Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Hinter dem Pseudonym "Richard Kern" verbirgt sich Rudolf Hilferding (SPD), der unter diesem Namen für die Sopade publizierte; Der tatsächliche Name von Georg Decker lautet Georg Jury Denicke; Die Tarnschrift besteht aus 40 Seiten und kann aus technischen Gründen hier nur in gekürzter Fassung gezeigt werden. Soderausggabe [] für den Schulgebrauch an Real- und Oberrealschulen in Preußen [] Platons Gastmahl [] oder [] Von der Liebe [] In der Übersetzung von Friedrich Schleiermacher [] neu herausgegeben von [] Dr. Curt Woyte [] Verlag: "Das kleine Buch" - Breslau ) [!] [] Gastmahl oder Von der Liebe [] Die Personen des Gesprächs: [] Apollodoros, ein Freund des Apollodoros, Glaukon, Aristodemos, Sokrates, Agathon, Phaidros, Pausanias, Eryximachos, Aristophanes, Diotima, Alkibiades [] I. [] Ich glaube, auf das, wonach Ihr fragt, nicht unvorbereitet zu sein. Erst kürzlich ja ging ich einmal von daheim in die Stadt hinauf, von Phaleron nämlich. Da erblickte mich einer meiner Bekannten von rückwärts und rief mir von weitem scherzenderweise zu: Phalereer, he, du da, Apollodoros, so warte doch! [] Und ich blieb stehen und wartete auf ihn. Und er sagte darauf: Fürwahr, mein Apollodoros, schon neulich suchte ich dich, weil ich von der Zusammenkunft des Agathon, Sokrates, Alkibiades und der anderen, die damals bei dem Gastmahl zugegen waren, etwas Näheres wissen wollte, und zwar welcher Art die Reden Über die Liebe waren. [] Ein anderer hat mir zwar schon davon erzählt, der es wieder von Phoinix, dem Sohne des Philoppos gehört hatte, er sagte aber, auch du wüßtest es. Aber freilich etwas Genaues konnte er nicht sagen. Also erzähle du es mir; denn dir gebührt es am meisten, die Reden deines Freundes zu berichten. Zuvor aber sage mir, fuhr er fort, warst du selbst bei jener Gesellschaft zugegen oder nicht? Und ich erwiderte: Auf alle Fälle hat, wie es scheint, der Erzähler dir nichts Genaues erzählt, wenn du annimmst, die Zusammenkunft, nach der du fragst, habe erst kürzlich stattgefunden, so daß auch ich dabeigewesen sei. - Das glaubte ich allerdings. - Wieso denn, mein lieber Glaukon? Weißt du denn nicht, daß Agathon sich schon seit vielen Jahren nicht mehr hier aufgehalten hat? Seitdem ich aber mit Sokrates verkehre und es mir angelegen sein lasse, jeden Tag zu erfahren, was er redet und tut, sind noch nicht drei Jahre verstrichen. Bis dahin aber lief ich so herum, wohin mich gerade der Zufall führte, und ich wähnte, etwas zu schaffen, war aber unglücklicher als Irgendwer, nicht weniger als du jetzt, der du meinst, eher alles andere tun zu müssen als zu philosophieren. - Spotte nur nicht, antwortete er, sondern sage mir lieber, wann jene Zusammenkunft stattgefunden hat. - Und ich antwortete: Wir waren noch Kinder, Agathon hatte mit seiner ersten Tragödie gesiegt und tags zuvor zusammen mit seinen Choreuten das Siegesopfer dargebracht. [] Also schon vor sehr langer Zeit, wie mir scheint. Aber wer hat dir davon erzählt? etwa Sokrates selbst? [] Nein, beim Zeus, sondern derselbe, der es dem Phoinix erzählt hat. Es war nämlich ein gewisser Aristodemos aus Kydathenai, ein kleiner, immer barfüßiger Mann. Der war bei der Gesellschaft zugegen und, wie mich dünkt einer der eifrigsten Verehrer des Sokrates in damaliger Zeit. Aber auch den Sokrates habe ich schon nach einigem gefragt, was ich von jenem gehört hatte, und er hat es mir gerade so bestätigt, wie jener es erzählte. [] Wie nun, sprach er, willst du es mir nicht erzählen? Der Weg in die Stadt ist durchaus dazu