Extrablatt . Aufschwung der deutschen Wirtschaft . Ergebnisse schlecht verteilt

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; EXTRABLATT [] Aufschwung der deutschen Wirtschaft [] Ergebnisse schlecht verteilt [] Wir haben nicht die Absicht, den Aufschwung der deutschen Wirtschaft zu verkleinern. [] Wir wehren uns aber dagegen, daß dieser Aufschwung das alleinige Verd...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Bezirk Südbayern, Schäfer, Josef, Oberbayerisches Volksblatt, Rosenheim
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/C0B5A045-0BA9-430C-982D-0B8DB9C08AF7
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; EXTRABLATT [] Aufschwung der deutschen Wirtschaft [] Ergebnisse schlecht verteilt [] Wir haben nicht die Absicht, den Aufschwung der deutschen Wirtschaft zu verkleinern. [] Wir wehren uns aber dagegen, daß dieser Aufschwung das alleinige Verdienst der Regierung Adenauer gewesen sei. [] Wir erinnern daran, daß neben der Änderung der Besatzungspolitik durch die Westmächte und der Hilfe des amerikanischen Volkes nicht zuletzt auch die Leistungen des deutschen Volkes der Arbeiter, Angestellten und Bauern, der Kaufleute, Handwerker und Techniker, der Unternehmer, freien Berufe und Beamten den Wiederaufbau ermöglicht haben. [] Wir stellen aber auch fest, daß die Ergebnisse des Aufschwungs nicht gerecht verteilt worden sind. [] Und das ist der Vorwurf, den wir der Regierung Adenauer und den Regierungsparteien machen. Er wiegt so schwer, daß unser Appell an das deutsche Volk dahin geht, am 6. September 1953 der Regierung Adenauer das Vertrauen zu entziehen und seine Stimme den Sozialdemokraten zu geben. [] Wir beweisen, was wir behaupten. [] Bitte lesen Sie: [] Bei jeder der sogenannten kleinen Steuerreform hatte die sozialdemokratische Bundestagsfraktion die Erhöhung der Freibeträge bei der Einkommenssteuer verlangt. Es sollten die Freibeträge fortschreitend erhöht werden bis auf etwa 1500 DM für jeden Steuerpflichtigen, etwa 1000 DM für dessen Ehefrau, und je 1000 DM für jedes Kind. [] Darob großes Geschrei: Wer soll denn dann überhaupt noch Steuern bezahlen? Dies Geschrei ist verständlich in einem Land, in dem "die niederen Einkommen zur Zeit mehr als einen gerechten Anteil an der Steuerlast tragen", wie es selbst in dem von der Bundesregierung verlangten sogenannten "Sonne-Gutachten" etwas schamhaft heißt (Seite 289). [] Eine einfache Rechnung [] Was würden unsere Vorschläge bedeuten? [] Zunächst würden Millionen von Menschen aus der Lohn- und Einkommensteuer entlassen. Tausende von Finanzbeamten würden für andere Aufgaben frei, als Menschen, die sowieso unter oder hart an der Grenze des Existenzminimums liegen, zu erläutern, daß sie noch einige Mark oder gar Groschen an Steuern zu zahlen haben. [] Ein Beispiel: [] Im vergangenen Jahr zahlten in Nordrhein-Westfalen etwa 350000 Einkommensteuerpflichtige - das waren etwas mehr als die Hälfte aller Steuerpflichtigen überhaupt - ganze 4 Prozent des gesamten Steueraufkommens an Einkommensteuer. Wäre es nicht angebracht, diese 350 000 Steuerpflichtigen durch Erhöhung der Freibeträge freizustellen und damit einen kostspieligen und umfangreichen Apparat einzusparen? [] Gewinn auch für die Wirtschaft [] Auch die Betriebe würden von der Erhöhung der Freigrenze profitieren. Der Bund der Steuerzahler und das sich mit solchen Fragen befassende Schmöldersche Institut haben folgendes ermittelt: [] Die Erhebung von Steuern durch die Lohnbüros verursachen der deutschen Wirtschaft jährlich mehr als 300 Millionen DM Unkosten. Eine Erhöhung der Freibeträge in der von uns vorgeschlagenen Höhe würde diese Lohnbüros um die Hälfte der jetzt notwendigen Arbeit entlasten, was entsprechende finanzielle Auswirkungen mit sich brächte. [] Förderung der Kapitalbildung [] Der beste Beweis aber für die Richtigkeit unserer Auffassung ist die Entwicklung der Spareinlagen. Die Steuererleichterungen des Jahres 1950, die in erster Linie den großen Einkommensbeziehern zugute kamen, wurden vom Bundesfinanzminister mit der Notwendigkeit begründet, dadurch zur Kapitalbildung anzuregen. Die Erwartungen haben sich nicht erfüllt. Der Monatsbericht der Bank deutscher Länder vom Januar 1953 spricht hier eine deutliche Sprache. [] Die Großverdiener sparen nicht [] Die gesamten Spareinlagen aller Kreditinstitute der Bundesrepublik betrugen am 31. Dez. 1952 rund 7,5 Milliarden DM. Davon bei den Sparkassen annähernd 5 Milliarden DM. Bei den Großbanken bzw. deren Nachfolgeinstituten noch nicht einmal ganz 600 Millionen DM. 47 Prozent dieser 600 Millionen waren zudem steuerbegünstigt angelegt, von rund 5 Milliarden der Sparkassen nur 9 Prozent. [] Dabei muß man in Vergleich setzen, daß die sogenannte kleine Steuerreform von 1950 den großen Einkommen eine Steuererleichterung von rund 900 Millionen DM brachte. [] Die Entwicklung lehrt also, [] daß die großen Einkommenbezieher zunächst ihre Ersparnisse als Kapitalanlagen (Investitionen) in eigenen Betrieben und Unternehmungen anlegen. Erst was sie dort nicht unterbringen können, führen sie dem echten Kapitalmarkt zu, wobei sie sich -aber große Teile davon im steuerbegünstigten Verfahren vom Staate finanzieren lassen. [] Dagegen ist es die Masse der kleinen Leute, Arbeiter, Angestellte, Beamte, Gewerbetreibende usw., die sparen wollen und möchten. Die sozialdemokratische Fraktion hat schon 1950 auf diesen Umstand hingewiesen und von der Gesetzgebung verlangt, zunächst einmal diesen Kreisen Gelegenheit zu geben, Sparkapital zu bilden. [] Ein aufschlußreiches Bild [] Am 31. Dezember 1951 gab es bei den Sparkassen 15751180 Konten. Davon mit Spareinlagen bis 100 DM 11863180 Konten. Die Gesamtspareinlagen betrugen damals 3,3 Milliarden D-Mark. Der Durchschnittsbetrag der Sparkonten also 210 DM. Das Jahr 1952 brachte einen Zugang von 1,7 Milliarden D-Mark. [] Aus steuertechnischen, sozialpolitischen und volkswirtschaftlichen Gründen wird daher die SPD den Kampf um die Erhöhung der Freibeträge fortsetzen und mit der Zustimmung des Volkes in den Wahlen die Forderung nach den Wahlen verwirklichen. [] Aus dem Inhalt: [] Mittelstand am Scheideweg [] SPD und Soldatentum [] Krise in der Landwirtschaft [] Unsere Kandidaten [] Verlaufener Brei [] Wahlkampffinanzierung [] Wer hatte, dem wurde gegeben [] Die Regierungsparteien betonen immer wieder die Notwendigkeit der Steuersenkung, vor allem für die höheren Einkommen. Man rechnet uns vor, daß Einkommen über 50000 DM mit 60 bis 75 Prozent und Einkommen über 100 000 DM sogar mit 80 bis 95 Prozent Einkommensteuer belastet waren, bevor die "Kleine Steuerreform" In diesem Frühsommer eine Senkung auf durchschnittlich nur 60 Prozent bzw. 70 Prozent herbeiführte. [] Nun wissen wir alle, daß es Steuervergünstigungen der verschiedensten Art gibt. Wer sich einen Steuerberater leisten kann, wird wahrscheinlich mit Hilfe der Vergünstigungen die geschuldete Steuer erheblich senken - auch ohne Steuerreform. [] Die Wirklichkeit [] Wie es in Wirklichkeit mit der Steuerzahlung der großen Einkommen schon vor der neuen "Kleinen Steuerreform" ausgesehen hat, hat der sozialdemokratische Abgeordnete Seuffert am 4. März d. J. im Bundestag überzeugend