Frauen und Männer des Kreises Ludwigsburg!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Frauen und Männer des Kreises Ludwigsburg! [] Die SPD des Kreises Ludwigsburg hat mich zu ihrem Kandidaten für die Bundestagswahl vom 6. September 1953 gewählt. Sie schlägt Ihnen vor, auf mich das Vertrauen zu übertragen, mit dem Sie vor vier...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Mommer, Karl, Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Druckhaus Friedrich-Ebert-Bau, Stuttgart
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 06.09.1953
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/13877039-84B5-44E4-9F81-419753FD4B39
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Frauen und Männer des Kreises Ludwigsburg! [] Die SPD des Kreises Ludwigsburg hat mich zu ihrem Kandidaten für die Bundestagswahl vom 6. September 1953 gewählt. Sie schlägt Ihnen vor, auf mich das Vertrauen zu übertragen, mit dem Sie vor vier Jahren meinen Freund Willi Lausen - der aus Gesundheitsrücksichten nicht mehr kandidiert - in den Bundestag entsandten. [] Wer ist der Mann, der um Ihre Stimme wirbt? Was will er? [] Als sechstes Kind einer Metallarbeiterfamilie wurde ich 1910 am Niederrhein geboren. Mein Studium mußte ich mir selbst verdienen. Meine soziale Herkunft bestimmte mein Studium und mein politisches Schicksal. Ich studierte an vier deutschen Universitäten Sozialwissenschaft und erwarb 1938 an der Universität Brüssel den Doktorgrad. [] Als die Politik mich als Zwanzigjährigen in ihren Bann zog, war meine Aufgabe klar: Kampf in den Reihen der Arbeiterbewegung für das Wohl aller kleinen Leute. Dafür opferte ich auch Laufbahn und Freiheit. 1934 wurde ich wegen Herstellung verbotener Druckschriften von der Gestapo verhaftet und zu 21 Monaten Gefängnis verurteilt. [] Um einer neuen Verhaftung zu entgehen, floh ich nach der Haft nach Belgien. 1940 kam ich als Zivilinternierter für ein Jahr in ein südfranzösisches Lager. In den folgenden Jahren entging ich als kleiner, weinbauender Pächter in Südfrankreich den Nachstellungen der Gestapo. Nachdem ich schon als Werkstudent harte Fabrikarbeit getan hatte, erlebte ich so am eigenen Leibe die Schwere des langen Tagewerkes eines Kleinbauern. [] Im Sommer 1946 kehrte ich nach Deutschland zurück, arbeitete als Referent im Stuttgarter Länderrat, dann im Friedensbüro; seit Anfang 1948 war ich Abgeordneter im Frankfurter Wirtschaftsrat und seit 1949 Mitglied des Bundestags. [] Kurz vor meiner Wahl weilte ich fünf Monate zu einem Studienaufenthalt in Amerika. [] Der Bundestag wählte mich als ordentliches Mitglied in die Beratende Versammlung des Europarates. [] Dort in Straßburg wie in den Bundestagsausschüssen für Gesamtdeutsche Fragen und für Auswärtige Angelegenheiten widmete ich mich den Problemen der deutschen Wiedervereinigung und der europäischen Politik. Die Politik der Wiederbewaffnung Westdeutschlands habe ich in Straßburg und Bonn aktiv bekämpft, weil diese "Verträge" unsere Unterordnung unter Besatzungsgewalt und die Teilung Deutschlands verewigen. [] Ich komme aus dem schaffenden Volke, gehöre zu ihm, habe in schweren Zeiten zu ihm gestanden. Ich will auch im 2. Bundestag für seinen Aufstieg arbeiten. Ich fordere es auf, mir am 6. September seine Stimme zu geben. [] gez. Dr. Karl Mommer [] Das Ergebnis der Bundestagswahl von 1949 war eine Regierung, die innenpolitisch gegen die SPD und außenpolitisch ohne die SPD regierte [] Die Folge war eine zunehmende Verschärfung der Gegensätze im Innern, außenpolitisch aber eine bedenkliche Aufspaltung deutscher Politik. [] Einige Tatsachen zur Innenpolitik: [] Die Umsatzsteuer wurde von 2% auf 4% erhöht. [] Die Folge: eine enorme Belastung des Haushaltungsgelds der breiten Verbraucherschichten. Eine gerechte Steuerpolitik schont die wirtschaftlich Schwachen und zieht die wirtschaftlich Starken mehr heran. Die Bundesregierung aber machte das Gegenteil, sie erhöhte die Verbrauchssteuern und ermäßigte die direkten Steuern. Wie die Einnahmen des Bundes gedeckt wurden, zeigt folgende Tabelle. [] 1949 zu 48% aus Eink.-Steuern = direkte Steuern, [] zu 52% aus allgem. Verbrauchssteuern [] 1951 zu 39% aus Eink.