Liebe Rentnerin, lieber Rentner!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: Nachlaß Herbert Wehner im AdsD Erich Ollenhauer [] Mitglied des Bundestages [] Bonn, im August 1957 [] Liebe Rentnerin, lieber Rentner! [] Viele Monate und Jahre haben Sie mit allen anderen Alten, Arbeitsunfähigen, Witwen und Waise...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Ollenhauer, Erich, Druckhaus Deutz, Köln
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 15.09.1957
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/AD4D81FC-666A-4C58-93B2-22052868EF1F
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: Nachlaß Herbert Wehner im AdsD Erich Ollenhauer [] Mitglied des Bundestages [] Bonn, im August 1957 [] Liebe Rentnerin, lieber Rentner! [] Viele Monate und Jahre haben Sie mit allen anderen Alten, Arbeitsunfähigen, Witwen und Waisen auf die von der Bundesregierung seit langem versprochene Rentenreform gewartet, die auch Ihnen ein menschenwürdiges Dasein ermöglichen sollte. Immer wieder haben die Sozialdemokraten im Bundestag die Regierung und die Regierungsparteien gedrängt, nun den vielen sozialpolitischen Versprechungen auch Taten folgen zu lassen. [] Vor einigen Monaten ist nun endlich, nach harten politischen Kämpfen, die Rentenneuordnung vom Bundestag beschlossen worden. Dadurch sind für viele Rentner - hoffentlich auch für Sie - die Renten teilweise wesentlich erhöht worden. Das war eine dringende Notwendigkeit; denn viel zu lange mußten die Rentner im Schatten des sogenannten Wirtschaftswunders Not leiden. [] Aber leider hat die Rentenneuordnung keineswegs für alle Rentner Gerechtigkeit gebracht. [] Bei Millionen von Rentnern reicht die Rente immer noch nicht für einen bescheidenen Lebensunterhalt aus. [] Hunderttausende von Rentnern werden dadurch benachteiligt, daß Zeiten des Militär- und Kriegsdienstes, Zeiten der Arbeitslosigkeit und der Inflationsjahre noch nicht entscheidend berücksichtigt werden. [] Sehr viele Rentner sind dadurch weiter enttäuscht worden, daß die Rentenerhöhungen voll auf andere Sozialleistungen, Renten der Kriegsopferversorgung, Unterhaltshilfe des Lastenausgleichs, Leistungen für öffentliche Dienste usw. angerechnet werden. [] Auch die Anrechnungsvorschriften beim Zusammentreffen mit Unfallrenten und Witwenrenten enthalten leider noch manche Ungerechtigkeit. [] Zahlreiche Rentner werden durch die sogenannten Höchstbeträge geschädigt; denn ihre gezahlten höheren Beiträge werden nicht gerecht bewertet. [] Millionen von Rentnern, deren Unterlagen durch Vertreibung aus der Heimat oder durch den Bombenkrieg verlorengegangen sind, sind hier benachteiligt, da ihre Renten nach völlig unzureichenden Tabellen berechnet werden. [] Sicherlich haben Sie seinerzeit gehört oder gelesen, mit welch großem Nachdruck sich die Sprecher der Sozialdemokratie im Bundestag für eine gerechte Reform eingesetzt haben. Die Bemühungen der Sozialdemokratie, die Ungerechtigkeiten zu beseitigen, scheiterten an dem Widerstand der CDU/CSU, die im Bundestag über die absolute Mehrheit verfügt. In der Bundestagswahl muß deshalb diese CDU/CSU-Mehrheit gebrochen werden, damit im neuen Bundestag eine neue Rentenschlacht mit Aussicht auf einen größeren Erfolg geführt werden kann. [] Auch für die Rentner, die jetzt eine einigermaßen ausreichende Rente erhalten, muß der neue Bundestag wichtige Beschlüsse fassen. Die jetzige Rente wird nämlich keineswegs mit Beginn des Jahres 1958 den Löhnen, Gehältern und Preisen angepaßt. Neue Gesetze sind erforderlich, um zu verhindern, daß die Renten in Zukunft wieder hinter der wirtschaftlichen Entwicklung zurückbleiben. [] Die Sozialdemokratie wird auch im neuen Bundestag mit großem Ernst die Interessen aller Rentner wahrnehmen. Unsere Anstrengungen zur weiteren Verbesserung der sozialen Leistungen können aber nur dann Erfolg haben, wenn wir im nächsten Bundestag über den erforderlichen Einfluß verfügen. Deshalb entscheidet die Bundestagswahl am 15. September 1957 auch über die Höhe Ihrer Rente. Geben Sie den Sozialdemokraten Ihr Vertrauen. [] Mit freundlichen Grüßen [] Erich Ollenhauer [] Vorsitzender der Sozialdemokratischen Partei Deutschlands [] Druck: Druckhaus Deutz
Published:15.09.1957