Hans Böhm

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Hans Böhm [] Hans Böhm MdB [] Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB [] DÜSSELDORF, August 1953 [] Aprather Straße 6a [] Telefon 692784 [] Liebe Wählerin! Lieber Wähler! [] Am Sonntag, dem 6. September 1953, wird der Bunde...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Böhm, Hans
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/16FAEFD5-E65C-4D7C-A538-EB0214D2DC8F
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Hans Böhm [] Hans Böhm MdB [] Mitglied des geschäftsführenden Bundesvorstandes des DGB [] DÜSSELDORF, August 1953 [] Aprather Straße 6a [] Telefon 692784 [] Liebe Wählerin! Lieber Wähler! [] Am Sonntag, dem 6. September 1953, wird der Bundestag neu gewählt. Damit tritt auch an Sie die staatsbürgerliche Verantwortung in vollem Umfange heran. Sie werden sich eine Meinung gebildet haben über die Arbeit des alten Bundestages, über die Arbeit der einzelnen Parteien, aber auch über die Arbeit der einzelnen Abgeordneten. Sie haben sicher auch von den Aufgaben des neuen Bundestages ganz bestimmte Vorstellungen. Sie erwarten etwas von dem zu wählenden Abgeordneten. Durch das Vertrauen meiner Partei, der SPD, habe ich die ehrenvolle Aufgabe bekommen, in Ihrem Wahlkreis Bonn-Stadt und -Land zu kandidieren und um Ihr Vertrauen zu werben. Sie fragen bei mir an, wer ich bin, was ich tue und welche Vergangenheit ich habe. Gestatten Sie, daß ich Ihnen diese offen gestellte Frage ebenso offen beantworte. [] Ich bin heute 63 Jahre alt, stamme aus einer Arbeiterfamilie und habe bereits in frühester Jugend schwere körperliche Arbeit geleistet, um der Mutter die Ernährung der vier Kinder mit zu ermöglichen. Meinen Vater verlor ich als Vierjähriger. Ich war das jüngste der vier Kinder. Seit 1906 bin ich gewerkschaftlich und seit 1911 politisch, und zwar in der SPD, organisiert. Seit 47 Jahren ist es mein Bestreben gewesen, der sozialen Gerechtigkeit und der persönlichen und menschlichen Freiheit zum Siege zu verhelfen. Diese meine Tätigkeit führte mich mitten hinein in all die Probleme, die besonders für den schaffenden Menschen von großer Bedeutung sind: die Fragen der Vollbeschäftigung, der sozialen Sicherheit, die Fragen des Schutzes von Mutter und Kind, um nur einige von all den Problemen zu nennen, die mit der Existenzsicherheit und mit dem Lebensstandard des schaffenden Menschen zusammenhängen. Aber auch alle übrigen Fragen, die mit der wirtschaftlichen, gesellschaftlichen und staatlichen Neuordnung zusammenhängen, sind so dringend geworden und harren der Lösung. Einer Lösung, die nicht erfolgen kann nach den Gesetzen der alten und durch die geschichtliche Entwicklung überlebten Gesellschaftsordnung, sondern durch eine neue, eine bessere, eine soziale Ordnung, bei der der arbeitende Mensch im Mittelpunkt des Geschehens stehen muß. Zu diesem Appell an alle Schaffenden geht ein besonderer Appell um das Vertrauen als Kandidat zum neuen Bundestag an die Beamten und Beamtinnen. An sie richte ich ganz besonders den Wunsch, mir ihr Vertrauen zu schenken. Meine Tätigkeit als Mitglied des Beamtenrechtsausschusses im ersten Bundestag gibt mir ein Recht, um ihr Vertrauen zu werben. Es war und es ist meine Auffassung, daß die Rechtsstellung des Berufsbeamten im neuen Staat die Grundlage, wenn nicht gar die Voraussetzung für eine soziale und demokratische Entwicklung unseres Rechtsstaates sein muß. Auch darin liegt meine Tätigkeit und mein Wollen offen vor Ihnen. Wenn ich mich darüber hinaus auch an den Mittelstand wende, an den selbständigen Gewerbetreibenden usw., und auch da um das Vertrauen werbe, so tue ich es aus meiner jahrzehntelangen Erfahrung und meiner praktischen Tätigkeit, die mir sagt, daß die Existenz des Mittelstandes in hohem Maße davon abhängig ist, daß die soziale Sicherheit und ein ausreichender Lebensstandard für alle Schaffenden, für die Opfer der Arbeit und des Krieges gewährleistet wird. Ich wende mich aber auch um Vertrauen an die Jungwähler. An alle diejenigen, denen durch die Schaffung des Bundeswahlgesetzes zum erstenmal die Möglichkeit gegeben ist, ihre Stimme für die Wahl eines neuen Bundestages abzugeben. Es ist mein besonderes Anliegen, dieser Jugend nicht nur eine staatsbürgerliche Verpflichtung durch die Wahl aufzuerlegen, sondern ich möchte ihr auch das Vertrauen zu der staatspolitischen Entwicklung in Deutschland geben und versuchen, sie vor einem Schicksal zu bewahren, das ihren Vätern in einer Generation zweimal beschieden war. Dieser Jugend die Möglichkeit zu geben, an der Gestaltung des neuen Staates weitestgehend mitzuarbeiten und ihr die Garantie für eine Entwicklung in Deutschland in Frieden und Freiheit zu schaffen, ist eine wesentliche Aufgabe, die der kommende Bundestag zu erledigen hat. Wenn ich hinzufüge, daß es unser aller Aufgabe sein muß, dafür zu sorgen, daß die Wiedervereinigung Deutschlands in Frieden und Freiheit so bald wie möglich geschaffen werden muß, dann haben Sie, liebe Wählerin, und Sie, lieber Wähler, im Telegrammstil eine Antwort auf Ihre Frage, wer ich bin, was mein Wollen ist. Meine Tätigkeit im ersten Bundestag gestattet mir dabei einen Einblick in die Grenzen der staatspolitischen Notwendigkeiten und der sachlichen Möglichkeit der Durchführung von Forderungen, und wenn ich hier nun hinzufüge, daß der verflossene Bundestag eine Reihe von Aufgaben unerledigt gelassen hat, dann liegt darin gleichzeitig auch die Aufgabenstellung für den neuen Bundestag begründet. Meine Partei, die SPD, und auch ich als ihr Vertrauter, werbe in diesem Wahlkreis, liebe Wählerin, lieber Wähler, um Ihr volles Vertrauen. Ich bin weit davon entfernt, durch Erweckung von Illusionen oder durch die Aufstellung undurchführbarer Forderungen mich zur Wahl zu stellen. Ich werde mich bemühen, Ihr Vertrauen zu rechtfertigen. Ich werde heute und morgen und in aller Zukunft immer das sein, was ich in der Vergangenheit war: ein Anwalt für Recht und Gerechtigkeit, für persönliche und menschliche Freiheit und Sicherung der Existenz aller schaffenden Menschen. [] Hans Böhm
Published:06.09.1953