Handelspolitische Flugblätter der "Nation" Nr. 7 . Die Schädigung der Industrie durch die agrarische Zollpolitik

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Handelspolitische Flugblätter der "Nation" [] Nr. 7. [] Die Schädigung der Industrie durch die agrarische Zollpolitik. [] Die sogenannte Sammlungspolitik. [] Seitdem im Jahre 1879 bei der damaligen Revision des Zolltarifs sich die Ko...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Reimer, Georg, H.S. Hermann, Berlin / Georg Reimer, Berlin
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1879 - 1900
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/40691103-063D-4B08-ACA5-AE6C0C33B743
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals Handelspolitische Flugblätter der "Nation" [] Nr. 7. [] Die Schädigung der Industrie durch die agrarische Zollpolitik. [] Die sogenannte Sammlungspolitik. [] Seitdem im Jahre 1879 bei der damaligen Revision des Zolltarifs sich die Korn-, Vieh- und Holzzöllner mit den Eisen- und Garnzöllnern zu einer gemeinsamen Aktion verbanden, um auf Kosten der deutschen Verbraucher den in Grund und Boden sowie in gewissen Zweigen der Eisen- und der Textilindustrie angelegten Kapitalien eine höhere Rente zu verschaffen, spricht man bei uns mit Vorliebe von der Sammlungspolitik, sobald ein neuer Anschlag auf den Geldbeutel der Konsumenten geplant wird. Diese Sammlungspolitik will die Interessen der Großindustrie und des Großgrundbesitzes unter einen Hut bringen, um mittelst der vereinigten Macht dieser beiden wirtschaftlich und politisch einflußreichen Kreise die Konsumenten gesetzgeberisch zu überwältigen. Es mag dahingestellt bleiben, ob der Bund, der zwischen agrarischen und industriellen Schutzzöllnern im Jahre 1879 abgeschlossen wurde, für den Großgrundbesitz oder die Großindustrie ein besseres Geschäft war. Jedenfalls steht Deutschland heute in seiner industriellen Entwickelung auf dem Weltmarkte in einer Position da, die ihm eine Politik der offenen Thür in der ganzen Welt wünschenswert erscheinen lassen muß. Selbst vom Standpunkte eines Schutzzöllners, wie es Friedrich List war, den unsere industriellen Schutzzöllner noch immer gern als ihren wissenschaftlichen Schutzpatron ansehen, braucht Deutschlands Industrie heute durchweg keine Schutzzölle mehr. Aber selbst wenn sie, um im List'schen Sinne zu einer höheren Leistungsfähigkeit erzogen zu werden, für einzelne ihrer Betriebszweige höherer Schutzzölle benöthigte, so würde sich dennoch Friedrich List im Grabe herumdrehen, wenn er erführe, daß es im heutigen Deutschland Großindustrielle giebt, die für das Linsengericht einiger höherer industrieller Schutzzölle bereit sind, den Agrariern Getreidezölle von kolossaler Höhe zu bewilligen. Für diese Art "Sammlungspolitik" besaß der industrielle Schutzzöllner Friedrich List keinerlei Verständniß. Von ihm stammt der Satz: "Die innere Agrikultur durch Schutzzölle heben zu wollen, ist ein thörichtes Beginnen". [] Wie kommt es nun, daß ein Theil unserer Großindustrie bereit ist, mit den agrarischen Junkern gemeinschaftliche Sache zu machen? [] Weshalb lassen sich manche Großindustrielle durch die Phrase von der "Sammlungspolitik" ködern? [] Der ausschlaggebende Grund liegt auf politischem Gebiet. Unsere Agrarier sind einflußreiche und rücksichtslose Leute. Jene Vertreter der Großindustrie, die für die Melodie der Sammlungspolitik ein offenes Ohr haben, möchten es nicht gern mit Leuten, die in der Gesellschaft, in der Verwaltung, in der Armee, am Hofe so einflußreich sind, verderben. Sie wollen sie nicht zu Feinden haben und sind ihnen deshalb zu Willen. Auch glauben gerade die kapitalkräftigsten Vertreter der Großindustrie, daß sie unter jedem Zollsystem und bei