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Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Text und Gestaltung: Abraham, Hartwig 1874-1984 [] 110 Jahre SPD-Ortsverein Biberach [] Gründung: Die Sozialdemokratische Arbeiterpartei (SDAP) Biberachs (1874) [] An der Landesversammlung der SDAP am 14. Juni 1874 in Schwäbisch Gmünd nahm ein Delegierter aus Biberach teil und auf dem Coburger Kongreß der Partei im Juli des gleichen Jahres, wurde die Zahl der Mitglieder in Biberach mit 17 angegeben. [] Rechts: August Bebel, 1840-1913 [] Mitbegründer der »Sozialdemokratischen Arbeiterpartei« (SDAP) [] Die Sozialistengesetze (1878) [] Mit zunehmendem Wachstum der Sozialdemokratie in den 1870er Jahren, auch In Württemberg, steigerte sich das Maß der staatlichen Willkür gegen die Arbeiterbewegung. Besonders nach den beiden - in völligem Unrecht den Sozialdemokraten angelasteten - Attentaten auf Kaiser Wilhelm I. im Mai und Juni 1878 schürte die konservative Presse die ohnehin künstlich erzeugte Sozialistenfurcht zu einer wahren Hysterie. Bismarck nutzte die aufgehetzte Stimmung, um im Reichstag ein »Gesetz gegen die gemeingefährlichen Bestrebungen der Sozialdemokratie« durchzudrücken, das, als »Sozialistengesetz« bekannt, am 21. Oktober 1878 in Kraft trat. Die gesamte sozialdemokratische Parteiorganisation sowie alle ihre Vereine. Blätter und Schriften wurden für »gemeingefährlich« erklärt und verboten. [] Die Aufhebung der Sozialistengesetze (1890) [] Nach Aufhebung der Sozialistengesetze am 30. September 1890 beschlossen die Sozialdemokraten auf ihrem Haller Parteitag im Oktober desselben Jahres den Neuaufbau ihrer nun wieder legalen Organisation und nahmen den Namen SOZIALDEMOKRATISCHE PARTEI DEUTSCHLANDS an. Im Jahr darauf gab sich die Partei in Erfurt ein neues Programm, das langfristige theoretische Grundlagen und praktische Forderungen (allgemeines und direktes Wahlrecht, Gleichstellung der Frau, Weltlichkeit der Schule, Arbeitsschutzgesetze u. a.) miteinander verband. [] Sozialdemokratischer Arbeiter-Verein Biberach (1892) [] Unerhörtes meldete am 6. August 1892 der Polizeisoldat SINGER an den Königlichen Oberamtmann in, Biberach: [] »Betreff Sozialdemokratische Umtriebe hier [] Geheim! [] Seit Monat März d. J. bemerkte ich in hies. Stadt unter einigen jungen Leuten eine sozialdemokratische Bewegung. [] Ich schenkte derselben meine ganze Aufmerksamkeit und ermittelte als Urheber derselben den 20 Jahre alten Schreinergesellen MATHIAS BRAUN, Sohn der Vinzenz Braun Witwe hier. [] Meine Nachforschungen über den Bestand dieses Vereins werde ich wie bisher fortsetzen und werde zweckdienliche Erfahrung zur Anzeige bringen. [] den 6. August 1892 [] Hochachtungsvollst [] Polizeisoldat Singer« [] (STA Biberach) [] Am Mittwoch, den 10. August 1892, vollzog sich in Biberach unter den Augen einer argwöhnischen Obrigkeit und in Anwesenheit von Spitzeln des katholischen Gesellenvereins zum zweiten Mal, nach 1874, die Gründung eines Sozialdemokratischen Vereins. [] Motor der Gründung und auch ihr erster Vorsitzender war der Schreinergehilfe MATTHÄUS BRAUN, geb. am 24. Oktober 1872 in Warthausen. Er war bei dem Schreinermeister KARL GRAUPNER beschäftigt und wohnte in der Zwingergasse. Aus seiner Feder stammte das zehn Paragraphen umfassende Statut des »Arbeiter-Verein Biberach«, das auf der Gründungsversammlung in der Gaststätte »Goldene Ente« in der Gymnasiumstraße (heute: Firma Kuhn),von den 53 Mitgliedern des Vereins beraten und verabschiedet wurde. [] Anzeige des Arbeiter-Vereins zur 1. Versammlung, AvO, 17. Aug. 1892 [] Ehemaliges Gasthaus »Goldene Ente« (Gymnasiumstr. 