Sozialdemokratie und Handwerk

Bemerkungen: Frühere Bezeichnung "Untergruppe Recklinghausen" geschwärzt; [] = Absatzmarken im Volltext ds Originals Sozialdemokratische Partei [] Unterbezirk Recklinghausen [] Sozialdemokratie und Handwerk [] Bearbeitet von Dipl.-Kaufmann Günter Rhode (Recklinghausen). Große Teile des Han...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Unterbezirk Recklinghausen, Vesdruvag-Druck, Recklinghausen
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/CCED9180-4A27-4A5F-9B41-9A66BA42E3BA
Description
Summary:Bemerkungen: Frühere Bezeichnung "Untergruppe Recklinghausen" geschwärzt; [] = Absatzmarken im Volltext ds Originals Sozialdemokratische Partei [] Unterbezirk Recklinghausen [] Sozialdemokratie und Handwerk [] Bearbeitet von Dipl.-Kaufmann Günter Rhode (Recklinghausen). Große Teile des Handwerks haben in der Vergangenheit der Sozialdemokratischen Partei ablehnend gegenüber gestanden. Sie hatten sich politisch an die Kreise angelehnt, die auf das engste mit dem Großbesitz und der politischen Reaktion verbunden waren. Sie ließen sich dadurch vor den Wagen der Mächte spannen, die zu den Totengräbern Deutschlands wurden. Gegenüber der Arbeiterschaft und deren politischen Organisation, der Sozialdemokratischen Partei, verspürten sie eine tiefe Abneigung. Woran hat das gelegen? Nun, das ist sehr einfach zu klären. Großbesitz und Reaktion haben es meisterhaft verstanden, von der Sozialdemokratie ein Bild zu entwerfen, das dem Handwerk Mißtrauen zur Arbeiterbewegung einflößte. Diese Kreise scheuten sich nicht, hinter dem Mißbrauch nationaler Parolen und anderer Tricks gewissenlos eine großangelegte Hetzpropaganda ins Werk zu setzen. Das Verhältnis des Handwerks zur Sozialdemokratie hat in der Vergangenheit nicht unter dem gelitten, was die Sozialdemokratische Partei gewollt hat, sondern unter dem verzerrten Bild, das der Nazismus und seine Hintermänner, die Kraut- und Schlotbarone und ähnliches Gelichter von der Arbeiterbewegung zeichneten. Eine klare Stellungnahme zu diesen Fragen ist daher erforderlich. Wie in allen anderen Fragen, so ist auch hier Wahrheit und Klarheit der einzige Weg, auf dem man gehen kann. Wir Sozialdemokraten wollen diesen Weg einschlagen. Was will die Sozialdemokratie im Bereich der Wirtschaft? Die Sozialdemokratie will den Teil der Wirtschaft, der im kapitalistischen Sinne geführt wird, in eine sozialistische Wirtschaft umgestalten, und zwar hat das berechtigten Grund. Die kapitalistische Wirtschaft, die im Großbesitz ihren sichtbaren Ausdruck findet, dient nicht dem eigentlichen Zweck eines jeden Wirtschaftens. Der Zweck des Wirtschaftens kann nur sein, dem Volke die bestmöglichste Befriedigung seines Bedarfes an Waren und Dienstleistungen aller Art zu ermöglichen. Der kapitalistische Großbesitz kennt als Ziel seines Wirtschaftens jedoch nur den möglichst hohen Profit und die Ausbeutung. In seinen Folgen führt diese kapitalistische Wirtschaft zur politischen und wirtschaftlichen Schwächung der breiten Masse und zur Planlosigkeit in der Gesamtproduktion. Das bedeutet auf der einen Seite geringe Kaufkraft des Volkes, auf der anderen Seite Massenarbeitslosigkeit. Diese kapitalistische Wirtschaftsnot will die Sozialdemokratie beseitigen. Sie wird die planlose kapitalistische Ausbeutungswirtschaft durch eine sozialistische Planwirtschaft ersetzen, die zur gesicherten Versorgungswirtschaft führt. Sie wird dadurch der breiten Masse des Volkes die Möglichkeit geben, als Käufer und Konsument auf dem Markte aufzutreten. Das ist aber nur erreichbar durch die Sozialisierung des Großbesitzes, da die politische und wirtschaftliche Macht dieser Kreise sonst nicht gebrochen werden können. Anders werden die verheerenden Folgen der kapitalistischen Wirtschaft nicht verschwinden. Auf den Großbesitz wird also die Sozialisierung die Hand legen. Unberührt von der Sozialisierung bleiben die Wirtschaftsformen, die mit kapitalistischen Gepräge überhaupt nichts anderes zu tun haben, als daß sie unter