-Steuern = direkte Steuern, [] zu 61% aus allgem. Verbrauchssteuern [] Die kleinen Sparer wurden bei der Währungsreform enteignet, das Aktienkapital dagegen wurde geschont. Folgende Übersicht zeigt das klar: [] Spareinlagen des Volkes [] 1 Tag vor der Währungsreform 71 Milliarden [] 1 Tag nach der Währungsreform 3,6 Milliarden [] Aktienbesitz [] 1 Tag vor der Währungsreform 21 Milliarden [] 1 Tag nach der Währungsreform 17 Milliarden [] Trotz aller Propaganda um das sogenannte deutsche Wirtschaftswunder hinken die Löhne hinter den Kapitalgewinnen drein. Während die industrielle Lohnquote von 1936 auf 1951 um mehr als 10 % fiel, stieg die Bruttogewinnquote im selben Zeitraum um mehr als 10 % an. [] Eine vierköpfige Arbeiterfamilie muß 44%, eine zwei/dreiköpfige Rentnerfamilie sogar 50,5% ihres Einkommens allein für Lebensmittel ausgeben. Steigende Preise und Verbrauchssteuern machten jede kleine Erhöhung des Lohnes wett. Die Rentenempfänger werden durchweg mit viel zu niederen Renten abgespeist. [] 931000 Angest.-Vers.-Rentner erhalten durchschn. 70.70 DM [] 3,2 Millionen Sozialrentner erhalten durchschn. 58.50 DM [] 1.8 Millionen Fürsorgeempfänger erhalten ganze 38.- DM [] insgesamt sind es etwa sechs Millionen Menschen, die mit ihren Angehörigen von Bezügen leben müssen, die unter dem Existenzminimum liegen. Auf der anderen Seite ermöglichte es die Steuerpolitik der Bundesregierung, daß über 10000 Personen noch Abzug ihrer Steuern [] über ein Einkommen von mehr als 65000 DM [] verfügen können, und dies noch einer Währungsreform, nach der alle mit 40.- DM in der Hand dastanden. Im sozialdemokratisch regierten Schweden geht es gerechter zu. Dort ehrt man das Alter durch eine Volkspension von 4886.- Kronen = 3909,- DM im Jahr. Während bei uns an den notwendigsten Sozialausgaben gespart wird, behauptet Bundesfinanzminister Dr. Schäffer, ohne neue Steuern [] 10 Milliarden für die neue Aufrüstung [] aufbringen zu können. Gegen denselben Minister erzwang die SPD auch die Senkung der Kaffee- und Teesteuer. Immer mußte es zu Kampfabstimmungen im Bundestag kommen, bevor sich die Regierungsparteien zu kleinen Verbesserungen bereit fanden. Meist aber wurden die Vorschläge der SPD stur niedergestimmt. [] Es ist derselbe Pharisäer-Geist, [] der auch in der Außenpolitik den Gegensatz zwischen Regierung und Opposition immer scharfer hervortreten ließ. Von Anfang an betrieb die Regierungskoalition unter dauernder Ausschaltung der SPD ihre sogenannte [] Politik der Stärke. [] Man behauptet, nur dadurch könne man Rußland zum Entgegenkommen zwingen. Diese Auffassung wurde durch die jüngsten Ereignisse glatt widerlegt. Durch diese Politik kam immer wieder [] neues Elend über die Menschheit [] und die Gefahr, daß es auch diesmal so sein wird, ist viel größer, als man wahrhaben will. [] Wir warnen das Volk vor Adenauers Rüstungspolitik! [] Jede Regierung, die sich einbildet, sich nur auf Divisionen verlassen zu brauchen, hat diese Auffassung mit dem Blut ihres Volkes bezahlen müssen. [] Wollt Ihr wieder Kanonen statt Butter? [] Wer mit seinem Stimmzettel die Fortsetzung dieser CDU-Politik ermöglicht, lädt eine ungeheure Verantwortung auf sich. [] Noch ein Wort zum sogenannten "Nein-Sagen der SPD": Wir nehmen diesen Vorwurf deshalb ernst, weil er für viele Wähler etwas Bestechendes haben mag. Die Außenpolitik der Bundesregierung war keine Politik aus deutschem Willen, sondern war der Wunsch der westlichen Alliierten. Unsere Hinweise auf die Verfassungswidrigkeit dieser Politik wurden in den Wind geschlagen. Die von uns beantragte [] Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts wurde hintertrieben. [] Da diese Entscheidung immer noch aussteht, kann die SPD aus politischen und verfassungsrechtlichen Gründen dieser Politik weder ganz noch teilweise folgen. Unser Nein ist die logische Folge des Verhaltens des Bundeskanzlers und seiner Regierung, die ausländische Presse und Staatsmänner besser unterrichtete als die eigenen Landsleute. [] Dr. Kurt Schumacher sagte einmal: "Wenn einer seine Jacke beim ersten Knopf falsch zumacht, dann ist nachher der ganze Anzug nicht in Ordnung." So ist es auch mit der Außenpolitik Adenauers. [] Liebe Wählerinnen und Wähler! Sie werden in diesen Tagen viel Propagandamaterial erhalten. Für die CDU wird es von der Industrie bezahlt, denn diese Kreise haben ein lebhaftes Interesse an der Fortsetzung dieser Politik. [] Wir können Sie nur noch einmal auf die Ergebnisse der letzten vier Jahre verweisen und Sie aufrufen, daraus auch politische Schlußfolgerungen zu ziehen. Es liegt in Ihrer Hand, diesen Kurs zu ändern. Die SPD und ihre Kandidaten versprechen keine Wirtschaftswunder für die oberen Zehntausend, sondern arbeiten unermüdlich für das große Ziel: Soziale Sicherheit für alle für Frieden in Freiheit. [] Wählen Sie den Kandidaten und die Liste der SPD [] Druckhaus Friedrich-Ebert-Bau, Stuttgart
Published:06.09.1953