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Deutscher Gewerkschaftsbund-Saar [] Aufruf zur Landtagswohl am 18. Dez. 1955 [] Kolleginnen und Kollegen! [] Die saarländischen Wählerinnen und Wähler gehen am Sonntag zum 2. Male innerhalb weniger Wochen an die Wahlurne. Ging es am 23. Oktober in der Hauptsache darum, gegen falsche Europa-Parolen Front zu machen, und die Abtrennung von unserem angestammten Volk und Vaterland zu verhindern, so geht es am 18. Dezember darum, Parteien zu wählen, die auf dem eingeschlagenen Weg weitermarschieren und uns als schaffende Menschen die Gewähr bieten, daß sie unsere Interessen in dem gebührenden Umfang vertreten. Als DGB-Saar erheben wir unsere Stimme dafür, daß der am 23. Oktober eingeschlagene Weg der Wiedervereinigung mit Deutschland weitergegangen und von den Parteien der Vergangenheit nicht gehemmt werden kann. Zu den dazu erforderlichen Verfassungsänderungen ist eine Dreiviertelmehrheit erforderlich! Der DGB-Saar erklärt sich gegen den wirtschaftlichen Anschluß und die damit verbundene Bevormundung durch Frankreich. Es ist selbstverständlich, daß die Rückkehr der Saar in den deutschen Wirtschaftsraum mit Rücksicht auf den geringeren Leistungsgrad bestimmter Zweige der Saarwirtschaft schrittweise erfolgen muß, damit die Arbeitsplätze nicht in Gefahr geraten. Mit Frankreich wollen wir in Zukunft auf der Basis der Gleichberechtigung Handel und Wandel treiben. Von der Bundesrepublik erwartet die Arbeitnehmerschaft an der Saar, daß sie die Opfer, die die Saarbevölkerung in der rückliegenden Zeit gebracht hat, zu würdigen weiß und ihr Wirtschaftshilfe in weitestem Umfange angedeihen läßt. In Verbindung mit der Beseitigung der Präambel und des Artikels 60 der Saarverfassung fordern wir, daß die Konventionen sobald als möglich abgeschafft werden. Die saarländische Arbeitnehmerschaft betrachtet es als unzumutbar, daß sich die Löhne und Gehälter für die Arbeiter, Angestellten und Beamten nicht an den eigenen Arbeits- und Produktionsverhältnissen orientieren, sondern unabhängig davon in Frankreich festgelegt werden. Nicht minder scharf wendet sich der DGB-Saar gegen die Grubenkonvention und für die Regelung der Warndtfrage [] Um schwerste Gefahren für unsere Bergleute und alle schaffenden Menschen zu vermeiden, verlangt der DGB-Saar die Verfügung über unsere Gruben die Einstellung des Kohlenraubs im Warndt und die unverzügliche Erstellung eigener Schachtanlagen Im Warndt. Auch unsere Hüttenwerke müssen in unsere eigene Verfügungsgewalt kommen. Der DGB-Saar erwartet vom kommenden Landtag,daß er die gesetzliche Möglichkeit zur Mitbestimmung in der Montanindustrie unseres Landes schafft, wie sie seit dem 21. 5. 1951 in der Bundesrepublik besteht. Gesunde Wirtschafts- und sparsame Finanzpolitik sind die Grundlagen für eine fortschrittliche Sozialpolitik. Der DGB-Saar fordert, daß die Sozialgesetzgebung unter Wahrung des Besitzstandes dem bundesdeutschen Recht angepaßt wird. Das gleiche gilt im Arbeitsrecht. Künftig müssen alle Arbeitnehmer freie Tarifverträge vereinbaren können. Von Frankreich erwarten wir die Respektierung unseres Selbstbestimmungsrechtes als Voraussetzung für eine dauerhafte Verständigung zwischen dem französischen und dem deutschen Volk. Kolleginnen und Kollegen Die bisherigen Splitterparteien sind den Beweis schuldig geblieben, daß sie ernstlich gewillt waren, unsere Interessen sicherzustellen. Darum erklärt der DGB-Saar: Keine Stimme der CVP, der SPS und ihren Splitterparteien Der Vorstand des DGB-Saar fordert Euch auf, nur die Kandidaten zu wählen, die die Gewähr bieten, daß sie ihre Politik nach den Notwendigkeiten der schaffenden Schichten unserer Bevölkerung einrichten.
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