17) [] Rechts: Statut des sozialdemokratischen Arbeiter-Vereins vom 10. Aug. 1892 [] Sozialdemokratische Gegenkultur - Ein Staat im Staate (1899 bis 1933) [] Gefördert durch die ablehnende Haltung des Bürgertums und durch die gesellschaftliche Isolierung der Sozialdemokraten, die schon vor Jahrzehnten eingesetzt hatte und vor dem 1. Weltkrieg einen Höhepunkt erfuhr, erfolgte der Aufbau eines weitverzweigten sozialdemokratischen Vereinswesens. Alle gesellschaftlichen Bereiche waren von diesen Vereinsgründungen betroffen. Die folgende Aufstellung mag dies verdeutlichen: [] Gemeinderatswahlen in Biberach bis 1914 [] Jahrzehntelang wurden die Kandidaten für den Biberacher Gemeinderat, auch Bürgerausschuß genannt, von einer Bürgerversammlung, zu der alle Zutritt hatten, die das »Bürgerrecht« der Stadt besaßen, unter Berücksichtigung der konfessionellen Parität ausgewählt. Das änderte sich 1909, als »... der Vorstand der sozialdemokratischen Partei, Schreiner OTT, verlangt einen Vertreter der Arbeiterschaft (aufzustellen), was zeitgemäß sei, und schlägt KARL LIEB, Bäcker am Schweinemarkt vor« (AvO, 4.12.1909). LIEB erhielt 112 vor 910 abgegebenen Stimmen. [] Zur nächsten Gemeinderatswahl, am 5.12.1910, lagen dann den Wählern schon drei Wahlvorschläge vor: Je einer von der Zentrumspartei, ein nach alter Sitte im Saal der »Laute« beratener Vorschlag der Bürgerversammlung und ein Wahlzettel der SPD. Sozialdemokratischer Kandidat war wieder KARL LIEB. [] Karl Ott, SPD-Ortsvereinsvorsitzender 1902-1909 [] Karl Lieb, Bäcker am Schweinemarkt, 1. SPD-Gemeinderatskandidat (1909), Gemeinderat 1919-1925 [] Erster SPD-Wahlaufruf zur Gemeinderatswahl 1909 (AvO, 04.12.1909) [] Wahlen zum Landtag und Reichstag [] 1895 bis 1912 in der Stadt Biberach [] 1. Landtag 2. Reichstag [] Jahr SPD-Erg. in % Jahr SPD-Erg. in % [] 1895 3,1 1898 18,6 [] 1900 23,9 1903 16,9 [] 1906 17,0 1907 12,8 [] 1912 13,2 1912 20,3 [] Der I. Weltkrieg und die Revolution von 1918 [] Gefallen auf dem Felde der Ehre »Anzeiger vom Oberland«, 29.12.1914 [] SPD Ortsvereinsvorsitzende 1918 - 1933 [] 1918 - März (?) 1919 PAUL PRESTLE (zur USPD?) 1919 - 1921 AUGUST SCHECK 1921 - 1925 ANTON MÖNCH 1925 - 1927 JOSEF SCHÄFLE 1927 - 1931 JOSEF MADER 1931 - 1933 WILHELM SCHULTHEISS August Scheck (1879-1966) Vors.: 1919-1922 Josef Schäfle (1881-1944) Vors.: 1925-1928 Josef Mader (1877-1957) Vors.: 1928-1931 [] Vereinslokal »Schatten« (1982) [] Gemeinderatswahlen in Biberach 1919 - 1933 [] Wahl am 25. Mai 1919. Liste: Sozialdemokratische Partei. [] Kandidaten: 1. GEORG BÄUERLE, Teppichweber; 2. KARL LIEB, Bäcker; 3. KARL OTT, Schreiner; 4. RICHARD HEROLD, Schreiner; 5. AUGUST SCHECK, Konditor; 6. JOSEF JANIK. Weißgerber; 7. KARL KOTZ, Drahtweber; 8. WILHELM KLEINSCHMIDT, Konditor; 9. PAUL GIERIG, Hutmacher. [] Gemeinderäte: KARL LIEB, GEORG BÄUERLE [] SPD-Liste 1922 [] Kandidaten: 1. GEORG BÄUERLE, Hilfsarbeiter; 2. AUGUST SCHECK, Konditor; 3. ANTON MÖNCH, Metalldrücker; 4. JOSEF SCHÄFLE, Schriftsetzer; 5. BERNHARD MAURER, Flaschner. [] Gemeinderäte: AUGUST SCHECK, GEORG BÄUERLE, ANTON MÖNCH, JOSEF SCHÄFLE [] Wahl am 6. Dezember 1925. Liste: Arbeitnehmerblock (Verbindung von Christl. Gewerkschaften, Freien Gewerkschaften und den Gewerkvereinen). [] Kandidaten: 1. ADOLF EBINGER, Kaufm. Angestellter; 2. ANTON ZELL, Bildhauer; 3. JOHANN SCHNEIDER, Schmied; 4. HANS FINK, Kaufm. Angestellter; 5. AUGUST BOPP, Bezirksagent. [] Gemeinderäte: ADOLF EBINGER, HANS FINK (ANTON