jeder Handelspolitik schließlich ihre Rechnung finden werden. Ein hochgradiges Schutzzollsystem befördert erfahrungsmäßig die Kartellbildung, und die Vortheile, die aus solchen Kartellbildungen einem Theil der Großindustrie erwachsen, können unter Umständen die Schädigungen, die aus einer Protektionismen Wirtschaftspolitik für die Industrie im allgemeinen erwachsen, gerade für diese Großindustrie wettmachen. Die deutsche Industrie im allgemeinen aber muß bei jeder weiteren Steigerung der Agrarzölle nothwendigerweise leiden. [] Die Gefahren einer Einschränkung des Verbrauchs von Massenartikeln der Industrie. [] Sollte es den Agrariern gelingen, durch eine Verdoppelung der Getreidezölle und durch eine entsprechende Erhöhung der Zölle auf andere nothwendige Nahrungsmittel die Lebenshaltung einer Familie um 50 bis 100 Mark im Jahre zu verteuern, so bedeutet das für Millionen Familien aus dem Kreise der Arbeiter, der kleineren Beamten, der Handwerker und der kleineren Landwirthe eine Einschränkung des Konsums. Diese Einschränkung des Verbrauchs wird viel weniger die auf schutzzöllnerischem Wege verteuerten allernothwendigsten Lebensmittel ergreifen - Brot muß auch angeschafft werden wenn es theuer ist - als die höherwerthigen Nahrungsmittel, wie Fleisch, Zucker und die industriellen Massenartikel. Eine Arbeiterfamilie oder die Familie eines kleinen Beamten, die bei einer Jahreseinnahme von 1000 Mark oder weniger sich infolge der agrarischen Vertheuerungspolitik plötzlich vor die Notwendigkeit gestellt sieht, allein für den Brotbedarf im Jahre 30-40 Mark mehr als bisher auszugeben, muß, wenn die Einnahmen nicht wachsen, diese 30-40 Mark an anderen Stellen des Jahresbudgets sparen: ein bereits abgeschabter Rock muß dann noch ein Jahr länger vorhalten, ein Tisch oder Stuhl, der erneuert werden sollte, wird nothdürftig reparirt. Wenn diese Einschränkungen dann in Millionen Familien gleichzeitig erfolgen, so bedeutet das eine Absatzstockung für jene Industriezweige, deren Artikel vorzugsweise von den Einschränkungen betroffen werden. Eine plötzliche Absatzstockung in einem Industriezweige pflegt sich aber in der Regel auch auf andere Industriezweige zu erstrecken. Auf diese Weise entstehen ja die gefährlichen Absatzkrisen, die manchmal auf Jahre hinaus den wirtschaftlichen Fortschritt der Völker hemmen, und die nur zu oft gerade die Folgen schlechter Ernten und dadurch hervorgerufener Lebensmittelvertheuerungen sind. Künstliche Lebensmittelvertheuerungen wirken aber genau in derselben Weise. [] Steigerung dieser Gefahren durch Einschränkung des Exports. [] Eine Absatzkrisis, die aus der verminderten Kaufkraft der breiten konsumirenden Masse der inländischen Bevölkerung erwächst, kann jedoch unter Umständen in ihren gefährlichen Wirkungen dadurch aufgehoben oder gemildert werden, daß der Absatz, der auf dem heimischen Markte eingeschränkt ist, auf dem freien Weltmärkte gefunden wird. Bei sich günstig entwickelndem Export werden Absatzstockungen der Industrie im eigenen Lande leichter überwunden. Wenn es unserer agrarischen Interessenpolitik aber gelingt, ihre Lebensmittelvertheuerungspläne durchzusetzen, so erscheint es nahezu gewiß, daß dann auch an die Stelle jener Caprivi'schen Handelsvertragspolitik, unter deren Herrschaft unser Jahresexport um mehr als eine Milliarde gestiegen ist, eine Politik der Zollfeindseligkeiten tritt. Der Handelsfrieden verwandelt sich in Zollkriege, die Politik der offenen Thür in eine Politik der chinesischen Mauer. Es liegt auf der Hand, daß dabei der Export Deutschlands nicht bloß in seiner weiteren fortschreitenden Entwicklung gehemmt wird, sondern daß er beträchtlich einschrumpfen muß. Auch wenn dieser Rückgang des Exports nur 10 