Die Rolle der Brünig-Regierung

Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic!; [?] = vermutete Leseart Die Rolle der Brüning-Regierung [] Heute ist die Brüning-Regierung selbst zur Regierung der faschistischen Diktatur in ihrem Anfangsstadium geworden. Denn die Frage der faschistischen Diktatur ist für den M...

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Bibliographic Details
Main Author: N.N.
Institution:Archiv der sozialen Demokratie (AdsD)
Format: IMAGE
Language:German
Published: 1930
Subjects:
Online Access:http://hdl.handle.net/11088/D6C54F63-522B-4F82-9A24-28268612C90A
Description
Summary:Bemerkungen: [] = Absatzmarken im Volltext des Originals; [!] = sic!; [?] = vermutete Leseart Die Rolle der Brüning-Regierung [] Heute ist die Brüning-Regierung selbst zur Regierung der faschistischen Diktatur in ihrem Anfangsstadium geworden. Denn die Frage der faschistischen Diktatur ist für den Marxisten keine personelle Frage, nicht das Problem, daß ein Mussolini oder ein Hitler ans Ruder kommen muß, sondern vielmehr eine Frage der klassenmäßigen Rolle eines Regimes. Das Programm der Kommunistischen Internationale, dieses Kommunistische Manifest des 20. Jahrhunderts, sagt über den Faschismus: [] "Um ihrer Macht größere Stetigkeit und Festigkeit zu sichern, ist die Bourgeoisie in steigendem Maße gezwungen, vom parlamentarischen System zu der faschistischen Methode überzugehen, die von Beziehungen und Kombinationen zwischen den Parteien unabhängig ist. Der Faschismus ist eine Methode der unmittelbaren Diktatur der Bourgeoisie, ideologisch verkleidet mit der Idee der "Volksgemeinschaft" und der Vertretung nach "Berufsständen" . . ." [] Alle diese Bedingungen treffen auf die heutige Rolle der Brüning-Regierung zu. Die demagogischen Phrasen über die "Notwendigkeit für alle, Opfer zu bringen", die wachsenden Tendenzen und praktischen Schritte, an Stelle des bankrotten Parlaments, das keiner mehr ernst nimmt, den Reichsrat als "erste Kammer" immer stärker in den Vordergrund zu rücken, der Verzicht auf die früheren Methoden der Koalitionspolitik, das heißt auf die "Kombinationen zwischen den Parteien" zur Herstellung einer parlamentarischen Mehrheit, die heuchlerische Losung: "Gegen die Interessentengruppen", - all diese Erscheinungen des heutigen Systems entsprechen dem Charakter einer faschistischen Diktatur, wie ihn das Programm der Komintern beschreibt. [] Die Sozialdemokratie, in ihrem Bestreben, den Massen die Brüning-Herrschaft als "das kleinere Uebel" schmackhaft zu machen, "vermisst" die völlige Illegalität der proletarischen Bewegung, wundert sich darüber, daß die faschistische Diktatur in Deutschland herrschen kann, obwohl die Kommunistische Partei noch legal sei. Die SPD. verrät damit nur, wie sehr sie die Legalität der Kommunisten schmerzt und offenbart zugleich ihre vollkommene historische Unkenntnis. In der Geschichte der letzten zwölf Jahre seit dem Kriegsschluß hat nur in den seltensten Fällen die faschistische Herrschaft in irgendeinem Lande mit der vollkommenen Niederschlagung der Arbeiterbewegung begonnen. Mit Recht sagt das Programm der Kommunistischen Internationale hierüber: [] "Die Hauptaufgabe des Faschismus ist die Vernichtung der revolutionären Vorhut der Arbeiterklasse, d. h. der kommunistischen Schichten des Proletariats und ihrer führenden Kader." [] Die Aufgabe der faschistischen Diktatur, das Ziel dieser Diktatur im Interesse des kapitalistischen Systems, das revolutionäre Proletariat niederzuschlagen, kann also erst das Ergebnis der