dargelegt. Er verwies auf eine bayerische Statistik über die Einkommensteuerzahler mit Einkommen von über 100000 DM im Jahre 1949. (Leider hat das Bundesfinanzministerium bisher eine ähnliche neuere Statistik und eine Bundesstatistik zu diesem Gegenstand nicht veröffentlicht!) Im Jahre 1949 nun - zu einer Zeit höchster Steuertarife - gab es in Bayern 231 Leute mit über 100 000 DM dem Finanzamt zugegebenem Einkommen. [] Die Reichen und die Steuern [] Insgesamt hatten diese 231 reichsten Leute in Bayern 54 Millionen DM versteuertes Einkommen, im Durchschnitt also je 230000 DM. Davon haben sie nun keineswegs die runden 40 Millionen Steuern bezahlt, die ihnen der alte Steuertarif zugemutet hätte, sondern nur 29 Millionen. D. h. also, auf dem Weg über Steuervergünstigungen wurden diesen 231 Leuten 11 Millionen erlassen, was pro Nase immerhin im Durchschnitt je 45000 DM ausmacht, also ein reichliches Ministergehalt an Nachlässen an der Einkommensteuer durch Sondervergünstigungen! Und dies zu einer Zeit, als unsere Steuertarife noch nicht "reformiert" waren. In dieser Summe ist nicht enthalten, was an privatem Verbrauch über Betriebsausgaben abgesetzt werden konnte. Zum Beispiel dürften diese Leute sämtlich auf Betriebskosten ihren Wagen nebst evtl. Chauffeur gebucht haben, sie werden einen wesentlichen Teil ihrer Vergnügungsreisen und ihrer "gesellschaftlichen Verpflichtungen" - die spielen bei reichen Leuten eine große Rolle - über Betriebskosten und Spesen gebucht haben. Auch dürfte ihr Vermögen über Abschreibungen und ähnliche Buchungen erheblich gewachsen sein, ohne daß die Einkommensteuer sich an diesen zusätzlichen Gewinnen beteiligt hatte. [] Die ersten vier Jahre [] An der ersten Regierung der Bundesrepublik ist die SPD nicht beteiligt gewesen. Schon in der Regierungserklärung von 20.9.49 hatte Bundeskanzler Adenauer ausdrücklich die Auffassung vertreten, daß eine Koalition der bürgerlichen Parteien mit der SPD vor allem wegen der Gegensätze in wirtschaftspolitischen Fragen nicht möglich sei. Die Mehrheit des Bundestages wollte die Fortsetzung der Wirtschafts- und Sozialpolitik, welche die gleiche Mehrheit im Frankfurter Wirtschaftsrat von 1947 bis 1949 gegen die SPD gemacht hatte. Es ist wichtig, sich daran zu erinnern, weil so klargestellt wird, daß die Ausschaltung der SPD aus der Regierungsverantwortung das bewußt gewollte Ziel des Bundeskanzlers und seiner Mehrheit vom ersten Tage der Existenz des Bundestages an gewesen ist. [] Die SPD beklagt sich darüber nicht. Die letzten vier Jahre haben gezeigt, daß es keine Basis für eine gemeinsame Regierungspolitik der bisherigen Mehrheit im Bundestag und der SPD gegeben hätte. [] Mehr autoritär denn demokratisch [] Wenn wir heute in der Bundesrepublik einem autoritären System näher sind als einem demokratischen, so ist das nicht das Resultat des Anwachsens antidemokratischer Kräfte im Volke, sondern die Folge der autoritären Einstellung der Regierung und vor allem Konrad Adenauers gegenüber dem Parlament. Die Bundesregierung hat die Aufgabe, eine Praxis demokratischer Selbstverwaltung im Sinne des Grundgesetzes zu schaffen, nicht erfüllt. Dies hat die Selbstherrlichkeit der Teile der Bürokratie ermutigt, die im Parlament nur ein notwendiges Übel sehen, weil sie ein inneres Verhältnis zum Wesen und den Lebensformen der Demokratie nicht besitzen. [] Versuchter Wahlbetrug [] Diese Entwicklung hat im Laufe der letzten zwölf Monate bedrohliche Formen angenommen. Der Verfassungskonflikt vom Dezember 1952 im Zusammenhang mit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verbindlichkeit von Gutachten ist durch das Verhalten der Bundesregierung entstanden. Sie hat damals unnötig und leichtfertig das Ansehen des Bundespräsidenten und des Verfassungsgerichts gefährdet, zweier Institutionen, die außerhalb des politischen Streites bleiben sollten. [] Ein weiteres Beispiel dafür ist das Verhalten der Regierungskoalition in der Frage eines neuen Wahlgesetzes. Der Versuch, ein System auszuknobeln, das der Regierung auch nach den Wahlen unter allen Umständen eine Mehrheit im neuen Bundestag sichern sollte, war ein Verstoß gegen die demokratische Ordnung. Das Bewußtsein dafür, daß das Wählsystem ein wesentlicher Bestandteil der demokratischen Ordnung ist, ist bei führenden Anhängern der Regierungskoalition sehr schwach entwickelt. Hatte doch der Bundestagspräsident Dr. Ehlers es als selbstverständlich bezeichnet, daß die Koalition ein Wahlgesetz schaffe, welches der Koalition die Mehrheit sichere. Wenn der Präsident des Parlaments - neben dem Bundespräsidenten sollte er der erste Repräsentant der Demokratie sein - sich so äußerte, dann kann man ermessen, wie lose das innere Verhältnis führender Mitglieder der bisherigen Regierungsmehrheit zum Sinn und Wesen einer parlamentarischen Demokratie ist. [] Es ist nicht Aufgabe der Opposition, der Regierung Hilfestellung zu leisten, wenn diese mit ihrer eigenen Mehrheit nicht zu den gewünschten Resultaten kommen kann. Die Opposition kann ihre Entscheidungen gegenüber vollzogenen Tatsachen nur abhängig machen von ihren eigenen Überzeugungen. Dies gilt auch und vor allem für die Fragen, welche Gegenstand von Meinungsverschiedenheiten über die Auslegung des Grundgesetzes sind und also durch das Bundesverfassungsgericht geklärt werden müßten. [] Das jetzt bestehende Kampfverhältnis zwischen Regierung und Opposition ist das Resultat der Politik der Regierung seit 1949. Die SPD hofft, daß eines der Ergebnisse der kommenden Wahl sein wird, daß sich im zweiten Bundestag eine Mehrheit findet, die bereit ist, die demokratische Ordnung nicht nur ihrem Buchstaben, sondern auch ihrem Geiste nach zu entwickeln und das Verhältnis zwischen Regierung und Opposition zu normalisieren. [] Eine Hand wäscht die andere [] Wer hat, dem wurde gegeben! Jeder Arbeiter und jedermann im geistigen Beruf weiß, daß es für Geschäftsleute Gegengeschäfte gibt und daß die großen Geschäftsleute viele Dinge ihres privaten Bedarfs zu Fabrikpreisen statt zu Einzelhandelspreisen kaufen können. Für viele Dinge ist die Mark eines reichen Mannes 1,20 oder 1,50 wert gegenüber der Mark in der Hand des kleinen Mannes, der die entsprechenden wirtschaftlichen Beziehungen nicht hat und der nicht auf Gegenrechnung oder Gefälligkeitsrechnung kaufen kann. Das sind Vorteile einer Vorzugsstellung der Herren der Wirtschaft, die unter sich besondere Möglichkeiten des Einkaufs vieler Dinge ihres privaten Bedarfs haben. Außerdem aber haben sie - wie schon gesagt - also die Inhaber von Geschäften stets die Möglichkeit, vom Wagen bis zu den Handwerkerrechnungen für ihre "repräsentative" Wohnung und zu den "Geschäftsreisen" und zur Bewirtung von "Geschäftsfreunden" einen wesentlichen Teil ihres privaten Bedarfs aus Betriebskosten abzubuchen. Wahrscheinlich ist es so, daß sie im wesentlichen oft nur ihr tägliches Brot - und davon essen sie wenig - und die Kleider der Frau Gemahlin aus dem versteuerten Einkommen bestreiten müssen. [] Soziale Gerechtigkeit mit der SPD [] Die Finanzierung des Bundestagswahlkampfes 1953 [] Von allen Parteien in der Bundesrepublik ist die SPD die einzige, deren Einnahmen aus den regelmäßig