Proz. betrüge, so bedeutete das eine Verminderung des Absatzes deutscher Industrieprodukte um 400 Millionen Mark. Kommt diese Wirkung dann zu der Wirkung der Absatzstockung auf dem inländischen Markte hinzu, so ist eine schwere wirtschaftliche Krisis für Deutschland unvermeidlich. [] Stockt aber der Absatz der Waaren ins Ausland, wie auf dem inländischen Markte, so sind Arbeiterentlassungen und Lohnherabsetzungen die naturgemäße Folge. Geringerer Lohn bei gleichzeitiger Vertheuerung der notwendigsten Lebensbedürfnisse bedeutet ferner den Rückgang der moralischen und physischen Kräfte des Arbeiters und damit auch einen Rückgang seiner Leistungsfähigkeit. Gutbezahlte Arbeiter zu beschäftigen, die wegen ihrer hohen Leistungsfähigkeit die Produktivität der deutschen Industrie und damit deren Konkurrenzfähigkeit auf allen Märkten der Welt erhöhen, darin besteht das wahre Interesse der deutschen Industrie. Der schlecht bezahlte, weniger leistungsfähige Arbeiter ist in Wirklichkeit der theuerste Arbeiter. Nur der kurzsichtigste industrielle Eigennutz kann deshalb an der Frage der Lebenshaltung der Arbeiter theilnahmlos vorübergehen. [] Die Vertröstung auf höhere Löhne bei Steigerung der Lebensmittelpreise. [] Nun suchen die Schutzzöllner die Arbeiter allerdings mit der unbestimmten Aussicht zu vertrösten, daß bei wachsender Vertheuerung der Lebensmittel durch gesteigerte Getreide- und andere Agrarzölle auch ihr Lohn wachsen werde. Steht Ihr Euch, so fragt man die Arbeiter, nicht schließlich doch besser bei einer künstlichen Vertheuerung der Lebensrnittel um 50 Mark, wenn Ihr gleichzeitig eine Lohnerhöhung von 100 Mark davontragt? Gewiß würden sich die Arbeiter dann besser stehen, nur schade, daß zwar bei höheren Getreidezöllen die Verteuerung des täglichen Brotes in sicherer Aussicht steht, daß dagegen für das Eintreten einer Lohnerhöhung nichts spricht. Wie sagt doch Fritz Reuter? [] "Rindfleisch und Plummen is en schön Gericht, [] "Doch, mine Herrn, id krig't man nicht. [] Aus Welchem Grunde sollte denn die Lohnerhöhung eintreten? Es geht bei Lohnerhöhungen wie bei der Politischen Freiheit, sie werden nur in seltenen Fällen verliehen, sie müssen errungen werden; und sie werden errungen, wenn die jeweiligen wirtschaftlichen Verhältnisse dahin drängen. Es mag vereinzelt vorkommen, daß ein humaner Arbeitgeber aus freiem Antriebe den Lohn seiner Arbeiter erhöht, aber die Regel ist es jedenfalls nicht. Auch hängt der Arbeitgeber bei der Bemessung des Lohnes von der Konkurrenz ab. Wenn die Konkurrenz sich verstärkt, und die Leistungen seiner Arbeiter herabgehen, so ist er ganz außer Stande, auf die Dauer höhere Löhne zu bezahlen. [] Gewiß werden bei der künstlichen Vertheuerung des Lebensunterhalts der Arbeiter die geschädigten Arbeiter versuchen, in harten Lohnkämpfen eine Lohnerhöhung durchzusetzen, aber die Wahrscheinlichkeit, daß sie damit Erfolg haben, ist nicht groß. Wenn die deutsche Industrie von jener Absatzkrisis ergriffen wird, die sicherlich eintreten wird, sobald es zu einer Einschränkung des Bedarfs industrieller Massenartikel im Inlande und in Folge Abbruchs der Handelsverträge zu einer Einschrumpfung des Exports kommt, so wird der Arbeitsmarkt mit beschäftigungslosen industriellen Arbeitern überfüllt sein, und die industriellen Arbeitgeber werden nicht nur zu den bisherigen, sondern auch zu herabgesetzten Löhnen Arbeiter genug finden. Eine in der wirtschaftlichen Lage selbst gegebene Veranlassung zu einer Lohnsteigerung besteht jedenfalls dann in keiner Weise. Etwa ausbrechende Lohnkämpfe würden deshalb sicherlich mit einer Niederlage der Arbeiter enden. Dem Arbeiter, dessen Kaufkraft für Industrieartikel durch die Vertheueruug seines Lebensunterhalts