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Bad Vilbel, April 1952 [] Sehr geehrte Wählerin! [] Sehr geehrter Wähler! [] Auch Ihnen ist sicherlich inzwischen bekannt geworden, dass ich mich zur Nachwahl für den Bundestag als Kandidat zur Verfügung gestellt habe. Diese Wahl wurde durch das Ableben des bisherigen Vertreters unseres Wahlkreises Friedberg-Büdingen, Willi Knothe, notwendig und findet mit den Gemeinde- und Kreistagswahlen am 4. Mai 1952 statt. [] Ich betrachte es als meine vornehmste Aufgabe, mich Ihnen auf diesem Wege vorzustellen und danke Ihnen für die Beachtung dieses Briefes. [] Die Erkenntnis, dass eine gesunde Gemeinde ein gutes Fundament im Staat bedeutet, hat mich vor annähernd 25 Jahren veranlasst, das schwierige Amt eines [] Bürgermeisters in Bad Vilbel [] zu übernehmen. Auch damals gab es in den Gemeinden als Folgen eines verlorenen Krieges Sorgen und Nöte auf allen Gebieten. Meine innere Einstellung zum Menschen und das Vertrauen weitester Kreise der Bevölkerung gaben mir die Kraft zur Ueberwindung aller Schwierigkeiten. Ich war im Provinzialausschuss, ferner [] Mitglied der verfassungsberatenden Landesversammlung, anschliessend Landtagsabgeordneter [] Als Vorsitzender des Sozialpolitischen Ausschusses im Hessischen Landtag konnte ich mich auch hier erneut im grösseren Massstab für die Belange des sozial- und wirtschaftlich Schwächen einsetzen. Das Los der Landwirte, Gewerbetreibenden und Handwerker lag mir besonders am Herzen. Die Schicksalsschläge der Heimatvertriebenen und Fliegergeschädigten gaben mir immer Veranlassung, zu helfen und für sie zu kämpfen. Tausende von Gesuchen habe ich vertreten und geholfen, wo es mir möglich war. [] Die Belange der Kriegsgeschädigten, Rentner, und sonstigen Unterstützungsempfänger waren meine grössten Sorgen. [] Was hatte unsere Jugend nach dem Kriege zu erwarten? Sie war enttäuscht und verbittert, ohne Aussicht auf einen Beruf oder Existenz. Die Möglichkeit zur Gründung einer eigenen Familie war fast aussichtslos. Ich darf wohl mit Recht von mir sagen. auch hier beraten und geholfen zu haben. Denken Sie hierbei an die Schulgeldfreiheit, an die Schaffung von Lehrlingswerkstätten und Arbeitsplätzen, an den Wohnungsbau usw. [] Die gesammelte Lebenserfahrung und die Mitarbeit in vorgenannten Parlamenten gibt mir die Möglichkeit, auf der höheren Ebene des Bundestages auch für Sie tätig zu sein. [] Entschuldigen Sie, dass ich mit diesem Brief Ihre kostbare Zeit in Anspruch nahm. Ich hielt es für meine Pflicht, Sie über meine seitherige Tätigkeit zu informieren. [] Entscheiden Sie nun selbst und schenken Sie mir Ihr Vertrauen. [] Mit vorzüglicher Hochachtung [] Ihr ergebener [] Kurt Moosdorf [] Postwurfsendung [] An alle Haushaltungen [] Abs.: Kurt Moosdorf [] Bad Vilbel, Schützenstr. 1
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