faschistischen Herrschaft sein, falls sie sich erfolgreich gegen das Proletariat zu behaupten und ihre Ausgabe zu lösen vermöchte. Daß sich die Brüning-Regierung mit ihren sozialfaschistischen Helfershelfern diese Aufgabe der konterrevolutionären Unterdrückung des Proletariats und seiner Partei zum Ziel gesetzt hat, kann angesichts des Terrors, der von Tag zu Tag schärfere Formen annimmt, für keinen denkenden Arbeiter zweifelhaft sein. Wenn die SPD. es heute wagt, alle möglichen "Freiheiten" aufzuzählen, die die Arbeiterklasse und die Kommunistische Partei angeblich in Deutschland genießen, während zugleich auf den Straßen die Gummiknüppel der sozialdemokratischen Polizeigarden gegen hungernde Erwerbslose wüten, die Parabellum-Pistolen der Schupo knallen, die Scheinwerfer der Ueberfallautos ganze Stadtteile in eine Atmosphäre des Bürgerkriegs versetzen, während SPD.-Grzesinski in Berlin und SPD.-Schönfelder in Hamburg Demonstrationsverbote erlassen, so verhöhnt die SPD. mit solchen "Argumenten" bewußt die Arbeiterschaft. [] Entwicklungsstufen der faschistischen Diktatur [] Es ist selbstverständlich, daß die faschistische Diktatur keine feststehende, starre, weiteren Entwicklungen nicht unterworfene Form ist. Das, was wir heute in Deutschland haben, ist das Anfangsstadium der faschistischen Diktatur, dem, wenn es nach dem Willen der Bourgeoisie geht, weitere Stufen auf Grund der außerparlamentarischen Entwicklung der reaktionären Klassenkräfte - natürlich nicht etwa auf Grund irgendwelcher parlamentarischen Abstimmungen - folgen sollen. Wie weit sich dabei die Nationalsozialisten der Methode des "Staatsstreichs auf kaltem Wege", der legalen Machtübernahme durch die Ablösung der Brüning-Regierung in der Ausübung der faschistischen Diktatur bedienen, hängt von der allgemeinen Entwicklung der Krise und der Zuspitzung der Klassenverhältnisse ab. Natürlich ist auch ein militärischer Putsch als ergänzende Methode keineswegs ausgeschlossen. Es ist jedenfalls klar, daß der faschistische Terror - über die<NZ>heutigen Methoden sowohl der kapitalistischen Staatsgewalt als auch der Nazibanden hinaus - mit einer weiteren Entwicklung der faschistischen Diktatur noch viel grausamere und brutalere Formen annehmen würde. Es ist klar, daß die Blutgier der faschistischen Henker des Proletariats auf einer höheren Stufe der faschistischen Diktatur noch barbarischere Orgien des weißen Terrors entfesseln würde. Aber es ist ebenso klar, daß diese Gefahren nicht abgewendet werden können, indem man das Anfangsstadium der faschistischen Diktatur leugnet oder beschönigt. Wer die Arbeitermassen heute einschläfert, den Ernst der Situation verkleinert, die klare Erkenntnis des Faschismus als des Hauptfeindes verwirrt, wer den Arbeitern vorlügt, die Unterstützung der faschistischen Regierung sei eine Abwehr des Faschismus, der hilft selber mit, die Entwicklung der faschistischen Diktatur zu ihren höchsten, grausamsten Stufen heraufzubeschwören. [] Die SPD. als Hilfspolizei des Faschismus [] Die heutige Rolle der SPD. ist die einer Hilfspolizei für den Faschismus. Das gilt für ihre Polizeipräsidenten, für die Handlungen eines Severing oder Grzesinski, aber auch nicht weniger für die sozialfaschistischen Schlichter und Streikbruchagitatoren, für die sozialfaschistische Gewerkschaftsbürokratie, die den Lohnraub der faschistischen Diktatur mit durchpeitschen und den Abwehrkampf des Proletariats zersetzen hilft. Auch hier wiederum gibt uns das Programm der Kommunistischen Internationale das Rüstzeug, um die schäbige