Liebe Berliner!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Angabe des Spendenkontos für die Witwe von Benno Ohnesorg<NZ>Flugblatt aus: Privatsammlung Alfred Kerger Liebe Berliner! [] "Anläßlich des Besuchs des Schahs kam es in unserer Stadt zu bedenklichen Zwischenfällen. [] Junge...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Allgemeiner Studierendenausschuss (AStA) der Freien Universität Berlin, Aktionskomitee für Öffentlichkeitsarbeit
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 02.06.1967
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/8691AA38-48F7-4682-AAB0-FE0D6E1440B5
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Angabe des Spendenkontos für die Witwe von Benno Ohnesorg<NZ>Flugblatt aus: Privatsammlung Alfred Kerger Liebe Berliner! [] "Anläßlich des Besuchs des Schahs kam es in unserer Stadt zu bedenklichen Zwischenfällen. [] Junge Bürger unserer Stadt: Arbeiter, Angestellte und Studenten demonstrierten gegen einen Diktator, dem Folterung und Mord an Hunderten von Politikern, Journalisten, Studenten und Arbeitern nachgewiesen wurden. [] Ihr Verbrechen war: [] für die Rechte zu kämpfen, die für uns selbstverständlich sind [] Streikrecht [] Zusammenschluß zu freien Gewerkschaften [] Versammlungsfreiheit [] Unseren Protest gegen die Zustände in Persien beantwortete die Polizei auf Anweisung des Regierenden Bürgermeisters mit Knüppeln, Wasserwerfern und Pistolen. Sie schlug zusammen, was ihr in den Weg kam. Sie erschoß den ehemaligen Dekorateur und späteren Studenten Benno Ohnesorg. [] Mit welchem Recht beklagen wir Morde an der Mauer, wenn wir in West-Berlin dulden, daß die Polizei die Demonstrationen gegen Diktatoren niederknüppelt und einen Demonstranten erschießt? [] War für die Polizei die Demonstration ein willkommener Anlaß, für den Fall des Notstandes zu üben? [] Die Beschlüsse des Senats haben für West-Berlin einen Ausnahmezustand geschaffen: Demonstrationsverbot und Schnellgerichte! Werden diese Maßnahmen morgen gegen Arbeiter und Angestellte angewandt, die für die Erhaltung ihrer Arbeitsplätze demonstrieren oder streiken? [] Kolleginnen und Kollegen! [] Wir, die wir jahrelang im Berufsleben gestanden haben und jetzt an Berliner Universitäten studieren, rufen Euch auf, gegen das Vorgehen der Polizei zu protestieren." [] Aus dem Flugblatt der GEWERKSCHAFTLICHEN STUDENTENGEMEINSCHAFT vom 5.6.67, das von zwölf Studierenden des zweiten Bildungsweges unterzeichnet wurde: [] "Was heute den im Grunde wehrlosen Studenten widerfährt, kann morgen große Bevölkerungsgruppen treffen. Bei einer Polizeiführung, die schon bei Demonstrationen weniger tausend Studenten hysterisch wird, bei einem Polizeipräsidenten, der als ehemaliger Wehrmachtsoffizier von 'Gefechtsstand' redet und in anderen militärischen Vorstellungen denkt, wenn er über einen Polizeieinsatz gegen unbewaffnete Bürger berichten soll, und bei einer zumindest unfähigen und überheblichen politischen Führung, muß man sich fragen: Was würde Zehntausenden demonstrierenden Berliner Arbeitnehmern geschehen, wenn sie die wirtschaftliche und politische Entwicklung in unserer Stadt irgendwann einmal - vielleicht nach Annahme der Notstandsgesetze - auf die Straße zu Protestdemonstrationen triebe? Ist es falsch, daß uns die Studenten schon heute davor warnen? Ausgerechnet der Präsident des Abgeordnetenhauses, der von Amts wegen ausgleichend wirken soll, ausgerechnet der Berliner DGB-Vorsitzende Walter Sickert fühlt sich nun bemüßigt, prügelnden und schießenden Polizisten unter die Arme zu greifen und