Summary: | Bemerkungen: Dem Flugblatt ist innenliegend eine einseitige Beilage der Bayerischen Hypotheken und Wechsel-Bank, Filiale Mittenwald mit dem Titel "An alle Postabholer von Renten !" beigefügt, welche die Rentnerinnen und Rentner dazu animieren soll, ihre Rente nicht mehr bar am Postschalter abzuholen, sondern ein Bankkonto einzurichten, auf welches die Rente eingezahlt werden kann. Vgl. Sammlung Flublätter und Flugschriften im AdsD, Signatur 6/FLBL005014.
AN ALLE RENTNERINNEN UND RENTNER [] Die neuen Rentengesetze sind ein sozialer Fortschritt allerersten Ranges und von der denkbar größten sozialen und wirtschaftlichen Bedeutung. Sie haben ihre Auswirkungen sowohl in der Gegenwart als auch für die Zukunft. [] Bundeskanzler Dr. Konrad Adenauer [] Bonn, im April 1957 [] Liebe Rentnerinnen und Rentner, [] sicher haben Sie den heutigen Tag mit Spannung erwartet: den Tag, an dem Sie erstmalig den neuen Rentenbetrag erhalten, der sich für Sie aus der Rentenreform ergibt. Die Bundesregierung möchte diese Gelegenheit nicht vorbeigehen lassen, ohne ein persönliches Wort an Sie zu richten. [] Wir haben es immer für unsere Verpflichtung gehalten, soziale Sicherheit zu schaffen und das Alter von der Not zu befreien. Dabei waren wir uns immer darüber klar, daß eine erfolgreiche Wirtschaftspolitik die Voraussetzung einer guten Sozialpolitik ist. Erst nachdem es uns in aufopferungsvoller Arbeit und mit gemeinsamer Kraft gelungen war, die deutsche Wirtschaft wieder aufzubauen, konnte die Bundesregierung die Sozialreform in Angriff nehmen. Als erstes Teilstück wurden die Gesetze zur Neuordnung der Rentenversicherung der Arbeiter und Angestellten dem Bundestag zur Entscheidung vorgelegt. Diese Gesetze mußten bis ins einzelne genau durchdacht werden: nicht nur, weil sie niemanden benachteiligen durften, sondern auch weil sie mit ihren Auswirkungen weit in die Zukunft reichen. [] Nun ist es so weit. Während wir 1956 in den Rentenversicherungen für Arbeiter und Angestellte Ausgaben von insgesamt 8,0 Milliarden DM hatten, werden es in diesem Jahre 13,1 Milliarden DM sein, also über 5 Milliarden DM mehr. Über diese erste Erhöhung der Rentenbezüge hinaus stellen die neuen Gesetze sicher, daß Ihre Rente auch in Zukunft am steigenden Wirtschaftsertrag teilnimmt. [] Die jetzt in Kraft tretende Erhöhung der Renten wirkt sich im einzelnen Falle unterschiedlich aus. Jeder erhält in Zukunft eine Rente, die sich nach der Dauer seiner Zugehörigkeit zur Versicherung und nach der Höhe des während seines Arbeitslebens bezogenen Lohnes oder Gehaltes und damit nach den geleisteten Beiträgen richtet. Darüber hinaus sind die Renten dem gegenwärtigen Stand der Löhne und Gehälter entsprechend erhöht. So wie Lohn und Gehalt die Gegenleistung für Arbeit darstellen, so soll die Arbeit Ihres ganzen Lebens in der Rente ihre Anerkennung finden. [] Die Ungerechtigkeiten der bisherigen Rentenbemessung sind nun beseitigt. Keine Einheitsrente, sondern Renten, die von Ihrer persönlichen Arbeits- und Beitragsleistung ausgehen: wir glauben und wünschen uns, daß auch Sie diese Lösung für die einzig gerechte halten werden. Durch die Mindestaufbesserung um 21,- DM für eine Versicherten- und 14,- DM für eine Hinterbliebenen-Rente werden auch diejenigen Renten angehoben, die wegen geringer Beiträge oder kurzer Versicherungsdauer rein rechnerisch keine Aufbesserung erfahren hätten. Niemand wird also leer ausgehen. [] Die Bundesregierung wird auch künftig alles tun, was in ihren Kräften steht, um durch eine vernünftige Wirtschaftspolitik die Grundlagen für einen weiteren Ausbau und eine weitere Befestigung der Sozialpolitik zu schaffen. [] Mit guten Wünschen [] Dr. Konrad Adenauer, Bundeskanzler [] Anton Storch, Bundesminister für Arbeit [] 10 Leitsätze der Rentenreform von 1957 [] 1. Die Rentenreform in der Bundesrepublik bringt Sicherheit für die Wechselfälle des Lebens und gewährt einen Lebensabend frei von Not und Sorge. [] 2. Die neuen Rentengesetze sind ein Markstein in der sozialen Gesetzgebung. Sie bringen eine entscheidende Verbesserung der Bezüge der heutigen Rentner. Diese neuen Rentengesetze kommen aber auch den Arbeitnehmern zugute, die in den kommenden Jahren und Jahrzehnten aus dem Arbeitsprozeß ausscheiden. [] 3. Die neue Rente ist lohnbezogen, weil die Lebens-Arbeitsverdienste des einzelnen ihre Höhe mitbestimmen. Die neue Rente ist gegenwartsbezogen, weil sie im Augenblick ihrer erstmaligen Festsetzung an die Lohn- und Gehaltsentwicklung angepaßt und in der Folgezeit der weiteren Wirtschaftsentwicklung angeglichen wird. [] 4. Die neue Rente ist gerecht, weil sie in jedem Einzelfall individuell bemessen wird. [] 5. Die neue Rente paßt sich dem Einzelfall an, weil sie die bei jedem Menschen unterschiedliche Lohn- und Gehaltsentwicklung während seines Arbeitslebens und die unterschiedliche Versicherungsdauer In ihrer Höhe widerspiegeln wird. [] 6. Wer aus gesundheitlichen Gründen vorzeitig aus dem Wirtschaftsprozeß ganz oder teilweise ausscheiden muß, erhält in Zukunft eine Rente, die ihm einen angemessenen Lebensstandard ermöglicht. Die Rente wird beim Ausscheiden vor dem 55. Lebensjahr so bemessen, als ob der Arbeiter oder der Angestellte bis zu diesem Zeitpunkt gearbeitet hätte. [] 7. Frauen können das Altersruhegeld bereits bei Vollendung des 60. Lebensjahres erhalten, wenn sie in den letzten 20 Jahren überwiegend In abhängiger Arbeit standen und nicht mehr weiter arbeiten. [] 8. Die Hinterbliebenenrenten sind entscheidend verbessert worden. [] 9. Auch die Hinterbliebenenrenten werden wie die Alters- und Invaliditätsrenten am steigenden Wirtschaftsertrag Anteil haben. [] 10. In den neuen Rentengesetzen sind die Maßnahmen zur Erhaltung, Besserung und Wiederherstellung der Erwerbsfähigkeit der Versicherten großzügig ausgebaut worden. [] Herausgegeben vom Presse- und Informationsamt der Bundesregierung
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