Rolle der Sozialdemokratie vor den Massen in voller Klarheit aufzuzeigen. Dort heißt es: [] "Entsprechend der jeweiligen politischen Konjunktur bedient sich die Bourgeoisie sowohl der faschistischen Methoden als auch der Methoden der Koalition mit der Sozialdemokratie, wobei die Sozialdemokratie selbst, besonders in für den Kapitalismus kritischen Zeiten, nicht selten eine faschistische Rolle spielt." [] Die SPD. hat nicht nur dem Faschismus den Weg gebahnt, sondern erweist sich auch heute als eine treue Stütze der faschistischen Diktatur. Sie wetteifert mit den Nationalsozialisten um das Vorrecht, bei der Erhaltung, Verteidigung und dem Ausbau der faschistischen Diktatur unmittelbar mitwirken zu dürfen. Ueber die eigene faschistische Rolle hinaus wird die Sozialdemokratie zum Hebel für die Entwicklung der außerparlamentarischen faschistischen Massenorganisationen, zur Zutreiberin für die Hitler-Partei. Die volksfeindliche Verräterpolitik der SPD. jagt Hunderttausende von enttäuschten Angestellten und Mittelständlern, ja, auch rückständige Arbeiterschichten dem Nationalsozialismus in die Netze. Die konterrevolutionäre Politik der SPD. dient der Bourgeoisie und der Hitler-Partei als Stütze für den betrügerischen Trick, den "Marxismus" vor den Massen zu diskreditieren. Die sozialdemokratischen Korruptionsskandale werden von der Bourgeoisie und den Faschisten heuchlerisch als "Argumente" für die Verunglimpfung der Arbeiterbewegung ausgenutzt. [] Ein weiteres Kapitel ist die Zerschlagung aller Arbeiterorganisationen durch den Sozialfaschismus, die Umwandlung der Gewerkschaften in Organisationen zur Durchführung des Streikbruchs, der Kurs der reformistischen Gewerkschaftsbürokratie, wie er beim Berliner Metallarbeiterstreik oder dem letzten Chemnitzer Straßenbahnerstreik eine neue Krönung des Verrats erlebte. Die Gewerkschaftspolitik des Sozialfaschismus versucht, die deutschen Gewerkschaften auf den Weg der Mussolinischen Syndikate, auf den Weg von Hilfsorganisationen der faschistischen Diktatur zu drängen. Der Vorsitzende des Deutschen Metallarbeiter-Verbandes, Brandes, legte beispielsweise noch auf dem Berliner Verbandstag das folgende Bekenntnis ab: [] "Trotz aller schlechten Erfahrungen stehen wir nach wie vor zum Schlichtungswesen; der Staat hat das Recht, in die Auseinandersetzungen zwischen Arbeit und Kapital einzugreifen." [] Ist das eine neue Theorie? Mussolini hat bei der Begründung der Carta del lavoro, der faschistischen Arbeiterverfassung, fast wörtlich das gleiche gesagt: [] "Ebenso wie der Staat als Träger der Rechtsordnung seit Jahrhunderten die Selbstverteidigung der einzelnen Menschen verboten und durch staatliche Justiz ersetzt hat, muß er nun auch endlich die Selbstverteidigung der Klassen verbieten und durch staatliche Justiz ersetzen. Im höheren Interesse des sozialen Friedens, der Produktion und des nationalen Reichtums." [] Diese Uebereinstimmung zwischen dem italienischen Faschistenführer und den deutschen Reformisten in den Fragen der Gewerkschaftspolitik enthüllt die Rolle der Sozialdemokratie als einer Hilfstruppe des Faschismus genau so eindeutig wie der Polizeiterror der Severing, Grzesinski, Fleißner und Schönfelder gegen Erwerbslose und Betriebsarbeiter. [] Arbeitsteilung zwischen SPD. und Nazis [] Heute unterstützt die Sozialdemokratie innerhalb und außerhalb des Parlaments, vor allem mit Hilfe der Preußenregierung und ihrer gesamten Funktionäre im kapitalistischen Staatsapparat, schrankenlos die Brüning-Regierung der faschistischen Diktatur, heute