geschaffen, daß man im Gehen redet und hört. [] Revolutionärer Sozialismus / Richard Kern [] Der Vorstand der deutschen Sozialdemokratie veröffentlicht im "Neuen Vorwärts" vom 28. Januar eine programmatische Kundgebung. [] Das Dokument scheint uns von erheblicher Bedeutung sowohl wegen des Inhaltes als wegen der Methode, durch die dieser Inhalt gewonnen wird. Der Inhalt ist der radikale Bruch mit dem Reformismus, die Proklamierung der Machteroberung im revolutionären Kampf und die Behauptung und Festigung der Macht mit revolutionären Mitteln zum Ziel der sozialistischen Umgestaltung der Gesellschaft. Die Methode aber ist der Versuch, die Taktik und die Ziele des Kampfes nicht durch fertige, als richtig vorausgesetzte Formeln zu bestimmen, sondern sie aus der objektiven Situation, den objektiven Bedingungen, also aus der immer neu zu erarbeitenden marxistischen Analyse der Tatsachen zu gewinnen. Denn nur dann kann an die Stelle von subjektiven Meinungen, Wunschbildern und Zielsetzungen die Einsicht in die objektiven Notwendigkeiten der Art des Kampfes und seines Resultats treten. Weit entfernt von jedem Fatalismus, steigert gerade dieser Weg der Erkenntnis den revolutionären Willen, die Aktivität, indem die so gewonnene Einsicht das Bewußtsein der Kämpfer und der Siegeszuversicht erfüllt, die das Wissen um die Richtigkeit des Weges verleiht. [] Der Versuch, die Dynamik der künftigen Entwicklung zu erkennen, stößt auf zweierlei Schwierigkeit. Die eine ist subjektiver Art: nicht wenige Marxisten unterliegen der Gefahr, das historische Geschehen, das durch überkommene Ideen, durch die verschiedenartig abgestuften Klassen- und Schichteninteressen der so mannigfach gegliederten modernen Gesellschaft außerordentlich kompliziert ist, schematisch zu vereinfachen. Oft wird ein einziges wirtschaftliches Moment allein hervorgehoben oder überhaupt das Wirtschaftliche allein betont und seine notwendige "Umsetzung im Kopfe", im Bewußtsein der so verschiedenartigen, von den mannigfachsten Ideen bewegten Schichten und Klassen vernachlässigt. Durch diese Ueberblendung des Wirtschaftlichen werden dann wesentliche und für die politische Aktion entscheidende Partien des historischen Geschehens in allzu starke Schatten getaucht. Nun ändert der Faschismus gerade an den Fundamenten der kapitalistischen Wirtschaft nichts Wesentliches, so bedeutsam auch die Verschiebungen sind, die er durch die Unterdrückung der Arbeiterorganisationen, durch die stärkere Berücksichtigung bäuerlicher und Mittelstandsforderungen erzeugt. Die volle Wut und Wucht seiner Zerstörungskraft trifft das Geistige, den "Ueberbau". Die moderne Diktatur, die nur als totale oder gar nicht existieren kann, verneint in bewußter und gewollter Barbarei die Entwicklung, die die europäische Menschheit aus der mittelalterlichen Gebundenheit zur freien Entfaltung der Persönlichkeit zur geistigen, moralischen und politischen Selbstbestimmung genommen hat. Und diese Entwicklung war am schwersten, aber gerade deshalb auch am bedeutsamsten in der modernen Arbeiterklasse - die kulturelle Großtat der Arbeiterbewegung. Die Faschisten suchen den Geist zu töten. Ihr Brüder" [!] [] Um diese Sphäre geht es. So hat der Faschismus die Frage gestellt. Aber kann das die Fragestellung des Marxismus sein? Muß seine Antwort nicht einfach lauten: Stürzen wir den Kapitalismus, beseitigen wir die Klassen und damit die Klassenherrschaft, so ergibt sich die Freiheit von selbst, wie sich etwa nach den Vorstellungen eines primitiven naturwissenschaftlichen Materialismus das Denken als Abfallsprodukt