker ausnutzen und an Stelle unserer Soldaten als Opfer auf die Schlachtfelder schicken!' [] Und zweifellos sind Sie auch informiert darüber, was die große amerikanische Zeitung "The New York Times" im November 1950 zur Frage des deutschen Verteidigungsbeitrages schrieb: [] "Wir Amerikaner haben ein Recht, für jeden Dollar, den wir ausgeben, auch Kampfkraft im Werte eines Dollars zu erwarten. Es wird daher notwendig sein, neue Quellen für Menschenreserven zu finden, die nur aus Deutschland kommen können." [] Und da Sie ja mit McCloy in engster Verbindung stehen, kennen Sie ja auch seinen Ausspruch: [] "Wir wollen die Deutschen nicht drängen, aber die Wiederaufrüstung muß durchgeführt werden." [] [] Was haben Sie, Herr Dr. Schumacher, darauf geantwortet? [] Antworten Sie, Herr Dr. Schumacher! [] Sie erinnern sich doch, daß vor nicht allzu langer Zeit der SPD-Abgeordnete Böhme im Landtag von Niedersachsen in Ihrem Auftrag erklärte: [] "Ich glaube, daß jeder amerikanische Soldat viel besser in Hof als in Kalifornien steht." [] Und Sie selbst brachten doch zum Ausdruck: "daß amerikanische Soldaten statt in Texas und Arizona ebenso gut in der Lüneburger Heide und in Grafenwörth ausgebildet werden können." [] [] Sie haben also die Amerikaner offen aufgefordert, daß sie im verstärkten Umfange immer mehr Divisionen auf deutschem Boden in Bereitstellung bringen. [] [] Am Ende des Jahres - und das meldet selbst Ihre Parteipresse - sollen es mindestens 500000 Soldaten sein. Daß diese 500000 Soldaten in Westdeutschland Ihnen und auch dem deutschen Volk die Rechnung von 10 Milliarden Besatzungskosten präsentieren und da diese 10 Milliarden ja irgendwoher kommen müssen, kann sich die westdeutsche Bevölkerung für die ständigen Preis- und Steuererhöhungen, für Kurzarbeit und Kohlenknappheit, für die laufende Senkung des Lebensstandards auch bei Ihnen persönlich bedanken. [] [] Sagen Sie, Herr Dr. Schumacher, was trennt Sie eigentlich noch von Dr. Adenauer? [] Dr. Adenauer erklärte: [] "Wir müssen die Notwendigkeit der Bildung einer starken deutschen Verteidigungsgruppe erkennen. Außerdem müssen Maßnahmen für die Verteidigung gegen die Luftangriffe und für allgemeine zivile Verteidigungszwecke getroffen werden." [] [] Sie, Herr Dr. Schumacher, erklärten schon am 16. September 1950: [] "Wir sind bereit, wieder Waffen zu tragen, wenn die westlichen Alliierten die gleichen Risiken und gleichen Chancen im Krieg gegen die Sowjetunion teilen." [] [] Als Dr. Erhard in den USA erklärte: [] "Je stärker die amerikanischen, britischen, französischen Kontingente des atlantischen Bundes werden, desto williger wird die deutsche Bevölkerung sich in Reih und Glied stellen", [] [] gaben Sie, Herr Dr. Schumacher, sich nicht damit zufrieden und forderten darüber hinaus: [] "Eine deutsche militärische Leistung sei nur dann sinnvoll, wenn die Westdemokratie, vor allem die Vereinigten Staaten, Deutschland offensiv nach dem Osten verteidigen." [] [] Sagen Sie selbst, Herr Dr. Schumacher, was unterscheidet Sie von Cannon, McCloy und von Dr. Adenauer? [] Sie unterscheiden sich einzig und allein darin, daß Sie die Aggression gegen die Sowjetunion, daß Sie den Krieg gegen unsere Brüder und Schwestern in der Deutschen Demokratischen Republik ganz offen popularisieren, indem Sie von einer offensiven sogenannten Verteidigung nach dem Osten sprechen. Oder sollten Sie etwa vergessen haben, was Sie am 23. August 1950 vor der deutschen Presse in Bonn ausführten: [] "Eine Beteiligung Deutschlands ist erst dann sinnvoll, wenn die westliche Kräftekonzentration so stark ist, daß sie offensiv jenseits der ehemaligen deutschen Ostgrenze wirken kann." [] Und einige Tage ist es erst her, daß Sie in München erklärten, die deutsche Sozialdemokratie sage "Ja" zu einem Verteidigungsbeitrag. "Verteidigungsbeitrag"? Das deutsche Volk erinnert sich sehr gut, daß Hitler sowie Goebbels ihre Rüstungs- und Aggressionsoffensive unter derselben Demagogie einer sogenannten Verteidigung vorbereiteten und durchführten. [] [] Was heißt denn das, Herr Dr. Schumacher: "nach dem Osten tragen"? Das heißt doch nichts anderes, als der Überfall auf die Deutsche Demokratische Republik, auf Volkspolen und auf die Sowjetunion. Das heißt also Krieg! [] [] Durch die Presse wurde bekannt, daß in Ihrem Namen einige Mitglieder Ihres Parteivorstandes, und zwar v. Knoerringen [!], v. Rudolf, Bundestagsabgeordneter Erler und andere am 29. und 30. September auf der Parteischule in Kochel eine Geheimkonferenz mit fünfunddreißig höheren Offizieren der ehemaligen faschistischen Wehrmacht abgehalten haben. [] Von Knoerringen [!] hat dort erklärt, daß es schwere Differenzen im Parteivorstand gegeben hat über Ihre Remilitarisierungspolitik und daß Sie mit dem Rücktritt drohten, falls die Mehrheit des Parteivorstandes nicht "Ja" sage zur Remilitarisierung. Von Knoerringen [!] erklärte weiter, daß Sie darauf gedrängt haben, unter keinen Umständen den Mitgliedern der Partei davon Kenntnis zu geben. Erler hat auf der Geheimkonferenz den Offizieren erklärt, die SPD-Führung wolle auf die Überführung der Grundstoffindustrie in die Hände des Volkes verzichten, wenn die Amerikaner möglichst viele Truppen nach Deutschland hereinpumpen würden. [] Der ehemalige bayrische Minister Dr. Zorn (SPD) erklärte den Offizieren: "Es bleibt Ihnen nichts anderes übrig, als die amerikanische Uniform anzuziehen." [] [] Bis heute hat der Parteivorstand nichts dementiert! [] Herr Dr. von Knoerringen [!] sagte allerdings: es war eine private Besprechung! [] [] Antworten Sie, Herr Dr. Schumacher! [] Welche privaten geheimen Besprechungen gibt es für den Parteivorstand der SPD mit fünfunddreißig ehemaligen Offizieren? [] Herr Dr. Schumacher! Sie wollen also die Remilitarisierung. Die Rechnung für die ersten zwölf Divisionen beträgt vierundzwanzig Milliarden DM. Herr Dr. Adenauer will dasselbe. [] [] Was unterscheidet Sie noch, Herr Dr. Schumacher, von Dr. Adenauer? [] Als in der Bundestagssitzung am 17. Oktober Ihr Fraktionskollege Lütkens zum Ausdruck brachte, daß er Ihre Politik für falsch halte, da erklärte Dr. Adenauer: "Was will denn die SPD? Die Herren Schumacher, Ollenhauer und Carlo Schmid sind doch auch bei den Hohen Kommissaren gewesen und haben die Beschlüsse von Washington gutgeheißen." [] Das heißt also, Herr Dr. Schumacher, daß Sie selbstverständlich einverstanden sind mit der Einbeziehung Westdeutschlands in den Atlantikpakt, mit der sofortigen Rekrutierung deutscher Männer für eine amerikanische Söldnerarmee, daß Sie mitverantwortlich sind für die sich jetzt immer mehr steigernde wirtschaftliche Not der westdeutschen Bevölkerung. [] [] Eine Frage noch, Herr Dr. Schumacher: Unterscheiden Sie sich denn überhaupt noch von Dr. Adenauer? [] Es wäre doch demokratisch im Lande der amerikanischen Freiheit (Freiheit für Kriegshetzer und nicht für Friedenskämpfer) in einfachen Worten, und zwar in deutscher Sprache dem Volk zu sagen: [] Ich bin für die Remilitarisierung! [] Ich bin für die Verstärkung der fremden Armeen auf deutschem Boden! [] Ich bin für den Verkauf junger deutscher Menschen an amerikanische Generale! [] Ich bin für den Krieg gegen den Osten! [] Sehen Sie, Herr Dr. Schumacher, wenn Sie in solch einfachem Deutsch reden, dann machen Sie es Ihren Parteimitgliedern und Wählern etwas leichter, zu erkennen, daß zwischen Ihnen und Dr. Adenauer in Wirklichkeit nur ein einziger Unterschied vorhanden ist: Adenauer ist Bundeskanzler und Sie nicht! [] [] Sonst: "in den Armen liegen sich beide!" [] Wir zweifeln nicht daran, daß Sie auch heute wieder mit einer wüsten Hetze gegen die Sowjetunion, gegen die Deutsche Demokratische Republik und gegen die Kommunisten in Westdeutschland demagogisch versuchen, der Bevölkerung Angst vor den "Russen" einzuimpfen, damit Ihre Kriegspolitik gerechtfertigt erscheint. [] [] Aber wir zweifeln auch nicht daran, [] daß die westdeutsche Bevölkerung immer mehr erkennt, daß Ihre Erklärung vom 16. September 1950 vor den SPD-Funktionären in Stuttgart: [] "Die deutsche Wiederaufrüstung kann nicht von einem alliierten Staatsmann verordnet werden, sondern nur auf Wunsch des deutschen Volkes erfolgen. Die Sozialdemokratie sagt Nein zur Wiederaufrüstung, die das deutsche Volk ablehnt", [] nichts weiter war als Lüge und Demagogie und daß das deutsche Volk, die Werktätigen, die Arbeiterklasse und auch Ihre Parteimitglieder, Herr Dr. Schumacher, eines Tages voll und ganz erkennen, daß der einzige Ausweg aus der für das deutsche Volk drohenden Kriegskatastrophe nur die Durchführung gesamtdeutscher Beratungen ist. [] [] Nun antworten Sie, Herr Dr. Schumacher! [] [] Verantwortlich: Ernst Gerber, M. d. L. - Druck: Rheinisch-Westfälische Volksdruckerei, G. m. b. H., Düsseldorf
Published:1950