Der Reichskanzler Bauer über den Putsch

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic! Der Reichskanzler Bauer über den Putsch [] Aus seiner Rede in der Sitzung der Nationalversammlung in Stuttgart am 18. März [] Wir haben es nach reiflicher Ueberlegung für richtig gefunden, dem blutigen Kampf mit den Kappschen Empör...

Full description

Bibliographic Details
Main Author: N.N.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 18.03.1920
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/AC4E8B04-0D9F-4886-8BEC-AF1D52AD2AAC
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic! Der Reichskanzler Bauer über den Putsch [] Aus seiner Rede in der Sitzung der Nationalversammlung in Stuttgart am 18. März [] Wir haben es nach reiflicher Ueberlegung für richtig gefunden, dem blutigen Kampf mit den Kappschen Empörern auszuweichen, deshalb kam die Regierung zu dem Entschluß, Berlin zu verlassen, einen Teil der Kabinettsmitglieder in Berlin zu belassen und nach Dresden zu gehen. Die Regierung ist also nur der Gewalt gewichen, wenn die Aufrührer nicht, wie sie wollten und schon ankündigten, die einzelnen Ministerposten unter sich verteilt haben, so scheiterte dies nur an dem vorbildlichen verfassungstreuen Verhalten der Beamten der Ministerien, die durch den Mund der Unterstaatssekretäre erklärten, daß sie nur eine Regierung kennen, die auf dem Boden der Verfassung gebildete, aus der Nationalversammlung hervorgegangene Regierung. [] Was hat die Regierung getan? [] Sie hat die Regierungen der Länder, sie hat das Volk informiert und den Widerstand gegen den Staatsstreich organisiert; sie hat die Reichswehr in den verschiedensten Bezirken, die auch nicht recht wußte, wohin sie sollte, in der Hand behalten und damit weiteres Unglück verhütet. [] Wer stand denn hinter dem Putsch? Es sind dieselben Kreise, die die Schuld am Kriege tragen; es sind dieselben Kreise, die die Schuld dafür tragen, daß wir diesen Krieg in dieser elenden Art verloren haben, daß wir nicht früher zu einem verständigen Frieden gekommen sind, bevor die wirtschaftliche und moralische Kraft des Volkes zerbrochen und vernichtet war. [] Der Beweis ist geführt, daß sich gegen den Willen des deutschen Volkes keine Militärherrschaft mehr in der deutschen Republik halten kann. [] Von dieser Stelle aus spreche ich den Helfern und Mitstreitern in diesem Kampfe den unvergänglichen Dank des Vaterlandes aus, den eidestreuen Beamten und den Truppen und Truppenführern, die jede Mitwirkung bei der Meuterei weit von sich wiesen, den Parteien, die sich mit aller Macht für die Verfassung einsetzten, dem Bürgertum und [] vor allem der deutschen Arbeiterschaft. [] Jede Anerkennung, jeder Dank den deutschen Arbeitern, an derem [!] entschlossenen [!] Widerstand das militärische Abenteuer zerschellen mußte. [] Wir wissen heute, daß eine einige Arbeiterschaft alles vermag, wenn sie vom willen des ganzen Volkes getragen ist. Ich kann unsern Dank an die deutschen Arbeiter nicht besser abstatten, als indem ich mein felsenfestes Vertrauen ausspreche, daß sie sich wie in den Dienst der Demokratie nun in den Dienst des Wiederaufbaues, der erneuten Arbeit, der Erstarkung unseres Wirtschaftslebens stellen. [] Während der Putschismus, von rechts zerschlagen abtreten muß, erhebt der Putschismus von links aufs neue das Haupt. Wir werden, das geloben wir, fortfahren, jede Gewalttat vom Leben unseres Gesamtvolkes abzuwehren. [] Auch für die äußere Politik war der mißglückte Staatsstreich von der verhängnisvollsten Bedeutung. Jetzt heißt es, in vielem neu anfangen, vertrauen wieder gewinnen. Aber eines muß ich in diesem Augenblick, wo wir unser Verhältnis zu den Alliierten wieder neugestalten müssen, offen aussprechen. Die Militaristen und Nationalisten hätten nicht einmal 5 Tage sich halten können, wenn der Vertrag von Versailles von einem anderen Geist beseelt gewesen wäre. Aber auch den anderen Beweis müssen die Herren Staatsmänner der Entente als erbracht anerkennen: [] Die Demokratie in Deutschland ist die einzige tatsächliche Macht in diesem Lande. [] Um allen feudalen Hochverrätern wie Kapp und seinen Helfern die Freude am Putsch ein für allemal austreiben, [] wird die Reichsregierung den gesetzlichen Bestimmungen gemäß das Vermögen der Hochverräter beschlagnahmen, [] und diesem hohen Hause mit größter Beschleunigung ein Gesetz vorlegen, das wesentliche Verschärfungen der Strafen für hochverräterische Handlungen insofern enthält, als vor allem völlige Vermögenskonfiskation zu Gunsten des Reichs eintritt. Hand in Hand mit diesen Vorsichtsmaßregeln muß eine gründliche Säuberung der Reichswehr gehen! Die Mannschaften dürfen auch im Falle Lüttwitz als mißbraucht und irregeleitet gelten. [] Eines möchte ich auch an dieser stelle ausdrücklich erklären: daß die Reichsregierung nie geneigt gewesen ist, in Verhandlungen mit Kapp und Genossen einzutreten. [] Der Putsch ist besiegt, morgen beginnt der neue, unaufhörliche Kampf um Erneuerung und Erstarkung unseres Volkes und unseres Staates.
Published:18.03.1920