bezahlten Beiträgen ihrer mehr als 650000 Mitglieder fließen. Die SPD ist auch die einzige ausgesprochene Mitgliederpartei, währenddem alle, übrigen Parteien sogenannte Wählerparteien sind und sich nur in kleinerem Maßstabe auf eingeschriebene Mitglieder stützen. [] Wie finanzieren sich nun die übrigen Parteien? [] Bei der KPD ist es klar. Sie erhält die Gelder aus der Ostzone, ebenso die kommunistischen Tarnorganisationen. [] Die sich bürgerlich nennenden Parteien haben ihre eigene Art, sich Partei und Wahlgelder zu besorgen. In den Jahren 1949 bis etwa 1950 herrschte hier ein erhebliches Durcheinander, das zu Mißhelligkeiten mit den Geldgebern führte. Seit 1952 wurden diese Geldbeschaffungsaktionen großzügig, planmäßig und zweckmäßig organisiert. Für jedes Land wurden sogenannte Fördergesellschaften gegründet. Sie firmieren unter getarnten Namen, die möglichst unverfänglich und scheinbar unpolitisch sind. [] Um welche Organisationen dreht es sich? [] 1. Bayern [] "Volkswirtschaftliche Gesellschaft Bayern e. V.", München 22, Odeonplatz 2, Telefon 2 74 66 - Fernschreiber IBW München 063 472, Bankkonto: Bayerische Vereinsbank München - Konto-Nr. 208 260. [] 2. Bremen [] "Verein zur Förderung der freien Marktwirtschaft in Bremen e. V.", Bremen, Am Markt 17. [] 3. Hamburg [] "Verein zur Förderung des hamburgischen Wirtschaftslebens e. V", Hamburg 36, Neue Rabenstraße 17. [] 4. Hessen [] "Fördergesellschaft der Hessischen Wirtschaft e. V.", Frankfurt, Rathenauplatz 1 a. [] 5. Niedersachsen [] "Institut für die Niedersächsische Wirtschaft e. V.", Hannover, Walderseestraße 7. [] 6. Nordrhein-Westfalen [] "Verein zur Förderung der sozialen Marktwirtschaft in NRW", Düsseldorf, Humboldtstraße 31. [] 7. Rheinland-Hessen [] "Verein zur Förderung der Rheinischen Wirtschaft e. V.", Koblenz, Roonstraße 49a. [] 8. Rheinland-Pfalz [] "Verein zur Förderung der pfälzischen Wirtschaft", Neustadt a. d. W., Luitpoldstraße 5. [] 9. Schleswig-Holstein [] "Zentralausschuß der Schleswig-Holsteinischen Wirtschaft e. V.", Kiel, Holtenaustraße 74. [] 10. Baden-Württemberg [] "Gesellschaft zur Förderung der Wirtschaft Baden-Württemberg e. V.", Stuttgart-S., Tübinger Straße 26/III. [] Zweck... [] Welchen Zwecken all diese Vereinigungen dienen, wollen wir an Hand eines einzigen der vielen vorliegenden Rundschreiben aufzeigen. In einem Rundschreiben eines Arbeitgeberverbandes des Landes Nordrhein-Westfalen vom Dezember 1952 heißt es wörtlich: [] "Die Neuwahlen für den Bundestag stehen bevor. Entsprechend der Zusammensetzung des Deutschen Bundestages wird die neue Bundesregierung gebildet werden. - Für die Durchführung des Wahlkampfes sind große finanzielle Mittel erforderlich. [] "Die private Wirtschaft sollte daher eine ausreichende Finanzierung der Parteien, die ihre Interessen vertreten, als lebenswichtige Investitionen ansehen."... [] "Die im Bundesverband der Deutschen Industrie und in der Bundesvereinigung der deutschen Arbeitgeberverbände zusammengeschlossene gewerbliche Wirtschaft hat beschlossen, jeweils auf Landesebene sogenannte Fördergesellschaften zu errichten. Im Lande Nordrhein-Westfalen hat dieser Verein seinen Sitz in Düsseldorf. Der Verein hat sich die Aufgabe gestellt, Mittel für die Parteien bereitzustellen, die die soziale Marktwirtschaft von Minister Erhard unterstützen." [] ...und Umfang [] Wer sich über den Umfang der Finanzierung und Korrumpierung der Regierungsparteien durch die Managerschicht der Wirtschaft informieren will, der lese die Denkschrift "Unternehmermillionen kaufen politische Macht". Dort sind Dutzende von Originalunterlagen wiedergegeben, aus denen hervorgeht, in welchem Ausmaß die Wirtschaft Gelder für die Regierungsparteien zur Verfügung stellt. [] Die von diesem Segen betroffenen Politiker und ihre Parteien streiten das auch gar nicht ab. Zur Abschwächung behaupten sie lediglich, die SPD würde ebenso enorme Wahlgelder von den Gewerkschaften und den Konsumgenossenschaften erhalten. Während aber die SPD in der vorgenannten Druckschrift 100prozentige Beweise für ihre Behauptungen vorlegen kann, bleiben die Gegner der SPD die Beweise für ihre Behauptungen schuldig. [] 182 609 Freiberufliche [] Darunter sind: [] 36446 Aerzte, [] 10641 Zahnärzte, [] 24313 Architekten, Ingenieure. [] ca. 60000 Handelsvertreter, [] 18153 Wirtschafts-, Buchführungssachverständige und Steuerberater. [] Diese letzte Zahl von 18153 besagt etwas Besonderes aus, nämlich den beklagenswerten Notstand der selbständig Schaffenden, die sich ohne Steuerberater nicht mehr durch das Gestrüpp der Steuergesetzgebung hindurchfinden können. Siehe folgenden Artikel. [] Der Mittelstand am Scheideweg [] Nach der Bevölkerungsstatistik von 1950 gehören von der westdeutschen schaffenden Bevölkerung [] zur Industriearbeiterschaft 43,2% [] zur Angestelltenschaft und zum Beamtentum 17,8% [] zur Landwirtschaft 17,1% [] zum Handwerk, Handel, Gewerbe und zu den freien Berufen 21,9% [] Wandlungen des Mittelstandes [] Der Begriff "Mittelstand" hat im Verlauf von mehr als 100 Jahren sehr erhebliche Wandlungen durchgemacht. Bis etwa zur Mitte des 19. Jahrhunderts verstand man unter ihm das reiche und gebildete Bürgertum, das sich auf seinen Privatbesitz stützen konnte. [] Später, gegen Ende des 19. Jahrhunderts, wurden das Handwerk und die Kleingewerbetreibenden die Stützen des Mittelstandes. Sein Kennzeichen war die Verbindung von kleinem oder mittlerem Besitz und Vermögen mit fachlichem Können. [] In diesem gewerblichen Mittelstand begann sich schon bald eine schmerzhafte Umstellung zu vollziehen. Die zunehmende Industrialisierung verdrängte ihn aus seiner vorherrschenden Stellung. Er wurde von selbständiger Produktion zum Hilfsgewerbe der Industrie herabgedrückt. Manche Zweige fielen fast vollständig der Industrialisierung zum Opfer. Massenhaft gingen dabei selbständige Existenzen zugrunde. [] Etwa in der Zeit vor dem ersten Weltkrieg begann man auch Schichten mit höherem Einkommen aus unselbständiger Arbeit zum Mittelstand zu zählen. Damit begann eine neuerliche Wandlung des Begriffes "Mittelstand", dem heute alle mittleren Einkommensschichten zugerechnet werden. Zwei Inflationen haben den Uebergang vom Vermögensbesitz zum Einkommensbezug ungemein beschleunigt. [] Der heutige Begriff "Mittelstand" [] unterscheidet sich also sehr wesentlich vom "alten Mittelstand". Die frühere selbständige Warenerzeugung ist weitestgehend zu Gunsten von Reparatur und Montage industrieller Fertigfabrikate und Halbzeuge aufgegeben, der Rückhalt in eigenem Besitz und Vermögen ist größtenteils verloren, es sind weitgehendst Schichten mit Einkommen aus unselbständiger Tätigkeit einbezogen, und, soweit noch selbständige Tätigkeit vorliegt, ist das Einkommen daraus die Existenzgrundlage. [] Der neue Mittelstand [] ist also ein Kind der vorherrschenden kapitalistischen Wirtschaft. Zu ihm zählt man heute gewisse Kreise von Angestellten und Beamten, die Bauern, selbständig Schaffende aus Handwerk, Handel, Gewerbe und den freien Berufen. Schon diese Aufstellung zeigt Gruppierungen, die wenig gemeinsame, aber desto mehr gegensätzliche Interessen haben. [] Mittelstandspolitik unmöglich [] Aus diesem Grunde sind