die Warnung der Studenten an die Arbeiter als eine Provokation zu diffamieren. Walter Sickert versteht sich zwar in jeder Lebenslage mit den Schreibern der Springer-Presse. [] Ob dies aber auf die Interessenlage der Arbeitnehmer zutrifft, ist nun endgültig fraglich geworden. Wir Gewerkschafter und Betriebsräte jedenfalls fühlen uns an der Seite der Studenten und weisen die Anmaßung Sickerts zurück, in dieser Sache irgendetwas im Namen der Berliner Arbeitnehmer von sich zu geben. [] Im übrigen sollte Sickert erst einmal klären, in welcher Eigenschaft er sich jeweils äußert. Es wäre für die Gewerkschaften sicherlich besser, er stellte sein DGB-Amt zur Verfügung." [] Im Namen mehrerer Betriebsräte aus Berliner Metallbetrieben: Lothar Pinkall, Leiter der IG-Metall Jugendschule, veröffentlicht in der Sondernummer des 'Extra-Blatt' vom 7.6.67 [] "Sehr geehrter Herr Regierender Bürgermeister! [] Wir, die Vertrauensleute und Betriebsräte der IG Metall in den Firmen DWM GmbH, DWM Automatenbau GMBH und Inda KG, protestieren gegen das Vorgehen der Polizei, gegen die Tötung von Benno Ohnesorg, wir protestieren gegen den Waffengebrauch in Berlin-West, wir protestieren im Namen der Opfer von Lidice und Auschwitz, der Opfer der Mauer in Berlin, der vielen Toten, welche in Spanien und Persien sowie in allen Diktaturen dieser Erde gestorben sind oder in den Gefängnissen einsitzen. [] Wir protestieren gegen den Beginn der Unfreiheit in Berlin-West. Wir werden unsere Freiheit verteidigen, um zu verhindern, daß ein zweites 1000-jähriges Reich entsteht. Wir werden alles verhindern, was zu einem zweiten Fall Ohnesorg führen könnte. [] Das erste Mal war es ein Student, das zweite Mal könnte es ein Arbeiter sein und dann wieder die Knechtschaft eines ganzen Volkes." [] Im Auftrag der Vertrauensleute und Betriebsräte: Vorstand der Vertrauensleute (7 Unterschriften). [] Der obige Brief ging als Durchschrift mit folgendem Begleitbrief an den AStA der FU: "Die Vertrauensleute, und Betriebsräte der IG Metall DWM GmbH, DWM Automatenbau GmbH und Inda KG erklären sich solidarisch mit dem Protest der Gewerkschaftlichen Studentengemeinschaft gegen das Vorgehen der Polizei. Wir halten den Protest gegen eine Diktatur, die sich mit Folterungen und politischen Morden an der Macht hält, für gerechtfertigt und notwendig." Vorstand der Vertrauensleute und die Betriebsratsvorsitzenden (2 Unterschriften). [] "Der Jugendausschuß der IG-Metall hat auf seiner Sitzung in Köln am 7.6.67 mit Bestürzung von dem Tod des Studenten Benno Ohnesorg während der Demonstration in Berlin Kenntnis genommen. Der Jugendausschuß der IG-Metall protestiert dagegen, daß die Berliner Polizei bei dieser Demonstration von der Schußwaffe Gebrauch gemacht hat. Er erwartet eine objektive Untersuchung und verlangt die Bestrafung der Schuldigen. Der Jugendausschuß nimmt den tragischen Todesfall zum Anlaß, erneut für die Verteidigung aller demokratischen Grundrechte einzutreten, insbesondere für das Recht auf politische Willensäußerung in der Form von Demonstrationen." [] Presse-Mitteilung des Jugendausschusses der IG-Metall [] Spendenkonten für die Witwe Ohnesorg's: Postscheckkonto der Bank für Gemeinwirtschaft 82800 Bln-West; Konto der Bank für Gemeinwirtschaft Nr. 4790 [] Stellungnahmen zu den abgedruckten Texten richten an: Roland Götz, B 30, Schwerinstr. 3 [] Aktionskomitee für Öffentlichkeitsarbeit des AStA der FU, B 33, Garystr. 20 [] Wer weitere Informationen wünscht, kann seine Adresse an R. Götz schicken! [] Name: [] Berlin [] Straße:
Published:02.06.1967