Meine lieben Kreisbewohner!

Bemerkungen: handschriftlicher Vermerk: aus PV-Presseauschnittssammlung<NZ>DW 2-3 c 5 ; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals AUGUST FRANKE M.d.L. [] Landrat des Kreises Fritzlar-Homberg [] Meine lieben Kreisbewohner! [] Am 23. Oktober 1960 sollen Sie sich entscheiden, von wem Si...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: Franke, August
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 23.10.1960
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/FC45F95A-5E30-47EC-A3A7-1705F20289BE
Description
Summary:Bemerkungen: handschriftlicher Vermerk: aus PV-Presseauschnittssammlung<NZ>DW 2-3 c 5 ; [] = Absatzmarken im Volltext des Originals AUGUST FRANKE M.d.L. [] Landrat des Kreises Fritzlar-Homberg [] Meine lieben Kreisbewohner! [] Am 23. Oktober 1960 sollen Sie sich entscheiden, von wem Sie für die nächsten 4 Jahre die Geschicke Ihrer Gemeinde und Ihres Kreises geleitet wissen wollen. Sie sind wieder einmal - wie man sagt - vor die Wahl gestellt. Wahlen schlechthin sind nichts Außergewöhnliches, täglich haben Sie zu wählen, ob Sie Gutes oder Böses tun wollen, ob Sie dieses oder jenes kaufen, ob Sie es vorziehen sollen, in erster Linie an sich selbst zu denken, oder anderen zu helfen und vieles mehr. Dennoch nehmen unsere politischen Wahlen in der Demokratie eine besondere Stellung ein; und ich möchte sagen, daß der den Wert freier Wahlen am besten erkennt, der sich im wahrsten Sinne des Wortes als "vor die Wahl gestellt" sieht und seine Entscheidung nicht leichtfertig trifft. [] Am 23. Oktober 1960 treten Sie vor die Wahlurne, Sie mit Ihrem Verstand, mit Ihrem Gefühl für Recht und Unrecht, mit Ihrer Liebe zur Heimat und nicht zuletzt mit Ihren Sorgen, Wünschen und Haffnungen [!] [Hoffnungen]. Lassen Sie sich nicht beeindrucken und beirren durch Versprechungen. Gewiß gehört es dazu, daß sich diejenigen, die zur Wahl stehen, vorstellen und Pläne für ihre künftige Arbeit entwickeln. Versuchen Sie klar zu unterscheiden zwischen billiger Propaganda und ehrlicher Arbeit. Wer alle möglichen Versprechen gibt, macht es sich sehr leicht und entwertet seine Wahl insofern, als er die Persönlichkeit des Wählers mißachtet und sein Urteilsvermögen anzweifelt. Ich glaube, daß es für den Wähler nur eine Garantie gibt; das sind die bisher gezeigten Leistungen, wobei er unterstellen sollte, daß sie nicht zufällig erreicht wurden, und daß sie noch zu steigern sind, wenn diejenigen, die sie vollbracht haben, in die Lage versetzt werden, die Arbeit fortzusetzen. [] Durch meine langjährige Tätigkeit im Kreistag weiß ich, daß gerade in den letzten 4 Jahren große und bedeutungsvolle Aufgaben im Interesse der Kreisbevölkerung einer Lösung zugeführt werden konnten. Ich denke hierbei vor allem daran, daß es uns gelungen ist, den größten Teil der Kreisstraßen auszubauen, [] das Naturbad Wallenstein zu errichten, das Kindererholungsheim in Berchtesgaden auszubauen und zu erweitern, die Kreisfrauenklinik in Gudensberg zu erweitern und zu modernisieren, die Kreisberufsschule in Homberg und die landwirtschaftliche Berufsschule in Borken zu bauen, Sportstätten - insbesondere die Anlage der August-Vilmar-Schule in Homberg - zu errichten, sowie allgemein gesundheitsfördernde Maßnahmen einzuleiten und eine wirtschaftliche Verbesserung der sozial Schwachen herbeizuführen. [] Auf dem Gebiet des Siedlungswesens erlangte der Kreis durch die verständnisvolle Hilfe und Förderung der Landesregierung eine führende Stellung. Landwirtschaft, Handwerk, Handel und Gewerbe konnten durch finanzielle Förderung eine weitere Stärkung erfahren. Darüber hinaus war es möglich, durch bereits ausgeführte und zur Zeit in Planung befindliche Maßnahmen nicht nur zusätzliche Arbeitsplätze zu schaffen, sondern auch die vorhandenen krisenfest auszubauen. [] Es war für mich ein echtes, inneres Anliegen, sowohl als Landtagsabgeordneter als auch als Vorsitzender der SPD-Kreistagsfraktion in der Vergangenheit mit meinen Freunden nach besten Kräften an der Verwirklichung dieser großen Aufgaben mitzuarbeiten. [] Aber auch in der Zukunft werden noch bedeutende Probleme gelöst werden müssen. Hierbei denke ich an [] 1. Weitere nachhaltige Förderung des Wohnungsbaues 2. Vollendung des Ausbaues aller Kreisstraßen 3. Förderung der Wirtschaft, vor allem des Fremdenverkehrs. Stärkung von Handel, Handwerk und Gewerbe, Unterstützung aller Maßnahmen, die der Förderung und Rationalisierung der Landwirtschaft dienen 4. Bau eines Kreiskrankenhauses in Homberg 5. Förderung der Einrichtung zur Unterbringung alter und pflegebedürftiger Personen im Rahmen des Hessischen Sozialplanes für alte Menschen 6. Sinnvolle Weiterentwicklung aller der Jugendpflege und Erholungsfürsorge dienenden Einrichtungen des Kreises. Jedes Kind des Kreises soll während der Schulzeit einmal an einem Erholungsaufenthalt in den kreiseigenen Einrichtungen teilnehmen 7. Beseitigung des sozialen und kulturellen Gefälles zwischen Stadt und Land, insbesondere durch entscheidende Verbesserung des Volks- und Berufsschulwesens sowie aller kultureller Einrichtungen und der Erwachsenenbildung 8. Bau von Sport-, Mehrzweckhallen und Gemeinschaftshäusern, Schaffung eines Hallenschwimmbades in Borken. [] Meine Hilfe und Aufmerksamkeit soll vor allem auch den immer stärker in Abhängigkeit geratenden, auf der Schattenseite des Lebens stehenden Kreisbewohnern gelten. Noch immer brauchen die Menschen Mitleid, Erbarmen und Hilfe genau wie vor hundert Jahren. Der Kreis Fritzlar-Homberg ist das Herz des Chattengaues mit uraltem Kulturboden. Es ist uns daher aufgetragen, das Leben der Bürger auch in Zukunft in unserem Kreise noch schöner und reicher zu gestalten. Eine freiheitliche und soziale Demokratie lebt nur dann, wenn wir alle am Geschehen der kommunalen Selbstverwaltung regen Anteil nehmen und den echten Fortschritt unterstützen. [] Für die bisher erzielten Erfolge darf ich Ihnen allen herzlich danken. Es gibt wohl kaum eine schönere Aufgabe, auch in der Zukunft für das Wohl der Mitmenschen tätig zu sein und das Bild unserer Heimat zu einer echten sozialen Kulturlandschaft zu entwickeln. Zur Verwirklichung dieses Zieles darf ich alle aufbauwilligen Bürger bitten, meine Bemühungen zu unterstützen und mir bei der Wahl am 23. Oktober wieder Ihr Vertrauen zu schenken. [] Fritzlar, den 16. Oktober 1960 [] Mit heimatlichen Grüßen [] Ihr [Unterschrift]
Published:23.10.1960