auch in neuerer Zeit alle Versuche zu einer selbständigen Mittelstandspolitik gescheitert. Als Einkommensbezieher sind fast alle diese Schichten an die Seite der Arbeiter gerückt - die Bauern vorläufig noch ausgenommen. Welche Schlussfolgerungen ergeben sich daraus? [] Die Gemeinschaft aller Schaffenden [] Industriearbeiter, Angestellte, Beamte, Bauern und Landarbeiter, selbständig Schaffende in Handwerk, Handel und Gewerbe, Mitarbeiter und mithelfende Familienangehärige, freiberuflich Schaffende, sie alle erwirken das, was man "Sozialprodukt" nennt. Wenn sie alle es gemeinsam schaffen, sollten sie auch gemeinsam eine möglichst gerechte Verteilung desselben anstreben. Das bedeutet nicht Gleichmacherei, aber Beendigung eines Zustandes, der einer kleinen Schicht erlaubt, Millionäre zu werden, während andererseits Millionen um ihre nackte Existenz kämpfen müssen. [] Einige Zahlen [] Es gab im westdeutschen Bundesgebiet 1952 [] Handwerksbetriebe 830000 [] Handwerksbetriebe mit Einzelhandel 222300 [] Zahl der Beschäftigten 3,5 Millionen [] Handwerksumsatz 24 Milliarden DM [] Handelsumsatz im Handwerk 7 Milliarden DM [] Diese volkswirtschaftliche Bedeutung gibt dem Handwerk einen Anspruch auf kreditpolitische Förderung. Die SPD hat daher in ihrem Aktionsprogramm festgelegt: [] "Das bisher stark vernachlässigte handwerkliche Kreditsystem wird mit Hilfe der öffentlich-rechtlichen Kreditinstitute neu aufgebaut. Die persönliche Leistung und die Zuverlässigkeit des Handwerkers müssen die wichtigste Voraussetzung für den Personalkredit bilden." [] "Das Handwerk ist bei Auftragsvergebung der öffentlichen Hand nach seiner Bedeutung zu berücksichtigen." [] Wie ist nun die Lage der Mittelschichten? [] Die wenigen Zahlen, die wir vorstehend brachten, sollten zum Nachdenken anregen. Die wenigsten machen sich ja Vorstellungen von den Menschen und ihrer sozialen Lage, wenn sie unter Verwendung überlieferter Bezeichnungen heute vom "Mittelstand" sprechen. Anläßlich der Bundestagung der "Arbeitsgemeinschaft selbständig Schaffender in der SPD" am 19. April 1953 in Essen hat Erich Ollenhauer, der Vorsitzende der SPD, darauf hingewiesen, daß [] "die Mittelschichten heute fast durchwegs lediglich auf ein Einkommen angewiesen sind, das schwankender sein kann, als es Lohn- und Gehaltseinkommen ist." [] Er sagte weiter: [] "Der Handwerker und Gewerbetreibende, der Ladeninhaber usw. sind "klassenmäßig", das heißt ihrer Einkommensquelle und ihrer Einkommenslage nach, an die Seite des Angestellten und Arbeiters gerückt und ihr Einkommen ist weitgehend davon bestimmt, wie hoch Realeinkommen und Kaufkraft von Arbeitern und Angestellten ist." [] Soziale Sicherung der Mittelschichten [] In früheren Zeiten konnten sich diejenigen, die als selbständige Handwerker, Einzelhändler oder auch in den freien Berufen tätig waren, im Verlauf ihres Lebens so viel ersparen, daß sie in der Lage waren, sich aus den Ersparnissen einen gesicherten Lebensabend zu verschaffen. Zwei Weltkriege und die Geldentwertungen haben besonders die älteren selbständig Schaffenden aus dem Kreise der mittleren Schichten verarmt. Die Verarmung dieser Schichten schließt also die früher gegebene soziale Sicherung - aus eigener Kraft - in der Zukunft für das Alter aus. Sofern Lebensversicherungen für das Alter abgeschlossen waren, wurden diese ebenfalls bekanntlich durch die Geldentwertungen zunichte gemacht. [] Die Sicherung für das Alter aber ist heute eine eminent wichtige soziale Frage für die mittleren Schichten geworden. Sie ist aber so zu gestalten, daß kein Mittelständler der öffentlichen Fürsorge mehr anheimfallen kann und darf. Es muß ein Weg gefunden werden, sowohl von der gesetzgeberischen Seite her als auch unter materieller solidarischer Mitwirkung des gesamten Mittelstandes, daß beschleunigt eine solche soziale Sicherung für Alter und Invalidität der mittleren Schichten geschaffen wird. Diese Forderungen stehen im "Sozialplan" der SPD und in deren Aktionsprogramm. [] Das Ende einer falschen Einstellung [] in der Vergangenheit waren die Mittelschichten des Glaubens, deswegen nicht den Weg zur SPD gehen zu können, weil die SPD auch den letzten mittelständischen Kleinbetrieb sozialisieren wolle. Wer vorstehende Aufstellung betrachtet, versteht auch, daß es da gar nichts zu sozialisieren gibt. Die SPD hat übrigens dieses Ziel auch nie gehabt. Es wurde - und wird - ihr nur angedichtet von Kreisen, die die Mittelschichten politisch mißbrauchen wollen. [] Eine notwendige Feststellung [] Die Sozialdemokratische Partei hat sich in ihrem Aktionsprogramm noch einmal grundsätzlich zu der Anerkennung des Privateigentums bekannt. Diese Anerkennung des Privateigentums erstreckt sich auf die privaten Produktionsstätten. Ausgeschlossen davon sind lediglich die Betriebe der Grundstoffindustrie (Kohle, Eisen, Stahl, Energie). [] Bereits 100 000 bei der SPD [] Dieses soziologische Bild unserer Bevölkerung spricht eine sehr eindeutige Sprache; eine Sprache, der die Sozialdemokratische Partei durch die Bundestagung der "Arbeitsgemeinschaft der selbständig Schaffenden in der SPD" auch nach außen hin in einer klaren politischen Willensbildung zum politisch positiven Einsatz für die mittleren Schichten Ausdruck verleiht. Fast 100 000 selbständig Schaffende aus Handel, Handwerk, Gewerbe und den freien Berufen sowie dem Bauernstand sind schon jetzt eingeschriebene Mitglieder der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands. [] Die Sozialdemokratische Partei ist die große Volkspartei, in der die mittleren Schichten und die Arbeiterschaft für immer vereinigt sein werden. [] Der auseinandergelaufene Brei [] Am 14. August 1949 schickten die bayerischen Wähler 12 Abgeordnete der WAV zur Vertretung ihrer Interessen in den ersten Bundestag der Westdeutschen Republik. Wo sind sie am Ende des ersten Bundestages? Alfred Loritz reist in Niedersachsen herum und bemüht sich mit den Resten der verbotenen Sozialistischen Reichspartei (SRP) in Verbindung zu kommen. Die SRP ist eine neofaschistische Partei gewesen. Um seine Wähler kümmert sich Loritz nicht. [] Der WAV-Abgeordnete Fröhlich, Eggenfelden, ging am 13.10.50 zur Gruppe BHE-DG. Seit 21.3.52 ist er fraktionslos. [] Der bekannte Goetzendorff, Passau, landete nach seinen Krach mit Loritz zunächst als Gast bei der Deutschen Reichspartei (DRP). Ab 19.9.51 firmiert er als Fraktionsloser. [] Löfflad aus Nördlingen hat bereits dreimal die Fraktion gewechselt. Zur Zeit ist er bei der Deutschen Partei (DP). [] Weickert, Landshut, ist zum BHE-DG, Wallner aus Schierling über DPB zur DP, heute fraktionslos, Tichi aus Kulmbach fraktionslos nach Gastspiel beim BHE. [] Schuster aus Kirchheim ist nach dem dritten Fraktionswechsel nun bei der DP und Schmidt aus Rudelstetten ebenfalls beim dritten Wechsel Fraktionsloser geworden. [] Reindl aus Nürnberg nennt sich wieder WAV, nachdem er im Dezember 1951 zum DPB, dann am 16.1.52 zur DP ging, um vom 9.12.52 bis 29.4.53 als Fraktionsloser mitzulaufen. [] Paschek von Burgkunstadt hat nun auch den vierten Fraktionswechsel hinter sich. Zur Zeit DP. Zwölfe waren es. Und der zwölfte, Pfarrer Wittmann aus Dachsbach, ist nach dem dritten Wechsel