Rede Dr. Kurt Schumacher vor dem Bezirksparteitag der Sozialdemokratischen Partei auf der Alexanderhöhe in Iserlohn am 1. März 1947

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: Schenkung Klaus Davidsen (Itzehoe)<NZ>Seitenränder restauriert! Rede Dr. Kurt Schumacher [] vor dem Bezirksparteitag der Sozialdemokratischen Partei auf der Alexanderhöhe in Iserlohn am 1. März 1947 [] Wir glauben, daß...

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Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bundesvorstand, Hamburger Buchdruckerei und Verlagsanstalt Auerdruck G.m.b.H., Hamburg, Pressehaus Speersort
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 01.03.1947
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/FAD70789-7637-435D-ADAE-01B10282759B
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: Schenkung Klaus Davidsen (Itzehoe)<NZ>Seitenränder restauriert! Rede Dr. Kurt Schumacher [] vor dem Bezirksparteitag der Sozialdemokratischen Partei auf der Alexanderhöhe in Iserlohn am 1. März 1947 [] Wir glauben, daß Europa im Kommen ist, und wir wollen in diesem Europa keinerlei Führung; denn wenn wir einen Gedanken überwunden haben, dann ist es der, eine besondere deutsche Mission zu haben. [] Aber Europa braucht Deutschland, um funktionieren zu können. [] Wir hoffen auf den Tag, an dem das Mißtrauen der Völker gegenüber diesem Deutschland einmal schwinden wird. [] Als ich am 3. März 1946 Gelegenheit hatte, zu Ihnen hier in Iserlohn zu sprechen, da haben sich all die Probleme, die heute so brennend einer Lösung harren, bereits deutlich sichtbar abgezeichnet. Ja, eine Reihe von Fragen, die in der Zwischenzeit zurückzutreten schienen, sind heute wieder aktuell geworden. Keiner von uns hat damals glauben können, daß der Versuch, die deutsche Frage zu lösen, schon demnächst in die Praxis umgesetzt werden würde. Und dementsprechend ist heute die Frage: "Wie stehen die Deutschen zu sich selbst, zu ihrer Vergangenheit und zu ihren Aufgaben in der Welt?" - von doppelter Bedeutung. Und wenn, wir ehrlich sein wollen - und es hat gar keinen Zweck, eine andere Politik nach innen wie nach außen zu treiben als die der letzten Ehrlichkeit und des Aussprechens, was ist -, wenn wir alle ehrlich sein sein [!] wollen, müssen wir sagen: "Sehr viele Deutsche haben die Größe und den Umfang des Zusammenbruchs noch nicht begriffen." - (Zustimmung.) Viele Deutsche meinen, an irgendeinem Punkte der Vergangenheit wieder anknüpfen zu können und gegenüber der Welt so tun zu können, als ob gar nichts geschehen sei. Es ist aber doch sehr viel geschehen! Es waren zwölf Jahre Dritten Reiches, und es war der Raubkrieg Hitlers gegen Europa, [!] Das deutsche Volk hat willentlich - oder unwillentlich an seinem industriellen Produktionsapparat, in seiner Lebensmittelversorgung und auf allen Gebieten des kulturellen Lebens die Früchte dieses Raubkrieges während der [] fünfeinhalbjährigen Kriegsdauer "profitieren" können, und muß heute teuer, ja, zu teuer, diesen Zustand bezahlen. [] Zustand von heute ist 1933 geschaffen [] Die Deutschen sind keine Einheit in dem Sinne, daß die Frage nach Schuld und Sühne eigentlich an sie gerichtet werden könnte. Aber die Deutschen sollten alle begreifen, daß der Zustand von heute unwiderruflich im Jahre 1933 geschaffen worden ist. (Zurufe: sehr wahr!) Im Jahre 1933 hat der Krieg gegen Europa und die Niederlage Deutschlands begonnen, und im Jahre 1933 hat sich mancher von uns hier Versammelten wohl noch in dem Wahne gewiegt, daß es doch noch ein Herauskommen aus der Schlinge geben könnte. Die einzige Entschuldigung, die diese Leute für sich in Anspruch nehmen können, ist die: sie, die deutschen Kleinbürger und die Unpolitischen haben geglaubt, daß auch das Dritte Reich noch irgendeinen Modus mit der Welt finden könne. Sie haben dasselbe geglaubt, was sehr kluge Staatsmänner der Siegermächte auch geglaubt haben (Zurufe: Sehr richtig!) als sie in den Jahren 1933 bis 1939 unter den sehenden Augen der Welt die Vorbereitung zu diesem furchtbaren Raubkrieg geschehen ließen. (Starker Beifall.) Ich meine, diese Tatsache verringert zwar nichts von der grundsätzlichen deutschen Schuld der "Ritter" von 1933, aber es sind doch, im weltpolitischen Rahmen gesehen, gewisse mildernde Umstände vorhanden. Ich weiß, daß die Furcht- und Angstpsychose die Konsequenz des zweiten Weltkrieges ist. Diese Furcht- und Angstpsychose dürfen Sie nicht auf die leichte Schulter nehmen, man kann sie nicht einfach abtun. Man sagt, jetzt sei der Nationalismus der anderen entfesselt. Das ist [] objektiv wohl weitgehend richtig, ist aber doch nur die Konsequenz der Tatsache, daß Hitler und seine Partei die Welt angefallen und ausgeraubt hat. Der letzte Teil des Krieges war allerdings der Krieg der Nazi gegen Deutschland. Auch das sollte man in der Welt öfter erwähnen. [] Die Angstreflexe der Welt führen jetzt dazu, Forderungen zu stellen, die objektiv nicht erfüllbar sind. Man müßte jetzt territorial und ökonomisch die Kräfte eines unversehrten Europas zur Verfügung haben, um alle Ansprüche der verschiedenen Siegermächte befriedigen zu können. Es gibt innen- und außenpolitisch eine reaktionäre Formel, und das ist die der Wiedereinsetzung in den vorherigen Zustand. Ich sage das nicht, um etwa die Verpflichtung Deutschlands, Reparationen zu leisten, irgendwie abzulassen; aber Reparationen kann man nur leisten, wenn man imstande ist, zu arbeiten (lebhafter Beifall) und die Produktionsinstrumente hat. Wenn wir uns in den letzten fünfzehn Jahren anklagend gegen das Naziregime gewandt haben und sagten: "Totaler Sieg ist totale Niederlage", so habe beispielsweise ich selbst ganz bewußt in den kritischen Jahren, mit dem Gesicht zu den Siegern, gesagt: "Totaler Sieg bedeutet totale Verantwortung." [] -------------------------------------------------------------- ---------------- [] Der weitere Text konnte aus technischen Gründen nicht OCR-erkannt werden!
Published:01.03.1947