aus den chemischen und physikalischen Aenderungen im Gehirn ergibt. Auch uns geht es um Freiheit. Aber die ist nur durch den Sozialismus zu verwirklichen. Im Kapitalismus gibt es keine Freiheit oder nur "formale" Freiheit. Gleichheit vor dem Gesetz, aber nicht inhaltlich erfüllte Freiheit. Gleichheit der Lebensbedingungen und der Aufstiegsmöglichkeit. [] Der Wert der Freiheit wird also bejaht. der [!] Sozialismus ist auch für diese Auffassung Mittel, nicht Zweck - das Mittel, in Freiheit immer größere Anteilnahme des ganzen Volkes an den Gütern der Kultur zu ermöglichen und keinen Marxisten braucht gesagt zu werden, daß nur der Sozialismus diesen Zustand verwirklichen wird. [] Aber damit ist die entscheidende Frage nicht beantwortet, wie Mittel zum Zweck sich verhält. Soll oder muß man den Zweck - die Freiheit - natürlich nur vorübergehend suspendieren, um zuerst dis Mittel - den Sozialismus - zu verwirklichen? [] Zweierlei Bemerkungen drängen sich auf. Zunächst eine prinzipielle. Die marxistische Geschichtsauffassung führt den Gehalt der jeweils geschichtlich wirkenden Ideen auf die sozialen Verhältnisse und die aus diesen entspringenden Interessen letztlich zurück. Sie macht die historische Bedingtheit der Durchsetzbarkeit der Ideen zu ihrem Forschungsobjekt. Aber sie setzt damit in keiner Welse den Wert der Ideen herab. Daß die Ideen der Freiheit, der Gleichheit oder der Solidarität nur unter bestimmten sozialen Verhältnissen entstehen konnten, ändert nichts daran, daß sie einmal entstanden, ihren eigenen Wert behaupten, für den Menschen zu leben und zu sterben bereit sind. Und alle Enthüllung, daß Ideen bei geänderter Interessenlage von ihren bisherigen Anhängern verraten worden sind, sagt über den Wert der Ideen als solcher nichts aus, sondern nur über die Bedingtheit ihrer Durchsetzung. Daß der Verrat [] [Text aus technischen Gründen gekürzt] [] Trotzkismus und Sozialdemokratie / Alexander Schifrin [] I. [] Seit dem Erscheinen seiner ersten Broschüren über die deutsche Krise hat sich Trotzki in die deutsche Arbeiterbewegung eingereiht. Der Trotzkismus von 1932 33 ist nicht mehr der Trotzkismus von 1926 27, als der Kampf Trotzkis gegen Stalin auf dem Boden der Kommunistischen Partei der Sowjetunion seinen Höhepunkt erreichte. Das Schwergewicht des Trotzkismus ist jetzt nach dem Westen verlegt. Trotzki ringt, auf dem Boden der europäischen Arbeiterbewegung stehend, nicht mehr als das Haupt der ultralinken Fraktion des russischen Kommunismus, die einen wirtschaftsradikalen und bauernfeindlichen Kurs verlangt, sondern als Führer jenes Flügels des europäischen Kommunismus, der die Annäherung an die sozialistische Massenbewegung sucht. Die Herausbildung dieses Flügels ist das erste Anzeichen, daß in der europäischen Arbeiterbewegung sich neue Prozesse anbahnen, die zur Ueberwindung oder mindestens zur Linderung der proletarischen Spaltung führen können. [] [Text aus technischen Gründen gekürzt] [] Die Gewerkschaften im faschistischen Deutschland / Leopold Franz [] Die Umgestaltung der "Deutschen Arbeitsfront" zwingt zu einer erneuten Aufrollung des Problems Staat und Gewerkschaften. Die Problematik der gewerkschaftlichen Situation im modernen organisierten Kapitalismus wird täglich komplizierter. Wie häufig im juristischen und politischen Leben zeigen die alten Organisationsformen der Gewerkschaften eine Beharrungstendenz, die sich den grundlegenden Veränderungen des ökonomischen und politischen Substrats verschließt - solange, bis die Formen durch den Funktionswandel zersprengt werden und dem