Ein Wort an die Sudetendeutschen

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Lochung Ein Wort an die Sudetendeutschen [] Am 25. April 1948 ist Wahltag! [] Zum ersten Male wählen wir Heimatvertriebenen zu der Gemeindevertretung unseres Zufluchtsortes und beeinflussen mit unseren Stimmen die Zusammensetzung des Kreistag...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Knothe, Wilhelm, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Sauer, Offenbach
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 25.04.1948
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/799D6609-16D3-4103-B800-FBA9BB2D8787
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Lochung Ein Wort an die Sudetendeutschen [] Am 25. April 1948 ist Wahltag! [] Zum ersten Male wählen wir Heimatvertriebenen zu der Gemeindevertretung unseres Zufluchtsortes und beeinflussen mit unseren Stimmen die Zusammensetzung des Kreistages. [] WEN UND WELCHE PARTEI SOLLEN WIR WÄHLEN? [] WENZEL JAKSCH, uns allen als früherer Abgeordneter bekannt, der in London unermüdlich für unsere Rechte eintritt, schreibt uns in einem Briefe: [] Aus vielen Briefen und Berichten, die mir täglich zugehen, weiß ich, wie entsetzlich groß die Not der Heimatvertriebenen ist, nicht nur ihre körperliche Not, sondern auch ihre seelische Not. Auf die durch unsägliche Leiden und Entbehrungen geschwächten Menschen stürmen wieder einmal die Lockungen des Radikalismus und der Verzweiflung ein. Viele sind in Versuchung, sich von der Politik ganz fern zu halten, oder zumindestens [!] den Weg des geringsten Widerstandes zu gehen. [] Und dennoch! Ihr müßt Euch vor Augen halten, daß die Wahlresultate von den hessischen Gemeinden, wo Ihr am 25. April mitwählen werdet, ein Übertragungsmittel sind, mit dem Ihr wieder das Ohr der Welt erreichen könnt. Ihr könnt, der Welt Euren Durst nach Menschlichkeit und Gerechtigkeit in Erinnerung rufen, aber auch Euren leiblichen Hunger. Ihr könnt unter Beweis stellen, daß Ihr ein friedliches und auf bauwilliges Element seid, welches heute im Rahmen des Marshall-Planes und morgen innerhalb eines geeinten Europas eine Heimstatt verdient. [] Menschlichkeit und Gerechtigkeit, Brot und Obdach können am besten in den Reihen der Sozialdemokratie erstritten werden. [] Zu lange habe ich unter anderen Völkern gelebt, um für meine eigene Partei alle Tugenden zu reklamieren und den anderen Parteien alle Laster vorzuwerfen. Eine wahre Demokratie muß Platz haben für mehrere Parteien. Je mehr die Meinung eines aufrichtigen Gegners respektiert wird, je ritterlicher die Parteien ihre Ideale vertreten, desto besser ist es um die Sache des ganzen Volkes bestellt. Doch selbst wenn ich nicht seit meiner frühesten Jugend Sozialdemokrat wäre und als unparteiischer Kulturdeutscher zu Euch sprechen würde, müßte ich aussprechen, daß das moralische Ansehen der deutschen Sozialdemokratie eine der wichtigsten Verbindungsbrücken des deutschen Volkes zur menschlich gesinnten Welt ist. Wer irgendwo in Deutschland glaubt, ohne die Partei eines Dr. Kurt Schumacher Politik machen zu können, ist mit Blindheit geschlagen. Gerade in den Ländern der amerikanischen Zone, wo die Stimmen der vertriebenen Sudetendeutschen ins Gewicht fallen, ist eine starke Sozialdemokratie eine Lebensnotwendigkeit der ganzen Bevölkerung, innen- und außenpolitisch gesehen. [] Es würde all dem widersprechen, was ich seit 1938 zugelernt habe, wollte ich diese Botschaft mit Versprechungen oder mit politischer Zukunftsmusik abschließen. Die Wahrheit ist, daß die Gestaltung der Zukunft eine Sache der großen Weltmächte geworden ist. Wir können nur auf der großen Waage des Weltschicksals das Sandkorn unseres Willens auf die richtige Seite legen. Doch woran krankt die Welt von heute? Sie krankt an einem Mangel an Gerechtigkeitssinn und an jener warmherzigen Menschlichkeit, die das Leben auch für die Stiefkinder des Schicksals erträglich macht. Gerade wir, die Heimatvertriebenen, müssen versuchen, über unser eigenes Leid hinauszuwachsen und mehr Menschlichkeit und Gerechtigkeit in diese kranke Welt hineinzutragen. Kein Haß verdunkle unser reines Wollen! Kein Gedanke an neues Unrecht entheilige unser Streben nach Heimatglück und Menschenrecht! [] Mögen unsere schwergeprüften Menschen die sittliche Kraft aufbringen, im Unglück groß zu sein. [] Nicht um die Zukunft gilt es zu grübeln, sondern in der Gegenwart muß das Richtige getan werden. [] Als ein Schüler JOSEF SELIGERS bin ich fest davon überzeugt, daß die Sudetendeutschen als ein Volk der Arbeit wieder zu Ehren kommen werden, nachdem sie der Herrenstolzwahn einiger Ehrgeizlinge so tief ins Unglück gestürzt hat. Darum gehören sie heute ins Lager des schaffenswilligen Deutschlands und seiner politischen Vorkämpferin, der SPD. [] Allen gutgesinnten Landsleuten gilt mein heißer Wunsch nach Rettung aus schwerer Not und mein Heimatgruß. Ich hoffe, nun doch bald unter ihnen sein zu können. [] LONDON, 10 März 1948 [] WENZEL JAKSCH zeigt uns den Weg. [] Auf allen Wahlvorschlägen der SPD steht an aussichtsreicher Stelle ein Schicksalsgenosse aus unseren Reihen. [] Wir wählen in allen Gemeinden die Vertreter der SPD [] Wir wählen für den neuen Kreistag die Liste der SPD [] Verantwortl.: Willi Knothe, Ffm. - Genehmigt: MG 5. - Aufl. 40000 4.48 - Druck: Sauer, Offenbach-M.
Published:25.04.1948