verringert ist, bliebe unter solchen Umständen nichts anderes übrig, als seine gesammte Lebenshaltung herabzusetzen. Damit muß aber auch seine Leistungsfähigkeit als Arbeiter herabgesetzt werden. [] Geringe Löhne, schlechte Ernährung, übermäßig ausgedehnte Arbeitszeiten und geringe Arbeitsleistung hängen auf das engste miteinander zusammen. Das Arbeitsprodukt, welches aus solchen Arbeitszuständen hervorgeht, ist erfahrungsmäßig schlecht und theuer, deshalb auf den freien Märkten der Welt nicht konkurrenzfähig. Es gibt deshalb für den Industriellen, der sein wahres Interesse erkennt, nichts wichtigeres als gutgezahlte und gutgenährte Arbeiter. Nur mit solchen Arbeitern kann ein erfolgreicher Wettbewerb mit großen Industriestaaten, insbesondere mit England und den Vereinigten Staaten von Amerika, aufgenommen werden, in welchen Ländern die Arbeiter zu den Preisen des Wettmarktes ihre Lebensmittel einkaufen können. [] Wir müssen entweder Waaren oder Menschen exportiren. [] Einen Ausweg für die Arbeiter, denen in der Heimath der Brotkorb höher gehängt und die Arbeitsgelegenheit verringert wird, gibt es allerdings noch: sie können auswandern. Als Graf Caprivi seiner Zeit den Abschluß der Handelsverträge von 1892 und 1894 verteidigte, sprach er das Wort aus: Wir müssen entweder Waaren oder Menschen exportiren; Deutschland hat seit vielen Jahrzehnten nicht so wenig Menschen und niemals so viele Waaren exportirt, wie in der Aera der Caprivischen Handelsverträge. Man darf mit Sicherheit darauf rechnen, daß das Exportgeschäft in Menschen bei Durchsetzung der agrarischen Abschließungspolitik wieder zur höchsten Blüthe kommen wird, vielleicht als einziger dann noch blühender Exportzweig. [] Aber es sind nicht die schlechtesten und trägsten Elemente, die in solchen Zeiten auswandern. Es gehört schon eine gewisse Energie und Entschlußfähigkeit dazu, die Heimath zu verlassen und sein Glück in fremden Ländern zu versuchen. Die Arbeiter, die dann in fremde Länder gehen werden, sind ein werthvoller Gewinn für die fremde Konkurrenz. Mit diesen aus Deutschland vor der agrarischen Wirtschaftspolitik geflohenen Arbeitern wird die deutsche Industrie auf den Märkten der Welt dann vom Auslande aus bekämpft werden, und schließlich wird auch den deutschen Industriellen und dem deutschen Kapital nichts weiter übrig bleiben, als ebenfalls auszuwandern, und jenseits der deutschen Grenzen ihr Kapital und ihren Unternehmungsgeist zur fruchtbaren Verwendung zu bringen. [] Die Auswanderung des Kapitals und des industriellen Unternehmungsgeistes. [] Diese Auswanderung des Kapitals und des industriellen Unternehmungsgeistes von einem Lande zum anderen ist ja schon heute vielfach in Uebung. Wächst die chinesische Mauer um Deutschland herum, so wird die Flucht ins Ausland gewaltige Dimensionen annehmen. Schon heute gibt es Kapitalisten, die unter Ausnutzung der, Protektionistischen Politik in Deutschland und im Auslande Fabrikationsbetriebe haben. Eine Anzahl Elsässer besitzt Textilfabriken diesseits und jenseits der Vogesen. Die Fabrikate desselben Unternehmers beanspruchen in Deutschland als deutsche, in Frankreich als französische national Arbeit kräftige Unterstützung durch hohe Schutzzölle. [] Je weniger wir beim Abbruch unserer Handelsverträge im Stande sind, die auf deutschem Boden produzirten Fabrikate ins Ausland zu senden, oder in Folge der künstlichen Steigerung der Produktionskosten preiswerth ins Ausland zu liefern, um so leichter wird das deutsche Kapital mit auf deutschen Hochschulen gebildeten deutschen tüchtigen Ingenieuren und Chemikern und mit einem Stamm geschickter deutscher Arbeiter ins Ausland wandern. Jenseits der deutsch-russischen Grenze trifft man derartige auf russischen