Summary: | Bemerkungen: ; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals
LUFTSCHUTZ WIE GROSS IST UNSERE CHANCE ? [] Das Bundesamt für Bevölkerungsschutz behauptet: "Jeder hat eine Chance"! [] Wahrscheinlich haben Sie die Broschüre mit diesem Titel erhalten. Ihr Ton läßt sich auf den einen Satz zusammenfassen: Alles halb so wild! [] Stimmt das? Ist der Atomkrieg, der biologische, der chemische Krieg wirklich halb so wild? Genügt ein kleines Deckungsloch, als Schutz gegen die Superbombe? Wird man unter dem Eßtisch sitzend überleben können? Ist die über den Kopf gestülpte Aktentasche ein Mittel gegen Hitze und Feuersturm? [] Wir sagen: NEIN! [] Unsere Chance in einem Atomkrieg ist verzweifelt gering - viel geringer noch als beim Lotto! Und: wir können nicht öfters als einmal wetten, das ist nicht drin! Gibt es also wirklich keine Chance? Doch - es gibt eine Chance Aber - sie liegt nicht im Luftschutz und nicht im Atomkrieg! Denn wie sähe der Atomkrieg aus? Wir geben Ihnen die Tatsachen: [] Vergleichsmaßstab Hiroshima Die Luftschutzbroschüre des Bundes plaudert von den beiden glücklichen Japanern, die durch rasches "Deckungnehmen" und Flucht unter den Tisch "davongekommen" sind. Ist der Vergleich erlaubt? NEIN! [] 1. Die Hiroshima-Bombe ist vollig überholt. Ihre Sprengwirkung ist heute schon die einer gewöhnlichen Granate der atomaren "Feld-Artillerie". Eine 10-Megatonnen-Wasserstoffbombe, d.h. eine Standard-Bombe der gegenwärtigen Raketen-Strategie hat bereits die Wirkung von 500 Hiroshima-Bomben zusammen! 2. Hiroshima und Nagasaki - das waren zwei Städte, die 1945 sozusagen herausgepickt wurden. Ringsum war das Land vom atomaren Krieg verschont, Hilfe und Unterstützung konnte von außen herangebracht werden. Im nächsten Krieg wird das anders sein: Die Kernwaffen werden nicht mehr bloß zu "Demonstrationszwecken" angewandt werden, sondern von Anfang an als "normales" Mittel der Kriegsführung! Auch die H-Bomben oder H-Sprengsätze werden angewandt werden; sie sind (auch das muß man wissen!) viel billiger, also viel "rentabler" als die vergleichbaren A-Bombensätze. 3. Es wird gesagt, daß 75% der Bevölkerung in Hiroshima und Nagasaki "überlebten". Aber Überleben allein genügt nichtl [] So sah die nüchterne Bilanz aus: [] Hiroshima Nagasaki (Stand: 2.2.1946) (Stand 23.10.1945) [] Tote 78150 23753 [] Vermißte 13983 1924 [] Schwerverletzte 9428 [] Leichtverletzte 27996 23345 [*] [] anders Betroffene 235656 89052 [] Zusammen: 365213 138074 [] [* Schwer- und Leichtverletzte zusammen] [] Druckwellen, Hitze, Feuersturm [] 1. Gibt es einen Schutz gegen die Druckwelle? Vielleicht - bei genügender Entfernung (mindestens 15 km) und rechtzeitiger Warnung. Aber was uns die Broschüre "Jeder hat eine Chance" verschweigt, das ist der Feuersturm, der einen Radius von mindestens 40 km hat. Dr. Frank Shelton, der Technische Direktor der Defense Atomic Support Agency des amerikanischen Verteidigungsministeriums, hat darüber 1959 vor dem Kongreß der USA ausgesagt: "Die Explosion einer 10-Megatonnen-Bombe würde alles brennbare Material in einem Radius von 40 km um die Explosionsmitte entzünden." Dieser Feuersturm verzehrt in kürzester Zeit allen verfügbaren Sauerstoff. Er saugt ihn auch noch aus der Umgebung heran. Erstickung ist die Folge, auch im "staubdichten" oder "belüfteten" Keller! [] 2. Müssen wir in der Bundesrepublik mit einem solchen Feuersturm rechnen? Wir müssen mit Schlimmerem rechnen: - Mit "taktisch" placierten H-Raketen, zwischen denen vielleicht "Korridore" zum Vorstoß konventioneller Truppen offenbleiben, und mit der Schließung dieser Korridore durch entsprechende nukleare Gegenschläge der Verteidiger; - mit einem sofortigen Totalschlag, d.h. mit Flächenzündungen gleichzeitig abgeschossener Raketenbomben. Der in Ostdeutschland arbeitende deutsche Atomphysiker Ardenne kommt zu dem unwiderlegbaren Schluß, daß "... 