bemüht sie sich, deren Rolle vor den Massen schönfärberisch umzulügen, und versucht diesen skrupellosen Verrat mit der "staatsmännischen" Erklärung zu entschuldigen, dadurch verhindere sie das Einrücken der Nationalsozialisten in die Reichsregierung. Auch das ist barer Schwindel. In Wirklichkeit verschafft gerade diese Hilfsstellung der Sozialdemokratie für die Brüning-Regierung den Nationalsozialisten den notwendigen Spielraum einer scheinbaren Unabhängigkeit von dem System der faschistischen Diktatur, deren wichtigste außerparlamentarische Stützen und Einpeitscher die Hitler und Goebbels in Wahrheit sind. [] So ermöglicht es die Sozialdemokratie der außenparlamentarischen Hauptgruppe des Faschismus, vor den Massen eine angebliche Opposition gegen die volksfeindliche Politik der faschistischen Diktatur zu mimen und dadurch die Rebellion unter den kleinbürgerlichen Massen und Teilen der Arbeiterschaft gegen diese Politik zugunsten des Faschismus aufzufangen. [] Der "Kampf" zwischen Sozialdemokratie und Nationalsozialisten ist ernst gemeint, soweit er einen Konkurrenzkampf um die Futterkrippen des kapitalistischen Staatsapparates darstellt; im übrigen arbeiten sich Hitler-Partei und SPD. gegenseitig in die Hände. Zwischen den parlamentarischen Hilfsdiensten der SPD. für die faschistische Diktatur und der außerparlamentarischen Konzentration der Nazis besteht eine direkte Wechselwirkung und gegenseitige Befruchtung. [] Die Politik der Nationalsozialisten hat seit dem 14. September, seit den Reichstagswahlen, die mannigfaltigsten Veränderungen durchgemacht. Zunächst begann das große Rennen um die Ministersessel. Die Sprache der nationalsozialistischen Agitation wurde zahm und gemäßigt, wie es sich für eine "Regierungspartei" ziemt. In der Außenpolitik gab Hitler in seinen verschiedenen Interviews für die ausländische Presse alle nationalistischen Phrasen der bisherigen faschistischen Agitation über Zerschlagung des Young-Plans, Kampf gegen Versailles usw. preis. [] Young-Hitlers Erfüllungspartei [] Die Nazi-Partei als zuverlässige "Erfüllungspaitei", die das Vertrauen des Auslandes verdiene, trat in Erscheinung. Es folgten die schamlosen Anbiederungsversuche der Nationalsozialisten an die ausländischen Imperialisten, der Briefwechsel Hitlers mit dem französischen Deutschenfresser Heros über ein deutsch-französisches Militärbündnis gegen die Sowjetunion, nachdem schon vorher Lord Rothermere, der englische Kriegshetzer gegen Deutschland und jüdische Zeitungsmagnat, in den Spalten der nationalsozialistischen Presse wegen seines Eintretens für eine Hitler-Regierung in Deutschland in widerlich-kriecherischer Art umworben und verherrlicht worden war. In jenen Wochen verwandelte sich die Nazi-Partei, wenigstens in ihrer eigenen Darstellung, in eine sanfte und wohlerzogene Lämmerheide. [] Kaum hatte sich jedoch herausgestellt, daß der Zeitpunkt für eine Regierungsübernahme durch die Hitler-Partei nicht gegeben ist, daß heute die andere Fraktion im Lager des deutschen Faschismus unter Führung des Zentrums die Macht behauptet und ihrerseits die faschistische Diktatur errichtet und ausübt, so änderte sich auch das Bild der nationalsozialistischen Politik. Die schrankenlose Verteidigung des Kapitalismus gegen die Werktätigen, wie sie erst in den letzten Tagen Hitlers Bankett im Hamburger Millionärsklub deutlich enthüllte, wird wiederum mit "antikapitalistischer" Demagogie verbrämt, der völlige Verrat am nationalen Freiheitskampf des deutschen Volkes und das Einschwenken in die Völkerbundspolitik