Untergang anheimfallen. [] Das Verhältnis von Staat und Gewerkschaft in Deutschland war seit 1919 ein durchaus zwiespältiges, war ein untauglicher Versuch, die Klassenkampfideologie mit einer Praxis zu versöhnen, für die das Wort "Reformismus" noch eine revolutionäre Bezeichnung ist. [] [Text aus technischen Gründen gekürzt] [] Die Ordnung der nationalen Arbeit / Leopold Franz [] Am Schlusse meines Aufsatzes "Die Gewerkschaften im faschistischen Deutschland" (Heft 4 dieser Zeitschrift) habe ich darauf hingewiesen, daß die Auflösung der Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände und die Umgestaltung der "Deutschen Arbeitsfront" zu einer Einheitsorganisation einzelner Arbeitgeber und Arbeitnehmer notwendig auch zu einer Umgestaltung der sozialpolitischen Gesetzgebung führen müsse. [] Der "Kollektivismus" der Weimarer Zeit muß naturgemäß in dem Augenblick auch rechtlich verschwinden, in dem die Organe dieses sozialpolitischen Systems zu bestehen aufgehört haben. "Das Gesetz zur Ordnung der nationalen Arbeit" vom 20. Januar 1934 Schafft die neuen rechtlichen Grundlagen für die Regelung der Lohn- und Arbeitsbedingungen. Seine sieben Abschnitte befassen sich mit "Führet des Betriebes und Vertrauensrat" (I), "Treuhänder der Arbeit" (II), "Betriebsordnung und Taritordnung" (III), "Soziale Ehrengerichtsbarkeit" (IV), "Kündigungsgesetz" (V), "Arbeit im öffentlichen Dienst" (VI), "Schluß- und Uebergangsvorschriften" (VII). [] Es ist kein Zweifel, daß es sich um die wesentlichste Bekundung nationalsozialistischen Geistes handelt, daß der "Sozialismus" des Regimes sich in diesem Gesetz in einer Form dokumentiert. die als feudalisierter Monopol - Kapitalismus bezeichnet werden muß. [] [Text aus technischen Gründen gekürzt] [] Die Organisation der Freiheit / Ernst Anders [] Max Klinger hat in seinem Aufsatz über "Positive Kritik" im vorigen Heft den Anfang gemacht, zu sagen, "wie es künftig gemacht werden soll". Damit ist die wichtige Wendung zu einer Diskussion eingeleitet, die sich nicht mehr allein um unsere Fehler in der Vergangenheit dreht, sondern auch um unsere Forderungen für die Zukunft. Nur durch solche Arbeit wird es gelingen, die versprengten Gegenkräfte im antifaschistischen Kampf auf einer einheitlichen Plattform zu sammeln und zum geschlossenen Einsatz zu bringen. [] Klinger hat einige Sätze über die Organisation der sozialistischen Macht nach dem Sturz der faschistischen Diktatur formuliert. Unter diesen kommt eine besondere Bedeutung dem Satz zu, der sich gegen die unveränderte Uebernahme der bürokratischen Verwaltung wendet, ihre Säuberung von allen unzuverlässigen Elementen und ihren "völligen Umbau im Geiste der Selbstverwaltung" verlangt. Mit diesen Forderungen ist in der Tat eine bedeutsame Frage aufgeworfen, die in der Diskussion über die Sicherung einer neu eroberten Macht oft übersehen wird. [] [Text aus technischen Gründen gekürzt] [] Was wirtschaftliche Selbstverwaltung im sozialistischen Staat bedeutet, kann man nicht besser sagen, als es Georg Decker bereits 1932 in seiner Broschüre "So kommen wir zum Sozialismus" gesagt hat, in der - längst auf irgendeinem Scheiterhaufen zur Ehre des Dritten Reiches verbrannt - diese Sätze standen: [] "Die gemeinsame Arbeit wird in der sozialistischen Wirtschaft demokratisch organisiert, das heißt, sie wird von unten nach oben auf der Selbstverwaltung aller Beteiligten beruhen. Alle Glieder der Wirtschaft, von den einzelnen Betrieben über die Verwaltungen der ganzen Wirtschaftszweige bis zur obersten Leitung der Planwirtschaft, werden einen