Wählerinnen und Wähler!

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: SPD-Landesverband Bayern, Signatur 76 SPD [] Wählerinnen und Wähler! [] Am 30. Juni 1946 werdet Ihr wieder zur Wahlurne gerufen. Von Euch wird ein politisches Bekenntnis verlangt, ein Bekenntnis das im weiteren Sinne nach den Wahlen...

Full description

Bibliographic Details
Main Authors: Sozialdemokratische Partei Deutschlands (SPD), Beisel, W.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 30.06.1946
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/E44FEFB6-F049-4439-B419-EC0F463E5DBC
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; Herkunft: SPD-Landesverband Bayern, Signatur 76 SPD [] Wählerinnen und Wähler! [] Am 30. Juni 1946 werdet Ihr wieder zur Wahlurne gerufen. Von Euch wird ein politisches Bekenntnis verlangt, ein Bekenntnis das im weiteren Sinne nach den Wahlen für die Gemeinden, Kreise und Städte nun die Zusammensetzung der verfassunggebenden Landesversammlung bestimmt und ein neues Glied in der politischen Neuordnung unseres Lebens und unseres Landes bildet. [] Politik heißt Mittun, [] heißt Anteil nehmen an der Bildung einer neuen Gemeinschaft, der jeder Einzelne ohne Unterschied des Standes, der Rasse und der Religion angehört und verpflichtet ist. Der tiefe Sinn der neuen Gemeinschaft ergibt sich aus der Abkehr von jeder Diktatur und aus der Notwendigkeit einer Selbsterhaltung des ganzen Volkes. Nicht mehr ein Einzelner soll und darf über das Volk herrschen und es ins Unglück stürzen. Die Demokratie allein ist die Staatsform, die vom Willen und Vertrauen des Volkes bestimmt und getragen, jederzeit auch dem Volke Rechtfertigung schuldig ist und von ihm kontrolliert werden kann. [] Die Sozialdemokratie ist die Partei den Vertrauens. [] In ihrer achtzigjährigen Geschichte war ihr Kampf ein Ringen um demokratischen und sozialistischen Fortschritt. Selbst ein Bismarck, obwohl er die Sozialdemokratie durch das berüchtigte Sozialistengesetz unterdrückte, hat einmal in einer Reichstagssitzung erklärt, es würden keinerlei soziale Fortschritte zu verzeichnen sein, wenn es keine Sozialdemokratie gäbe. Und Dr. Schumacher, der Vorsitzende der SPD, hat auf dem Parteitag in Hannover im Mai 1946 deutlich genug gesagt, daß wir auch dann Demokraten sein würden, wenn die Amerikaner und Engländer Faschisten wären. [] Sozialismus ist die Gegenwartsforderung. [] Der Kapitalismus hat sein vorgezeichnetes Ende gefunden. Seine letzte Kraft hat dem Kriege und der Vernichtung gedient. Nun ist er daran selbst zerbrochen. Wehe dem Volke, wenn es dulden würde, daß noch einmal das Großkapital und eine reaktionäre Politik erstünden, die dann den totalen Untergang des ganzen Volkes herbeiführen würden. [] Die neue Wirtschaft muß sozialistisch sein! [] Wir Überlebenden aus dem Niedergang haben nur noch diese einzige Möglichkeit, neue Kriege und soziales Elend zu verhindern, wenn wir eine sozialistische Wirtschaft gestalten, die in der Hand der Gemeinschaft keinem Völkermorden mehr dient und die alle Fähigkeiten der Technik sowie alle Bodenschätze und planmäßig erzeugten Güter dem sozialistischen und kulturellen Fortschritt aller Menschen dienstbar macht. [] Wir Sozialdemokraten wollen nicht die selbstschaffenden Handwerker, Gewerbetreibende und Bauern sozialisieren. Wir wollen vielmehr, daß diese als gesunde, kleine und Mittelbetriebe weiterbestehen bleiben und in der Volkswirtschaft ihre wichtigen Funktionen frei und ungehindert ausüben, wenn sie sich verständnisvoll als Arbeitgeber nicht den sozialen Erfordernissen verschließen. [] Die Verfassung wird erst eine Notverfassung sein! [] Wir sind entsprechend unseres heutigen Zustandes weder souverän noch in der Lage, eine Verfassung zu gestalten, die echte Garantien und Sicherungen des privaten und staatlichen Lebens gewähren kann. Die Sozialdemokratie will mit dem neuen Verfassungsentwurf für Baden-Württemberg, der von dem sozialdemokratischen Staatsrat Professor Dr. Schmid aus Tübingen geschaffen wurde, vorerst ein Notdach zimmern und die politische, wirtschaftliche, sozialistische, rechtliche und kulturelle Neuordnung soweit aufbereiten, daß eine gedeihliche Entwicklung das Volk erst einmal zur Ruhe und alle Dinge zur Ordnung kommen läßt. Wenn einmal die innere Verfassung des Volkes gut sein wird, dann erst ist die Stunde da, sich die äußere Verfassung als bleibendes Grundrecht eines freien und demokratischen, friedlichen und sozialen Volkes zu geben. [] Die Sozialdemokratie kämpft [] zu jeder Zeit und Stunde um den Fortschritt und die Freiheit des menschlichen Lebens. Sie kämpft auch jetzt als große und starke Partei [] für die Menschenrechte [] und den Neubau der Gesellschaftsordnung, die eine sozialistische sein wird. Die Beschaffung von Nahrung, Kleidung, Wohnung und Arbeit steht im Brennpunkt unserer Zeit! [] Geht mit uns, Wählerinnen und Wähler! [] Wir wollen gemeinsam den Sozialismus und den Staat bauen, Schritt um Schritt, wir wollen gemeinsam Not und Elend überwinden, Tag um Tag. [] Wir fordern von Euch Abkehr vom Ungeist der kapitalistischen und reaktionären Politik, die immer nur Krieg und Elend hervorbrachte. [] Wählt die Kandidaten der Sozialdemokratie, [] die durch ihre harte Lebensschule die Not des Lebens als eigene Not verspüren, die ihr Verlangen nach Recht und Freiheit auch als Euer Verlangen erkennen und empfinden. Die Notverfassung muß den Weg frei machen von den schlimmsten Nöten und Bedrückungen, [] für ein neues Leben, für eine neue Zukunft! [] Darum wählt Sozialdemokratie! [] Diesmal Liste 3 [] Sozialdemokratische Partei Deutschlands [] Veröffentlicht von W. Beisel unter der Lizenz US-W-1062 der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung. B.P. 6.46. 100000
Published:30.06.1946