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Aufruf [] an die wackeren Städtebewohner der Provinzen. [] Mehr als eine Nachricht hat uns in Kenntniß gesetzt, daß eine im Dunkeln schleichende Rückschritts-Partei alles aufbietet, die Freiheits - Bestrebungen Wiens unter den Bewohnern der Provinzen zu verdächtigen und denselben die unlautersten Absichten zu unterschieben. Sie suchen Euch gegen uns Wiener aufzureizen, und sie lassen den Einfluß keines auch noch so lügnerischen und fabelhaften Gerüchtes unbenutzt, um die Residenz mit den Provinzen in Hader zu bringen, und hiemit vielleicht die ersten Grundlagen zu einem unseeligen Bürgerkriege zu geben. [] Wackere Bewohner der Provinzen! schenkt diesen Leuten keinen Glauben und seid auf Eurer Huth, denn in den verschiedensten Masken suchen sie Euch zu bethören. [] Eigennutz, der durch eine gefallene Sache Schaden gelitten, Haß, daß Wien es gewagt, den Kampf für die Freiheit zu beginnen, und alle aus der Vorzeit eingewurzelten Vorrechte einzelner Stände für nichtig zu erklären, und Bürger, Bauer, Gelehrte, Gutsbesitzer, Adel, Beamte, Geistliche und Arbeiter unter dem heiligen Namen Staatsbürger zu verbrüdern und einander gleichzustellen, ferner giftige Schelsucht darüber, Wien immer bereit zu finden, die Rechte des Volkes zu wahren und es ohne Rücksicht auf Geburt und Stand an dem herrlichen Baue eines großen, gewaltigen Oesterreichs teilnehmen zu lassen, endlich die Mißgunst, nicht mehr den Thron ihren Einflüsterungen und Umtrieben Preis gegeben zu scheu, sondern den Weg zu ihm für Jeden aus Euch offen zu finden. - Dieß sind beiläufig die Beweggründe, welche sie bestimmen, Euch gegen die Residenz feindlich zu stimmen. [] Sie suchen der Residenz das Recht abzusprechen, daß sie ohne Euch zu fragen, einen Umsturz der Dinge herbeigeführt, weil ihnen das, was der 13., 14. und 15. März errungen, ein Dorn im Auge ist; sie erzählen, daß die Concessionen vom l6. Mai unserem geliebten Kaiser mit der Waffe in der Hand abgedrungen worden sind, weil in ihnen nur noch nachdrücklicher ausgesprochen wurde, daß Geburt und Stand und alle die Vorzüge, welche der Staatsbürger nicht als ein Verdienst, und die Vernunft nicht als ein Recht anerkennen kann, nichts als leerer Tand wären, und mit der Stunde bedeutungslos geworden sind, in welcher die Freiheit der Pulsschlag unseres Volkslebens geworden ist. [] Ihr lieben Bürger der Provinz glaubet uns, die wir keine willkührlich zusammengekommene Gesellschaft, sondern eine Behörde sind, welche von dem Ministerrathe zur Aufrechthaltung der Sicherheit und Ordnung, sowie zur Wahrung der Volksrechte ins Leben gerufen und daher wohlberechtigt sind, im Namen der ganzen Residenz sprechen zu können! - Keiner aus uns hat dem Kaiser am 15. Mai die besagten Concessionen abgedrungen, sondern der Ministerrath hat sie an diesem Tage uns gegeben, und der Kaiser sie erst am 16. Mai bestätigt. Auch den Ministern wurden sie von den Studenten nicht abgedrungen, sondern sie sind mit ihrer Bitte in die Burg gegangen, weil die Minister an keinem anderen Orte zu finden waren; denn, wäre dieß der Fall gewesen, so wäre sicher vor der Burg kein Student und auch kein Nationalgarde erschienen. Wir haben nichts gethan, was des Kaisers unfreiwillige Entfernung rechtfertigen könnte. Ja, Wien liebt den Kaiser so wie Ihr und beweist es am deutlichsten durch rege Sehnsucht nach seiner baldigen Rückkehr. [] Der Kaiser hätte am 15. Mai eben so ohne alle Gefahr für seine Person in unserer Mitte erscheinen können, wie er am 15. März ruhig und sicher unter sein Volk fuhr, wo unserem Siege noch nicht durch jene Erlässe die Bestätigung ertheilt war, welche Euch und uns allen die heilige Freiheit gegeben haben. Der Kaiser hätte auf offenem Markte sein Ruhelager aufschlagen können, und das Volk hätte den Athem an sich gehalten, um die Ruhe seines geliebten Landesvaters nicht zu stören. [] Wir geben Euch die heiligste Versicherung, daß wir so gut wie Ihr unseren Kaiser lieben, und daß es uns nie beifallen wird, Etwas zu unternehmen, von dem wir nicht wüßten, daß auch Ihr gleichfalls also gehandelt hattet. Wir maßen uns kein Vorrecht an, aber wir wollen Euch treu bewahren, was wir Euch am 13., 14. und 15. März erfochten und eine solche Gesinnung verdient nicht jenen Haß, zu welchen Euch gewisse Leute bewegen wollen. [] Wir wollen bloß die Wächter Eurer Rechte seyn, da Ihr zu entfernt seid, um sie selbst verfechten zu können, und der Reichstag noch nicht besteht, um Euren Abgeordneten Eure Vertretung überlassen zu können. [] Ja, wir wollen Euer schönstes Eigenthum, Eure Freiheit hüten, und wir haben dieß auch am 26. Mai gethan, als man einen Angriff auf dieselbe durch die Auflösung der akademischen Legion versuchte, und der 15. Mai war ein gleiches Werk. [] Also vertraut, wackere Bürger der Provinzen uns, die wir im Namen jener sprechen, welche ihr Blut für Eure Freiheit und die Rechte des Volkes hingegeben haben - sie haben und werden Euch immer vertreten, wenn es Noth thut, und die Person des Kaisers wird ihnen immer heilig seyn, ja gewiß heiliger als Jenen, welche zwischen der Residenz und Euch den Samen der Zwietracht streuen, und einen Bürgerkrieg herauf beschwören wollen, welcher doch unmöglich ein Beweis von der Liebe jener Freunde des Kaiserhauses seyn kann. [] Weist sie zurück, jene Volkswühler und ihre Mithelfer, die Euch knechten wollen, und sagt ihnen, daß Ihr einig seid mit uns, als den getreuesten Unterthanen unseres allgeliebten Kaisers und daß Ihr, wenn Ihr die Wahrheitüber die Vorfälle in Wien erfahren wollet, Euch selbst an die Wiener wenden werdet, um den Lügenzungen und Aufwieglern die Aussaat bösen Samens zu ersparen. [] Wien am 4. Juni 1848. [] Von dem Ausschüsse der Wiener Bürger, Nationalgarde und akademischen Legion zur Anfrechthaltung der Ruhe und Ordnung und Wahrung der Volksrechte. [] Aus der k. k. Hof- und Staats-Druckerei.
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