lebendigen Strom der Selbsttätigkeit der arbeitenden Massen darstellen. Jeder wird berufen sein, mit seinem Willen, seinen Gedanken und seinen Erfahrungen an der gemeinsamen Arbeit vollberechtigt mitzuwirken. Erst dann wird jeder diese gemeinsame Arbeit und den sie beherrschenden Willen als seinen Willen empfinden und seine beste Kraft für den Erfolg der gemeinsamen Arbeit einsetzen." [] Der Faschismus wendet sich an den Trieb im Menschen, nach oben zu gehorchen und nach unten befehlen zu können. Der Sozialismus wendet sich an den Willen im Menschen, Zwang und Befehlsgewalt zu brechen und sie durch selbstgeschaffene Satzunzen und Ordnungen zu ersetzen. Im Sozialismus tritt dem Faschismus das höhere Prinzip der gesellschaftlichen Organisation entgegen, mit ihm wird die Despotie durch das Reich der Freiheit überwunden. Dies Reich der Freiheit ist kein Reich der Schrankenlosigkeit. Es genügt nicht, vom Sozialismus die Vorstellung zu entwickeln, als ob eine möglichst große Freiheit des einzelnen allein schon seinen Inhalt ausmache. Es muß das Bild einer Ordnung entworfen werden, in der neben der Freiheit auch die Bindung das Maß hält, das der Abhängigkeit des Einzeldaseins vom Dasein der Gesamtheit entspricht. Es genügt nicht, die sozialistische Selbstverwaltung in einer Wiederaufstehung all der zahllosen Verbände und Vereine zu erblicken, die unter dem Faschismus eingestampft worden sind. Es muß der Rahmen geschaffen werden, in den sich die Gliederungen der Selbstverwaltung so einfügen, daß sie zur Grundlage der gesellschaftlichen Verfassung werden können. [] Das Bedürfnis nach neuen Formen der gesellschaftlichen Einordnung des einzelnen ist in Deutschland seit langem wach. Es fand seinen Ausdruck ebenso im Ringen weiter Teile der Arbeiterschaft um das Sowjetsystem, wie in mancher Kritik an der "formalen" Demokratie wie schließlich in der wachsenden Anteilnahme des Bürgertums für den Gedanken des Ständestaats. Der Faschismus hat dieses Bedürfnis nicht befriedigt, sondern unterdrückt, und groß sind die Gefahren, die damit jedem künftigen gesellschaftlichen Neuaufbau Deutschlands im Sinne sozialistischer Selbstverwaltung erwachsen. Groß ist die Gefahr, daß auf den Sturz des faschistischen Gewaltregiments ein neues Gewaltregiment mit anderem Vorzeichen folgt, groß aber auch die andere, daß weite Schichten in Deutschland nach dem Uebermaß des Drucks in ein Uebermaß von Ungebundenheit, in Anarchie verfallen könnten. Indem wir den Gedanken der sozialistischen Selbstverwaltung vervollkommnen und in weitere Kreise tragen, sorgen wir zugleich dafür, daß auch auf diesem Gebiet das Gespenst des Bolschewismus und der Anarchie - heute noch die sicherste innen- und außenpolitische Stütze des Nationalsozialismus - seine lähmende Kraft verliert. [] 38 [] Nachdem Alkibiades so gesprochen, sei über seine Offenherzigkeit ein Gelächter ausgebrochen, weil er immer noch in Sokrates verliebt zu sein schien. Sokrates aber habe gesagt: Wie mir scheint bist du noch nüchtern, Alkibiades; sonst würdest du dich nicht so fein im Kreise herumdrehen können und das, weswegen du dies alles gesagt, zu verbergen suchen, indem du es nur so wie beiläufig an den Schluß stelltest, als ob du nicht alles deswegen vorgebracht hättest, um mich und Agathon zu entzweien, in der Meinung, ich dürfte nur dich lieben und keinen anderen, und Agathon dürfte nur von dir geliebt werden und auch nicht von einem anderen. Aber das blieb uns nicht verborgen, sondern dies dein Satyr- und Sirenendrama wurde durchschaut. Aber, lieber Agathon, es soll ihm nichts