Der freie Schulunterricht

Bemerkungen: Fraktur; Nachdruck Spartacus. [] Wochenzeitung für sociale Fragen.[] Redacteur: Gottfried Kinkel. [] Nr. 14. Montag, den 9. April 1849. [] "O Kindheit, die du Arm und Reich [] In gleicher Lieb' und Lust verbündest, [] Das heil'ge Wort, daß Alle gleich, [] In jedem Spiele...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Spartakus, Wochenzeitschrift für sociale Fragen, Leo Anschel / W. Sulzbach, J. F. Carthaus, Bonn
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1849
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/77894522-07E5-48E6-B710-6101D3E00D7E
Description
Summary:Bemerkungen: Fraktur; Nachdruck Spartacus. [] Wochenzeitung für sociale Fragen.[] Redacteur: Gottfried Kinkel. [] Nr. 14. Montag, den 9. April 1849. [] "O Kindheit, die du Arm und Reich [] In gleicher Lieb' und Lust verbündest, [] Das heil'ge Wort, daß Alle gleich, [] In jedem Spiele fromm verkündest - [] Warum muß in des Lebens hast [] Dieß rosige Empfinden bleichen. [] Daß, die sich einst so treu umfaßt. [] Sich nimmer, nimmermehr erreichen, [] Bis, die sich einst geliebt als Kind, [] So kalt, so fremd einander sind!" [] Gottfr. Kinkel, im "Grobschmied v. Antwerpen" [] K. Berlin 29. März. [] Der freie Schulunterricht. [] (Fortsetzung) [] Unsere Abhandlung stellte die Gründe zusammen, welche den unentgeltlichen Schulunterricht in der Volksschule empfehlen. Den wichtigsten dieser Gründe haben wir bis zuletzt aufgespart: er ist der, daß durch den freien Unterricht die getrennte Erziehung der Armenkinder und der wohlhabenden Bürgerkinder aufhört. [] Schon vor Monaten wies unser Buch: "Handwerk errette Dich" auf diese Notwendigkeit hin. "Ich bin", so schrieben wir damals bereits, "mit dem Sündenregister des Schulwesens noch nicht zu Ende. Der Staat der Intelligenz hat es geschehen lassen, daß man schon das Kindesalter, jene heilige Zeit der Menschengleichheit, in zwei Heerden auseinander trennte: in die reichen Kinder und in die armen Kinder. Für jene öffnet man Schulen in denen Geld bezahlt wird, diese unterrichtet man umsonst. Ihr fragt: Willst du nun gar unsere Barmherzigkeit tadeln? willst du es rügen, daß wir den Armen, die sonst gar keinen Unterricht genossen hätten, wenigstens auf diesem Wege denselben ertheilen? haben wir nicht wie die Väter an ihnen gehandelt, haben wir sie nicht mit Katechismus und Spruchbuch ausgestattet, haben wir nicht so manchen alten Rock daran gesetzt, um ihnen neue Röcke zur ersten Kommunion zu schaffen? O ihr Heuchler, die das als eine Gnade hinstellen, was der Staat als seine erste Pflicht anzuerkennen hat! Oder ist es nicht Pflicht des Staates, keinen Bürger unter sich zu dulden, der nicht die zum Bürgerthum nöthige Bildung erhalten hat oder erhält? Ruht nicht auf dieser Bildung die Selbsterhaltung der menschlichen Gemeinschaft? Ihr aber habt die Armenkinder dieses ihr unveräußerliches Recht erkaufen lassen mit dem bittersten Gefühl" das die weiche, zart empfindende Kindesseele kennt, mit dem Schmerz der Zurücksetzung. Ihr habt dadurch in den schwächlichen Naturen eine schleichende und tückische Demuth gegen die Reichen genährt: die starken und trotzigen Charaktere aber habt ihr Hingestoßen auf die harte rauhe Scheidewand, welche die Klassen des Volkes trennt - und ihr wollt euch nun darüber wundern, wenn diese als Männer rasend gegen die Scheidewand anstürmen, oder ihren Haß an den einzelnen Besitzenden auslassen! In die reichen Kinder aber, indem ihr sie von den Armen schiedet, habt ihr zuerst den Keim des Hochmuthes und dann den Keim jenes albernen und doch so empörenden Mißtrauens gelegt, in welchem gegenwärtig die ganze Bourgeoisie zusammenzittert -, jenes Mißtrauens, welches in jedem Armen den Feind seines Vermögens, den Barrikadenkämpfer - oder nach Umständen den Strauchmörder sieht. Thut die Armenschulen fort und laßt das Kind im geflickten Kleidchen, wenn das Kleidchen nur reinlich ist, getrost neben jenem im Sammet-kittel auf der Schulbank fitzen. Sie werden zusammen spielen trotz den verschiedenen Röcken, sie werden treu nebeneinanderstehen und männlich sich helfen im Kriegsspiel, und zwischen dem künftigen Fabrikarbeiter und dem künftigen Staatsminister wird eine Jugendfreundschaft entstehen, die Beide adelt. Das reiche Kind wird seinen armen Schulgenossen in der dunkeln Hütte besuchen und einsehen lernen, wie viel herzlicher die Menschen in dieser Hütte zusammen leben: der arme Junge aber wird