nun auch fraktionslos. [] Für diesen auseinandergelaufenen Haufen haben am 14. August 1949 682000 bayerische Wähler ihre Stimmen abgegeben. [] Schlimm ist's auch bei der Bayernpartei [] Siebzehn ihrer Mannen zogen nach Bonn. Beauftragt von 986 600 Wählern aus Bayern. Bereits am 8.9.50 fielen Aumer, heute unabhängig, Donhauser, bis 17.9.52 fraktionslos, dann zur CSU zurückgekehrt, und Rahn, der es eine Zeitlang bei der WAV versuchte und im Februar 1951 zur CSU ging. [] Nur wenig später, am 7.11.50, kehrte Freiherr von Fürstenberg der BP-Fraktion den Rücken. Am 5.1.52 schloß er sich der CDU/CSU an, nachdem er zwischenzeitlich fraktionslos war. [] Am 13.12.51 folgten Etzel, Bamberg, zunächst "Föderalistische Union", ab 3.12.52 fraktionslos, und Dr. Fink, ebenfalls zunächst "Föderalistische Union", dann ab 5.1.52 wieder CSU. [] So steht eben so mancher Wähler vor der Tatsache, daß er doch anders als er wollte gewählt hat, weil nur der Wechsel das Beständige bei manchen Politikern mancher Parteien ist. [] Nicht vergessen [] Entsinnen Sie sich, bitte, einen Augenblick der schauerlichen Zeiten nach dem Zusammenbruch. Damals, 1945, begann das deutsche Wirtschaftswunder - ohne Adenauer und Erhard -, damals haben die Arbeiter, Angestellten und Beamten, die anständigen Leute hungernd und frierend den Wiederaufbau begonnen! Und wenn die Regierung von 1949, die am 6. September abtreten muß, heute behauptet, Professor Erhards vermeintlich "soziale Marktwirtschaft" habe Wunder vollbracht, dann bedeutet das nur den Versuch, den Millionen fleißiger Menschen in der Bundesrepublik die Tatsache zu verschleiern, daß seit der Währungsreform vom Ertrag unserer aller Arbeit der Löwenanteil in die Taschen der Großen und Reichen geflossen ist. Was den Werktätigen zugebilligt wurde - und oft mußte es in harten Kämpfen der Regierung und ihrem "Sozialpartner Kapital" abgerungen werden -, das ist - gemessen an den Millionenverdiensten und Millionengewinnen - das Zehnerl. Aber jeder hat Anspruch auf die volle Mark für seine Arbeit und Leistung! [] Voraussetzung dafür ist allerdings, daß jeder Arbeit hat und Schluß gemacht wird mit dem beschämenden Zustand, daß über eine Million Menschen arbeitslos im Sommer und fast zwei Millionenüber den Winter, ihre arbeitswilligen Hände- verzweifelt In den Schoß legen oder kurzarbeiten müssen. Die uns angepriesene "soziale Marktwirtschaft" hat in vier Jahren bewiesen, daß sie dieses Problem nicht meistern kann. Wir Sozialdemokraten wollen durch eine Politik der Vollbeschäftigung, die sauberen Wettbewerb und wohlüberlegte Planung sinnvoll kombiniert, die Wirtschaft voll zur Entfaltung bringen und ihr ein gesundes und tragfähiges Fundament geben, was wiederum eine vorausschauende Politik der Krisenabwehr und Krisenverhütung gestattet. [] Nur so werden wir positive Arbeit leisten, die Vertriebenen in Arbeit bringen, den Grenzbezirken wirkungsvoll helfen und den Ertrag der Wirtschaft sinnvoll und richtig verteilt steigern können. Dann können wir auch die Rentner und Invaliden besser versorgen. [] Unsere und Ihre Kandidaten [] Erste Ziele: [] Wiedervereinigung und Gleichberechtigung [] Die Außenpolitik der deutschen Bundesrepublik muß nach Auffassung der SPD zwei Hauptziele verfolgen, von denen keines kleinen Vorteilen des Augenblicks geopfert werden darf. Diese beiden Ziele sind: [] 1. Die Wiedervereinigung Deutschlands, also zunächst der Bundesrepublik und der Sowjetzone, zu einem freien demokratischen Staat auf Grund von freien Wahlen im ganzen Gebiet. Dabei darf die Saar nicht vergessen werden. [] 2. Die Verwirklichung der Gleichberechtigung Deutschlands in allen internationalen Beziehungen. [] Im Osten unseres Vaterlandes muß - nach einem Wort von Dr. Kurt Schumacher - mit friedlichen Mitteln um jeden Quadratmeter der verlorenen Gebiete gerungen werden. Die SPD ist sich allerdings dessen bewußt, daß es billige Demagogie wäre, die Ablösung der Oder-Neiße-Linie durch die Grenzen von 1937 als ein Nahziel der deutschen Politik hinzustellen. [] Man darf eine etwa mögliche Teillösung nicht dadurch unmöglich machen oder als unmöglich hinstellen, daß man sie ultimativ mit Problemen verknüpft, die im besten Fall erst im Laufe der weiteren Entwicklung einer Lösung näherzubringen sind. [] Darum darf die Politik der Bundesrepublik auch nicht so sein, daß man vorläufig auf Leipzig und Magdeburg zu verzichten gewillt ist, weil man die Wiedergewinnung Breslaus und Stettins nicht gleichzeitig erreichen kann. [] Anlage 12 (zu § 30) [] Stimmzettel [] für die Bundestagswahl im Wahlkreis Nr. 236 Augsburg-Stadt am 6. September 1953 [] Jeder Wähler hat 2 Stimmen! [] Erststimme für die Wahl nach Landeslisten [] Zweitstimme für die Wahl des Wahlkreisabgeordneten [] Unsere Kandidaten in den Regierungsbezirken Oberbayern und Schwaben [] 196. Wahlkreis Altötting [] Treittinger Walter [] geb. 4.11.14, Fürsorgereferent; [] Soyen 73, bei Wasserburg am Inn [] 197. Wahlkreis Fürstenfeldbruck [] Kahn-Ackermann Gg. Mich. [] geb. 4.1.18, Journalist [] München, Gaiglstraße 25 [] 198. Wahlkreis Ingolstadt [] Dr. Rugenstein Kurt [] geb. 30.1.01, Studienrat [] Ingolstadt, Am Münzbergtor 16/0 [] 199. Wahlkreis Miesbach [] Thieme Willy [] geb. 23.4.12, Kaufmann [] München 9, Plassenburgstraße 18 [] (MdL) [] 200. Wahlkreis München-Nord [] Seuffert Walter [] geb. 4.2.07, Rechtsanwalt (MdB) [] München 23, Seestraße 3 [] 201. Wahlkreis München-Ost [] Marx Franz, [] geb. 26.1.03, Maschinenschlosser [] München 25, Maronstr. 3/4 (MdB) [] 202. Wahlkreis München-Süd [] Dr. Kreyssig Gerhard [] geb. 25.12.99, Redakteur (MdB) [] München 9, Am Blumengarten 15 [] 203. Wahlkreis München-West [] Graf Otto [] geb. 8.3.92, Ministerialrat a. D. [] München, Dall-Armi-Str. 9 (MdB) [] 204. Wahlkreis München-Land [] Reitzner Richard [] geb. 19.8.93, Lehrer (MdB) [] Sudetendeutscher [] Haar bei München, Egerlandstr. 5 [] 205. Wahlkreis Rosenheim [] Weishäupl Karl [] geb. 25.6.16, Landesgeschäftsführer (MdL) [] Mü.-Feldmoching, Lerchenstraße 49 [] 206. Wahlkreis Traunstein [] Bals Hans geb. 15.8.17, Angestellter [] Laufen (Obb.), Poststraße 118 1/3 [] 207. Wahlkreis Weilheim [] Kaisenberg Gerhard [] geb. 5.5.18, Rechtsanwalt [] München 2, Theresienstraße 18 [] 236. Wahlkreis Augsburg-Stadt [] Baur Valentin [] geb. 19.12.91, Angestellter (MdB) [] Augsburg, Sieglindenstraße 8 [] 237. Wahlkreis Augsburg Land [] Albrecht Lisa [] geb. 27.5.96, Parteisekretärin [] (MdB) [] Mittenwald, Ferchenseestraße 8 [] 238. Wahlkreis Dillingen [] Ospald Hermann [] geb. 20.1.21, Gewerkschaftssekretär (MdL), Sudetendeutscher [] Haunstetten, Georg-Käß-Platz 5 [] 239. Wahlkreis Donauwörth [] Dr. Loeprecht Karl [] geb. 11.4.11, Arzt, Schlesier [] Donauwörth, Scheiplstraße 456 [] 240. Wahlkreis Kaufbeuren [] Frenzel Alfred [] geb. 18.9.99, Glasschmelzer (MdL) [] Sudetendeutscher [] Klosterlechfeld, Tankstellensiedl. 