der deutschen Bourgeoisie und Sozialdemokratie seitens Hitlers soll abermals hinter nationalilistischen [!] Phrasen versteckt werden. Auch im äußeren Austreten der Nazis nimmt die Radauopposition "gegen" das heutige System wieder einen größeren Raum ein. [] Das alles aber dient nur der Verschleierung jener aktiven außerparlamentarischen Söldnerdienste, die die Hitler-Banden in der Tat der faschistischen Diktatur der deutschen Großbourgeoisie nach besten Kräften und im vollen Wettstreit mit der Sozialdemokratie leisten. Wieder steigt die Welle des faschistischen Terrors. Wieder mehren sich die blutigen Ueberfälle der Nationalsozialisten auf revolutionäre Arbeiter. Es vergeht buchstäblich kaum ein Tag mehr, an dem nicht an irgendeiner Stelle in Deutschland ein Proletarier unter den Schüssen und Messerstichen der faschistischen Konterrevolution verblutet. Es ist selbstverständlich, daß gegenüber dem organisierten Mord und den offenen Bürgerkriegsmaßnahmen des Faschismus die Arbeiterklasse die Antwort nicht schuldig bleibt. [] Zwei Fraktionen des Faschismus [] Wenn heute die Nationalsozialisten im Reichsmaßstabe noch von der Macht ausgeschlossen sind, so entspringt das der Tatsache, daß der deutsche Faschismus gegenwärtig in zwei deutlich geschiedene fraktionelle Lager gespalten ist. Auf der einen Seite der Brüning-Block, der die faschistische Diktatur unter stärkster Ausnutzung und Diskreditierung der Sozialdemokratie durchzuführen sucht. Auf der anderen Seite der Block Hugenberg-Hitler, den die Sozialdemokratie völlig aus allen oberen und unteren Positionen des Staatsapparates ausschalten und durch Nationalsozialisten ersetzen will. [] Wann die gegenwärtige Stufe der faschistischen Diktatur, bei der das Zentrum, der katholische Klerikalismus, eine führende Rolle spielt, durch den Hitler-Hugenberg-Block abgelöst wird, ob dieser Ablösung eine Reichswehrdiktatur mit dem Generalmajor v. Hammerstein oder dem ehemaligen Reichswehrminister Geßler, eine Diktatur unter Ausnutzung der Person des jetzigen Reichsbankpräsidenten Luther oder seines Vorgängers, Schacht, vielleicht auch des Generals v. Seeckt vorangeht, läßt sich gegenwärtig nicht entscheiden. [] Alle angeführten Formen der faschistischen Diktatur liegen im Vereich der Möglichkeit. Denn die faschistische Diktatur ist ja nicht eine Form der Regierung, sondern eine Staatsform der kapitalistischen Klassenherrschaft, in deren Rahmen durchaus verschiedenartige Regierungsvariationen möglich sind. [] Für das Proletariat und für alle anderen Schichten der arbeitenden Bevölkerung ist die klare Erkenntnis dieser entscheidenden Wendung in der geschichtlichen Situation und der weiteren Möglichkeiten der Entwicklung der faschistischen Diktatur ein unbedingtes Erfordernis. Aber nicht weniger wichtig ist das klares Bewußtsein der Massen, daß es Selbstmord wäre, abzuwarten, bis die Bourgeoisie und der Kapitalismus alle Formen und Möglichkeiten der Erhaltung ihrer Klassenherrschaft der faschistischen Diktatur ausgeschöpft haben, sondern daß ihre ganze Kraft und Aktionsfähigkeit, ihr Selbsterhaltungstrieb, ihre revolutionäre Energie und ihr Freiheitswille auf das Ziel der Beseitigung der faschistischen Diktatur eingestellt sein muß! [] Faschismus ist verschärfte Kriegsgefahr [] Mit dem Beginn der faschistischen Diktatur in Deutschland ist die Kriegsgefahr ungeheuer gewachsen. Eine neue Periode der Rüstungs-, Abenteuer- und Kriegspolitik des deutschen Imperialismus setzt ein. Einerseits drohen neue Konflikte zwischen den imperialistischen