Verehrte Mitbürgerin!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Verehrte Mitbürgerin! [] Sie sind nun wieder zu einer neuen, eigenen Wohnung gekommen. Nach all den langen Jahren des Wohnens auf Zimmer oder in unzulänglichen Wohnbehelfen atmen Sie auf und sagen aus vollem Herzen: [] "Jetzt kann man si...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Frauenbüro Hamburg
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1950 - 1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/F0BAD864-FA0C-40D9-B3D9-7BFB719B733B
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Verehrte Mitbürgerin! [] Sie sind nun wieder zu einer neuen, eigenen Wohnung gekommen. Nach all den langen Jahren des Wohnens auf Zimmer oder in unzulänglichen Wohnbehelfen atmen Sie auf und sagen aus vollem Herzen: [] "Jetzt kann man sich wieder als Mensch fühlen!" [] Als sorgende Hausfrau und Mittelpunkt der Familie haben Sie die Wohnungsnot, die nach der Zerstörung der deutschen Städte so katastrophal über uns hereingebrochen ist, schlimmer gespürt als der Mann, der wenigstens tagsüber außer dem Hause arbeitet und der von Natur aus ja auch nicht so darunter leidet, wenn es daheim an jener Gemütlichkeit mangelt, die eine Familie zum Leben braucht. Vielleicht haben Sie noch nicht all den ersehnten Hausrat zusammen, aber Sie genießen die eigenen vier Wände von ganzer Seele, wenn sie auch enger sind, als wir es von früher her gewohnt waren. Haben Sie auch einmal überlegt, wem Sie das eigene Heim verdanken und welche Mühe und Vorarbeit dazu nötig waren, diese einigermaßen preiswerten und gesunden Wohnräume zu erstellen? Gewiß haben Sie schon irgendwo einmal vom sozialen Wohnungsbau gehört und wissen, daß dazu große öffentliche Mittel nötig sind, und daß es harte Kämpfe im Parlament kostet, damit diese Gelder in die richtigen Kanäle geleitet werden. Nicht alle Parteien denken sozial und manche sind der Meinung, daß das ganze Bauen der privaten Initiative überlassen bleiben müßte. Das aber würde bedeuten, daß nur die Bemittelten in den Genuß von Wohnungen kämen, der kleine Mann es aber nie zu einem eigenen Heim brächte. Bei einem gerechten - also größeren - Steueraufkommen und sozialerer Einstellung hätte die öffentliche Hand noch viel mehr Wohnungen erstellen können. [] Wir sind ganz Ihrer Meinung, daß die Zahl und auch das Tempo des Bauens längst nicht genügt. Das liegt jedoch mit an dem einzelnen Staatsbürger, der 1949 nicht richtig gewählt hat! [] Wir schreiben Ihnen diese Zeilen vom Frauenbüro der S.P.D., also jener Partei, deren unermüdlicher Arbeit ganze neue Stadtviertel in Hamburg zu verdanken sind, und möchten Sie gern interessieren für die Probleme unserer Stadt, die eine der fortschrittlichsten ist und im Aufbau an der Spitze liegt. In unseren Frauengruppen diskutieren wir viele Fragen, die Sie interessieren - nicht etwa nur politische, sondern meist kulturelle und solche, die den Frauen besonders liegen, wie z.B. neues Wohnen, Kindererziehung, ärztliche Probleme etc. Sie finden eine kameradschaftliche Atmosphäre und Verständnis für Ihre Sorgen. [] Haben wir, die wir nun wieder ein Heim besitzen, nicht auch ein bißchen die Verpflichtung, uns nicht in den vier Wänden zu vergraben, sondern hin und wieder aus ihnen herauszugehen in eine größere Gemeinschaft und damit Interesse und Teilnahme für andere Menschen zu zeigen. [] Es wäre schön, wenn wir auch bei Ihnen verständnisvolle Sympathie finden würden. [] Mit verbindlichen Grüßen!
Published:1950 - 1953