90 ballistische Raketen mit nuklearer Ladung den Untergang aller Menschen, Städte, Dörfer und Landschaften innerhalb der Grenzen der Bundesrepublik herbeiführen könnten." Es würden dabei solche Hitzegrade entwickelt, daß alles organische Leben bis unter die Erde verbrennt! [] Gibt es eine rechtzeitige Warnung? Die modernen Raketen fliegen mit einer Geschwindigkeit von 3 bis 10 Kilometern pro Sekunde. Für Mitteleuropa bedeutet das: Die praktische Warnzeit ist gleich Null. Ob wir nun 6000 oder 30000 Sirenen in Westdeutschland haben, spielt keine Rolle - höchstens für den Steuerzahler. Selbst eine Rakete, die man sofort am Abschußort Ostsee entdecken würde, wäre eine Minute später in Bonn oder München - also, noch ehe die Sirenen zu heulen aufgehört haben. [] Radioaktive Strahlung Die Broschüre des Ministeriums verniedlicht auch die Strahlengefahr. Man muß drei Arten von Strahlung unterscheiden: 1. Die Primärstrahlung, die sofort bei der Explosion auftritt und ebenso tödlich ist wie die Druckwelle und der Feuersturm. 2. Die Sekundärstrahlung, die keineswegs schwächer ist und auch nicht so rasch abklingt. Noch nach 7 Tagen ist sie stark genug, um bei einem zweistündigen Aufenthalt in der verseuchten Gegend tödlich zu wirken. 3. Die Strahlung der radioaktiven Isotope, d.h. der radioaktiv gewordenen Elemente, die mit dem Regen und mit dem Wind über uns kommen würden, lange nachdem die Explosion stattgefunden hat. Bei H-Bomben beträgt ihre Reichweite mit dem Wind viele Hundert Kilometer. Diese Strahlung verursacht immer noch qualvolles Siechtum, das sich über Wochen, Monate, Jahre hinziehen kann. Außerdem verursacht sie Erbschäden, die zu Tot- und Mißgeburten führen. [] DAS ÜBERLEBEN: Davon ist in der Bevölkerungsschutz-Broschüre überhaupt nichts zu finden. Was würde die 5 oder 10% erwarten, die nach einem Atomangriff großen Stils aus ihren Schutzbauten kommen? Wie sähe ihre Welt aus? [] 1. Keine Hilfeleistung denkbar Trifft eine ordinäre 10-Megatonnenbombe eine Millionenstadt wie München, rechnet man mit 60 bis 70% Todesopfern. Nimmt man an, daß nur 50000 Menschen sofortige Hilfe benötigen, so müßte man die Kranken nach Auswärts schaffen. Wer besorgt das? Und mit welchen Verkehrsmitteln? Auf welchen Wegen? Für die ersten Behandlungen benötigte man (nach den Berechnungen der Ärzte) ca. 100000 Liter Blutkonserven, ca. 50000 Liter Plasma, 100000 Liter anderer Infusionsflüssigkeit. Wo sind sie gelagert? Woher nimmt man sie? Und: Wo sind die Ärzte, die Schwestern, das Hilfspersonal? [] Nein: Im Katastrophenfall werden diese Kranken geopfert werden, d.h. man wird ihnen den Gnadentod geben müssen. (Diese Notwendigkeit wird in den USA ernsthaft diskutiert.) [] 2. Wer begräbt die Toten? In Agadir, nach dem Erdbeben, stand man vor dem Problem, 15 bis 20000 Menschen zu begraben. Eine intakte Welt stand bereit zur Hilfeleistung. Trotzdem bestand dringende Seuchengefahr! Im Atomkrieg