5 [] 241. Wahlkreis Kempten [] Voutta Heinrich [] geb. 5.4.92, Reisemittler [] Fischen (Allgäu), Beslerstraße 2 [] 242. Wahlkreis Memmingen [] Strobel Otto [] geb. 8.5.96, Angestellter [] Memmingen, Kanalstraße 9 [] Zur Bundestagswahl stellt die SPD in Bayern 47 Kandidaten auf. [] Davon sind: [] 14 Heimkehrer [] 12 Ausgebombte [] 10 Heimatvertriebene [] 8 Kriegsbeschädigte [] 2 Rentenempfänger [] 2 Frauen [] Nach Berufen: [] 13 Arbeiter [] 9 Angestellte [] 8 freie Berufe [] 6 Lehrer [] 5 Handwerker u. Gewerbetreibende [] 3 Beamte [] 2 Landwirte [] 1 Hausfrau [] 23 sind katholisch, 13 evangelisch, 10 freireligiös, 1 Kandidatin ist Quäkerin, 27 wurden aus politischen Gründen verfolgt. Einer Gewerkschaft gehören 35 Kandidaten an. Das Durchschnittsalter der Kandidaten ist 49 Jahre. [] Das ist die Volkspartei, die Gemeinschaft aller Schaffenden und sozial Bedürftigen. [] Gebt Eure erste Stimme dem Wahlkreisbewerber der SPD, [] Eure zweite Stimme der Liste 2! [] Warum der BHE plötzlich für die Aufrüstung ist! [] Es hat sich allmählich herumgesprochen, daß man beim BHE auf Ueberraschungen gefaßt sein muß. Das liegt wohl mit daran, daß es in der Bundesrepublik zur Zeit keine Partei gibt, in welcher der Unterschied zwischen der breiten Masse der Wähler und Mitglieder und der politischen Führungsschicht so groß ist wie im BHE. Während die übergroße Mehrzahl der Wähler und Mitglieder kleine Leute sind, setzt sich die Führungsgruppe fast ausschließlich aus Akademikern und ehemaligen Besitzbürgern zusammen, welche in der alten Heimat nicht einmal mit ihren heutigen Mitgliedern gesprochen hätten. [] Diese Masse der kleinen Leute, die Schulter an Schulter mit den Sozialdemokraten Im täglichen Leben um Wohnung und Arbeitsplatz ringt, war und ist gegen die Soldatenspielerei. Auf einmal hörten sie im Radio, daß ihr Bundesboß Waldemar Kraft plötzlich - nach Rücksprache mit Adenauer selbstverständlich - für die Aufrüstung ist. Als das bekannt wurde, war die Landtagsfraktion des BHE in Bayern immer noch gegen die Wiederbewaffnung. Sie fiel erst 8 Tage später in München nach einer Rede Krafts um. Nun sind sie auch dafür und erwarten, daß der kleine Mann draußen bedingungslos mitmacht. Warum eigentlich? [] Dem dürfte es ziemlich egal sein, ob das stimmt, was ein westdeutsches Magazin zu diesem Umfall schrieb, nämlich, daß Kraft die Beteiligung des BHE am Wahlfonds der bürgerlichen Parteien und 2 BHE-Minister in einer künftigen Bundesregierung gefordert habe. [] Dem kleinen Mann im BHE nützt das alles nichts. Er braucht keine neue Montur, sondern eine anständige Wohnung und einen sicheren Arbeitsplatz. Dafür kämpft die SPD. Ob er im BHE noch seine Interessenvertretung sieht, bleibt abzuwarten. [] Der Arbeiter aus den Sudeten oder aus Schlesien wird es wohl nur schwer verstehen können, warum er, wie in Augsburg, als BHE-Kandlidat einen Unternehmersyndikus wählen soll. [] Krisenzeichen für die Landwirtschaft [] Von Sepp Kiene, MdL. [] Aufmerksame Beobachter stellten mit dem Herbst 1952 beginnend deutliche Krisenzeichen in der Landwirtschaft fest. Sie äußerten sich in einem fortschreitenden Zusammenbruch der Preise für landwirtschaftliche Erzeugnisse. Es sanken die Preise für Schlachtkühe von Juli 1952 bis März 1953 um 20 Prozent, für Schweine, Klasse C, von Oktober 1952 bis März 1953 um 22,4 Prozent. [] Die Milchpreise sanken vom höchsten Stand im Dezember 1952 in manchen Bezirken auf den bisher tiefsten Stand. Es fiel im Allgäuer Milchgebiet der Preis je Kilo Milch vom 30. Dezember 1952 bis 15. Juni 1953 durchschnittlich um 7 Pfennig, im oberbayerischen Milchgebiet um 3-4 Pfennig. [] Die Einnahme aus der Milchablieferung ist als eine regelmäßige Einnahme der bäuerlichen Wirtschaft von großer Bedeutung und ihr Absinken daher eine empfindliche Einkommensminderung. [] Fragen wir aber die Verbraucher, dann schütteln sie verwundert den Kopf. Für sie ist der Milchpreis seit Jahren unverändert. Das Rindfleisch ging zwar im Einzelverkauf etwas zurück, aber nur um 11,3 Prozent, Schweinefleisch sank um 14 Prozent, alles in dem oben angegebenen Zeitraum. Wo bleiben die übrigen Prozente hängen? Dies sind für Erzeuger als auch Verbraucher einige Ergebnisse der "liberalen Marktwirtschaft". (Der Verfasser hält das Wort "soziale Marktwirtschaft" für einen Betrug.) [] Die Entwicklung der Auslandsmärkte [] Angesichts dessen, daß die sogenannte Liberalisierung (Aus- und Einfuhrfreiheit) auf rund 90 Prozent ausgedehnt wurde (für landwirtschaftliclie Güter betrug sie im April 1953 79,4 Prozent), ist für unsere Bauern die Entwicklung der Auslandsmärkte von entscheidender Bedeutung. Am 25. Juni 1953 konnte man den Marktberichten entnehmen: [] Abwärtsbewegung der Weizenpreise an der Chikagoer Getreidebörse, Rückschlag der Notierungen für Oele und Fette in USA, starke Zufuhren am Chikagoer Schlachtviehmarkt mit abwärts tendierenden Preisen, rückläufige Eierpreise in Holland und den nordischen Ländern, steigende Vorräte an Weizen, Zucker, Vieh, Oelen und Fetten. Wir können aus Platzmangel leider nicht näher auf diese Vorgänge eingehen und wollen nur die Tendenz aufzeigen. [] Adenauer und der Bauernverband [] Diese Entwicklung hat den Deutschen Bauernverband in Gang gebracht. Er ging zu Adenauer. Wir hätten gern erfahren, in welcher Stimmung die Aussprache geführt wurde. Wahrscheinlich haben die stürmischen Wellen der Aussprachen unter den schwergeschädigten Bauern nur noch leise säuselnd das Kanzlerpalais erreicht. Einem internen Dienst des Bayerischen Bauernverbandes entnehmen wir folgendes: [] Der Bundeskanzler brachte zum Ausdruck, daß die Landwirtschaft trotz ihrer hohen Leistung nicht gleichberechtigt an der weiteren Aufwärtsentwicklung der deutschen Wirtschaft im laufenden Jahre teilnehmen konnte. Dieser, auch politisch gefährliche Zustand müsse überwunden werden. Er bedauerte, daß das mit Rhöndorf gesteckte Ziel durch die Rückschläge im laufenden Wirtschaftsjahr gefährdet erscheint. Dann appellierte er an die Einsicht, sich nicht entmutigen zu lassen und mit der Regierung Maßnahmen zu entwickeln, die wieder auf den Weg des weiteren Aufstiegs zu führen in der Lage seien. Ohne sich im einzelnen festzulegen, erklärte der Kanzler, er erachte die Verwirklichung einer Reihe der geforderten Maßnahmen unverzüglich für möglich. [] Nach Uebersetzung dieser schön gefeilten Darstellung in unser Gebrauchsdeutsch kommt heraus, daß die Liberalisierungspolitik der Adenauer-Erhard-Regierung die Landwirtschaft nach anfänglichen Teilerfolgen in eine schwere Krise gebracht hat. Nun sollen Hilfsmaßnahmen die Erzeuger beruhigen - besser gesagt, die Versprechung solcher Hilfsmaßnahmen. Inzwischen geht die aufgezeigte Entwicklung rapide weiter. [] Getreidepreisgesetz - ein Prüfstein ehrlicher Bauernpolitik [] Das Getreidemarktgesetz verpflichtet den Bundestag zur rechtzeitigen Festsetzung der alljährlichen Höchst- und Mindestpreise für Getreide. Rechtzeitig heißt, vor Beginn der Aussaat. damit der Bauer auf Grund der festgelegten Preise den Umfang seines Anbaues bestimmen kann. Festsetzung von Höchst- und Mindestpreisen heißt, im Interesse einer Preisstabilisierung eine Ueberschreitung der Höchstpreise, aber auch eine Unterschreitung der Mindestpreise zu verhindern. [] In allen Jahren kam die Vorlage der Bundesregierung erst dann, als die Ernte schon vor der Türe stand. Um zu zeigen, wie sehr einem das Wohl der Bauern am Herzen liegt, forderten die Vertreter der Landwirtschaft in den Regierungsparteien möglichst