3583 Stimmen in einer Hand

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; 3.585 Stimmen in einer Hand [] [] Sieg der Intoleranz auf der Gesellschafterversammlung der Deutschen Presseagentur [] [] Die erste Gesellschafterversammlung der Deutschen Presseagentur (dpa), in der sich dpd und dena fusioniert haben, hat...

Full description

Bibliographic Details
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 04.1951
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/79D83898-A885-43CD-A957-C39B3D6FE4F6
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; 3.585 Stimmen in einer Hand [] [] Sieg der Intoleranz auf der Gesellschafterversammlung der Deutschen Presseagentur [] [] Die erste Gesellschafterversammlung der Deutschen Presseagentur (dpa), in der sich dpd und dena fusioniert haben, hat einen Verlauf genommen, über den einige kritische Bemerkungen gemacht werden müssen. Als nach 1945 in der amerikanischen und britischen Zone Zeitungen lizenziert wurden, sind diese beiden Nachrichtendienste geschaffen worden. Beide gingen, ursprünglich von den Besatzungsmächten gegründet und verwaltet, in deutsche Hände über. [] Von diesem Augenblick an bestand das Verlangen und setzten auch die Gespräche ein, diese beiden Nachrichtendienste zu vereinen. Es dauerte zwei Jahre, um alle Schwierigkeiten, die einer solchen Vereinigung im Wege standen, wegzuräumen. Schließlich hatten die Aufsichtsräte beider Gesellschaften in unzähligen Tagungen eine Satzung ausgearbeitet, nach der zunächst einmal von beiden Gesellschaften gemeinsam die dpa aufgebaut wurde. [] Das Ziel war von vornherein, daß dann die einzelnen Zeitungen einen GmbH-Anteil der Deutschen Presseagentur aufnehmen sollten, damit störend wirkende Gruppenbildungen verhindert werden. Beide Aufsichtsräte waren auch übereingekommen, daß jeder Zeitungsverleger im Höchstfalle ein Prozent des GmbH-Kapitals in seiner Hand vereinen darf, und hatten ferner bestimmt, daß Beteiligungen nur von Verlegern und Rundfunkgesellschaften in Frage kommen. [] Gemäß dieser klaren Absprache übertrug dpd an seine ehemaligen Genossenschaftsmitglieder Anteile der neugegründeten dpa. Zur Überraschung dieser Verleger hatten die Liquidatoren der dena die Anteile zusammengehalten, um sie bei den Abstimmungen geschlossen zur Auswirkung zu bringen. Gerade das sollten die klaren Bestimmungen der Satzungen verhindern. [] In der Gesellschafterversammlung waren 11750 Stimmen vertreten und davon 3585 in einer Hand. Wo auch der Liquidator der dena, Dr. Stenzel, seinen Stimmschein mit den 3585 Stimmen hinzulegte, entschied er die Wahl, d. h. die Entscheidungen der Generalversammlung wurden von einem einzigen Mann dirigiert. [] Dr. Stenzel hatte mit dem Verein Deutscher Zeitungsverleger klare Abreden getroffen. Beide Gruppen majorisierten die Generalversammlung, bestimmten, wer in den Aufsichtsrat kam und sicherten sich eine kompakte Mehrheit. [] In den Satzungen war außerdem vorgesehen, daß fünf weitere Persönlichkeiten vom Aufsichtsrat in diese Körperschaft berufen werden können. In der sich an die Generalversammlung anschließenden ersten Aufsichtsratssitzung wurden zu den gewählten zwölf Personen noch weitere fünf hinzudelegiert. Darunter waren Dr. Stenzel in seiner Eigenschaft als Präsident des Gesamtverbandes und Dr. Jänicke als Vorsitzender des Verbandes Deutscher Zeitungsverleger. [] Obwohl die Satzungen nur so auszulegen sind, daß vorher der Aufsichtsrat konstituiert sein, d. h. seinen Vorsitzenden gewählt haben muß, wurde der nicht in der Generalversammlung gewählte, sondern kooptierte Dr. Stenzel Vorsitzender des Aufsichtsrats. Dieser war in der Generalversammlung vorgeschlagen, hatte aber abgelehnt, zu kandidieren, ließ sich dann aber in den Aufsichtsrat delegieren und zum Vorsitzenden machen. [] Da Dr. Stenzel in seiner Eigenschaft als Präsident des Gesamtverbandes der Zeitungsverleger in den Aufsichtsrat berufen wurde, er aber im Gesamtverband bereits einen Tag nach der dpa-Generalversammlung von seinem Posten zurücktrat, müßte er, da der Grund seiner Berufung in den Aufsichtsrat wegfällt, auch in der dpa zurücktreten. [] Diese dirigierte Wahl und die Delegationen hatten den Sinn, die ehemaligen dpd-Gesellschafter, die im wesentlichen die dpa mitaufgebaut haben, von vornherein in eine hoffnungslose Minderheit zu bringen. [] Interessant ist auch die Aufgliederung des neuen Aufsichtsrats nach politischen Gesichtspunkten. Als der CDU angehörig oder nahestehend können drei Viertel der Mitglieder des Aufsichtsrats angesehen werden. Eine Reihe Gesellschafter verlangen nun die Einberufung einer neuen Gesellschafterversammlung, weil sie auf dem Standpunkt stehen, daß die Satzungen aufs gröblichste verletzt wurden, da ein Drittel der Stimmen in einer Hand war. Sie verlangen daß eine Gesellschafterversammlung und die Wahl des Aufsichtsrats erst dann erfolgen kann, wenn satzungsgemäß alle Anteile auf einzelne Zeitungsverleger übertragen sind. [] Es ist zu bedauern, daß der seit zwei Jahren erwartete Start der dpa so unglücklich verlaufen ist. Dr. Stenzel, der bei allen Vorberatungen anwesend war und die Satzungen genau kannte, mußte wissen, daß sein Auftreten mit 3585 Stimmen in einer Hand den Start dieser Gesellschaft aufs schwerste belasten mußte. [] Die dpa hätte so aus der Taufe gehoben werden müssen, daß für jeden sichtbar wurde, hier wächst eine von Parteien und Regierungen unabhängige Nachrichtenagentur, deren Träger die deutschen Zeitungsverleger sind. Dieses Ziel ist nicht erreicht worden. Vielleicht gelingt es mit einem neuen Start. [] [] Aus "Telegraf" vom 19. 4. 1951
Published:04.1951