müßten wir mit ganz anderen Größenordnungen rechnen. Gräßliche Epidemien, die unter den Überlebenden aufräumen, wären unvermeidlich. Bedenken wir: Es gäbe weder Strom - noch Gas - noch Wasser! Die großen Talsperren würden bersten. Autos könnten nicht mehr fahren: Es gäbe keine intakten Straßen, kein Benzin mehr. [] 3. Die Natur ein Chaos Das Gleichgewicht der Natur wäre durch einen Atomangriff "strategischen" Ausmaßes völlig zerstört. John N. Wolfe, ein Biologe im Dienst der US-Atomkommission, sagte darüber vor dem Kongreß aus: "Feuer würde sich über riesige Flächen von Wald und Grasland verbreiten ... Diese Feuer würden meiner Meinung nach ungehindert weiterwüten, bis sie vom Winterschnee gelöscht würden, und würden sich so über Hunderttausende von Quadratkilometern verbreiten ... Mit Feuer, Überschwemmung und Erosion käme ein Anschwellen von Tier- und Pflanzenkrankheiten ... Zudem würden schädliche, aber bewegliche Tierarten, vor allem Insekten, in Schwärmen über die verhältnismäßig gesunden Gegenden herfallen ..." [] 4. Die menschliche Gesellschaft stirbt - Ausbruch der Barbarei Auf jeden Fall würden die Überlebenden in vollige Barbarei versinken. Durch die Zerstörung jeder Verbindung mit der heilen Welt, durch das Ende unserer komplizierten Arbeitsteilung, durch Hunger, Seuchengefahr und Verzweiflung würde jede noch so dürftige "Regierungsform" über den Haufen geworfen. Der Kampf aller gegen alle würde beginnen. Nur die minderwertigsten, d.h. die brutalsten und gewalttätigsten Typen hätten eine Chance, unter den "Überlebenden" zu überleben. Die Kultur, die Werte, für die man zu kämpfen vorgibt, wären dahin: Es gäbe keine Freiheit keine Menschenwürde keine Kunst und Wissenschaft. Den Gläubigen unter uns sei es gesagt: die Überlebenden würden Gott verfluchen (vergl.: Prof. Dr. Monzel in "Atomare Kampfmittel und christliche Ethik", Kösel-Verlag, München, Seite 107). [] Was ist der beste Bevölkerungsschutz? So sieht das wahre Bild des "Bevölkerungsschutzes" aus. Wohlgemerkt: Diese Rechnung ist nicht übertrieben. Sie benutzt einwandfreie Quellen, und sie beruht auf der Annahme von 10-Megatonnen-Raketen, d.h. auf der zur Zeit gebräuchlichsten Form des nuklearen Sprengsatzes. Damit hätten wir zu rechnen, wenn es zum Atomkrieg kommt. Schutzbauten mögen ein Geschäft sein ... ... ein Schutz sind sie nicht, wenn man nicht nur mit dem Überleben der ersten Angriffs-Sekunden rechnet, sondern mit der Tatsache, daß der Mensch zumindest einen Rest an Natur und Gesellschaft braucht, um sein Leben zu fristen. [] Aber es gibt eine Möglichkeit, den Atomkrieg zu verhindern - und das ist eine Politik ohne Bombe! Es ist die Politik, die zum Frieden führt. [] Und Sie können helfen! - durch: Unterrichtung Diskussion politische Arbeit für die Entspannung Unterstützen Sie die Politik ohne Bombe Das ist der einzige sinnvolle Bevölkerungsschutz! [] Herausgegeben vom Komitee gegen Atomrüstung e.V., München 15, Schwanthalerstraße 64; [] in Zusammenarbeit mit: Internationale der Kriegsdienstgegner / Kampfbund gegen Atomschäden e.V., Sitz Detmold / Verband der Kriegsdienstverweigerer, Bundesvorstand / WOMAN, Weltorganisation der Mütter aller Nationen, Deutschlandzentrale / Versöhnungsbund e.V., Deutscher Zweig des Internationalen Versöhnungsbundes / Deutsche Friedensgesellschaft, gegr. 1892. Alle diese Organisationen arbeiten mit im "Ostermarsch der Atomwaffengegner".
|