Boden verpflanzte deutsche Industrien schon heute zahlreich an. Kann es eine die deutsche Industrie mehr schädigende Politik geben, als eine Politik, die eine solche Entwicklung fördert? Professor Dr. W. Lotz in München hat in sehr lehrreichen Betrachtungen anläßlich der Pariser Weltausstellung diese Frage dahin beantwortet: [] "Eine Politik, welche unter der Flagge des Schutzes der nationalen deutschen Arbeit die Selbstkosten unserer Exportindustrien vertheuert, die fremden Staaten zu Repressalien gegen uns reizt nnd selbst bei neuen Handelsvertragsverhandlungen zuerst das Beispiel ausgiebiger Erhöhung des Generaltarifs bietet, wird gerade den Zielen einer nationalen wirthschaftlichen Förderung Deutschlands bei der heutigen Entwicklungsstufe unseres Vaterlandes zuwider wirken. Das deutsche Kapital, soweit es nicht festgelegt, sondern beweglich ist, insbesondere die Riesenunternehmungen, wenn sie vor dem Entschlüsse stehen, irgendwo Vergrößerungen oder Neuanlagen zu begründen, sind freizügig; sie wandern aus, wenn es der deutschen Handelspolitik nicht gelingt, die Erzeugung der Waaren fürs Ausland durch die Lebensmittelpreise in Deutschland selbst lohnender als jenseits der Grenzen zu gestalten. Der deutsche Arbeiter steht bei solchen Konsequenzen des "Schutzes der nationalen Arbeit" am ungünstigsten da. Entweder muß er ebenso wie das Kapital auswandern, was für ihn den Verlust der Heimath und oft auch der Nationalität, also das Gegentheil des Schutzes nationaler Arbeit, bedeutet: oder er bleibt in der Heimath ohne lohnende Arbeitsgelegenheit. [] Welche Politik würde aber statt dessen eine Fortdauer der wirthschaftlicher Blüthe, deren augenblicklich sich Deutschland erfreut und um die es von anderen in Paris vertretenen Nationen beneidet wird, garantiren? Selbstverständlich zunächst eine Politik, die im Innern Verkehrserleichterungen schafft, den technischen Unterricht weiter Pflegt, den Fortschreitenden nicht um des rückständigen Konkurrenten willen fesselt, den Arbeitern den Aufenthalt im Vaterland begehrenswerth macht; im Uebrigen aber eine Politik, die nicht Deutschland die Produktionsvortheile raubt, deren sich die beiden gefürchtetsten Rivalen erfreuen, mit denen Deutschland in erster Linie in Paris zu konkurriren hatte. Die Produktionsvortheile Nordamerikas und Englands sind: Freigabe des Unternehmungsgeistes und billige Rohstoffe und Nahrungsmittel. Den Engländern garantirt die Freihandelspolitik wohlfeile und wirksame Ernährung der Arbeiterschaft und billigen Bezug der Rohstoffe. Den Amerikanern garantirt trotz ihres Hochschutzzollsystems der Reichthum an wohlfeilem fruchtbaren Boden und dessen rationelle Nutzung äußerst wohlfeilen Bezug agrarischer Produkte. Angesichts des Ergebnisses der Weltausstellung, daß Amerika und England Deutschlands industrielle Hauptkonkurrenten am Weltmarkt sind, sollte vernünftiger Weise die handelspolitische Konsequenz der Weltlage lauten, daß Deutschland um keinen Preis durch Zollerhöhungen auf agrarische Produkte und Halbfabrikate die Grundlagen seiner Konkurrenzfähigkeit gegenüber Amerika und England gefährden darf. Eines Tages wird diese Erkenntniß auch in Deutschland durchdringen. Hoffentlich kostet es nicht zu viel Opfer und Verluste, bis durch bittere Erfahrungen uns Grundsätze aufgenöthigt werden, zu denen wir auf einfachere und billigere Art bereits jetzt kommen könnten." [] Der Verlag der "Nation" (Georg Reimer, Berlin ., Lützowstraße 107/108) stellt dies Flugblatt weiteren Kreisen zum Preise von 10 Mark für die ersten 1000 Stück, zum Preise von 5 Mark für jedes weitere 1000, [] zur Verfügung. [] Verlag von Georg Reimer, Berlin W., Lützowstraße 107/108 - Druck von H. S. Hermann in Berlin.
Published:1879 - 1900