Mächten in schärferer Form als bisher, andererseits erwächst als Hauptgefahr des Krieges die antibolschewistische Interventionsfront, die durch die Herrschaft des Faschismus in Deutschland vollends geschlossen wird. Die Hetze gegen die Sowjetunion, die Lügen über ein angebliches Dumping der Sowjetwirtschaft auf dem Weltmarkt, weil das Land des Sozialismus billiger zu produzieren vermag als die bankrotte kapitalistische Profitwirtschaft, die haßerfüllte Solidarisierung der Nationalsozialisten, der Bourgeoisie und SPD. mit den verurteilten Schädlingen und Konterrevolutionären aus Anlaß des Moskauer Prozesses - das alles zeigt, wie freudig das faschistische Deutschland den Kriegszug des Weltimperialismus gegen das Land der proletarischen Diktatur begrüßen würde. [] Der Faschismus und seine Lakaien peinigen das Volk. Das bankrotte kapitalistische System ist nicht mehr fähig, den Millionenmassen auch nur die nackteste Existenz, das notdürftigste menschenwürdige Dasein zu garantieren. Riesengroß wächst das namenlose Elend in allen Schichten des werktätigen Volkes. Der Hunger marschiert durch die Straßen der Städte. Der Hunger herrscht wie die Pest in den öden Mietkasernen. Der Hunger streckt seine würgende Hand nach den Kindern des Proletariats aus. Der Hunger hält Einzug bei den Angestellten und unteren Beamten. Der Hunger zwingt die Massen des notleidenden Mittelstandes und der Kleinbauern in seinen Bann. [] Die Kommunistische Partei, die die Kämpfe der arbeitenden Bevölkerung auf allen Gebieten des proletarischen Alltags organisiert, rüstet damit zugleich zur Gegenoffensive gegen die Anschläge der faschistischen Diktatur und zum Kampf für ihren Sturz. [] Wir rufen das Proletariat! [] Die Erwerbslosen darben, werden ausgesteuert, ihre Bettelpfennige werden abgebaut. Die Kommunistische Partei und die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition organisieren die Hungerdemonstrationen der Arbeitslosen um Unterstützung und Winterbeihilfe, schmieden die Einheitsfront der Erwerbslosen und Betriebsarbeiter im Kampf um den Siebenstundentag bei vollem Lahnausgleich, der Millionen Erwerbslosen Brot und Arbeit schaffen kann! [] Die Betriebsarbeiter und -Arbeiterinnen werden von der Geißel des Lohnraubes heimgesucht. Die Kommunistische Partei und die Revolutionäre Gewerkschaftsopposition organisieren die Abwehrkämpfe, die Streiks der Arbeiter gegen jeden Pfennig Lohnraub und für höheren Lohn. Sie hämmern den Massen den politischen Charakter der Wirtschaftskämpfe in der heutigen Situation der kapitalistischen Krise und des revolutionären Aufschwungs ein, wie es das Beispiel der russischen Revolution von 1905 zeigte. [] Die Frauen und die Jugend des Proletariats, die der schrankenlosen Ausplünderung durch die kapitalistischen Profitmacher besonders verfallen sind, haben nur einen Schutz, nur eine Partei, die ihre Interessen im Rahmen des allgemeinen Klassenkampfes entschlossen und zäh verteidigt - das ist die Kommunistische Partei, die die Massen der Arbeiterklasse für die Losung: "Gleichen Lohn für gleiche Arbeit" mobilisiert! [] Wir rufen den Mittelstand! [] Mit Wuchersteuern und Hungerzöllen treibt die faschistische Diktatur die Preise empor und gestattet den kapitalistischen Monopolen in Deutschland, trotz dem rapiden Sinken der Weltmarktpreise die Teurung aufrechtzuerhalten oder noch zu verschärfen. Die Kommunistische Partei führt als einzige den Kampf um einen wirklichen Preisabbau, keine demagogische Hetze gegen die Kleingewerbetreibenden des Mittelstands, sondern einen zähen