mitspielen auf den gestickten Teppichen, und wird dann dereinst nicht seine Mannesstirn knechtisch beugen vor dem. glänzend ausgebreiteten Luxus des Reichthums. Beide aber werden zusammen in der Reife ihres Alters Hand in Hand den Sieg des demokratischen Gedankens durch alle Schichten, der Gesellschaft hindurchführen und die Kluft ausfüllen, die jetzt die Brüder aus dem Einen Volke so schmerzlich auseinander reißt." [] (Schluß folgt in der übernächsten Nr. 16.) [] Vermischte Nachrichten. [] Trier 5. April. (Mein tapferes Heer.) Die Lage unserer demokratischen Stadt wird wieder von Tag zu Tag bedenklicher durch des Königs herrliches Kriegsheer. Exzesse reihen sich an Exzesse; selbst Frauen werden von den Provokationen der massenhaft auftretenden Krieger nicht verschont. Da ein Plan, beklagenswerthe Vorfälle hervorzurufen, befürchtet wird, die betreffenden Behörden aber die Hände in den Schoß legen, so hat der Centralausfchuß der hiesigen Wahlmänner in Verbindung mit dem demokratischen Verein eine Commission niedergesetzt, die unter Hinweisung auf diese traurigen Zustände heute bekannt macht, daß sie jeden Nachmittag in der Brückenstraße bei Th. Gasseil Erklärungen über betreffende Thatsachen entgegennimmt, um hiernach weitere Schritte zu veranlassen. [] Nürnbergs April. (Arbeiter-Congreß.) Gestern Nachmittag 4 Uhr fand dahier im "Bamberger Hof" die Eröffnung des Congresses Baierischer Arbeiter statt. Einige 30 bis 40 Vereine waren durch 18 oder 19 Deputirte vertreten, darunter zwei nichtbaierische, Hr. Born aus Leipzig und Hr. Schiffterling aus Ulm. Ersterer wurde durch Zuruf zum Vorsitzenden gewählt und leitete die Versammlung, die nahe an 300 Theilnehmer zählen mochte, durch einen entsprechenden, klar und würdig gehaltenen Vortrag ein. Auf seinen Vorschlag wurde §. 6 des bereits in öffentlichen Blättern mitgetheilten Programms: "Wir fordern freien Gewerbsbetrieb, der nur an die Erlernung der Geschäfte geknüpft und zu dem Jeder berechtigt ist, der das 25. Lebensjahr zurückgelegt hat", zuerst in Berathung genommen. Nur der Abgeordnete für die pfälzischen Vereine, Hr. Ehrstein aus Landau, sprach für unbedingte Gewerbefreiheit und enthielt sich, in Hinblick auf den ihm von seinen Committenten gegebenen Auftrag, der Abstimmung. Nach einer, sehr parlamentarisch gehaltenen Debatte, während welcher verschiedene Unteranträge gestellt, später aber verworfen wurden, kam der ursprüngliche Antrag zur Abstimmung und wurde fast einstimmig in der im Programm aufgestellten Form angenommen. Nach 7 Uhr erklärte der Vorsitzende, welcher die Versammlung mit vielem Geschick leitete und die Unteranträge gut zu formuliren und von dem Hauptantrag zu trennen wußte, die Sitzung für geschlossen. In der heutigen Morgensitzung wurden sämmtliche auf der Tagesordnung stehende Anträge, die Organisation der Arbeitervereine betreffend, mit einigen Zusatzanträgen angenommen und als Ort für die nächste Generalversammlung (in 6 Monaten) Augsburg festgesetzt. [] Demokratischer Verein. [] Dienstag Abends 7 Uhr bei Wiersberg. [] Handwerker- Bildungsverein [] Sitzung vom 5. April. [] Vorsitzer: Frdr. Kamm (Stellvertr.) Die Sitzung hat durch die Anwesenheit des Abg. Kinkel, Vorsitzers des Handwerker-Vereins, besonderes Interesse. Nach einigen die Tagesordnung betreffenden Worten des Vorsitzers, schildert der Abg. Kinkel in ausführlichem Vortrag den Stand der Handwerkerfrage und der Gewerbeverhältnisse in der Nationalversammlung. Nach seiner Ansicht dürfte, wenn auch nichts besonders Erhebliches, so doch einige Aufhülfe für die Arbeiter und die Handwerker zu Stande kommen. Nach der mit Beifall aufgenommenen Rede des Abg. Kinkel, erhält Bürger L. Ungar das Wort, zur Begründung seines Antrages: betreffend "die Gründung einer Anleihe- und Unterstützungs-Kasse". An der Debatte betheiligen sich viele Vereins-Mitglieder, und einigt man sich dahin, diese Angelegenheit durch eine Commission, detaillirt ausgearbeitet, der Generalversammlung zur Begutachtung respect. Annahme vorlegen zu lassen. [] Nach einigen Bemerkungen über die Art, wie die Petition an die Nationalversammlung, betreffend eine "Gewerbeordnung" auszuführen sei, wird die Sitzung 11 Uhr Abends geschlossen. [] Nächste Sitzung Donnerstag Abends 8 Uhr bei Hittorf, Wenzelgasse. [] Druck von Leo Anschel. Verlag von W. Sulzbach. [] Nachdruck in gekürzter Fassung bei J. F. Carthaus, Bonn. NRW 2/7 D 3/154 - 3037 - 300 - 3. 1949 - Kl. B.
Published:1849