MÖNCH, GEORG BÄUERLE, AUGUST SCHECK, JOSEF SCHÄFLE) [] Gewerkschaftsliste 1928 [] Kandidaten: 1. AUGUST SCHECK, Konditor; 2. NIKOLAUS VEESER, Gipser; 3. AUGUST BOPP, Vers. Agent; 4. ANTON MÖNCH, Lagerarbeiter; 5. JOSEF SCHÄFLE, Schriftsetzer. [] Gemeinderäte: AUGUST SCHECK, AUGUST BOPP [] Liste der Gewerkschaften 1931 [] Kandidaten: 1. HERMANN BUCHER, Zimmermeister, 2. ANTON MÖNCH, Lagerarbeiter; 3. NIKOLAUS VEESER, Gipser; 4. WILHELM SCHULTHEISS, Elektromonteur. [] Gemeinderäte: HERMANN BUCAER (AUGUST SCHECK, AUGUST BOPP) [] Verbot, Verhaftung, Auflösung (1933) [] Am 23. März 1933 wurde vom Reichstag mit den Stimmen aller anderen Parteien - gegen den geschlossenen Widerstand der 94 anwesenden Sozialdemokraten - das »Ermächtigungsgesetz« verabschiedet. Damit erhielt HITLER die totale Macht zum vernichtenden Schlag gegen seine politischen Gegner. [] Aus Biberach wurden verhaftet: ANTON MÖNCH, ehemaliger SPD-Ortsvereinsvorsitzender und langjähriger Gemeinderat, und WILHELM SCHULTHEISS, er war ab 1931 Ortsvereinsvorsitzender und 1932/33 Leiter der »Eisernen Front« in Biberach. Beide wurden am 20. April 1933 festgenommen und ins Lager Heuberg gebracht. ANTON MÖNCH wurde nach 6-wöchiger Haft entlassen, WILHELM SCHULTHEISS war bis Mitte August 1933 inhaftiert. Er wurde noch ein zweites Mal, Ostern 1934, für vier Wochen in Biberach in Haft genommen und verhört. [] Am 22. Juni 1933 wurden durch Reichsgesetz die SPD-Parlamentarier aus allen Volks- und Gemeindevertretungen ausgeschlossen, Versammlungen und Druckschriften verboten, das Vermögen der SPD und ihrer Nebenorganisationen beschlagnahmt: die Sozialdemokratische Partei Deutschlands war verboten. [] In einem Bericht der Biberacher Schutzmannschaft vom 5. Juli 1933 heißt es lakonisch: »(...) Zufolge des erhaltenen Auftrags wurde am 4. ds. Mts. die Soz. Dem. Partei. Ortsgruppe Biberach aufgelöst. Die Vermögensbeschlagnahme wurde bereits am 15. Mai ds. Js. Durchgeführt.« (STA Biberach) [] Ein neuer Anfang (1946) [] Wiedergründung des SPD-Ortsvereins., (SZ, 7.5.1946) [] Fritz Erler (1913-1967) [] 1945/46 Landrat in Biberach [] SPD-Gemeinderäte seit 1946 [] 1946 bis 1948 AUGUST SCHECK 1946 bis 1956 ANTON MÖNCH 1948 bis 1958 OTTO HELD 1956 bis 1959 WILHELM BÄURLE 1956 bis heute Dr. ERIKA FRANK-TESSMANN 1959 bis 1965 KARL ROMER 1959 bis 1965 LUDWIG WALTER 1962 bis 1975 ARTHUR HENNICKER 1962 bis 1965 JAKOB KRIEGER (später parteilos) 1965 bis 1971 HELENE PROBST 1968 bis heute WERNER KÜBLER 1968 bis heute Dr. WOLFGANG GRELL 1971 bis 1974 WILLI MUGGENTHALER (dann parteilos) 1971 bis 1980 Prof. ROLF LUITHARDT 1975 bis heute WERNER KRUG 1980 bis heute ELKE LINDE 1980 bis heute ANNI METZ 1980 bis heute WILLY MADER [] Vorsitzende des SPD-Ortsvereine seit 1946 1946-1949 ANTON MÖNCH 1949-1956 OTTO HELD 1956-1960 WILHELM BÄURLE 1960-1965 LUDWIG WALTER 1965-1968 ERNST BERNER 1968-1969 WALTER HOMMA 1969-1970 Dr. WOLFGANG GRELL 1970-1973 Prof. ROLF LUITHARDT Jan. 1973 - Sept. 1973 WILLI MUGGENTHALER 1973-1975 HANS-JOACHIM DENTLER 1975-1981 ELKE LINDE 1981-1984 HARTWIG ABRAHAM Jan. 1984 - Mai 1984 ANTON JANIK ab Mai 1984 ELKE LINDE [] Jungsozialisten (Juso) in der SPD [] ABKÜRZUNGEN [] AvO = Anzeiger vom Oberland [] DW = Donau Wacht [] STA = Stadtarchiv [] STW = Schwäbische Tagwacht [] SZ = Schwäbische Zeitung [] Arthur Hennicker [] Fraktionschef 1965-1972 [] Dr. Wolfgang Grell, [] Franktionsvors. [!] [Fraktionsvors.] 1972-1980 [] Werner Krug, [] Fraktionsvorsitzender seit 1980 [] Herausgeber: SPD-Ortsverein Biberach; Text und Gestaltung: H. Abraham
Published:1984