Kampf gegen die wirklichen Quellen der Teurung, gegen den Monopolkapitalismus und seine Wucherprofite und gegen die Zollraubpolitik der Regierung, aber zugleich für den Kleinhandel, der durch die Herabdrückung der Kaufkraft des Proletariats und durch kapitalistische Wuchersteuern erdrückt wird. Herunter mit den Preisen! - die Kommunisten sind die einzigen, die diese Losung mit wirklicher Berechtigung verfechten und die Massen der Arbeiterschaft und des Mittelstands unter dieser Losung sammeln können! [] Breite Teile des Mittelstandes werden heute durch<NZ>den räuberischen Monopolkapitalismus erdrosselt und ins Elend herabgestoßen. Wenn im Jahre 1930 die Kaufkraft der Arbeiter, Angestellten und Beamten durch Erwerbslosigkeit, Kurzarbeit und Lohnraub um annähernd 15 Milliarden, d. h. um fast 45 Prozent des Gesamteinkommens des deutschen Volles an Lohn und Gehalt, herabgedrückt wurde, so ist es klar, daß dies auch den Ruin für große Schichten des Mittelstandes heraufbeschwört. Dabei sind bereits in den letzten fünf Jahren nicht weniger als anderthalb Millionen selbständiger Existenzen sogar nach der bürgerlichen Statistik vernichtet worden. Der Platz der notleidenden Mittelständler ist deshalb an der Seite der Arbeiterklasse, deren Sieg allein auch ihnen einen Ausweg eröffnet: Einreihung in den gewaltigen Prozeß des sozialistischen Aufbaus, der allein die Entfaltung aller Fähigleiten im Dienste der Allgemeinheit ermöglicht und dem Tüchtigen freie Bahn schafft! [] Wir rufen des schaffende Landvolk! [] Während die Regierung der faschistischen Diktatur die Großagrarier mit Liebesgaben überschüttet, darbt das schaffende Landvolk, [?] wird der Kleinbauer, der kleine Pächter oder Kätner von der Lawine des kapitalistischen Elends zermalmt. [...] Bündnis mit der Arbeiterklasse können auch diese Werttätigen sich eine bessere Zukunft, ein menschenwürdiges Leben im Zeichen des Sozialismus erkämpfen! [] Die Arbeiterklasse, das Industrieproletariat, ist von der Geschichte berufen, an der Spitze der Millionenmassen des ganzen werttätigen Volkes unter Führung ihrer revolutionären Partei, der Kommunistischen Partei, den Kampf zur Vernichtung der faschistischen Diktatur, den Kampf für Brot, Arbeit, Freiheit siegreich zu führen. [] In der Sowjetunion gibt es keinen Faschismus [] Während die kapitalistische Profitwirtschaft in Deutschland ihren krassen Niedergang offenbart, während auf den heute noch kapitalistischen fünf Sechsteln der Welt die Krise wütet, während das faschistische Italien der Katastrophe entgegengeht, wächst in der Sowjetunion unter der proletarischen Diktatur die gigantische Welt der neuen sozialistischen Ordnung unaufhaltsam empor. Dort gibt es keinen Faschismus, keinen täglichen Arbeitermord wie in Deutschland. Dort gibt es leine kapitalistische Ausbeutung. Dort gibt es leine Erwerbslosigkeit. Dort gibt es keine imperialistische Unterdrückung. Warum nur dort? [] Die Kommunistische Partei ruft die Massen des deutschen Volkes zum Kampf gegen die faschistische Diktatur. Während in allen anderen Parteien Krise und Zersetzung herrschen, ist die KPD. heute so einheitlich wie nie zuvor. Selbst Genossen, die in der Vergangenheit die Partei vom Standpunkt des Versöhnlertums bekämpften, haben sich heute in die revolutionäre Arbeit der Partei auf der Klassenlinie unserer Politik eingereiht. Die beispiellose innere Geschlossenheit der Kommunistischen Partei ist nur eine Widerspiegelung der Sammlung der proletarischen Klassenkräfte zur Einheitsfront im Lager der Revolution.
Published:1930