Liebe(r) Jungwähler(in)! . Jeden Tag hören Sie aufrufe an die Jugend

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Hermann Schmidt [] Bundestagskandidat der SPD [] im Siegerland und Wittgenstein [] Würgendorf, im August 1953 (Kreis Siegen) [] Liebe(r) Jungwähler(in)! [] Jeden Tag hören Sie Aufrufe an die Jugend. Sie werden umworben, man erzählt Ihnen, was...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Schmidt, Hermann
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/33C384A7-2AA7-4F46-857B-079116E28C66
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Hermann Schmidt [] Bundestagskandidat der SPD [] im Siegerland und Wittgenstein [] Würgendorf, im August 1953 (Kreis Siegen) [] Liebe(r) Jungwähler(in)! [] Jeden Tag hören Sie Aufrufe an die Jugend. Sie werden umworben, man erzählt Ihnen, was alles für Sie getan wird. Man sagt Ihnen, Sie seien der Träger der Zukunft. [] Sie selber aber stehen oft ratlos vor den großen politischen Ereignissen. Sie haben das Gefühl, von ihnen überwältigt zu werden. Jede Partei preist Ihnen ihr Programm an als die Erfüllung Ihrer Wünsche. Was sind Ihre Wünsche? [] Sie möchten als freier Mensch in einer friedlichen Welt leben. Sie möchten arbeiten und eine Familie gründen können. Die jungen Franzosen, Engländer, Amerikaner, Skandinavier, denen Sie vielleicht begegnet sind, haben den gleichen Wunsch. Und Sie haben auch von der Sehnsucht der Menschen in Asien und Afrika nach einem Leben in Gerechtigkeit und Freiheit gehört. [] Zwei entscheidenden Auffassungen stehen Sie gegenüber: Die Regierung Adenauer hat sich seit Jahren auf eine "Politik der Stärke" festgelegt. Die von ihr beschlossene Aufrüstung Westdeutschlands im Rahmen der Europäischen Verteidigungsgemeinschaft verhindert die Wiedervereinigung Deutschlands. Sie beschwört die Gefahr einer kriegerischen Auseinandersetzung zwischen Ost und West herauf und würde gerade uns als der deutschen Jugend die schwersten Opfer auferlegen. Damit können wir uns niemals einverstanden erklären. Als Frontsoldat des letzten Krieges mache ich mich zum Sprecher aller jungen Menschen, wenn ich erkläre, daß wir es ablehnen müssen, über unser Schicksal von 70- bis 80-jährigen entscheiden zu lassen. Sie brauchen den Feuerofen einer Front nicht mehr zu erleben. Wir aber sind die Betroffenen. Ist es daher nicht unser gutes Recht, hierüber selbst zu bestimmen? - Die SPD tritt ein für eine "Politik der Verständigung" . Sie erstrebt die Wiedervereinigung Deutschlands mit friedlichen Mitteln. Das kann nur erreicht worden durch Verhandlungen zwischen den Großmächten. [] Sie hören und lesen jetzt dauernd vom "deutschen Wirtschaftswunder", das die Adenauerregierung als ihren Erfolg hinstellt. Sie wissen aber auch, daß es heute noch eine halbe Million junger Menschen ohne Arbeitsplatz und ohne Lehrstelle gibt und daß Zehntausende Jugendliche in Bunkern, Baracken und Flüchtlingslagern hausen. Die Sozialdemokratische Partei ist sich bewußt, daß man diese Probleme nur durch eine kühne Wirtschafts- und Sozialpolitik lösen kann. Sie hat ihre Vorschläge zur Vollbeschäftigung und zur Beseitigung der Jugendnot im Bundestag als Oppositionspartei vertreten. Und sie hat in den Ländern, in denen sie Regierungspartei ist, die Wege zu ihrer Verwirklichung beschritten. [] Am 6. September können Sie mitentscheiden, ob die Politik der Regierung Adenauer fortgesetzt oder die Pläne der Sozialdemokratie verwirklicht worden sollen. Diese Entscheidung kann Ihnen niemand abnehmen und Sie Entrinnen ihr auch nicht, wenn Sie beiseite stehen und damit die Kräfte stärken, die Sie ablehnen. [] Ich erwarte nicht, daß Sie mit allem einverstanden sind, was die Sozialdemokraten tun und sagen. Ich hoffe aber, daß Sie sich mit unserem Programm und mit unseren Taten kritisch auseinandersetzen. Ihr Selbstbewußtsein darf es nicht zulassen, daß andere für Sie und über Sie entscheiden. Prüfen Sie und wählen Sie! [] Hermann Schmidt
Published:06.09.1953