helfen; gib nur acht, daß niemand dich und mich entzweie! Darauf habe Agathon gesagt: Du magst wohl recht haben, Sokrates. Ich vermute aber auch, er hat sich nur deshalb zwischen dich und mich gelegt, um uns voneinander zu trennen. Das soll ihm nun nichts helfen, sondern ich komme und lege mich neben dich. Freilich, habe Sokrates gesagt, lege dich hier unterhalb von mir! O Zeus, habe Alkibiades gesagt, was muß ich schon wieder von dem Menschen erdulden! Er denkt, er muß mich überall übertreffen. Aber, wenn es denn nicht anders geht, du Wunderbarer, so laß doch wenigstens den Agathon sich zwischen uns legen! - Das ist ja unmöglich, habe Sokrates geantwortet; denn du hast mich gelobt, und ich muß nun weiter den zu meiner Rechten loben. Wenn nun Agathon unterhalb von dir Platz nimmt, so soll er doch wohl mich nicht noch einmal loben, ehe er vielmehr von mir gelobt worden ist. Laß es also gut sein, du Dämonischer, und mißgönne es dem jungen Mann nicht, von mir gelobt zu werden; habe ich doch große Lust, ihn zu preisen. - Juchhe, juchhe, Alkibiades, habe Agathon gerufen, nun kann ich auf keinen Fall hierbleiben, sondem vor allen Dingen muß ich den Platz wechseln, um von Sokrates gelobt zu werden. - Da haben wir ja wieder die alte Geschichte, habe Alkibiades gesagt. Wenn Sokrates dabei ist, kann niemand anders etwas von einem Schönen haben. Auch jetzt, wie gewandt und glaubhaft hat er zu begründen verstanden, daß Agathon gerade neben ihm liegen muß! [] 39. [] Agathon sei also aufgestanden, um sich neben Sokrates zu legen. Plötzlich aber sei eine große Menge Nachtschwärmer an die Tür gekommen und habe sie zufällig offen gefunden, weil gerade jemand hinausging, und so seien sie geradeswegs zu ihnen hereingekommen und hätten Platz genommen. Und überall sei Lärm gewesen, und ohne jede Ordnung sei man genötigt worden, gewaltig viel Wein zu trinken. Da seien Eryximachos, Phaidros und einige andere fortgegangen, erzählte Aristodemos. Ihn selbst aber habe der Schlaf überwältigt, und er habe sehr lange geschlafen, wie denn die Nächte damals lang waren. Gegen Morgen aber sei er aufgewacht, als die Hähne schon krähten. Nach dem Munterwerden habe er gesehen, wie die anderen teils noch schliefen, teils sich entfernt hatten. Agathon dagegen, sowie Aristophanes und Sokrates seien allein noch wach gewesen und hätten aus einer großen Schale rechtsherum getrunken, und Sokrates habe mit ihnen ein Gespräch geführt. Der übrige Inhalt des Gesprächs sei ihm nicht mehr erinnerlich; er sei ja nicht von Anfang an dabeigewesen und sei auch dazwischen wieder eingenickt. Die Hauptsache aber sei gewesen, daß Sokrates sie zwingen wollte, zuzugeben, ein und derselbe Mann müsse Komödien und Tragödien zu dichten verstehen und der künstlerische Tragödiendichter sei auch Komödiendichter. Dies Zugeständnis hätten sie sich abnötigen lassen; sie seien aber nicht recht gefolgt, sondern schläfrig geworden. Und zuerst sei Aristophanes eingeschlafen, und als es schon Tag geworden, auch Agathon. Nachdem aber Sokrates sie in Schlaf geredet habe, sei er aufgestanden und gegangen, und er selbst sei ihm wie gewöhnlich gefolgt. Er sei ins Lykeion gegangen, habe gebadet und sich dort, wie sonst, den ganzen Tag aufgehalten, und erst abends habe er sich daheim zur Ruhe begeben. [] Billige Uebersetzungen [] griechischer, lateinischer, französischer und englischer [] Klassiker und Schriftsteller [] besonders für den Gebrauch von [] Schülern höherer Schulen [] Verlagsverzeichnis auf Wunsch kostenlos durch den Verlag [] "DAS KLEINE BUCH" [] Breslau
Published:1934