den Folgen der kapitalistischen Wirtschaftsweise zu leiden haben. Wir Sozialdemokraten vertreten grundsätzlich die Ansicht, daß eine moderne Produktionswirtschaft selbständige Mittel- und Kleinbetriebe notwendig hat. Die Werkstätte des Handwerkers der Hof des Bauern, der Laden des Händlers sind Angelegenheiten, die abseits den Erfordernissen einer Sozialisierung stehen. Wie diese Wirtschaftsformen vor der Zeit des Kapitalismus bestanden haben, so werden sie auch nach dem Ende der kapitalistischen Wirtschaftsepoche bestehen. Wie hat sich das Handwerk zum Sozialismus zu stellen? In der kapitalistischen Wirtschaft hat das Handwerk etwas sehr Entscheidendes mit der Arbeiterschaft gemeinsam: beide leiden unter der betriebenen Ausbeutungswirtschaft und der damit verbundenen wirtschaftlichen Schwäche des Volkes. Das heißt, daß in der breiten Masse keine ausreichende Kaufkraft besteht. Wenn der Arbeiter aber nicht kaufen kann, dann geht es auch dem Handwerk schlecht. Geht es dem Arbeiter gut, dann hat das Handwerk goldenen Boden. Dann lohnt sich der Fleiß, der in der Werkstatt aufgewandt wird. So ist das Handwerk unmittelbar an der wirtschaftlichen Lage der Arbeiterschaft interessiert. Ja, die Hoffnungen der Arbeiterbewegung auf eine bessere Zukunft müssen ganz selbstverständlich auch die Hoffnungen des Handwerkes sein. Der Sieg der Arbeiterschaft und damit der Sozialismus wird auch dem Handwerk den Weg zur wirtschaftlich gesicherten Existenz eröffnen. Handwerker und Arbeiter können nur ein gemeinsames Ziel haben: die Schaffung einer vollkommeneren, gerechteren Produktionswirtschaft, nämlich den Sozialismus. Welche besondere n Aufgaben hat die Sozialdemokratie gegenüber dem Handwerk zu lösen? Da die Sozialdemokratie grundsätzlich von der Notwendigkeit des Handwerks überzeugt ist, stellt sie sich die Aufgabe, den selbständigen gewerblichen Mittelstand in Gesetzgebung und Verwaltung zu fördern und gegen Überbelastung und Aufsaugung durch Großbetriebe zu schützen. Das darf nicht dahingehend mißverstanden werden, daß durch extreme Zwangsmaßnahmen und einseitige Gunstgewährung eine Stützungspolitik getrieben wird, die die Allgemeinheit belastet. Das wäre verantwortungslos und könnte nur den Zweck verfolgen, auf Dummenfang auszugehen. Es würde das Handwerk selbst schädigen; denn eine Belastung der Allgemeinheit würde die Schwächung der Kaufkraft des Volkes herbeiführen. Das wäre aber das Gegenteil von dem, was das Handwerk nötig hat. Wir Sozialdemokraten sind demgegenüber gewillt, dem Handwerk die Möglichkeiten zu geben, damit es sich durch den Wert seiner fachmännischen Arbeit selbst behaupten kann. Denn das kann das Handwerk, wenn es mit den richtigen Waffen zu diesem Kampfe ausgestattet wird. Für die fachliche Bildung und den Ausbau des handwerklichen Genossenschaftswesens sollen daher zum Beispiel alle Mittel bereitgestellt werden; denn Bildungs- und Genossenschaftswesen sind die beiden aussichtsreichsten Waffen des Handwerks. Diese liegen auch im Interesse der Allgemeinheit. Über öffentliche Krediterleichterung hinaus wird man den handwerklichen Genossenschaften Anleitung und fachmännischen Rat in allen betrieblichen und kaufmännischen Fragen zu gewähren haben; denn das Handwerk leidet häufig nicht so sehr unter technischer Rückständigkeit, als vor allem unter der kaufmännischen Hilflosigkeit, besonders gegenüber der wirtschaftlichen Macht der Großbetriebe. Die beste Förderung wird das Handwerk jedoch erst durch die Umwandlung der kapitalistischen in eine sozialistische Wirtschaft erfahren. An die Stelle der geringen Kaufkraft des Volkes wird dann ein Wohlfahrtsstrom treten, von dem auch das Handwerk seine gesicherte Existenz erhalten wird. Das Interesse des Handwerkers ist also ganz eindeutig mit dem aller schaffenden Menschen verbunden. Der Weg des Handwerks kann daher nur zur Sozialdemokratischen Partei führen. Der Unterbezirksvorsitzende: Paul Rhode. Vesdruvag-Druck (7/B 1161), Recklinghausen. 1911/5000. Juli 46. Klasse "C".
Published:1946