hohe Getreidepreise. Die Regierung machte dies Spiel mit, denn es ließ sich dies so schön in Bauernversammlungen verwenden. [] Und doch war alles Schwindel. Im vorigen Jahre zum Beispiel erhöhte man den Haferpreis noch um 10 DM, obwohl man wußte, daß in Anbetracht der geringen Pferdebestände zu viel Hafer angebaut war. Nirgends aber stand geschrieben, daß der Bauer einen Rechtsanspruch auf Abnahme seines Getreides zu Mindestpreisen hätte. Staatssekretär Sonnemann vom Ernährungsministerium hat diesen Tatbestand offiziell zugegeben. ebenso, daß die Regierung auch nicht verpflichtet sei, Maßnahmen gegen Ueberschreitung der Höchstpreise zu ergreifen. [] Diesem Schwindel schob die SPD jetzt einen Riegel vor. Sie hatte im Ernährungsausschuß beantragt, die Bundesregierung zu verpflichten, durch die Einfuhr- und Vorratsstelle den Bauern Getreide zu den festgesetzten Mindestpreisen abzunehmen, wenn sie es anderweitig nicht verkaufen können, und den Mühlen und dem Handel Getreide zu Höchstpreisen zur Verfügung zu stellen, um übermäßige Getreidepreissteigerungen zu verhindern. Auf Weisung des Bundesfinanzministers haben Bauernverbandspräsidenten, landwirtschaftliehe Genossenschaftler, kurzum die Vertrauensleute der Landwirtschaft, im Ernährungsausschuß diesen Antrag abgelehnt und die Bauern im Stich gelassen. [] Die sozialdemokratische Fraktion aber brachte ihren Antrag erneut im Plenum zur Abstimmung. Wiederum ein Eiertanz der Vertreter der Koalitionsparteien. Als namentliche Abstimmung beantragt wurde, konnte sich der Bundesfinanzminister noch so viele Mühe geben, es nutzte nichts. Fast alle Abgeordneten, selbst jene, die im Ausschuß dagegen waren, stimmten für den sozialdemokratischen Antrag: lediglich drei Abgeordnete enthielten sich der Stimme. [] So hat die Sozialdemokratie die Bundesregierung zur Durchführung einer die Interessen der Bauern wie der Verbraucher wahrenden Marktordnung gezwungen. Wieder ein Beweis dafür, daß die Sozialdemokratie sich nicht wie die Koalitionsparteien mit leeren Deklamationen über das Wohl der Landwirtschaft begnügt, sondern eine konstruktive Agrarpolitik betreibt. [] SPD und Soldatentum [] Immer wieder und besonders vor jedem Wahlkampf behaupten die gegnerischen Parteien, die SPD habe das Soldatentum als Ganzes beleidigt und verächtlich gemacht. [] Wie steht es in Wirklichkeit mit der Einstellung der SPD zum Wehrgedanken und zum Soldatentum? [] Wir waren und sind leidenschaftliche Kriegsgegner. Unser Endziel ist die Verhütung aller Kriege. Aber das heißt nicht, daß wir tatenlos und widerstandslos zusehen, wenn unsere Freiheit in Gefahr gerät. [] Von jeher hat die SPD die Freiheit des einzelnen und des Volkes als das höchste Gut angesehen und stets betont, daß sie bereit sei, jede Bedrohung dieser Freiheiten, wenn es sein muß, auch mit der Waffe in der Hand, zurückzuweisen. Unzählige Tatsachen beweisen, daß es nur Verleumdung ist, wenn man die SPD der Schmähung der Verteidigungsbereitschaft des Volkes verdächtigt. [] Einer der ersten im ersten Weltkrieg gefallenen Kriegsfreiwilligen war der sozialdemokratische Reichstagsabgeordnete Frank. Der erste Reichspräsident Friedrich Ebert hat zwei Söhne im ersten Weltkrieg verloren. Der Vorsitzende der Sozialdemokratischen Partei nach 1945, unser leider zu früh verstorbener Kurt Schumacher, hat als Kriegsfreiwilliger im ersten Weltkrieg einen Arm verloren. Mehr als die Hälfte der Angehörigen der bisherigen Bundestagsfraktion hat im ersten und zweiten Weltkrieg als Soldaten gekämpft, ist verwundet und ausgezeichnet worden, ein höherer Prozentsatz als bei irgendeiner anderen Fraktion. [] Besser aber noch als durch diese Tatsachen wird die Lüge der Gegner entlarvt durch die Haltung der Sozialdemokraten gegenüber den Opfern des Krieges und den Kriegsgefangenen. Kurt Schumacher war der erste Rufer in Deutschland, der die Schande aufzeigte, welche die Zurückhaltung von Millionen Kriegsgefangenen in der Sowjetunion und anderen Staaten viele Jahre nach Beendigung der Feindseligkeiten bedeutet. In den Kriegsopferverbänden arbeiten an leitenden Stellen Tausende von sozialdemokratischen Kriegsopfern ehrenamtlich an der Verbesserung der Lage der unglücklichen Verwundeten und Hinterbliebenen. Das vom Bundestag verabschiedete Bundes-Versorgungsgesetz und alle weiteren Gesetze und Anträge sind in über 100 Sitzungen vom Ausschuß für Kriegsopfer- und Kriegsgefangenenfragen eingehend beraten worden. Dieser Ausschuß tagte bis zu dessen frühem Tode unter dem Vorsitz des SPD-Abgeordneten Bruno Leddin, der sich dadurch bei den Kriegsopfern ein bleibendes Denkmal gesetzt hat. Seine Nachfolge übernahm der SPD-Abgeordnete Kurt Pohle, den wohl jedes Opfer des Krieges kennt und schätzt. [] Die Anträge der SPD-Bundestagsfraktion zur Verbesserung der Lebenshaltung der Kriegsopfer- und -Hinterbliebenen sind so zahlreich, daß sie im einzelnen hier nicht wiedergegeben werden können. [] Bis in das kleinste Dorf hinein bekanntgeworden ist die Kriegsgefangenenhilfe der Sozialdemokratischen Partei. Ein eigenes Büro beim Parteivorstand hat mit viel Mühe und unter großem Kostenaufwand das Material zusammengetragen, das die Grundlage bilden sollte, um der Bundesrepublik später die Möglichkeit zu einem Vorstoß bei den Vereinten Nationen (UN) zu geben. [] Das Heimkehrergesetz ist ein Antragsanliegen der SPD-Fraktion gewesen. ebenso das Gesetz über die Unterhaltshilfe für Angehörige von Kriegsgefangenen. Die SPD hat auch im Bundestag die gesetzliche Regelung über die Entschädigung ehemaliger deutscher Kriegsgefangener ins Rollen gebracht. [] Der Abgeordnete WEHNER von der Bundestagsfraktion der Sozialdemokratischen Partei hat zusammen mit einem CDU-Abgeordneten dieses Material der UN übergeben und erreicht, daß geh die Vereinten Nationen mit der Kriegsgefangenenfrage befaßt und sich für eine baldige Lösung ausgesprochen haben. [] Wenn die Sozialdemokratie die Europäische Verteidigungs-Gemeinschaft und die Wiederaufrüstung Deutschlands unter den geltenden Umständen ablehnt, dann nicht etwa, weil sie nicht bereit ist, die Freiheit gegen den Totalitarismus und den Terror zu verteidigen, sondern weil sie die von der Regierung Adenauer abgeschlossenen Verträge aus vielen äußerst wichtigen Gründen für schlecht und für schädlich hält. [] Man sollte also endlich mit dem Wahlschwindel von der Schmähung der wirklich anständigen Soldaten durch die SPD aufhören. [] Wählt einen besseren Bundestag [] Der Aufruf des DGB, der Adenauer so in Harnisch brachte [] Kolleginnen und Kollegen! Wählerinnen und Wähler! [] Alle wahlberechtigten Staatsbürgerinnen und Staatsbürger sind aufgerufen, am 6. September 1953 einen neuen Bundestag zu wählen. [] Die deutschen Gewerkschaften sprechen vor dieser wichtigen Entscheidung klar und offen aus: [] Wir sind nicht zufrieden mit der Arbeit des alten Bundestages! [] Vor seiner Wahl im Jahre 1949 hatten wir Forderungen an den Bundestag gestellt. [] Die durch den Bundestag gewählte Regierung hat in ihrer ersten Erklärung die Erfüllung der von den Gewerkschaftsmitgliedern erhobenen Forderungen zugesagt. Trotzdem sind diese Forderungen zum großen Teil unerfüllt geblieben. [] Wir forderten Vollbeschäftigung! [] In den letzten vier Jahren waren immer weit über eine Million Menschen arbeitslos, Hunderttausende hatten das bittere Los eines Kurzarbeiters zu tragen. [] Wir forderten ein umfassendes Wohnungsbauprogramm! [] Die doppelte Anzahl von Wohnungen hätte erstellt werden können, wäre der soziale Wohnungsbau nach unseren Vorschlägen gefördert worden. [] Wir forderten einen höheren Lebensstandard für Arbeiter, Angestellte und Beamte! [] Das Mißverhältnis zwischen Arbeitseinkommen und Preisen ist trotz Mehrleistung des einzelnen nicht beseitigt worden. Im Vergleich zu anderen Ländern der freien Welt ist das Leben bei uns zu teuer. [] Wir forderten ein einheitliches und fortschrittliches Arbeits- und Sozialrecht! [] Der alte Bundestag hat die bestehende unheilvolle Zersplitterung des Arbeitsrechtes nicht beseitigt. Die vom Bundestag beschlossenen Aenderungen in der Sozialversicherung sind ungenügend. Sie haben die Not der alten und arbeitsunfähigen Menschen nicht beseitigt. Eine echte Selbstverwaltung wurde nicht geschaffen. [] Wir forderten die Beibehaltung staatlicher Zuschüsse zur Verbilligung von Brot und Fett! [] Bundestag und Bundesregierung haben diese Verbilligung der Lebenshaltung beseitigt. [] Wir forderten eine soziale Steuergesetzgebung! [] Bundestag und Bundesregierung beschlossen eine Besteuerung, die den Lohn- und Gehaltsempfänger besonders hart trifft und deshalb unsozial ist. [] Wir forderten die Demokratisierung der Wirtschaft und damit die Gleichberechtigung der arbeitenden Menschen im Wirtschaftsleben! [] Die innerbetriebliche Mitbestimmung ist durch das vorn Bundestag verabschiedete Betriebgverfassungsgesetz nur in unzureichender Weise geregelt worden. Die überbetriebliche Mitbestimmung wurde vom Bundestag überhaupt nicht in Angriff genommen. Die in der Regierungserklärung bindend zugesagte Neuordnung der Besitzverhältnisse in den Grundstoffindustrien ist ins Gegenteil gekehrt worden. Die alten Eigentümer erhielten ihre Besitzrechte in vollem Umfang zurück, ihr Aktienbesitz wurde hundertprozentig und höher aufgewertet. [] Wir forderten eine fortschrittliche Verwaltung der Bundesrepublik! [] Reaktionäre haben während der letzten vier Jahre immer stärkeren Einfluß in maßgeblichen Funktionen des inneren und äußeren Dienstes erhalten. [] Die Forderungen der Gewerkschaften an Bundestag und Bundesregierung, die dem sozialen Fortschritt und einem echten demokratischen Leben dienen sollen, sind unerfüllt geblieben. Sonderinteressen wurden häufig über die allgemeinen Interessen gestellt. Im alten Bundestag und in der alten Bundesregierung saßen zu wenig Männer und Frauen, die gewillt waren, den arbeitenden Menschen die Rechte zu geben, die sie sich insbesondere auf Grund ihrer großen Leistungen nach 1945 erworben haben. Deshalb richten wir an euch und eure Familienangehörigen den dringenden Appell: Erfüllt eure Wahlpflicht am 6. September! An diesem Tage sprecht ihr euer Urteil über den alten Bundestag. Es ist in eure Hand gegeben, einen besseren Bundestag zu wählen! [] Gebt nur solchen Männern und Frauen eure Stimme, die entweder Mitglieder der Gewerkschaften sind oder durch ihre Haltung in der Vergangenheit bewiesen, haben, daß , sie im neuen Bundestag eure, berechtigten Wünsche und Forderungen erfüllen. [] Ein besserer Bundestag ist für alle Gruppen unseres Volkes, für Jugend und Alter, für Männer und Frauen, für alle Arbeiter, Angestellten und, Beamten von lebenswichtiger Bedeutung. [] Wer Frieden und Fortschritt, Freiheit und Einheit will, wer nicht will, daß wieder Gewaltherrschaft und Krieg, Terror und Bombennächte über uns kommen, der muß durch Abgabe seiner Stimme zur Wahl eines besseren Bundestages die Kräfte ausschließen helfen, die das deutsche Volk ein zweites Mal ins Unglück stürzen wollen. [] Ein Schlag gegen den sozialen Wohnungsbau [] Im Ersten Wohnungsbaugesetz - das bekanntlich auf die Initiative der SPD zurückgeht - war durch Festsetzung von sogenannten Richtsatzmieten für Wohnungen aus dem sozialen Wohnungsbau garantiert worden, daß auch Minderbemittelte für eine angemessene Miete Neubauwohnungen beziehen konnten. Durch die nun in den letzten Sitzungen von Bundestag und Bundesrat gegen die Stimmen der Opposition verabschiedete Novelle ist der bisherige Richtsatz "aufgelockert" und die Festsetzung einer "selbstverantwortlich gebildeten Miete" zugelassen worden. Zu den bisher geltenden Richtsätzen von 1 bzw. 1,10 DM können durch Ermächtigung der Landesbehörden auf Grund -des neuen Gesetzes Zuschläge bis zu 30 v. H. zugelassen werden. Außerdem wird in Zukunft die Wohnfläche, die bei aus öffentlichen Mitteln finanzierten Neubauwohnungen bisher bis 65 qm betrug, bis 80 qm heraufgesetzt worden. [] Das bedeutet, daß eine Normalwohnung des sozialen Wohnungsbaus, die bisher etwa 65 DM Miete kostete, nunmehr mindestens 80 DM monatlich kostet. Im Falle der Ausnutzung der zugelassenen Richtsatzerhöhungen um 30 v. H. erhöht sich die Miete auf 104 DM. Schon allein diese beiden erwähnten Bestimmungen machen deutlich, warum die Opposition sich entschließen mußte, einer solchen Aenderung des ursprünglich von ihr eingebrachten Wohnungsbaugesetzes ihre Zustimmung zu versagen. [] In den Rahmen des sozialen Wohnungsbaus gehört ferner nicht die Bestimmung des § 21e, daß auf Antrag des Bauherrn wegen "besonderer Lagevorteile oder einer Überdurchschnittlichen Ausstattung2 selbstverantwortlich gebildete Mieten zugelassen werden. Durch eine solche Formulierung entsteht zweifellos die Gefahr, daß in der Praxis nicht der die Wohnung erhält, der sie am notwendigsten braucht, sondern der, der die höchste Miete zahlen kann. [] In § 22 wird sogar festgelegt, daß im Falle der Zurückhaltung eines öffentlichen Baudarlehens der Hauseigentümer berechtigt ist, alle aus dem Ersten Wohnungsbaugesetz übernommenen Bindungen zu lösen. Das bedeutet eine Herausnahme, der ursprünglich "sozialen" Wohnungen aus der Bewirtschaftung und damit eine harte Benachteiligung der Mieter. Solange die Wohnraumnot nicht beseitigt ist, muß eine solche Regelung auf das allerschärfste abgelehnt werden. Auch die zugelassenen Mieterhöhungen beim sogenannten steuerbegünstigten Wohnungsbau sind keineswegs zu billigen, weil ja auch dieser Wohnraum zu einem bestimmten Teil mit öffentlicher Unterstützung gebaut wird. Völlig abwegig ist die Begründung des Aenderungsgesetzes, daß der soziale Wohnungsbau sich endlich wirtschaftlicher gestalten müsse. Das Streben nach sogenannter "Wirtschaftlichkeit" bleibt dem privaten Wohnungsbau vorbehalten, dem keine Grenzen gesetzt werden. Nach dem nunmehr verabschiedeten Gesetz verdient aber der mit öffentlichen Mitteln finanzierte Wohnungsbau nicht mehr die Bezeichnung "sozial". Es wird hoffentlich in dem neu zu wählenden Bundestag möglich sein, auch dieses Gesetz im Sinne der von den Gewerkschaften aufgestellten Forderungen wieder abzuändern. p. [] Vertrauen zur SPD? Jawohl, wählt einen besseren Bundestag! Wählt SPD! [] Wahlzeitung der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands, Bezirk Südbayern. Verantwortlich Josef Schäfer, München, Landwehrstraße 37/II. Druck: Oberbayerisches Volksblatt, Rosenheim.
Published:06.09.1953